Fünf Anrufe. Vier Textnachrichten. Nichts kommt an.
Sie hat mich geblockt.
Was bedeutet, dass sie nicht mit mir reden will …
Was bedeutet, dass sie nie die Wahrheit hören wird …
Was bedeutet, dass sie morgen abreist und verletzt ist, wegen etwas, von dem sie denkt, dass ich es getan habe.
Ich werfe mein Handy hin und schaue aus dem Fenster, gerade rechtzeitig, um einen Umzugswagen in Rues Einfahrt fahren zu sehen.
Daphne marschiert über die Einfahrt, bedeutet dem Truck, noch etwas näher zu fahren und gibt dann das Zeichen, dass er anhalten soll.
Mein Herz rast, hämmert so sehr, dass ich nicht geradeaus denken kann. Ohne zu zögern oder irgendetwas zu überdenken, schnappe ich mir ein Blatt Papier und kritzele eine Notiz.
Schönheit,
Bitte nimm meine Anrufe an. Bitte komm zu mir, bevor du abreist. Es ist nicht so, wie du denkst.
Ich liebe dich.
de la Cruz
Ich lese die Notiz und zerknülle sie dann. Ich werde ihr nicht auf einem Blatt Papier sagen, dass ich sie liebe. Das ist total lahm. Wir sind nicht mehr in der Highschool.
Ich nehme ein neues Blatt und schreibe die Notiz neu, nur lasse ich diesmal den Teil, dass ich sie liebe, weg. Eines Tages, wenn ich die Chance dazu bekomme, werde ich es ihr ins Gesicht sagen. Sie wird es direkt von mir hören.
Ich ziehe Tennisschuhe an und renne hinaus, bevor Daphne verschwindet. Ich ignoriere ihren entsetzten Gesichtsausdruck, als sie mich kommen sieht.
»Daphne, ich schwöre dir, es ist nicht so, wie es aussah. Was hast du ihr gesagt?« Ich stemme die Hände in die Hüften und blinzele. Die Notiz habe ich sauber gefaltet in der linken Hand.
»Ich habe ihr gesagt, was ich gesehen habe.« Ihr Tonfall ist voller Abscheu. Das ist nicht die Daphne, die ich vor ein paar Monaten kennengelernt habe. Diese Daphne hasst mich abgrundtief. »Und du solltest nicht hier sein. Ich will nicht, dass meine Schwester dich sieht, vor allem nicht, nachdem ich den ganzen Morgen damit verbracht habe, sie zu beruhigen.«
»Herrgott.« Ich raufe mir die Haare. Delilah zu verletzen ist das Letzte, was ich will. »Daphne, du musst ihr das hier geben.«
Ich gebe ihr die Notiz.
»Sie nimmt keine Anrufe oder Textnachrichten von mir an, und ich muss ihr alles erklären, bevor sie morgen abreist.«
Daphne legt den Kopf schief und mustert mich prüfend. Hinter ihr steht einer der Umzugsleute mit einem Klemmbrett. Offensichtlich braucht er ihre Aufmerksamkeit. Aber ich brauche sie dringender.
»Egal welche Erklärung du ihr gegenüber abgeben willst, die, davon bin ich überzeugt, eine Variation der Wahrheit sein wird, die dich im Licht eines Heiligen darstellt … wird das überhaupt irgendetwas ändern? In einem Monat geht sie zurück aufs College, und du spielst hier Football. Du hast ihr diesen Sommer schon glasklar gemacht, dass sie nicht mehr ist als dein persönliches Sexspielzeug.« Daphne schnaubt. »Du hattest deinen Spaß. Ist mir klar. Aber jetzt ist sie verletzt, und du hast den Nerv, hier zu stehen und so zu tun, als würdest du eine zweite Chance verdienen?«
»Ma’am?« Der Fahrer des Umzugswagens hebt einen Finger. »Tut mir leid, Sie zu unterbrechen. Aber ich habe noch ein paar Fragen, bevor wir anfangen.«
»Ja. Tut mir leid.« Daphne dreht sich um und beendet damit unsere Diskussion, bevor ich die Chance habe, ihr zu sagen, dass Delilah so viel mehr war, als ich ihr für diesen Sommer zugetraut hätte.
In vielerlei Hinsicht hat sie mich gerettet.
Ich sehe zu, wie Daphne die Notiz in ihre Hosentasche schiebt und die Umzugsleute ins Haus geleitet.
Ich bleibe noch einen Moment lang stehen und beobachte die Tür, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Delilah vielleicht herauskommt, aber das passiert nicht.
Heute Abend werde ich Kiesel an ihr Fenster werfen.
Heute Abend werde ich alles tun, was nötig ist.
Ich muss sie ein letztes Mal sehen.
Sie kann nicht von hier verschwinden in dem Glauben, dass sie mir nichts bedeutet.
Sie kann nicht von hier verschwinden, ohne je zu erfahren, dass ich sie geliebt habe.
Und dass ich sie immer noch liebe.