Was Geschwindigkeit angeht, so waren meine Schule die alten Zweiakter gewesen, wo man auf nichts als Tempo aus war.
(Howard Hawks)
Die erste Blüte seit der Filmgroteske war um die Jahrhundertwende in Frankreich. Die Firma Pathé beherrschte mit ihren Produkten den internationalen Markt. Wie im Einleitungskapital dargelegt, sind die ersten Filmgrotesken stilistisch noch am stärksten der Music Hall verhaftet. Man kann aber bereits in der Entwicklung der französischen Burleske zusehends verfolgen, wie sich der Sinn für die Mittel des Mediums schärft (vgl. das Max-Linder-Kapitel). Den Filmproduzenten Mack Sennett und Hal Roach kommt jedoch das Verdienst zu, das geschaffen zu haben, was wir heute gemeinhin Slapstick nennen. Mit dem Slapstick wird die Music Hall endgültig auf das Niveau des Films gebracht. Alle filmische Komik zehrt seither in einem wesentlichen Umfang von ihren Errungenschaften. Aber die Elemente der Filmgroteske, die die beiden entwickelt haben, sind darüber hinaus auch für die Filmgeschichte von bleibender Bedeutung.
Mack Sennett war eigentlich ein gelernter Kesselschmied. Seine imposante Baßstimme veranlaßte ihn, sein Glück als Sänger zu versuchen. 1902 begab er sich mit einem Empfehlungsschreiben von Marie Dressler (damals ein Bühnenstar, später war sie Chaplins wohlgenährte Partnerin in TILLIE’S PUNCTURED ROMANCE/1914) nach New York. Mack Sennett brachte es allerdings nicht weiter als zum Chorsänger und Statisten. Trotzdem sollte der Kontakt mit dem Showgeschäft zu einer, freilich ganz anderen, Karriere überleiten. 1908 wurde er Filmschauspieler, seine erste Rolle spielte er in Griffith’ BALKED AT THE ALTAR. 1909 wirkte er, ebenfalls bei Griffith, in THE CURTAIN POLE mit, einem Film, der als die erste Slapstick-Komödie des amerikanischen Kinos gilt. Als Komödiant stellt Mack Sennett einen schielenden, verschlagen dreinblickenden Typ dar, dem man nur die schlimmste Niedertracht zutraut. 1911, in dem Film COMRADES, führte er zum ersten Mal selbst Regie, und 1912 gründete er die Produktionsfirma Keystone. Von da an entwickelte sich Mack Sennett mit seiner fun factory zum King of Comedy der amerikanischen Groteske. Schauspieler, Regisseur, Autor, Produzent, im Bedarfsfall auch Requisiteur, Kameramann oder was sonst anfiel, wurde er zum Motor einer filmhistorischen und kulturgeschichtlichen Entwicklung, die man gar nicht hoch genug einschätzen kann. »Und von diesen (Music Hall und Vaudeville) leitet sich wiederum eine Erscheinung des zwanzigsten Jahrhunderts ab, die man wahrscheinlich später einmal als seine einzige wahrhaft große Leistung auf dem Gebiet der volkstümlichen Kunst ansehen wird: die Stummfilmkomödie der Keystone Kops, Charlie Chaplins, Buster Keatons und einer Menge anderer unsterblicher Darsteller« (Martin Esslin: Das Theater des Absurden).
