1

Durch Wälder und Felder, dem Tale entlang

o weh,

da schallt aus dem Grünen des Liebchens Gesang:

Ade,

»Du hast mich verlassen, o Liebster mein!

muß dennoch ewig dein Eigentum sein,

Ade, o weh, Ade, ja Scheiden und Leiden tut weh.

2

Es singen und springen die Vögelein,

im Hain,

und munter spielet der Sonnenschein,

so rein.

Die Bäume, sie flüstern und tun darauf

mit Freuden die grünen Äuglein auf,

im Hain, so rein, im Hain, im Frühlingssonnenschein.

3

Doch nimmer, im Schimmer er kehret zurück,

o weh

er sucht in der Fremde das flüchtige Glück,

Ade,

im Frühling nur stärker die Sehnsucht entglüht,

so lange die Blume der Liebe nicht blüht.

Ade, o weh, Ade, ja Scheiden und Leiden tut weh.

4

Wenn Schwalben aus falben Gebüschen ziehn

Ade,

wird dann nicht mir wieder sein Augenlicht glühn,

o weh

so leg ich mich sterbend mit treuem Sinn

wohl unter die sterbenden Blumen hin,

Ade, o weh, Ade, ja Scheiden und Leiden tut weh.«

In Tränen geh ich nun allein,

am Quell – Du kennst ihn wohl.

Ich blicke in den Bach hinein,

daß er mich trösten soll.

Du freundlich Liebesangesicht,

wie bist du doch so fern!

Dich bringt mir nun kein Tageslicht,

bringt nicht der Abendstern.

Mein Leben schließt die Augen zu,

weil es Dich nicht mehr sieht,

indes in Träumen ohne Ruh

mein Herz stets zu Dir zieht.

Die leise Welle rinnet klar,

und zeigt den grünen Grund.

O! Welle mache offenbar,

was wohl mich macht gesund!

Die Welle schweigt und fliehet bald,

doch unten frisch und hell

grünt wundervoll ein Pflanzenwald

bedeckt vom klaren Quell.

Und aus dem frischen Wasserreich

steigt hell der Trost zu mir:

»Es grünet so der Hoffnung Zweig

auch unter Tränen Dir.«

FRIEDRICH SCHLEGEL

An die Deutschen

Zu Anfang des Jahres 1800

Vergaßt auf ewig ihr der hohen Ahnen?

Ihr uneins all’, an Stumpfheit alle gleich,

Gelehrte, Laien, Herrn und Untertanen!

Ach schmolz der Väter Tugendkraft so weich,

Die einst wie Rom so Schwert als Griffel führten,

Bald welterobernd, bald von Kunstsinn bleich,

Das Rittertum durch Caesars Würde zierten,

Der neuen Dichtkunst vollsten Strom ergossen,

Europa, eh’ die Kirche brach, regierten?

In Deutschland war der heil’ge Krieg entsprossen,

Als Deutschland sich im Frieden ganz zerstörte,

Da war das letzte deutsche Blut geflossen.

Noch da gab’s Stimmen, einen kaum der hörte.

Von Fürsten Recht, bei Bürgern edle Sitte,

War wen’ger Ziel, seit sich das Reich verkehrte.

Was mögen einzle, fehlt die große Mitte?

In Taten hat uns Gottes Will’ umschränkt,

Die Kraft der Kunst gewährt er sonder Bitte

Schon früh hat uns Gelehrsamkeit getränkt

Mit alter Völker Mark. Zur Geistessonne

Wird Kraft und Kunst durch stillen Bund gelenkt.

Aus süßer Poesie quillt ew’ge Wonne,

Durch Religion entzünd’t sich lichte Güte,

Dem Denker ist Natur der Lebensbronne.

Was Hellas schlau ersann, was Indien blühte,

German’scher Männer Lied wird’s neu entfalten,

Wie zornig blinder Pöbel gegenwüte.

Ich sagte zweimal Uns. Die Worte galten

Den Heldenkünstlern, die sich selber nennen;

Denn nimmer kann solch Feur wie dies erkalten.

Die Nachwelt wird sie glorreich anerkennen.

Wer will, sei mit im Uns. Die sind verstoßen,

Die nach dem Nichts von Gott verlassen, rennen,

An Religion und Dichtkunst sich erboßen,

Von der Natur Mysterien nichts nicht wissen,

Zu sich in Kot das Heil’ge niederstoßen.

Solch Sündenvolk, die leicht schier von Gewissen,

Im Herzen schlaff, von Sinnen stumpf, nicht merken,

Daß sich der Nacht ein Weltall neu entrissen,

Mag ewig Gott im Totenschlaf bestärken,

Bis kraft des jüngsten Tags zuletzt sie wachen,

Eh’ sie zergehn samt ihren nicht’gen Werken.

Wer Feuer, Wasser, Luft, die ersten Sachen

Aus tiefer Seele liebt, kann’s nie mehr lassen,

Schwömm’ auch allein auf weitem Meer sein Nachen.

Er muß im Mittelpunkt den Erdgeist fassen,

Metalle, Menschen, Pflanz’ und Tier begreifen;

Wo Licht und Sonne fern, das Träge hassen.

Was Stoff, der Formen Sinn, wie Sterne schweifen,

Dreiein’ger Kräfte Wechselspiel; die Frucht

Muß golden ihm am Baum der Weisheit reifen.

Zu Gott zurückfliehn will des Lebens Flucht;

Geweiht bleibt ewig, wer Gott einmal schaut,

Nie füllt sein Tun die bodenlose Sucht.

Dies, Pöbel, ist das Feur, vor dem dir graut!

Die lang verschloßne Kraft ist aufgelodert;

Kein Wasser kann sie still’n, sie brennt zu laut.

In sich hat sich der Geist von sich gefodert,

Des Wissens Tief’ entsteigt neugrün die Erde;

Der alte Schutt bleib’ immerhin vermodert.

Der Meister sinnt schon freudig von Gebärde,

Sein Haupt als Priester der Natur umkrönend,

Und spricht zur Hierarchie der Kunst sein Werde.

Vom Himmel fließt dies Zauberlicht, und tönend

Begleitet der das Schöpferwort, des Kraft

Zur Mitte dringt, die alte Nacht versöhnend.

Ich sprach es aus und sah, wo keiner gafft,

Im innern Licht der Geister Weltenbau,

Sah lebend, was zum Schein der Tod gerafft;

Am Boden funkelt hell der Liebe Tau,

Der Bildung Mark durchströmt die Wunderpflanze,

Zum Dach wölbt Fantasie ihr lichtes Blau.

Es wächst und blüht der Säulen Chor im Glanze;

Des Tempels Bau vollendend zu enthüllen,

Weihn am Altar sich die im Dichterkranze,

Aus deren Blick schon Lichtes Ströme quillen,

Und schwören alle bei des Himmels Rosen,

(Der Eid sei höchstes Ziel auch meinem Willen):

Mit Flammen soll der Jüngling fröhlich kosen,

Des Mannes Fuß ersteigt des Weltalls Stufen,

Dem Stab des Meisters schweigt der Meere Tosen.

Wohl seid ihr taub, sonst hört ihr jetzt mein Rufen!

Der Tempel grünt in euch; in euch noch leben

Die Kräfte so das Altertum erschufen.

