Warum Milch nicht billig ist

Doch selbst wenn Aldi, Lidl & Co. endlich Preise zahlten, die die Landwirte als akzeptabel erachteten, wären das noch längst keine wahren Preise. Denn wahre Preise gewährleisten nicht nur ein Auskommen für die Erzeugerinnen und ein Leben ohne Schmerzen und Leid für Nutztiere. Wahre Preise müssten in einer wahren Marktwirtschaft auch jene versteckten Umweltkosten abbilden, die entstehen, weil Tiere und Traktoren Treibhausgase emittieren und dadurch das Klima schädigen, weil zu viel Gülle die Gewässer verunreinigt und die Wassergebühren in die Höhe treibt, weil Pestizide die Artenvielfalt reduzieren und die industrielle Landwirtschaft den Schwund der Böden befördert. Allein die versteckten Umweltkosten der Milchproduktion in Deutschland werden auf sieben bis elf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt, die der Landwirtschaft insgesamt auf ein Vielfaches davon.

Bezahlt werden diese externen Kosten jedoch nicht an der Supermarktkasse, sondern von anderen – von Steuerzahlerinnen, von Versicherten in Form höherer Krankenkassenbeiträge, von miserabel bezahlten Menschen in Schlachthöfen, auf Feldern und in Gewächshäusern, von Nutztieren, von späteren Generationen. Das herrschende System der falschen Preisbildung bestraft diejenigen Landwirte, die heute schon umweltfreundlicher produzieren und belohnt diejenigen, die einen großen Teil der Kosten auf andere abwälzen.

In immer neuen Studien versuchen Wissenschaftlerinnen, diese externalisierten Kosten zu berechnen und so dem »wahren Preis« der Produkte näherzukommen. So ermittelten Wissenschaftler der Universität Augsburg vor wenigen Jahren, dass der Preis für einen Liter Frischmilch 122 Prozent höher sein müsste, dass der Supermarkt für 400 Gramm Gouda nicht 1,99 Euro, sondern »wahre« 3,74 Euro verlangen müsste, dass sich selbst der Preis von Bio-Hackfleisch von neun Euro fürs Kilo auf 20,38 Euro mehr als verdoppeln müsste. Sämtliche Berechnungen dieser Art sind im Detail angreifbar und nur als Annäherungen zu verstehen. Ihre Botschaft ist jedoch eindeutig: Die Preise in den Supermärkten sind zu tief, Lebensmittel müssen teurer werden, vor allem jene mit hohen Schadensfolgen, also gerade Milch und Milchprodukte, Wurst und Fleisch.

Ausgerechnet Penny, der Discounter von Rewe, der den Tiefstpreis zum Markenkern erhoben hat, schien sich für die »wahren Kosten« seiner billigen Lebensmittel zu interessieren und ließ auch seine Kundinnen daran teilhaben. Als die Supermarkt-Kette Ende 2020 in Berlin Spandau ihren ersten »Nachhaltigkeits-Erlebnismarkt Penny Grüner Weg« eröffnete, wurden dort acht konventionell und ökologisch erzeugte Lebensmittel (Apfel, Banane, Kartoffel, Tomate, Mozzarella, Gouda, Milch, Hackfleisch) jeweils mit doppelten Preisschildern ausgezeichnet: links auf rotem Grund der normale Verkaufspreis, rechts auf grünem Grund jener Preis, der bei einer »wahren« Kostenrechnung zu bezahlen wäre, wenn bestimmte Umweltfolgen (u.a. Stickstoffemissionen und Klimagase) eingerechnet würden: für 220 Gramm Mozzarella 89 Cent statt 59 Cent, für ein Kilo vom jungen Gouda 9,36 Euro statt 4,98 Euro, für den Liter Bio-Frischmilch 1,84 Euro statt 1,09 Euro. An der Kasse müssen die Kunden aber nur den »normalen« Verkaufspreis zahlen, die doppelte Preisauszeichnung dient nur dem Ziel, »Transparenz über die Folgekosten unseres Konsums zu schaffen und so die Diskussion über die Kosten der Lebensmittelproduktion um einen Aspekt zu erweitern«. [1]

Die Aktion brachte Penny viele Schlagzeilen ein; Schulklassen kamen, um sich im »Nachhaltigkeits-Erlebnismarkt« zu informieren. Inzwischen ist das Interesse abgeflaut, die doppelten Preisschildchen hängen auch nicht mehr an allen acht Lebensmitteln. Im Penny-Markt »Grüner Weg« in Berlin Spandau geht alles wieder seinen normalen Gang, wie in den anderen 2149 Penny-Filialen auch. Am Eingang hängen im Glaskasten Angebots-Plakate im Stil des klassischen Preiskämpfers: »Wer günstig will, muss Penny«, Fleisch zum »Aktionspreis«, 12 Bodenhaltungseier »+ 2 Eier gratis«, »-40 %« bei den Cherry-Romatomaten, »-22 %« bei den Paprika, »-37 %« bei den weißen Champignons Marke »Marktliebe«.