Auch die Surrealisten waren von der exzessiven Fantasie des Slapsticks angetan. James Agee weist darauf hin, daß Gedankengut aus dem Unbewußten von Mack Sennett gezielt eingesetzt wurde: »Sennett pflegte einen ›wilden Mann‹ für seine Gag-Konferenzen anzustellen, dessen Job ausschließlich darin bestand, ›wilde Ideen‹ zu ersinnen. Gewöhnlich war er ein völlig hirnloser, sprachloser Mensch, kaum fähig seine Ideen mitzuteilen, aber er hatte eine völlig uneingeschränkte Imagination. Er mochte eine Stunde lang nichts sagen, aber dann begann er zu murmeln … Dieser wilde Mann scheint in der Tat als das Unbewußte der Gruppe funktioniert zu haben, die Quelle aller kreativen Energie. Seine Ideen waren so abstrus und amorph, daß sich Sennett an keine einzige mehr erinnern kann oder was aus ihr nach einer rationalen Umsetzung geworden ist.«
Von den unzähligen Darstellern, die Mack Sennett entdeckt oder gefördert hat, seien hier einige aufgezählt: Marie Dressler, Louise Fazenda, Fred Mace, Chester Conklin, Mack Swain, Charles Chaplin, Ben Turpin, Fatty Arbuckle, Ford Sterling, Hank Mann, Al St. John, Mabel Normand, James Finlayson, Charlie Murray, Bobby Vernon, W.C. Fields, Minta Durfee, Bing Crosby, Edgar Kennedy, Andy Clyde, Billy Bevan, Carole Lombard, Henry Pathé Lehrman, Eddie Quillan, Harry Langdon, Charley Chase, Harold Lloyd und natürlich die Keystone Kops und die Bathing Beauties. Mehr als 1000 Filme entstanden in einem Vierteljahrhundert unter Mack Sennetts Ägide, wobei Sennett den größten Teil seiner Karriere die Freiheit eines unabhängigen Produzenten bewahren konnte. Es gab selten eine Oscar-Nominierung, die so unumstritten und gerechtfertigt war wie die für Mack Sennett; in der Laudatio von 1937 faßt die Filmindustrie ihr Schuldbekenntnis an Sennett folgendermaßen zusammen: »For his lasting contribution to the comedy technique of the screen, the basic principles of which are as important as when they were first put into practice.«
Aber wer von Mack Sennett redet, sollte seine Wurzeln nicht vergessen. Da waren einmal die filmtechnischen Lehrjahre bei D.W. Griffith: »He was my dayschool, my adult education programm, my university.« Ferner die bereits auf dem Markt befindlichen französischen Groteskfilme: »I have been posing for many years as the inventor of slapstick motion-picture comedy and it is about time I confessed the truth. It was those Frenchmen who invented slapstick and I imitated them.« Man beachte freilich den Unterschied, der bei dieser Imitation herauskam, wie ihn etwa Raymond Durgnat beschreibt: »The French films were about chaos caused by people, Sennett’s about people caught up in chaos.«
Music Hall und Vaudeville benützte Mack Sennett ebenso als Rekrutierungsfeld wie als Quelle der Exploitation. Über die Bowery Burleske sagt Mack Sennett: »The round, fat girls in nothing much doing their bumps and grinds, the German-dialect comedians, and espacially the cops and tramps with their bed slats and bladders appealed to me as being funny people. Their approach to life was earthy and understandable. They whaled the daylights out of pretension. They made fun of themselves and of the human race. They reduced convention, dogma, stuffed shirts, and Authority to nonsense, and then blossomed into pandemonium … I especially enjoyed the reduction of Authority to absurdity, the notion that sex could be funny, and the bold insults that were hurled at pretension.