Unberührbar
Unapologetic Lavinia Stan

Zusammenfassung:

Lavinia weiß genau, warum ihr Mann sie nicht berührt, nicht küsst, nicht mit ihr schläft. Möglicherweise sind einige ihrer Vermutungen aber unzutreffend. Und das will Aeneas richtigstellen.

Bemerkung:

Vielen Dank an meinen fabelhaften Betaleser Book!AeneasWouldNever! Er hat mir geholfen, mehr emotionale Tiefe in meine Fics zu bringen, und welche Tiefe auch immer diese Geschichte hat, sie muss ihm angerechnet werden.

Nachts erstickte sie fast an der Ironie des Ganzen. Irgendwie hatte es ihr Eheleben so viel schwieriger, so viel schmerzhafter gemacht, dass sie nun einen gut aussehenden Ehemann hatte, den sie inzwischen liebte, als wenn sie stattdessen einfach Turnus geheiratet hätte. Turnus, der ihr Verlobter gewesen war, bevor das Schicksal – und elterliches Eingreifen – die Verlobung gelöst hatten. Turnus, mit seinen braunen Locken und der drahtigen Stärke, mit seinem Wutgeheul und seinem gerechten Zorn.

Turnus, der sie im Dunkeln in sein Bett geholt und sie von hinten genommen hätte, wann immer es möglich war, und der es vermieden hätte, ihr ins Gesicht zu sehen, so wie er es schon immer getan hatte, solange er sie kannte.

Aber wenigstens hätte er sie mit in sein Bett genommen. Im Gegensatz zu ihrem jetzigen Ehemann.

Ihr Ehemann, der golden im Sonnenlicht glänzte. Ihr Ehemann mit den geschmeidigen Muskeln und den perfekt geschliffenen Gesichtszügen. Ihr Ehemann, der höflich, aufmerksam und so unerreichbar fern war wie der Mond über ihren Köpfen.

Aeneas reichte offensichtlich keine noch so tiefe Dunkelheit, um zu verhüllen, wen er geheiratet hatte und wen er vögeln musste. Für ihn war sie nicht einfach nur hässlich und unbeholfen und alles andere, was ihr Vater ihr je an den Kopf geworfen hatte. Sie war unberührbar. So hässlich, dass er sie nicht einmal flüchtig mit der Fingerspitze anfassen mochte.

Das hätte sie für immer so glauben können, bis sie sich eines Abends betrank. Heftig betrank. Zum ersten Mal überhaupt. Auf Didos Junggesellinnenabschied, wo sie ihren bescheuerten Neid darüber ertränkte, wie Aeneas’ Ex – jetzt Lavinias treue Freundin – es geschafft hatte, über den Mann hinwegzukommen und weiterzuziehen, wie Lavinia es als seine Ehefrau niemals könnte.

Als sie mit dem Taxi nach Hause kam, erwartete er sie am Ende der Einfahrt, denn Dido hatte ihn per SMS vorgewarnt. Als sie taumelte, zog er sie an seine Seite und stützte sie, einen starken Arm um ihre Schultern geschlungen.

Sie sah benommen zu ihm auf und lallte: «Musst mich nicht anfassen. Ich weiß, dass du es nicht willst. Das hast du deutlich genug gemacht.» Daraufhin blieb er auf dem Gehweg stehen und runzelte verwirrt die Stirn, während er sie immer noch festhielt.

Als sie dann die schreckliche, demütigende Wahrheit wiederholte, starrte er sie mit Augen an, die wie die Sterne am Himmel leuchteten, und rückte mit seiner eigenen Wahrheit heraus.

«Ich will dich seit Monaten jeden Tag und jede Minute berühren», sagte er. «Wovon zum Teufel redest du eigentlich?»