Dringt Jüngling’ ein! Ernennt durch tapfres Streben

Euch selbst zu Herrn und Fürsten jeder Kunst;

So wird die Kirche sichtbar sich erheben.

Ihr habt der Liebe Mut, der Götter Gunst,

Ihr schautet die Natur im Heiligtume;

Entflammt die ganze Welt zu Einer Brunst!

Eu’r Tempel wachse groß zu Deutschlands Ruhme.

Der Grund ist fest, und hoch im Zentrum sprießt

In königlicher Pracht der Dichtkunst Blume.

Europas Geist erlosch; in Deutschland fließt

Der Quell der neuen Zeit. Die aus ihm tranken,

Sind wahrhaft deutsch; die Heldenschar ergießt

Sich überall, erhebt den raschen Franken,

Den Italiäner zur Natur, und Rom

Wird wach und Hellas, dessen Götter sanken.

Bleibt jung, gedenkt der Ahnen; das Phantom

Der trägen, toten Meng’ ist nur ein Splitter,

So dämmen will der Zeiten Riesenstrom.

Des Geistes heil’gen Krieg kämpft treu wie Ritter!

[1800]

Die Weltseele

Vom trüben Schlaf erwacht zu lichtem Denken,

Hat sich der Mensch zum Himmel aufgerichtet,

Kann nun, wo träge Furcht ihn sonst vernichtet,

Die Wunder des Bewusstseins schaffend denken.

Zum ersten Lohn, den ihm die Götter schenken,

Daß innre Kraft den innern Streit geschlichtet,

Vernimmt er, was vom Äther sie gedichtet,

Und will mit Liebe sich ins Lichtmeer senken.

Wie dennoch eins die Kraft in allen Schranken,

Und leichter Äther mächt’ger als die Masse;

Das lebt und brennt in solchem kühnen Streben!

Es sinnt der Geist, wie er das Ew’ge fasse;

In toter Bildung sieht er Täuschung schwanken,

Das innre Wesen blitzt im freien Leben.

[1800]

Diana, heil’ge, wo sind deine Brüste?

Begeist’rung trinkt der Löwe sich im Blute,

Titanen schwellt der Wein zum Übermute,

Dianas Milch war Sehern wild Gelüste.

Umklirrt blieb still, als ob es nichts nicht wüßte,

Das Rätselbild, wie auch der Taumel flute,

Bis matt vom Waffentanz der Priester ruhte,

Der großen Göttin tiefsten Saum noch küßte.

Diana, heil’ge, reich’ zum Tanz die Waffen!

Als ich der Brüste Füll’ im Marmor schaute,

Da ward von deiner Milch das Herz mir trunken;

Und ob ich gleich im Mark vor dir ergraute,

So fühlt’ ich Kraft auch, nimmer zu erschlaffen,

Bleib’ in Mysterien ewig nun versunken.

[1801]

Als die Sonne nun versunken,

Blühet noch der Abend rot.

Lange schienen weit die Flammen,

Gegenüber stand der Mond;

Wie zwei Welten gegenüber,

Diese bleich und jene rot,

Mitten inne kleine Sterne,

An des Himmels Gürtel hoch;

Unten dann die große Erde,

Wo im tiefen Dunkel schon

Blumen duften, Bäume rauschen

Bei der Nachtigallen Ton.

Blaß wird jede schöne Glut

Und die Freude sinkt vom Thron;

Fern ist ganz des Tages Mutter,

Lichter scheint der bleiche Sohn.

An dem Schimmer freut der Mensch sich

Und ist auch im Dunkel froh.

[1802]

Das Ideal

„Der ist zu schwer, der andre fällt ins Leichte,

Den strengen Ernst hier müßte man noch würzen,

Der Anmut Fülle dort sodann verkürzen,

Bald ist der Grund zu tief und bald zu seichte.“

So steht die Kunst dem Ideal zur Beichte,

Und kann den Knoten nie ganz richtig schürzen;

Es muß der Mensch auf eine Seite stürzen,

Wie fleißig er sich auch zur Bildung zeigte.

In jeder Kunst, im Leben, ja im Wissen,

Ist auch das Beste falsch, die ferne Scheibe

Scheint unerreicht die Schützen nur zu äffen;

Wir können nicht heraus aus unserm Leibe,

An allen wird der Kenner etwas missen,

Und einer kann den kleinen Punkt nur treffen.

---

Nur das Ganze, mein Freund, wie es lebt und im Leben

sich spiegelt;

Das sei dein Ideal, frei von der Formel Gespenst.

[1802]

Fantasie

Alte Töne tönen wieder,

Rasch entflieht das wilde Leben;

Jetzt der Sehnsucht hingegeben,

Wenn der Knabe einsam weint;

Dann zu hoher Lust vereint,

Wenn der Freuden Ziel gefunden;

Bald von leichtem Scherz umwunden,

In des Übermutes Fülle;

Zwischendrein die alte Stille,

Frisch lebendig was vergangen,

Alter Liebe angehangen,

Wie vergangen schon das Neue;

Schmerzen, die ich nimmer scheue,

Wie sie tiefre Lust erzeugen,

Kalte Fesseln, die mich beugen,

An der Jugendblüte nagen;

Laßt, o laßt mich alles sagen.

Weh, ach weh! ihr öden Mauern,

Wo die Blume ward gefunden,

Die mit Freuden mich umwunden;

Daß sie alle gleich verschwunden,

Muß ich trauern.

Frühen Leiden hingegeben,

Mußte Schönheit so verderben,

Süße Anmut welkend sterben;

Blühend noch muß Tod erwerben

All mein Leben.

Kam die Liebe zum Knaben gegangen.

Da die lang Ersehnte nun ihm nahte,

Weiß er kaum sein neues Glück zu wagen.

Freude, klare Freude gibt ihm alles;

In der Freude aber neu Verlangen,

Das die Freude oft zu Leide machte.

O dies Verlangen

Zu kühlen, an den Lippen festzuhangen,

Bis daß in süßer Lust der Sinn vergangen!

Und faßt dich einmal dieses tiefe Sehnen,

So darfst du nimmer wähnen, es zu füllen,

Und wollte dich umhüllen ganz die Liebe

Zu ihren schönen Freuden.

Laß uns fröhlich tändeln,

Laß uns Scherz ersinnen,

Mit blitzenden Augen,

Mit lieblichen Lippen.

O wie süß ist die Freude,

Mit der Liebe zu spielen,

Und eins mit dem andern

Zu tändeln wie Kinder!

Nur dich Hohe schmückt die Krone.

Lichtglanz muss dich golden zieren,

Rosenstrahlend triumphieren,

Herrin, auf des Herzens Throne!

Alles gab ich dir zum Lohne,

Alles für die heil’ge Freude,

Bis wir freudeflammend beide,

Beide sagten: Nun verschone!

Wenn ich unverstanden bliebe

Ohne Gegenstand mein Streben,

Keine Liebe mir gegeben,

Würd’ ich dennoch innig lieben,

Um so inniger nur leben.

Was mein Sehnen lieblich wähnte,

Was ich liebesehnend meine

Ist so heiter, lind und reine,

Daß kein Sinn sich weiter sehnte,

Der gesehn dies einzig Eine.