« Aus diesen Quellen aber schuf Mack Sennett etwas genuin Neues. Das zeitgenössische Kino karikierte er in Genreparodien. Das Maschinenzeitalter griff er auf in der Mechanisierung, Verdinglichung, dem Geschwindigkeitswahn. Die abstrakte Freiheit des modernen Individuums ließ er in der Absurdität, im Chaos, im Grotesken kulminieren. Alles dies schloß er zusammen in einem exzellenten kinematographischen Stil aus Action und halsbrecherischer Geschwindigkeit, trompe l’œil und einer seltsamen Poesie des Gags. Gerade was Action und Geschwindigkeit betraf, trieb er selbst das Kino mächtig voran, führte den Schnitt im Action ein und entwickelte Techniken der mobilen Kamera für seine Verfolgungsjagden. Chaplin gilt uns heute in seiner Technik als vergleichsweise »schneller« Komiker; aber innerhalb der auf abenteuerliches Tempo getrimmten Sennett-Truppe galt Chaplin als »langsam«. Mack Sennett war ein Mann des Stummfilms: Die Idee rangierte vor dem Konzept, Spontaneität und Improvisation an Ort und Stelle verleihen den Filmen ihre ungewöhnliche Frische. So ging denn auch Mack Sennetts Glanzzeit mit dem Tonfilm zu Ende. Dem Tempo seiner Komödien war die Sprache fremd und die großindustrielle Organisation der Filmindustrie der 30er Jahre erst recht. Jacques Tati hat ihn 1959, ein Jahr vor seinem Tod, in Hollywood besucht; auf den Tonfilm angesprochen, antwortete er bitter: »Kenne ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen guten Satz im Film gehört zu haben.«
Die Erfindung der hauseigenen Polizeitruppe, der Keystone Kops, geht bereits auf das Jahr 1912 zurück. Durchgedrehte Polizisten kann man zwar schon früher finden (z.B. Méliès’ PATINS A ROULOTTES /1908), aber nach Sennett geht die Idee auf einen improvisierten Film zurück: Mabel Normand mit einer Babypuppe am Arm markierte mit herzzereißendem Lamento die Sitzengelassene, die den vermeintlichen Vater ihres Kindes unter den Teilnehmern eines Umzugs sucht. Als sich die nichtsahnende Polizei einmischte und über den entstehenden Tumult und die anschließende Verfolgungsjagd Amt und Würde dem Gelächter preisgab, waren die Keystone Kops geboren. Es galt nur noch, der Truppe den entsprechenden Slapstick-Schliff zu geben: phantastische Gesichtsmasken, zu große und zu kleine Uniformen, schräge Typen, die ihre eigenen stuntmen sind, sowie eine Dramaturgie, die vor allem auf ausgeklügelten boobytraps (Tölpelfallen) und einer atemberaubenden Geschwindigkeit beruht. Besondere Aufmerksamkeit galt dem mit Spezialeffekten ausgestatteten Überfallauto, an dem immer ein paar Cops hinten dranhingen, die dann an Mauern, Straßenlöchern und Expreßzügen abgeschüttelt wurden, wenn nicht gleich das ganze Oberteil an einer Unterführung hängenblieb, so daß der Wagen weiterraste, während die benommenen Cops wie besoffen in eine andere Richtung mit dem Oberteil davonrannten … (THE SURF GIRL/1916). Wenn die Cops für einen Film nicht gebraucht wurden, mußten sie auf dem Studiogelände trainieren, wie man Autos zu Schrott fährt und bei wilden Stürzen lebend davonkommt. Der Begriff Verfolgungsjagd ist mit der Geschichte der Keystone Kops untrennbar verknüpft. Eine aufs höchste verfeinerte und vollendete Apotheose der Keystone-Kops-Jagd stellen Keatons THE GOAT und COPS dar, wo eine zur Armee angewachsene Copstruppe stampedelike durchgeht.
Die erste Mannschaft von 1912 bestand nach Sennett aus nur sieben Cops, Georgie Jesky, Mack Riley, Charlie Avery, Bobby Dunn, Ed Kennedy, Slim Summerville, Hank Mann sowie deren Boß, Ford Sterling. Sennett stockte die Keystone Kops später zu seiner Talentschule auf; die Karriere einer Vielzahl von Komikern begann bei den Cops, wie z.B. Chester Conklin, Eddie Cline, Mack Swain, Charley Chase, Al St. John, James Finlayson, Roscoe Fatty Arbuckle und Buster Keaton.
