Kapitel Neun

* * * * *

 

Vorsichtig nippte ich an der heißen Tasse Kaffee und versuchte mich auf den Inhalt der Morgenzeitung zu konzentrieren. Doch andauernd schweiften meine Gedanken zur gemeinsamen Nacht mit Jamie ab. Ich grinste zufrieden in mich hinein. Was ich vor, während und nach dem Akt gefühlt hatte, war für mich bislang die schönste sexuelle Erfahrung gewesen, die ich je erleben durfte. Zum ersten Mal hatte ich mich voll und ganz den körperlichen Freuden hingegeben, ohne mich verstellen zu müssen und letztendlich frustriert einzuschlafen. Am wichtigsten war jedoch die simple Tatsache, dass ich mich kein bisschen dafür schämte. Mehr noch. Endlich konnte ich mir eingestehen, dass ich männliche Körper unmissverständlich anziehender fand.

Stumm schimpfte ich mich einen verbohrten Idioten. Viel zu lange hatte ich mich allein gegen die bloße Vorstellung gewehrt mit einem Mann Spaß zu haben. Dafür fand ich jetzt keinen Grund mehr. Jamie hatte mir sehr deutlich gezeigt, dass mich das männliche Geschlecht weitaus mehr befriedigte, als eine Frau dazu in der Lage war.

Plötzlich öffnete sich die Schlafzimmertür. Als ich über den Rand der Zeitung hinüber schielte, schlurfte Jamie gähnend mit Boxershort und T-Shirt bekleidet in Richtung Badezimmer. Ich spürte den ersten Anflug von Hitze im Gesicht, als sein nackter Körper von vergangener Nacht vor meinem inneren Auge erschien. So wunderschön es gewesen war, gab es dennoch etwas, das ich ihm unbedingt sagen musste.

Seufzend legte ich die Zeitung beiseite und schenkte Jamie eine Tasse Kaffee ein. Dann folgten zwei Löffel Zucker. So trank er ihn am liebsten, wie ich inzwischen wusste. Kurz darauf setzte er sich mir gegenüber an den Tisch, wobei er mehrmals hin und her rutschte, um eine bequeme Stellung zu finden. »Liegt dir etwas auf dem Herzen?«, fragte er und schnappte sich die Kaffeetasse. Er roch einmal genüsslich daran, bevor er einen Schluck trank.

»Tut es weh?«

Jamie grinste. »Nein. Das nicht, aber ich kann es noch spüren. So ganz spurlos ist die Nacht nicht an mir vorübergegangen.«

»Tut mir leid.« Ich räusperte mich leicht verlegen, denn ich war immerhin der Grund dafür.

Jamie kicherte. »Warum? Ist doch ein geiles Gefühl. Solltest du auch einmal ausprobieren.«

Geschockt starrte ich ihn an. »Nie im Leben! Mein Arsch bleibt Jungfrau!«

Lachend sah mich Jamie an, dann platzte er plötzlich heraus: »Apropos Jungfrau. Wie war denn dein erstes Mal?«

Ich grinste breit. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Es war nicht mein erstes Mal. Aber das erste Mal, dass ich mich nicht dafür schäme.«

Jamie zog schmollend die Unterlippe nach vorne. »Schade. Und ich dachte, ich hätte dich entjungfert.«

»Hättest du wohl gerne. Aber ich muss dir etwas Wichtiges sagen ...«, setzte ich an und brach doch wieder ab. Den ganzen Morgen hatte ich mir die Worte bereits zurechtgelegt, doch jetzt war mein Hirn wie leergefegt.

Jamie hob die Hand und bedeutete mir, dass ich warten sollte. Er nippte nochmals an der Kaffeetasse und zündete sich eine Zigarette an. »So ist es besser.«

Nervös folgte ich seinem Beispiel. »Okay«, begann ich und druckste von Neuem herum. »Es ist so ... es hat mir wirklich gefallen ... und ... und ich würde ... es auch gerne wiederholen ...«

»... aber es ist nicht die große Liebe. Du warst absolut geil, aber die Gefühle beziehen sich nur auf das körperliche Zusammensein«, beendete Jamie für mich unerwartet den Satz.

Ich blickte ihn mit großen Augen an.

»Dito. Es gibt einen schönen Ausdruck dafür. Friends with Benefits«, antwortete er augenzwinkernd.