Wenn ich fern von Freuden bliebe,

Ohne Gegenstand mein Streben,

Keine Liebe mir gegeben,

Würd’ ich dennoch innig lieben

Und in heitern Freuden schweben.

Kühne Wogen, wildes Leben,

Laß den Strom nur immer brausen,

Frischen Sturm im Herzen sausen;

Wie der Adler durch die Lüfte,

Über Meere, über Klüfte,

Laß mich schweben, laß mich fliegen!

Alles kann der Mut besiegen,

Mut entsprungen hohem Glauben;

Keiner kann die Liebe rauben,

Wie auch wechseln die Gefühle

In dem irdischen Gewühle.

[1802]

Anruf

Zu Anfang des Jahres 1807

O ihr Blinden, die verderbend,

Ja schon sterbend,

Doch den Hader nicht vergessen,

Dünkels noch vermessen,

Nicht vernehmt die Hand, die euch geschlagen!

Fruchtlos ohne Reue,

Schallt nur eitel euer Klagen,

Fern von Demut und von Treue,

Endet euer Stolz nun in Verzagen.

Sohn der Liebe, woll’st vereinen

Doch die Deinen,

Daß der Zwietracht dunkle Binde

Vor dem Blick verschwinde,

Alle deines Heiles Licht erkennen,

Und in dir verbündet,

Gern sich alle Brüder nennen,

Neuen Muts ihr Herz entzündet

Ewig mög’ in Liebesflammen brennen.

Welcher Hölle Ungewittern

Dürft’ erzittern

Wohl dein Volk, wenn einig wieder,

Es wie ehdem bieder,

Wandelte im alten Heldenglauben?

Gottes Himmel offen,

Mag Zerstörung uns umschnauben,

Steht nur fest der Liebe Hoffen,

Darf kein Haar vom Haupt das Schicksal rauben.

Innen keimt, das Herz betörend,

Selbstzerstörend,

Hier ein Gift, uns zu umschlingen,

Fesselnd zu durchdringen,

Bis wir dann dem Tode preisgegeben.

Eitlen Dünkels Streiten,

Kalter Habsucht zaghaft Beben,

Muß dem Feind den Weg bereiten,

Und umgarnt mit Ohnmacht unser Leben.

Heiland, der die Welt errettet,

Als umkettet

Sie von ird’schem Ruhme trunken,

Lag in Lust versunken,

Sterbend hießest Liebe auferstehen!

Müssen deine Krone

Wir so arg verspottet sehen,

Darf der Mord mit grimmem Hohne

Wütend so durch deine Saaten gehen?

Auf der Zeiten Woge schwankend,

Kraftlos wankend,

Will das Schiff des Glaubens sinken,

Ihm kein Stern mehr winken,

Daß die Treuen schon verstummt erblassen.

Nirgends schimmert Rettung,

Sturmwind naht sie zu umfassen,

Und in schrecklicher Verkettung

Will ein Räuber nun das Steuer fassen.

Einsam muß der Treue wallen,

Einsam fallen,

Wandeln an dem öden Strande

Ohne Liebesbande,

Mühevoll durch Neid und Sorge ziehen.

Kraft ist seinem Munde,

Wort und Lied umsonst verliehen,

Jeder hohen Gotteskunde

Sieht er Hohn ihm lachend all’ entfliehen.

Eitel strömen aus der Kehle,

Ohne Seele,

Wort und Rede, mehr verwirrend

Noch den Geist, der irrend

Sich den Schein zur Wohnung hat erkoren;

Mit den Zeichen spielt er,

Deren hoher Sinn verloren,

Nach dem eitlen Schimmer zielt er,

Tot schon lebend, und dem Nichts geboren.

Soll dies Elend nimmer enden,

Nie sich wenden,

Soll erloschen und verdorben,

Innen ganz erstorben,

Gott, dein Ebenbild der Mensch verlieren?

Soll sich tief erniedernd

Blöd’ er wandeln gleich den Tieren,

Keinen Laut der Lieb’ erwidernd,

Soll nichts Göttlich’s mehr die Erde zieren?

Nein, es hat der Herr des Lebens

Nicht vergebens

Göttlich für das Licht gestritten,

Und den Tod erlitten,

Das Gespenst der Hölle zu zerstören;

Er, der all’ vereinet,

Die den Ruf der Liebe hören,

Wird, so weit der Himmel scheinet,

Seiner Kämpfenden Gebet erhören.

Ja, es nahen schon die Tage,

Wo die Klage

Sich in Wonn’ und Schreck entfaltet,

Wenn der Richter waltet,

Finsternis und Gutes ernst sich scheiden;

Sich vereint das Gleiche,

Licht umkränzt das fromme Leiden,

Angstvoll klagt der irdisch Reiche,

Gottes Trennung keiner mag vermeiden.

Diese Felsen, die jetzt brechen,

Alle sprechen

Von der göttlichen Erscheinung.

Selige Vereinung

Ernten bald, die treu dem Ziel ausharrten;

Noch im Sturm und Dunkeln

Woll’n wir drum des Morgens warten,

Mutig ob der Hoffnung Funkeln,

Das zur Sonne wird in Gottes Garten.

[1807]

Bild des Lebens

Krank, matt, gebückt, sah ich den Alten schleichen,

Den Blinden muß die Hand des Mitleids führen.

Weh! die der Augen süßes Licht verlieren;

Das könnte wohl den härt’sten Sinn erweichen!

Ob bald die Nebel vor der Sonne weichen,

Fragt er, die Strahlen schon die Berge zieren.

Es hörend, hebt er an zu triumphieren;

Froh, durch Gesang den Himmel zu erreichen.

Das war es, was mich mehr als Tränen rührte;

Ein rechtes Bild des armen Menschenlebens,

Wie Blind’ auch uns in Nacht das Mitleid führte.

Die Sonne sucht der dumpfe Blick vergebens;

Selig, wenn nur das Herz den Strahl noch spürte,

In Nacht das Licht begrüßend unsres Strebens!

[1807]

Das Gedicht der Liebe

Wie nächtlich ungestüm die Wellen wogen,

Bald schwellend liebevoll zum Sternenkranze,

Bald sinkend zu der Tiefe hingezogen,

Sehnsüchtig flutend in dem Wechseltanze,

Bis Morgenrot empor scheint aus den Wogen,

Noch feucht in blumenlichtem Tränenglanze;

So steigen hier der Dichtkunst hohe Strahlen

Aus tiefer Sehnsucht Meer und Wonnequalen.

[1807]

Der Dichter [Der schwarze Mantel will sich dichter falten]

Der schwarze Mantel will sich dichter falten,

Die freundlichen Gespräche sind verschollen;

Wo allen Wesen tief Gesang entquollen,

Da muss die stumme Einsamkeit nun walten.

Es darf den großen Flug das Herz entfalten,

Und Fantasie nicht mehr der Täuschung zollen;

Was farbig prangt, muß bald ins Dunkel rollen,

Nur unsichtbares Licht kann nie veralten.

Willkommen, heil’ge Nacht, in deinen Schauern!