Neben den Keystone Kops sind die Bathing Beauties seit 1914 eine feste Repertoiretruppe Mack Sennetts. In der Nähe von Wasser und Meer (ob am Nordpol oder am Äquator) tummelt sich bei Mack Sennetts Produktionen gerne – unmotiviert, aber wirkungsvoll – eine Truppe hübscher, neckischer Mädchen im Badeanzug, die zu allerlei komischen Verwicklungen Anlaß geben. Einmal errichtet er den Girls ein Badehaus bei den Eskimos und läßt auch noch die Hauptdarstellerin Feuer fangen. Ein Hauptproblem für Sennett waren die unattraktiven Badeanzüge von 1914 (mit Gummistiefeln, langen Wollstrümpfen, Hüten und Pumphosen); er ließ den Girls die gewagtesten Bademoden verpassen, die damals möglich waren. Publicityfotos der Komiker wurden prinzipiell mit Bathing Beauties garniert. Von den zahllosen Mädchen, die ihre Karriere in dieser Truppe begannen, seien genannt: Bebe Daniels, Sally Eilers, Cecil Evans, Louise Fazenda, Virginia Fox, Millie Golden, Phillis Haver, Madeline Hurlock, Natalie Kingston, Irene Lentz, Carole Lombard, Evelyn Lynn, Lucille Miller, Polly Moran, Marie Prevost, Vera Reynolds, Vera Steadman, Ruth Taylor und Gloria Swanson (letztere erklärt in einem Interview, daß sie zwar bei Sennett im Badeanzug aufgetreten sei, aber nie zu der Truppe gehört habe!?).
Hal Roach war gleich Mack Sennett ein amerikanischer Selfmademan wie aus dem Bilderbuch. Seine Biographie beginnt mit einem abenteuerlichen Wechsel von Ort zu Ort, von Job zu Job. U.a. war er als Goldsucher in Alaska. Nach Mack Sennett war er der größte Entdecker, Macher, Förderer und Produzent von Filmkomikern. Unter den zahllosen Karrieren, die mit dem Namen Hal Roach verknüpft sind, seien nur einige der wichtigsten genannt: Harry Langdon, Harold Lloyd, Laurel und Hardy, Charley Chase, Will Rogers, W.C. Fields, Mickey Rooney, James Finlayson, Snub Pollard, Bebe Daniels, Thelma Todd, Zasu Pitts und die Kindertruppe Our Gang.
Sein Einstieg ins Filmgeschäft erfolgte 1912 als Cowboy-Darsteller. Aber bereits 1914 gründete er eine eigene Produktion. Zunächst war Roach mäßig erfolgreich und lernte sein Handwerk vor allem durch das Plagiieren kassengängiger Filme. Ab 1919 produzierte er fast nur noch Grotesken, deren Qualität jetzt scharf mit Mack Sennett konkurrierte. Wo Mack Sennett der Meister der Sahnetortenschlacht war, war Roach der Meister der Wasser- und Schlammschlachten. Im Verlauf der 20er Jahre entwickelte er aber seinen eigenen unverwechselbaren Studiostil, der die Gags nicht Schlag auf Schlag servierte, sondern bis in die letzte Variante steigerte, ein vergleichsweise langsamer und psychologischer Komödienstil, der sich exemplarisch bei Harold Lloyd in der Gagvariation oder bei Laurel und Hardy in der langsamen Steigerung der Szene studieren läßt. Über seine Zusammenarbeit mit Lloyd pflegte er zu sagen: »Egal was für eine Szene ich ausdenke, Lloyd hat den gewissen Dreh, es genau so auf die Leinwand zu bringen, wie ich es mir in meinem geistigen Auge vorgestellt habe.« Ein anderes Charakteristikum von Hal Roachs Stil war der bewußte Bezug des Komischen auf den Infantilismus: »Actually the great comedians are representing or portraying children or the things that children do.« Dies läßt sich wiederum bei Laurel und Hardy sowie bei Langdon besonders gut studieren. Im Unterschied zu Sennett vermochte sich Roach mit seinen Komödien auch in der Tonfilmzeit durchzusetzen. Auch dafür sind die Laurel-und-Hardy-Filme, deren pointierter Dialog sich mühelos in einen langsamen Slapstick-Typus integriert, das Paradebeispiel.
Es war nur konsequent, daß Roach von der komischen Behandlung des Infantilen auf Kinderkomödien kam: »One of the big secrets of successful comedy is in relating it all to childhood. Laurel and Hardy built their whole routine around that.« 1922 präsentierte Roach erstmalig mit ONE TERRIBLE DAY die Truppe Our Gang aus sechs Kindern und einem Hund. Der große Erfolg des Films war der Start für eine Vielzahl von Our-Gang-Filmen in den 20er und 30er Jahren, die meisten unter der Regie von Robert McGowan. Die Roach-Technik, die mehr Sinn für komische Situationen als für groteske Aktionen hatte, war für die erfolgreiche Entwicklung der Truppe Our Gang entscheidend, während Sennett seine früheren Versuche auf diesem Gebiet nicht weiter fortsetzte.