»Du meinst, es ist wirklich okay für dich?« Meine Nervosität war wie weggeblasen.

»Ganz ohne Verpflichtungen miteinander ficken kann manchmal sehr entspannend sein«, brachte er es direkt auf den Punkt. »Für dich und für mich. Warum nicht?«

Erleichtert seufzte ich. »Damit hätte ich jetzt echt nicht gerechnet.«

Jamie beugte sich nach vorne und legte das Kinn zwischen die abgestützten Hände. Dabei sah er mir tief in die Augen. »Hey, schon vergessen, womit ich mein Geld verdiene? Ich hatte schon genug Männer und kenne mich aus. Auch wenn ich meist nur für Moneten vögle, gönne ich mir manchmal auch etwas. Und wir zwei hatten Spaß. Wenn du willst, können wir gerne so oft poppen, wie wir wollen.«

»Friends with Benefits«, wiederholte ich seine Worte und nickte zufrieden. Es kam mir vor, als wäre eine große Last von meinen Schultern gefallen.

»Lass uns anstoßen!«

»Mit Kaffee?«

Jamie nickte grinsend und erhob die Tasse. Kopfschüttelnd prostete ich ihm zu. Im selben Augenblick öffnete sich die Tür zu Rileys Zimmer. Überrascht spannte ich die Schultern an. An den Kleinen hatte ich gar nicht mehr gedacht. Beschämt biss ich mir auf die Unterlippe.

»Weißt du eigentlich, wie süß du bist. Du findest bestimmt bald den Richtigen«, raunte mir Jamie ins Ohr und lehnte sich mit dem mir so vertrauten faszinierendem Lächeln gelassen zurück. »Guten Morgen, Kleiner«, trällerte er anschließend in Richtung Riley.

Mit einem völlig neuen Gefühl von Entspanntheit blickte ich meinem Bruder entgegen, der mit sich einem zerknautschten Gesichtsausdruck sichtlich verschlafen zu uns an den Tisch setzte.

»Na? Wie war die erste Nacht in deinem neuen Bett? Willst du frühstücken?«, erkundigte ich mich.

Riley lächelte. »Tee wäre toll. Hungrig bin ich nicht.«

»Trotzdem solltest du einen kleinen Happen essen. Ich würde mit euch zwei nämlich gerne shoppen gehen«, entgegnete ich, stand auf und befüllte den Wasserkocher. In den letzten Tagen war mir aufgefallen, dass Riley morgens nie frühstückte und auch sonst kaum etwas zu sich nahm. Daher wunderte es mich nicht, dass er so ein Leichtgewicht war. Ohne seinen Wunsch zu berücksichtigen, bestrich ich ihm eine Scheibe Toast mit Butter und Marmelade. Als das Wasser kochte, goss ich den Tee auf und kam mit beidem an den Tisch zurück. »Bitte, iss das«, forderte ich ihn auf und stellte den Teller vor seiner Nase ab. Widerwillig musterte Riley die Scheibe Brot.

»Du musst ja nicht viel essen, aber wenigsten ein bisschen. Wir haben heute einiges vor und da brauchst du etwas im Magen. Es wird dir ganz bestimmt gefallen.« Ich lehnte mich an die Theke, die die Küche vom Esszimmer trennte und wartete ab.

»Du hast recht!« Jamie erhob sich plötzlich und bestrich sich auch einen Toast, obwohl er morgens eigentlich nicht frühstückte. Sodann biss er kräftig hinein und tat, als wäre es ganz besonders lecker. Dankbar lächelte ich ihn an.

Riley beobachtete ihn wenig begeistert, nahm schließlich dennoch drei kleine Bissen, ehe er das Brot zurück auf den Teller legte. »Mehr schaffe ich nicht.«

Seufzend begutachtete ich das Stück Brot, das aussah, als hätte eine Maus daran geknabbert. Erfreut war ich nicht, doch er hatte es wenigstens versucht. In diesem Moment beschloss ich, dass ich sorgfältig darauf achten würde, wie viel er künftig aß. Meinen Vater hatte es wohl nicht gekümmert, doch ich war nicht Edward. Mein Bruder konnte durchaus einige Kilos mehr auf den Rippen gut vertragen.

»Ich habe eine tolle Idee, Riley. Morgen mache ich uns meine ganz speziellen Rühreier mit Speck. Wenn du sie einmal probiert hast, willst du sie jeden Morgen«, bedeutete Jamie und schenkte Riley ein aufmunterndes Lächeln.