Es strahlt in dir des Lichtes Licht dem Frommen,

Führt ihn ins grosse All aus engen Mauern;

Er ist ins Innre der Natur gekommen,

Und kann um ird’schen Glanz nun nicht mehr trauern,

Weil schon die Binde ihm vom Haupt genommen.

[1823]

Der Dichter [Was wünschen und was streben alle Sinnen? –]

Was wünschen und was streben alle Sinnen? –

Sie möchten wieder in das All verschweben.

Was ist das höchste Ziel von allem Streben?

Es will der Mensch, wenn er verklärt, von hinnen.

Drum wollt ihr, sel’gen Götter! Dank gewinnen

Von dem, der hohem Dienste sich ergeben,

In heiliger Natur nur lebt sein Leben,

So laßt ihn schnell in leichten Duft zerrinnen.

Es schwebt die Seele gern auf süßen Tönen,

Und lauschet sinnend, was es wohl verkünde,

Ob auch die Gottheit schon den Wunsch gewähre.

Sie wünscht sich im Gesang so zu verschönen,

Daß ihren Leib das Flammenspiel entzünde,

Sie selbst in leisen Hauch sich bald verkläre.

[1823]

Rückkehr zum Licht

Unsre Erde liebt den Äther,

Möchte gern der Sonne nahn.

Starres Eisen ward lebendig,

Als das Licht hernieder kam,

Heil’ges Licht der heil’gen Sonne,

Und uns alles Schöne gab.

Kühne Felsen trieb die Tiefe,

Hohe Lüfte schwebten nah,

Von dem Äther abgesendet

Um die große Braut zu fahn.

Scham macht rot den blauen Schleier,

In den Adern rinnt Metall,

Edelsteine blitzen unten,

Und in Wolken blüht der Strahl.

Süßes Blut durchdringt die Glieder,

Flammen rieseln unsichtbar,

Sehnsucht schwellt die üpp’gen Hügel,

Grüne Fülle quillt im Tal,

Und es spielen bunte Tiere,

Wo den Schoß der Äther traf.

Pflanzen, Tiere und Metall

Atmen nur des Lichtes Kraft;

Andre Wesen leuchten anders,

Mancher Schein von Einem Strahl.

Leichtes Eisen, fester Äther,

Steht der Mensch vollendet da;

In dem Antlitz glänzt die Erde,

Und zur Sonne will die Tat.

Wo die Farben wieder Eins,

Wird das Licht sich selber klar,

Denket mutig auf die Rückkehr,

Wann der Heimat es gewahrt.

Frohe Zeichen schaut das Auge,

Wo das kühne Leben wallt,

Wo die wilde Erdenfülle

Schön vereint ist zum Gesang;

Da erinnert an die Sonne

Uns ihr Abglanz, die Gestalt.

Freier regt sich dann die Liebe

Die so tief verschlossen lag;

Wo die Schönheit angesprochen,

Hatte Liebe schon gefragt.

Wenn das Herz in schöner Liebe

Kühnlich schwebet gleich dem Aar,

Strömet hoch die Fantasie,

Wie die Flamme vom Altar.

Was der Geist so hell gedichtet

Lebet ewig fest und wahr;

Und zur Sonne kehrt das Licht,

Wo das heil’ge rein und klar.

Spruch

Wer gewährt nur Edlen Gunst?

Die hohe Kunst.

Wo verliert man nie die Spur?

In der Natur.

Wie gewinnst du sichres Gut?

Durch eignen Mut.

Tapfer also heil’ge Glut,

Hoch hinan zum ewig Schönen!

Flamme kühn, und laß sie höhnen,

Eins in Kunst, Natur und Mut.

FRIEDRICH VON HARDENBERG (NOVALIS)

Fern in Osten wird es helle,

Graue Zeiten werden jung;

Aus der lichten Farbenquelle

Einen langen tiefen Trunk!

Alter Sehnsucht heilige Gewährung,

Süße Lieb’ in göttlicher Verklärung.

Endlich kommt zur Erde nieder

Aller Himmel selges Kind,

Schaffend im Gesang weht wieder

Um die Erde Lebenswind,

Weht zu neuen ewig lichten Flammen

Längst verstiebte Funken hier zusammen.

Überall entspringt aus Grüften

Neues Leben, neues Blut,

Ewgen Frieden uns zu stiften,

Taucht er in die Lebensflut;

Steht mit vollen Händen in der Mitte

Liebevoll gewärtig jeder Bitte.

Lasse seine milden Blicke

Tief in deine Seelen gehn,

Und von seinem ewgen Glücke

Sollst du dich ergriffen sehn.

Alle Herzen, Geister und die Sinnen

Werden einen neuen Tanz beginnen.

Greife dreist nach seinen Händen,

Präge dir sein Antlitz ein,

Mußt dich immer nach ihm wenden,

Blüte nach dem Sonnenschein;

Wirst du nur das ganze Herz ihm zeigen,

Bleibt er wie ein treues Weib dir eigen.

Unser ist sie nun geworden,

Gottheit, die uns oft erschreckt,

Hat im Süden und im Norden

Himmelskeime rasch geweckt.

Und so laßt im vollen Gottesgarten

Treu uns jede Knosp’ und Blüte warten.

[1802]

Weinen muß ich, immer weinen:

Möcht’ er einmal nur erscheinen,

Einmal nur von Ferne mir.

Heilge Wehmut! ewig währen

Meine Schmerzen, meine Zähren;

Gleich erstarren möcht ich hier.

Ewig seh ich ihn nur leiden,

Ewig bittend ihn verscheiden.

O! daß dieses Herz nicht bricht,

Meine Augen sich nicht schließen.

Ganz in Tränen zu zerfließen,

Dieses Glück verdient’ ich nicht.

Weint denn keiner nicht von allen?

Soll sein Name so verhallen?

Ist die Welt auf einmal tot?

Wird’ ich nie aus seinen Augen

Wieder Lieb’ und Leben saugen?

Ist er nun auf ewig tot?

Tot – was kann, was soll das heißen?

O! so sagt mir doch ihr Weisen,

Sagt mir diese Deutung an.

Er ist stumm, und alle schweigen,

Keiner kann auf Erden zeigen,

Wo mein Herz ihn finden kann.

Nirgend kann ich hier auf Erden

Jemals wieder glücklich werden,

Alles ist ein düstrer Traum.

Ich bin auch mit ihm verschieden,

Läg’ ich doch mit ihm in Frieden

Schon im unterird’schen Raum.

Du, sein Vater und der meine,

Sammle du doch mein Gebeine

Zu dem seinigen nur bald.

Grün wird bald sein Hügel stehen

Und der Wind darüber wehen,

Und verwesen die Gestalt.

Wenn sie seine Liebe wüßten,

Alle Menschen würden Christen,

Ließen alles andre stehn;

Liebten alle nur den Einen,

Würden alle mit mir weinen

Und in bitterm Weh vergehn.

[1802]

Ich sehe dich in tausend Bildern,

Maria, lieblich ausgedrückt,

Doch keins von allen kann dich schildern,

Wie meine Seele dich erblickt.

Ich weiß nur, daß der Welt Getümmel

Seitdem mir wie ein Traum verweht,

Und ein unnennbar süßer Himmel

Mir ewig im Gemüte steht.

[1802]

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

Sind Schlüssel aller Kreaturen,

Wenn die so singen, oder küssen.