Die Komik der Truppe beruht im wesentlichen darauf, daß die Kinder ganz natürlich und ungeniert die Welt der Erwachsenen spielten. Frühe Vorbilder der klassischen Roach-Truppe finden sich vor allem in Filmen mit Snub Pollard und Harold Lloyd, wie z.B. der freche Knirps Ernie »Sunshine Sammy« Morrison. Die ursprüngliche Truppe bestand aus Mary Kornman, der Koketten, Joe Cobb, dem schwerfälligen Dicken, Mickey Daniels, dem sommersprossigen Umtreiber, Allan »Farina« Hoskins, dem naiven Neger, sowie Jackie Condon, Ernie Morrison und dem weißen Terrier Pete, der um das rechte Auge einen schwarzen Kringel gemalt hatte. Das Personal wechselte natürlich häufig, und andere Mitglieder der Truppe waren Spanky Macfarland, Darla Hood, Buckwheat Thomas, Jacquie Lynn, Sotty Beckett, Jackie Cooper, Nanette Fabray. Mit reiferen Mitgliedern der Truppe wurde später eine Teenager-Gruppe versucht, »The Boy Friends«, aber ohne sonderlichen Erfolg.
Der Roach-Schule entstammt ein ganzes Vokabular für psychologische Gags. Die thrill-comedy, die den Komiker in schrecklich gesteigerte Lebensgefahren bringt, die Groteske und Spannung miteinander verbindet. Das slow burn, das langsame Sichaufschaukeln einer Szene. Das double take, die Slapstick-Variante dessen, was man im Deutschen »lange Leitung« nennt. Das fade away, das scheinbare Abklingen eines Konflikts; sowie der running gag. Es sind alles Elemente, die man auch in der screwball-comedy und crazy-comedy der 30er und 40er Jahre finden kann. Und es ist sicher kein Zufall, daß einer der wichtigsten Darsteller der amerikanischen Tonfilm-Komödie, Cary Grant, stark an zwei Komiker der Roach-Schule erinnert. Als forscher Gentleman-Komiker ist er eine Verlängerung des Typus von Harold Lloyd; in vielen Szenen, in denen er gegenüber dominanten Frauen den verwirrten, irritierten Mann spielt, gleicht er fatal Harry Langdon.
Die filmische Qualität der Roach-Schule ist weniger in der Filmtechnik selbst zu suchen, wie bei Sennett, sondern in einer filmischen Darstellungstechnik. Natürlich gibt es zwischen der Sennett- und der Roach-Schule zahlreiche Überschneidungen stilistischer und personeller Natur; aber hier geht es darum, die wesentlichen Aspekte scharf pointiert herauszuarbeiten. Wo sich bei Sennett mehr der Akteur bewegt, bewegt sich bei Roach mehr die Welt um den Akteur. Wo Sennett mit perfekter Geschicklichkeit Chaos erzeugt, erzeugt es Roach mit perfekter Ungeschicklichkeit. Wo bei Sennett der Komiker ein eher abstrakter Typus ist, ist er bei Roach eher ein konkreter Charakter – oft auch mit ideologischen Vorurteilen behaftet. Wo Sennett beständig auf neue Attraktionen aus ist, arbeitet Roach lieber mit Steigerung und Wiederholung. Wo bei Sennett die Menschen aktiv auf die widerspenstigen Dinge losgehen, gehen bei Roach die Dinge oft auf die passiven Menschen los; dem Zufall und optischen Gags kommt bei Roach eine größere Rolle zu. Allen diesen Differenzierungen liegt aber ein zentraler Unterschied zugrunde: Wo bei Sennett das bloße Tempo herrscht, bemüht sich Roach um das Timing. Dieser letztere Stilunterschied war es auch, der die Roach-Schule in den Tonfilm hinüberrettete.