Leider reagierte mein Bruder nicht wie erhofft, sondern senkte bedrückt den Blick. Ich winkte Jamie unbemerkt ab. Für heute wollte ich es erst einmal gut sein lassen. Der Tag war noch lang und ich hatte geplant, beide nach dem Shoppen zum Mittagessen einzuladen. Vielleicht würde die ungewohnte Bewegung Rileys Appetit anregen. Sicher war ich mir nur, dass vor uns eine Menge Arbeit lag.

»Wenn es euch nichts ausmacht, können wir in einer halben Stunde los«, erklärte ich mit Begeisterung und schenkte mir eine weitere Tasse Kaffee ein. Mit ihr in der Hand ging ich direkt auf Jamie zu und bat ihn aufzustehen.

Skeptisch tat er es, während ich ihn mit einem wissenden Grinsen ansah. Mit einem Mal griff ich nach dem Bund seiner Boxershorts. »Du trägst schon wieder eine von meinen. Ab heute ist Schluss damit! Ich kenne ein paar gute Läden, in denen du dich eindecken kannst. Um die Bezahlung brauchst du dich nicht zu kümmern. Sieh es einfach als Geschenk für unsere besondere Freundschaft.«

»Aber ... aber«, stammelte Jamie verdattert und ich lachte, weil er tatsächlich um Worte verlegen war.

 

*

 

»Auf geht’s!«, sagte ich voller Tatendrang und stieg als erster aus dem Auto.

»Dir ist aber schon klar, dass wir in einer der luxuriöseren Shopping Malls von London sind?«, erkundigte sich Jamie sichtlich überrascht und folgte mir mit Riley ins Freie.

»Die anderen sind mir zu voll«, tat ich seine Aussage mit einem Schulterzucken ab und grinste verschmitzt in mich hinein.

»Das meinte ich nicht. Ich scheiße kein Gold, wenn du verstehst.«

»Schon vergessen? Ich bin heute in Spendierlaune. Lass uns den Tag einfach genießen. Der Morgige wird anstrengend genug.« Ich betätigte die Zentralverriegelung des Sportwagens und sah zu Riley, der Tylers Kapuzenweste trug, die ihm viel zu groß war. Nicht nur für die Beerdigung brauchte er unbedingt Klamotten, die ihm passten. Die wenigen Kleidungsstücke, die er besaß, waren abgenutzt und stellenweise zu klein.

»Muss ich da wirklich mit?«, fragte Riley mit unruhigem Blick zu allen Seiten.

»Ich bin mir sicher, wir werden eine Menge Spaß haben. Und solange du bei uns bist, wird dir auch nichts passieren. In Ordnung?«

Mein kleiner Bruder nickte, drängte sich jedoch näher an mich heran. Ich legte ihm einen Arm um die Schultern. »Du musst vor nichts Angst haben, Kleiner. Jamie und ich sind da. Bist du bereit?«

Riley schluckte merklich, doch mir fiel auf, dass seine Neugier allmählich in den Vordergrund trat. Seine Unsicherheit war durchaus verständlich. Er hatte bis zum jetzigen Zeitpunkt kaum mit Menschen zu tun gehabt. Aber es gab wohl keine bessere Gelegenheit ihn auf die Bestattung vorzubereiten, als mit ihm durch die Mall zu gehen. Vor allem weil ich wusste, dass hier weniger Trubel herrschte als in anderen.

Aufmerksam beobachtete ich meinen Bruder, als wir durch die Tiefgarage Richtung Lift gingen. Er schien nervös, aber auch freudig erregt. Dennoch achtete er genau darauf, dass wir ihm nicht von der Seite wichen. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir ins Erdgeschoss. Als wir ausstiegen und mein Bruder einen ersten Blick auf die Mall erhaschen konnte, waren seine glänzenden Augen für mich Antwort genug. Mit kindlicher Entdeckerfreude sog er die neuen Eindrücke in sich auf. Alles erstrahlte hell und freundlich. Wie bereits erwartet, waren nur wenige Menschen unterwegs. Als wir entspannt den Gang entlang flanierten, kamen mir immer mehr Ideen, mit was ich Riley und auch Jamie eine Freude bereiten könnte.