Mehr als die Tiefgelehrten wissen

Wenn sich die Welt ins freie Leben

Und in die <freie> Welt wird zurückbegeben,

Wenn dann sich wieder Licht und Schatten

Zu echter Klarheit wieder gatten

Und man in Märchen und Gedichten

Erkennt die <alten> wahren Weltgeschichten,

Dann fliegt von Einem geheimen Wort

Das ganze verkehrte Wesen fort.

[1802]

Hymnen an die Nacht

1.

Welcher Lebendige, Sinnbegabte, liebt nicht vor allen Wundererscheinungen des verbreiteten Raums um ihn, das allerfreuliche Licht – mit seinen Farben, Strahlen und Wogen; Seiner milden Allgegenwart als weckender Tag. Wie des Lebens innerste Seele atmet es der rastlosen Gestirne Riesenwelt, und schwimmt tanzend in seiner blauen Flut – atmet es der funkelnde, ewigruhende Stein, die sinnige, saugende Pflanze, und das wilde, brennende, vielgestaltete Tier – vor allen aber der herrliche Fremdling mit den sinnvollen Augen Meere schwimmen, dem schwebenden Gange, und den zartgeschlossenen, tonreichen Lippen. Wie ein König der irdischen Natur Ruft es jede Kraft zu zahllosen Verwandlungen, knüpft und löst unendliche Bündnisse, hängt sein himmlisches Bild jedem irdischen Wesen um. – Seine Gegenwart allein offenbart die Wunderherrlichkeit der Reiche der Welt.

Abwärts wend ich mich zu der heiligen, unaussprechlichen geheimnisvollen Nacht. Fernab liegt die Welt – in eine tiefe Gruft versenkt – wüst und einsam ist ihre Stelle. In den Saiten der Brust weht tiefe Wehmut. In Tautropfen will ich hinuntersinken und mit der Asche mich vermischen. – Fernen der Erinnerung, Wünsche der Jugend, der Kindheit Träume, des ganzen, langen Lebens kurze Freuden und vergebliche Hoffnungen kommen in grauen Kleidern, wie Abendnebel nach der Sonne Untergang. in andern Räumen die lustigen Gezelte das Licht auf. Sollte es nie zu seinen treuen Kindern wiederkommen, die mit der Unschuld Glauben seiner harren?

Was quillt auf einmal so ahndungsvoll unterm Herzen, und verschluckt der Wehmut weiche Luft? Hast auch du ein Gefallen an uns, dunkle Nacht? Was hälst du unter deinem Mantel, das mir unsichtbar kräftig, an die Seele geht? Köstlicher Balsam träuft aus deiner Hand, aus dem Bündel Mohn. Die schweren Flügel des Gemüts hebst du empor. Dunkel und unaussprechlich fühlen wir uns bewegt – ein ernstes Antlitz seh ich froh erschrocken, das sanft und andachtsvoll sich zu mir neigt, und unter unendlich verschlungenen Locken der Mutter liebe Jugend zeigt. Wir arm und kindisch dünkt mir das Licht nun – wie erfreulich und gesegnet des Tages Abschied. – Also nur darum, weil die Nacht dir abwendig macht die Dienenden, säetest du in des Raumes Weiten die leuchtenden Kugeln, zu verkünden deine Allmacht – deine Wiederkehr – in den Zeiten deiner Entfernung. Himmlischer, als jene blitzenden Sterne, dünken uns die unendlichen Augen, die die Nacht in uns geöffnet. Weiter sehn sie, als die blässesten jener zahllosen Heere – unbedürftig des Lichts durchschaun sie die Tiefen eines liebenden Gemüts – was einen höhern Raum mit unsäglicher Wollust füllt. Preis der Weltkönigin, der hohen Verkündigerin heiliger Welten, der Pflegerin seliger Liebe – sie sendet mir dich – zarte Geliebte – liebliche Sonne und Nacht mir zum Leben verkündet – mich zum Menschen gemacht – zehre mit Geisterglut meinen Leib, daß ich luftig mit dir inniger mich mische und dann ewig die Brautnacht währt.

2.

Muß immer der Morgen wiederkommen? Endet nie des Irdischen Gewalt? Unselige Geschäftigkeit verzehret den himmlischen Anflug der Nacht. Wird nie der Liebe geheimes Opfer ewig brennen? Zugemessen ward dem Lichte seine Zeit; aber zeitlos und raumlos ist der Nacht Herrschaft. – Ewig ist die Dauer des Schlafs. Heiliger Schlaf – beglücke zu selten nicht der Nacht Geweihte in diesem irdischen Tagewerk. Nur die Toren verkennen dich und wissen von keinem Schlafe, als dem Schatten, den du in jener Dämmerung der wahrhaften Nacht mitleidig auf uns wirfst. Sie fühlen dich nicht in der goldenen Flut der Trauben – in des Mandelbaums Wunderöl, und dem braunen Safte des Mohns. Sie wissen nicht, daß du es bist, der des zarten Mädchens Busen umschwebt und zum Himmel den Schoß macht – ahnden nicht, daß aus alten Geschichten du himmelöffnend entgegentrittst und den Schlüssel trägst zu den Wohnungen der Seligen, unendlicher Geheimnisse schweigender Bote.

3.

Einst da ich bittre Tränen vergoß, da in Schmerz aufgelöst meine Hoffnung zerrann, und ich einsam stand am dürren Hügel, der in engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg – einsam, wie noch kein Einsamer war, von unsäglicher Angst getrieben – kraftlos, nur ein Gedanken des Elends noch. – Wie ich da nach Hülfe umherschaute, vorwärts nicht konnte und rückwärts nicht, und am fliehenden, verlöschten Leben mit unendlicher Sehnsucht hing: – da kam aus blauen Fernen – von den Höhen meiner alten Seligkeit ein Dämmerungsschauer –und mit einem-male riß das Band der Geburt – des Lichtes Fessel. Hin floh die irdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr – zusammen floß die Wehmut in eine neue, unergründliche Welt – du Nachtbegeisterung, Schlummer des Himmels kamst über mich – die Gegend hob sich sacht empor; über der Gegend schwebte mein entbundner, neugeborner Geist. Zur Staubwolke wurde der Hügel – durch die Wolke sah ich die verklärten Züge der Geliebten. In Ihren Augen ruhte die Ewigkeit – ich faßte Ihre Hände, und die Tränen wurden ein funkelndes, unzerreißliches Band. Jahrtausende zogen abwärts in die Ferne, wie Ungewitter. An Ihrem Halse weint ich dem neuen Leben entzückende Tränen. – Es war der erste, einzige Traum – und erst seitdem fühl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte.

4.

Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen sein wird – wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht – wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschöpflicher Traum sein wird. Himmlische Müdigkeit fühl ich in mit. – Weit und ermüdend ward mir die Wallfahrt zum heiligen Grabe, drückend das Kreuz. Die kristallene Woge, die gemeinen Sinnen unvernehmlich, in des Hügels dunkeln Schoß quillt, an dessen Fuß die irdische Flut bricht, wer sie gekostet, wer oben stand auf dem Grenzgebürge der Welt, und hinübersah in das neue Land, in der Nacht Wohnsitz – wahrlich der kehrt nicht in das Treiben der Welt zurück, in das Land, wo das Licht in ewiger Unruh hauset.