Vorbei an mehreren Läden aller Art erreichten wir schließlich das erste Modegeschäft. Hier deckte ich mich stets selbst mit Klamotten ein, daher wusste ich, dass sie nur beste Qualität verkauften. Sofort nahm uns eine freundliche Verkäuferin in Empfang. Während sie mich fragte, ob sie uns behilflich sein könnte, sah ich aus dem Augenwinkel, dass Riley Schutz hinter Jamie suchte.

Verneinend lehnte ich höflich ab und ging geradewegs auf die Männerabteilung zu. Auf Anhieb entdeckte ich das, wonach ich suchte.

»Jamie, wie wäre es denn damit?« Ich nahm eine Bluejeans in die Hand und hielt sie ihm an die Hüfte. »Die steht dir. Findest du nicht?«

»Ich dachte, du wolltest mir Unterwäsche kaufen.« Entsetzt starrte er auf das Preisschild und die dreistellige Zahl darauf. »Spinnst du! Das ist ja mehr, als ich in einem Monat verdiene! Da tut mir schon der Arsch beim bloßen Gedanken weh.«

»Reiß dich zusammen. Hier ist ein Kind in der Nähe.«

»Wenn du meinst, Papa«, antwortete er frech.

Kichernd legte ich mir die Hose über den Arm und suchte nach einer weiteren in Rileys Größe.

Nachdem wir drei gemeinsam einige Klamotten ausgesucht hatten, schickte ich beide zu den Umkleidekabinen. Doch mein Bruder blieb wie erstarrt davor stehen. Ich ahnte, dass er Angst hatte, allein dort hineinzugehen.

»Wie wäre es, wenn ihr euch zusammen umzieht? Die Kabinen sind groß genug. Ich setze mich in den Sessel und warte auf euch.«

Riley nickte eifrig bei meinem Vorschlag. Jamie dagegen sah mich misstrauisch an.

»Bei den Preisen trau ich mich nicht einmal, das Zeug anzufassen«, beschwerte er sich. Seine verlegene Art imponierte mir.

»Keine Widerrede! Rein da mit euch. Ich will sehen, ob euch die Sachen auch passen.« Zufrieden drückte ich sie ihnen in die Arme und nahm auf einem der bereitstehenden Sessel für wartende Kunden Platz. Als sie wenige Minuten später herauskamen, konnte ich ein Lachen nicht unterdrücken. Sie trugen dasselbe Outfit. Eine schwarze Jeans und einen buntbedruckten Hoodie.

»Das ist nicht komisch!« Kopfschüttelnd stemmte Jamie die Hände in die Hüften und schob die Unterlippe nach vorne.

»Okay. Riley stehen sie ausgezeichnet. Doch für dich sind Teenagerklamotten definitiv nichts mehr«, bedeutete ich so ernst wie möglich.

»Du mich auch«, konterte Jamie und streckte mir die Zunge heraus.

»Vorschlag zur Güte ... zieh die anderen Sachen mal an. Die sind eher was für dich.«

Zusammen gingen sie in die Umkleide zurück und ich hörte trotz der geschlossene Tür Jamie leise vor sich hinfluchen und Riley kichern. Die jetzige Situation gefiel mir zunehmend. In Gedanken malte ich mir bereits aus, wie Jamie in den anderen Kleidungsstücken aussehen würde. Sie waren meinem Stil nicht unähnlich und da er sich in den letzten Tagen ohnehin schon mehrfach an meinem Kleiderschrank bedient hatte, wusste ich, dass ihm so etwas stand.

Um Riley brauchte ich mich nicht zu sorgen. Je mehr er anprobierte, desto mehr blühte er auf. Das wir die einzigen Kunden im Laden waren, verlieh ihm die nötige Sicherheit. Sein Strahlen zeigte mir, dass er Spaß am Ausprobieren der verschiedenen Outfits fand und er schlüpfte in alles hinein, das ich ihm brachte. Das meiste stand ihm hervorragend und war altersgemäß. Eigentlich hatte ich nur ein paar Hosen und Pullover für den Winter kaufen wollen. Doch da ihm alles so gut passte, konnte ich mich nicht entscheiden. Kurzer Hand entschloss ich mich dazu, jedes einzelne für ihn zu reservieren. Nur die Länge der Hosen waren ein Problem. Das würde die ladeneigene Schneiderin jedoch noch heute lösen. Sie steckte eine der Jeans passgenau ab und sie versprach, dass bis morgen früh alles abgeändert zu mir nach Hause geliefert werden würde.

Als Jamie sich mir in dem ausgesuchten Outfit präsentierte, staunte ich über alle Maßen. Höchst interessiert nahm ich ihn in Augenschein. Die Bluejeans saß wie angegossen. Darüber trug er ein weißes Langarmshirt mit Rollkragen, das sich eng über seine leicht muskulöse Brust spannte. Doch erst das schwarze Sakko rundete das Gesamtbild perfekt ab.

Ich pfiff durch die Zähne und mir kam ein begeistertes »Wow!« über die Lippen.

»Ich trage gerade mehrere tausend Pfund an meinem Adoniskörper. Also ja ... wow trifft es wohl auf den Punkt«, war seine Antwort und er betrachtete sich selbst skeptisch von allen Seiten im Spiegel. »Sag doch auch mal etwas, Riley? Die Klamotten passen nicht zu mir, oder?«

Mein Bruder schielte ratlos zu mir und ich gab ihm deutlich zu verstehen, dass er auf meiner Seite stehen sollte. Schließlich besah er sich Jamie genauer und strahlte. »Gar nicht! Du bist jetzt sogar hübscher als Sean. Das gefällt mir.«

Ich klopfte Riley lachend an die Schulter. »Vergiss aber nicht, dass ICH dein Bruder bin.«

»Schon. Aber deshalb lüge ich trotzdem nicht für dich!« Demonstrativ stellte er sich mit Jamie vor den Spiegel und erklärte feierlich: »Niemand ist hübscher als wir.«

»Auch wenn mein kleiner Bruder mir gerade frech in den Rücken fällt, bin ich ganz seiner Meinung. Vergiss deine alten Klamotten. Die hier haben Stil.«

»Die übersteigen aber auch meilenweit mein Budget«, wiegelte Jamie ab. Doch der Blick aus seinen leuchtenden dunklen Augen verriet mir, dass ihm gefiel, was er im Spiegel sah.

»Keine Widerrede, ich gehe bezahlen und ihr beide seht euch schon mal im Schuhladen gegenüber um. Wir lassen nur noch die Preisschilder entfernen und ihr behaltet die Sachen einfach an.«

»Vorhin war nur von Boxershorts die Rede.« Jamie zog die Augenbrauen nach oben.

Ich schenkte ihm ein geheimnisvolles Lächeln. »Die habe ich in der Zwischenzeit schon längst ausgesucht.« Mittlerweile fand ich Gefallen daran, Jamie aus dem Konzept zu bringen. Selbst wenn ich dazu den Sugardaddy mimen musste. Was ich bei Frauen immer gehasst hatte, machte mir plötzlich erstaunlicherweise einen Heidenspaß. Wahrscheinlich lag es daran, dass er sich mit Händen und Füßen wehrte und es nicht als Selbstverständlichkeit einforderte.

Da er schnell verstand, dass er mir in dieser Hinsicht nichts entgegenzusetzen hatte, gab er seufzend nach. »Aber ich warne dich, ich stehe weder auf knallbunt noch auf Eierquetscher. Die kneifen.«

»Keine Sorge, ich habe auf Bequemlichkeit geachtet. Du darfst sie mir nachher sogar vorführen, wenn du möchtest«, säuselte ich ihm ins Ohr.

»Oh ho! Sieh mal einer an. Da hat jemand Blut geleckt. Du scheinst schon richtig hungrig zu sein.« Jamie grinste breit von einem Ohr zum anderen.

»Nicht so laut!« Eilig sah ich mich um. Wir waren bis auf Riley jedoch allein. Ich holte tief Luft und leckte mir mit der Zunge über die trockenen Lippen.

»Ich habe auch Hunger«, kam es von meinem Bruder und Jamie prustete los. Ich selbst wäre beinahe auf der Stelle vor Scham im Boden versunken.

»Du hast deinen Bruder gehört. Lassen wir Papa Sean mal bezahlen. Wir zwei schauen uns nach Schuhen um, damit wir rasch etwas essen gehen können«, erklärte Jamie augenklimpernd, nachdem er sich wieder eingekriegt hatte. Er zog Riley mit sich zur Verkäuferin, die ihnen die Preisschilder entfernte und dann verschwanden beide aus meinem Blickfeld.