Oben baut er sich Hütten, Hütten des Friedens, sehnt sich und liebt, schaut hinüber, bis die willkommenste aller Stunden hinunter ihn in den Brunnen der Quelle zieht – das Irdische schwimmt obenauf, wird von Stürmen zurückgeführt, aber was heilig durch der Liebe Berührung ward, rinnt aufgelöst in verborgenen Gängen auf das jenseitige Gebiet, wo es, wie Düfte, sich mit entschlummerten Lieben mischt.

Noch weckst du, muntres Licht den Müden zur Arbeit – flößest frühliches Leben mir ein – aber du lockst mich von der Erinnerung mossigem Denkmal nicht. Gern will ich die fleißigen Hände rühren, überall umschaun, wo du mich brauchst – rühmen deines Glanzes volle Pracht – unverdrossen verfolgen deines künstlichen Werks schönen Zusammenhang – gern betrachten deiner gewaltigen, leuchtenden Uhr sinnvollen Gang – ergründen der Kräfte Ebenmaß und die Regeln des Wunderspiels unzähliger Räume und ihrer Zeiten. Aber getreu der Nacht bleibt mein geheimes Herz, und der schaffenden Liebe, ihrer Tochter. Kannst du mir zeigen ein ewig treues Herz? Hat deine Sonne freundliche Augen, die mich erkennen? Fassen deine Sterne meine verlangende Hand? Geben mir wieder den zärtlichen Druck und das kosende Wort? Hast du mit Farben und leichtem Umriß Sie geziert – oder war Sie es, die deinem Schmuck höhere, liebere Bedeutung gab? Welche Wollust, welchen Genuß bietet dein Leben, die aufwögen des Todes Entzückungen? Trägt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht? Sie trägt dich mütterlich und ihr verdankst du all deine Herrlichkeit. Du verflögst in dir selbst – in endlosen Raum zergingst du, wenn sie dich nicht hielte, dich nicht bände, daß du warm würdest und flammend die Welt zeugtest. Wahrlich ich war, eh du warst – die Mutter schickte mit meinen Geschwistern mich, zu bewohnen deine Welt, sie zu heiligen mit Liebe, daß sie ein ewig angeschautes Denkmal werde – zu bepflanzen sie mit unverwelklichen Blumen. Noch reiften sie nicht diese göttlichen Gedanken – Noch sind der Spuren unserer Offenbarung wenig – Einst zeigt deine Uhr das Ende der Zeit, wenn du wirst wie unser einer, und voll Sehnsucht und Inbrunst auslöschest und stirbst. In mir fühl ich deiner Geschäftigkeit Ende – himmlische Freiheit, selige Rückkehr. In wilden Schmerzen erkenn ich deine Entfernung von unsrer Heimat, deinen Widerstand gegen den alten, herrlichen Himmel. Deine Wut und dein Toben ist vergebens. Unverbrennlich steht das Kreuz – eine Siegesfahne unsers Geschlechts.

Hinüber wall ich,

Und jede Pein

Wird einst ein Stachel

Der Wollust sein.

Noch wenig Zeiten,

So bin ich los,

Und liege trunken

Der Lieb’ im Schoß.

Unendliches Leben

Wogt mächtig in mir

Ich schaue von oben

Herunter nach dir.

An jenem Hügel

Verlischt dein Glanz –

Ein Schatten bringet

Den kühlenden Kranz.

O! sauge, Geliebter,

Gewaltig mich an,

Daß ich entschlummern

Und lieben kann.

Ich fühle des Todes

Verjüngende Flut,

Zu Balsam und Äther

Verwandelt mein Blut –

Ich lebe bei Tage

Voll Glauben und Mut

Und sterbe die Nächte

In heiliger Glut.

Über der Menschen weitverbreitete Stämme herrschte vor Zeiten ein eisernes Schicksal mit stummer Gewalt. Eine dunkle, schwere Binde lag um ihre bange Seele – Unendlich war die Erde – der Götter Aufenthalt, und ihre Heimat. Seit Ewigkeiten stand ihr geheimnisvoller Bau. Über des Morgens roten Bergen, in des Meeres heiligem Schoß wohnte die Sonne, das allzündende, lebendige Licht.

Ein alter Riese trug die selige Welt. Fest unter Bergen lagen die Ursöhne der Mutter Erde. Ohnmächtig in ihrer zerstörenden Wut gegen das neue herrliche Göttergeschlecht und dessen Verwandten, die fröhlichen Menschen. Des Meers dunkle, grüne Tiefe war einer Göttin Schoß. In den kristallenen Grotten schwelgte ein üppiges Volk. Flüsse, Bäume, Blumen und Tiere hatten menschlichen Sinn. Süßer schmeckte der Wein von sichtbarer Jugendfülle geschenkt – ein Gott in den Trauben – eine liebende, mütterliche Göttin, empor wachsend in vollen goldenen Garben – der Liebe heilger Rausch ein süßer Dienst der schönsten Götterfrau – ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner rauschte das Leben, wie ein Frühling, durch die Jahrhunderte hin – Alle Geschlechter verehrten kindlich die zarte, tausendfältige Flamme, als das höchste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein entsetzliches Traumbild,

Das furchtbar zu den frohen Tischen trat

Und das Gemüt in wilde Schrecken hüllte.

Hier wußten selbst die Götter keinen Rat

Der die beklommne Brust mit Trost erfüllte.

Geheimnisvoll war dieses Unholds Pfad

Des Wut kein Flehn und keine Gabe stillte;

Es war der Tod, der dieses Lustgelag

Mit Angst und Schmerz und Tränen unterbrach.

Auf ewig nun von allem abgeschieden,

Was hier das Herz in süßer Wollust regt,

Getrennt von den Geliebten, die hinieden

Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt,

Schien matter Traum den Toten nur beschieden,

Ohnmächtiges Ringen nur ihm auferlegt.

Zerbrochen war die Woge des Genusses

Am Felsen des unendlichen Verdrusses.

Mit kühnem Geist und hoher Sinnenglut

Verschönte sich der Mensch die grause Larve,

Ein sanfter Jüngling löscht das Licht und ruht –

Sanft wird das Ende, wie ein Wehn der Harfe.

Erinnerung schmilzt in kühler Schattenflut,

So sang das Lied dem traurigen Bedarfe.

Doch unenträtselt blieb die ewge Nacht,

Das ernste Zeichen einer fernen Macht.

Zu Ende neigte die alte Welt sich. Des jungen Geschlechts Lustgarten verwelkte – hinauf in den freieren, wüsten Raum strebten die unkindlichen, wachsenden Menschen. Die Götter verschwanden mit ihrem Gefolge – Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die dürre Zahl und das strenge Maß. Wie in Staub und Lüfte zerfiel in dunkle Worte die unermeßliche Blüte des Lebens. Entflohn war der beschwörende Glauben, und die allverwandelnde, allverschwisternde Himmelsgenossin, die Phantasie. Unfreundlich blies ein kalter Nordwind über die erstarrte Flur, und die erstarrte Wunderheimat verflog in den Äther. Des Himmels Fernen füllten mit leuchtenden Welten sich. Ins tiefre Heiligtum, in des Gemüts höhern Raum zog mit ihren Mächten die Seele der Welt – zu walten dort bis zum Anbruch der tagenden Weltherrlichkeit. Nicht mehr war das Licht der Götter Aufenthalt und himmlisches Zeichen – den Schleier der Nacht warfen sie über sich. Die Nacht ward der Offenbarungen mächtiger Schoß – in ihn kehrten die Götter zurück – schlummerten ein, um in neuen herrlichern Gestalten auszugehn über die veränderte Welt. Im Volk, das vor allen verachtet zu früh reif und der seligen Unschuld der Jugend trotzig fremd geworden war, erschien mit nie gesehenem Angesicht die neue Welt – in der Armut dichterischer Hütte – Ein Sohn der ersten Jungfrau und Mutter – Geheimnisvoller Umarmung unendliche Frucht. Des Morgenlands ahnende blütenreiche Weisheit erkannte zuerst der neuen Zeit Beginn – Zu des Königs demütiger Wiege wies ihr ein Stern den Weg. In der weiten Zukunft Namen huldigten sie ihm mit Glanz und Duft, den höchsten Wundern der Natur. Einsam entfaltete das himmlische Herz sich zu einem Blütenkelch allmächtger Liebe – des Vaters hohem Antlitz zugewandt und ruhend an dem ahndungsselgen Busen der lieblich ernsten Mutter. Mit vergötternder Inbrunst schaute das weissagende Auge des blühenden Kindes auf die Tage der Zukunft, nach seinen Geliebten, den Sprossen seines Götterstamms, unbekümmert über seiner Tage irdisches Schicksal. Bald sammelten die kindlichsten Gemüter von inniger Liebe wundersam ergriffen sich um ihn her. Wie Blumen keimte ein neues fremdes Leben in seiner Nähe. Unerschöpfliche Worte und der Botschaften fröhlichste fielen wie Funken eines göttlichen Geistes von seinen freundlichen Lippen. Von ferner Küste, unter Hellas heiterm Himmel geboren, kam ein Sänger nach Palästina und ergab sein ganzes Herz dem Wunderkinde:

„Der Jüngling bist du, der seit langer Zeit

Auf unsern Gräbern steht in tiefen Sinnen;

Ein tröstlich Zeichen in der Dunkelheit –

Der höhern Menschheit freudiges Beginnen.

Was uns gesenkt in tiefe Traurigkeit

Zieht uns mit süßer Sehnsucht nun von hinnen.

Im Tode ward das ewge Leben kund,

Du bist der Tod und machst uns erst gesund.“

Der Sänger zog voll Freudigkeit nach Indostan – das Herz von süßer Liebe trunken; und schüttete in feurigen Gesängen es unter jenem milden Himmel aus, daß tausend Herzen sich zu ihm neigten, und die fröhliche Botschaft tausendzweigig emporwuchs. Bald nach des Sängers Abschied ward das köstliche Leben ein Opfer des menschlichen tiefen Verfalls – Er starb in jungen Jahren, weggerissen von der geliebten Welt, von der weinenden Mutter und seinen zagenden Freunden. Der unsäglichen Leiden dunkeln Kelch leerte der liebliche Mund – In entsetzlicher Angst nahte die Stunde der Geburt der neuen Welt. Hart rang er mit des alten Todes Schrecken – Schwer lag der Druck der alten Welt auf ihm. Noch einmal sah er freundlich nach der Mutter – da kam der ewigen Liebe lösende Hand – und er entschlief. Nur wenig Tage hing ein tiefer Schleier über das brausende Meer, über das bebende Land – unzählige Tränen weinten die Geliebten – Entsiegelt ward das Geheimnis – himmlische Geister hoben den uralten Stein vom dunkeln Grabe. Engel saßen bei dem Schlummernden – aus seinen Träumen zartgebildet – Erwacht in neuer Götterherrlichkeit erstieg er die Höhe der neugebornen Welt – begrub mit eigner Hand der Alten Leichnam in die verlaßne Höhle, und legte mit allmächtiger Hand den Stein, den keine Macht erhebt, darauf.

Noch weinen deine Lieben Tränen der Freude, Tränen der Rührung und des unendlichen Danks an deinem Grabe – sehn dich noch immer, freudig erschreckt, auferstehn – und sich mit dir; sehn dich weinen mit süßer Inbrunst an der Mutter seligem Busen, ernst mit den Freunden wandeln, Worte sagen, wie vom Baum des Lebens gebrochen; sehen dich eilen mit voller Sehnsucht in des Vaters Arm, bringend die junge Menschheit, und der goldnen Zukunft unversieglichen Becher. Die Mutter eilte bald dir nach – in himmlischem Triumph – Sie war die Erste in der neuen Heimat bei dir. Lange Zeiten entflossen seitdem, und in immer höherm Glanze regte deine neue Schöpfung sich – und Tausende zogen aus Schmerzen und Qualen, voll Glauben und Sehnsucht und Treue dir nach – wallen mit dir und der himmlischen Jungfrau im Reiche der Liebe – dienen im Tempel des himmlischen Todes und sind in Ewigkeit dein.

Gehoben ist der Stein –

Die Menschheit ist erstanden –

Wir alle bleiben dein

Und fühlen keine Banden.

Der herbste Kummer fleucht

Vor deiner goldnen Schale,

Wenn Erd und Leben weicht,

Im letzten Abendmahle.

Zur Hochzeit ruft der Tod –

Die Lampen brennen helle –

Die Jungfraun sind zur Stelle –

Um Öl ist keine Not –

Erklänge doch die Ferne

Von deinem Zuge schon,

Und ruften uns die Sterne

Mit Menschenzung’ und Ton.

Nach dir, Maria, heben

Schon tausend Herzen sich.

In diesem Schattenleben

Verlangten sie nur dich.

Sie hoffen zu genesen

Mit ahndungsvoller Lust –

Drückst du sie, heilges Wesen,

An deine treue Brust.

So manche, die sich glühend

In bittrer Qual verzehrt

Und dieser Welt entfliehend

Nach dir sich hingekehrt;

Die hülfreich uns erschienen

In mancher Not und Pein –

Wir kommen nun zu ihnen

Um ewig da zu sein.

Nun weint an keinem Grabe,

Für Schmerz, wer liebend glaubt.

Der Liebe süße Habe

Wird keinem nicht geraubt –

Die Sehnsucht ihm zu lindern,

Begeistert ihn die Nacht –

Von treuen Himmelskindern

Wird ihm sein Herz bewacht.

Getrost, das Leben schreitet

Zum ewgen Leben hin;

Von innrer Glut geweitet

Verklärt sich unser Sinn.

Die Sternwelt wird zerfließen

Zum goldnen Lebenswein,

Wir werden sie genießen

Und lichte Sterne sein.

Die Lieb’ ist frei gegeben,

Und keine Trennung mehr.

Es wogt das volle Leben

Wie ein unendlich Meer.

Nur Eine Nacht der Wonne –

Ein ewiges Gedicht –

Und unser aller Sonne

Ist Gottes Angesicht.

[1901]

LUDWIG TIECK

Der Arme und die Liebe

Es kam an einem Pilgerstab

Wohl über’s graue Meer

Ein Wandersmann in’s Tal hinab,

Von fremden Landen her.

Erbarmt euch meiner, rief er aus,

Von fernem Land ich kam,

Verloren hab’ ich Gut und Haus,

Antonio ist mein Nam’.

Die Eltern starben mir schon lang’,

Ich war noch schwach und klein,

War ohne Gut, war ohne Rang,

Und Niemand dachte mein.

Da nahm ich diesen Wanderstab

Und trat die Reise an,

Stieg hier in’s frische Tal hinab,

Fleh’ euer Mitleid an. –

Da ging er wohl von Tür zu Tür,

Ging hier und wieder dort,

Ward abgewiesen dort und hier,

Und schlich sich weinend fort.

„Was suchst du in der Fremde Glück?

Wir sind dir nicht verwandt!

Geh, wo du herkommst, nur zurück,

Bist nicht aus unserm Land. –

Genug der Freunde leiden Not,

Der Landsmann sucht hier Trost,

Für sie nur wächst hier Frucht und Brot,

Für sie der süße Most.“ –

Still und beschämt mit Ach und O!

Schlich er die Straße hin,

Da ruft es sanft: Antonio!

Ein Mädchen winkt ihn hin.

O nimm von meiner Armut an,

Spricht sie mit frommem Sinn,

Ich gebe, was ich geben kann,

Nimm alles, alles hin.

Lucindens blaues Auge weint,

Er dankt mit heißem Kuß,

Und sieh! Die Liebenden vereint

Ein rascher Tränengruß.

Ach nein, du bist mir nicht verwandt,

Dennoch erbarm ich mich,

Und bist du gleich aus fremdem Land’,

So lieb ich dennoch dich.

Die Liebe kennt nicht Vaterland,

Sie macht uns alle gleich.

Ein jedes Herz ist ihr verwandt,

Sie macht den Bettler reich!

[1795/96]

Melankolie

Schwarz war die Nacht und dunkle Sterne brannten

Durch Wolkenschleier matt und bleich,

Die Flur durchstrich das Geisterreich,

Als feindlich sich die Parzen abwärts wandten,

Und zorn’ge Götter mich in’s Leben sandten.

Die Eule sang mir grause Wiegenlieder

Und schrie mir durch die stille Ruh

Ein gräßliches: Willkommen! zu.

Der bleiche Gram und Jammer sanken nieder

Und grüßten mich als längst gekannte Brüder.

Da sprach der Gram in banger Geisterstunde:

Du bist zu Qualen eingeweiht,

Ein Ziel des Schicksals Grausamkeit,

Die Bogen sind gespannt und jede Stunde

Schlägt grausam dir stets neue blut’ge Wunde.

Dich werden alle Menschenfreuden fliehen,

Dich spricht kein Wesen freundlich an,

Du gehst die wüste Felsenbahn,

Wo Klippen drohn, wo keine Blumen blühen,

Der Sonne Strahlen heiß und heißer glühen.

Die Liebe, die der Schöpfung All durchklingt,

Der Schirm in Jammer und in Leiden,

Die Blüte aller Menschenfreuden,

Die unser Herz zum höchsten Himmel schwingt,

Wo Durst aus selgem Born Erquicken trinkt,

Die Liebe sei auf ewig dir versagt.

Das Tor ist hinter dir geschlossen,

Auf der Verzweiflung wilden Rossen

Wirst du durch’s öde Leben hingejagt,

Wo keine Freude dir zu folgen wagt.

Dann sinkst du in die ew’ge Nacht zurück,

Sieh tausend Elend auf dich zielen,

Im Schmerz dein Dasein nur zu fühlen!

Ja erst im ausgelöschten Todesblick

Begrüßt voll Mitleid dich das erste Glück. –

[1795/96]

Waldeinsamkeit

Die mich erfreut,

So morgen wie heut

In ewger Zeit,

O wie mich freut

Waldeinsamkeit.

Waldeinsamkeit

Wie liegst Du weit!

O Dir gereut

Einst mit der Zeit.

Ach einzge Freud

Waldeinsamkeit!

Waldeinsamkeit

Mich wieder freut,

Mir geschieht kein Leid,

Hier wohnt kein Neid

Von neuem mich freut

Waldeinsamkeit.

[1797]

Antwort

Treulieb’ ist nimmer weit,

Nach Kummer und nach Leid

Kehret wieder Lieb’ und Freud’:

Dann kehrt der holde Gruß,

Händedrücken,

Zärtlich Blicken,

Liebeskuß.

Treulieb’ ist nimmer weit!

Ihr Gang durch Einsamkeit

Ist dir, nur dir geweiht.

Bald kömmt der Morgen schön,

Ihn begrüßet,

Wie er küsset

Freudenträn’.

[1798]

Mondscheinlied

Träuft vom Himmel der kühle Tau,

Tun die Blumen die Kelche zu,

Spätrot sieht scheidend nach der Au,

Flüstern die Pappeln, sinkt nieder die nächt’ge Ruh.

Kommen und gehn die Schatten,

Wolken bleiben noch spät auf

Und ziehn mit schwerem, unbeholfnem Lauf

Über die erfrischten Matten.

Schimmern die Sterne und schwinden wieder,

Blicken winkend und flüchtig nieder,

Wohnt im Wald die Dunkelheit,

Dehnt sich Finster weit und breit.

Hinter’m Wasser wie flimmende Flammen,

Berggipfel oben mit Gold beschienen,

Neigen rauschend und ernst die grünen

Gebüsche die blinkenden Häupter zusammen.

Welle, rollst du herauf den Schein,

Des Mondes rund freundlich Angesicht?

Er merkt’s und freudig bewegt sich der Hain,

Streckt die Zweig’ entgegen dem Zauberlicht.

Fangen die Geister auf den Fluten zu springen,

Tun sich die Nachtblumen auf mit Klingen,

Wacht die Nachtigall im dicksten Baum,

Verkündet dichterisch ihren Traum,

Wie helle, blendende Strahlen die Töne niederfließen

Am Bergeshang den Widerhall zu grüßen.

Flimmern die Wellen,

Funkeln die wandernden Quellen,

Streifen durch’s Gesträuch

Die Feuerwürmchen bleich. –

Wie die Wolken wandelt mein Sehnen,

Mein Gedanke, bald dunkel, bald hell,

Hüpfen Wünsche um mich wie der Quell,

Kenne nicht die brennenden Tränen.

Bist du nah, bist du weit,

Glück, das nur für mich erblühte?

Ach! daß es die Hände biete

In des Mondes Einsamkeit.

Kömmt’s aus dem Walde? schleicht’s vom Tal?

Steigt es den Berg vielleicht hernieder?

Kommen alte Schmerzen wieder?

Aus Wolken ab die entfloh’ne Qual?

Und Zukunft wird Vergangenheit!

Bleibt der Strom nie ruhig stehn:

Ach! Ist dein Glück auch noch so weit,

Magst du entgegen gehen;

Auch Liebesglück wird einst Vergangenheit.

Wolken schwinden,

Den Morgen finden

Die Blumen wieder;

Doch ist die Jugend einst entschwunden,

Ach! der Frühlingsliebe Stunden

Steigen keiner Sehnsucht nieder.

[1798]