Würde Penny aus dem Preiskampf ausbrechen und als einzige der großen Supermarkt-Ketten von ihren Kundinnen fortan nur noch die »wahren« Preise verlangen, wären die Kette und ihre Lieferanten, Milchbäuerinnen und Molkereien, bald pleite. Die Milchbauern müssten kostendeckende Preise von den Molkereien und diese von den Supermärkten fordern, die wiederum zu diesen Preisen keine Abnehmerinnen finden würden. Fakt ist also: Die Marktwirtschaft ist nicht in der Lage, das Problem der Milchwirtschaft, nämlich unzureichenden Tierschutz und negative Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt, zu lösen. Insofern ist es »rational«, dass Supermärkte ihre freiwilligen grünen Aktionen und Versprechen immer nur so spärlich dosieren, dass es ihr Geschäftsmodell im permanenten Preiskampf nicht wirklich antastet. Die Grenze zum Greenwashing ist deshalb oft hauchdünn, wie das Beispiel Aldi zeigt, bei dem der Discounter das Kunststück vollbrachte, billige Milch als klimaneutrales Produkt anzupreisen.

 

Mitte 2022 hatten Recherchen von foodwatch und ZDF frontal aufgedeckt, wie fragwürdig Aldis Behauptung ist, seine FAIR  & GUT Landmilch sei klimaneutral. Tatsächlich machte Aldi weder der Molkerei noch den beteiligten Landwirten Vorgaben, wie stark sie ihre Treibhausgasemissionen senken sollen. Die Molkerei konnte noch nicht einmal die Menge der emittierten Treibhausgase beziffern (vorwiegend das Treibhausgas Methan, das aber in Kohlendioxid-Äquivalenten ausgedrückt wird). Anstatt die Emissionen hierzulande zu reduzieren, soweit es irgend geht, kaufte Aldi Zertifikate von sogenannten Kompensationsprojekten. Diese Zertifikate bescheinigen dem Käufer – hier also Aldi –, dass er irgendwo auf der Welt Treibhausgase speichert, zum Beispiel durch Wälder. Und zwar so viele wie nötig sind, um jene Treibhausgase zu kompensieren, die durch die Milcherzeugung für Aldi entstehen. In einem Projekt in Uruguay finanzierte der Discounter Eukalyptus-Monokulturen in industrieller Forstwirtschaft, in denen das Ackergift Glyphosat der Biodiversität schadet und die einen hohen Wasserverbrauch aufweisen. Auch ein Waldprojekt in Peru wies eklatante Mängel auf.

Derlei Kompensationsgeschäfte sind nicht nur im Fall Aldi angreifbar, weil durch sie keine effektive Reduktion der Treibhausgasemissionen sichergestellt wird. Und nur darum geht es heute in der Klimapolitik: Auch die Landwirtschaft muss ihre Emissionen senken, und die Milch- und Rindfleischproduktion verursachen schlichtweg die meisten Treibhausgase. Wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will, geht das nicht, ohne die Zahl der Tiere, insbesondere der Rinder, in etwa zu halbieren. Das wiederum erfordert eine »künstliche« Verteuerung der Milch (und des Rindfleischs) durch eine Klimaschutzabgabe auf Fleisch und Milch, die an die Verbraucherinnen übergewälzt wird und somit einen Rückgang der Nachfrage bewirkt. Gleichzeitig müssen die Milch- und Rindfleischerzeuger durch eine entsprechende Abgabe auf Milch- und Rindfleischimporte aus Nicht-EU -Staaten geschützt werden. Im Ergebnis würden sich die Preise in etwa verdoppeln, was dann ungefähr den »wahren« Kosten des Milch- und Fleischkonsums entspräche. Natürlich muss diese Klimapolitik sozial abgefedert und Stück für Stück über mehrere Jahre umgesetzt werden (vgl. Kapitel 19).

Würde es Aldi mit seiner Klima-Offensive ernst meinen, müsste der Discounter seine Produkte ehrlich bewerben, anstatt sie durch einen zweifelhaften Ablasshandel reinzuwaschen. Auch ein noch so harter Wettbewerb rechtfertigt nicht diese Praxis, die zudem den Kundinnen den verheerenden Eindruck vermittelt, man könne effektive Klimapolitik im Supermarkt kaufen. [2]

Angebot/Qualitäten

Im Supermarkt werden folgende Qualitäten angeboten: »Frische Vollmilch traditionell hergestellt«, »haltbare Frischmilch« (3 bis 4 Wochen haltbar, wird auch ESL -Milch für »extended shelf life« genannt) sowie »H-Milch« (lange haltbar, ultrahocherhitzt). Es gibt drei verschiedene Fettgehalte: 3,5 Prozent (Vollmilch), 1,5 Prozent (fettarme Milch) und 0,3 Prozent (Magermilch). Alle Milchsorten sind wärmebehandelt. Nicht wärmebehandelt, nur gefiltert ist die sogenannte »Vorzugsmilch«, die hohe Hygieneanforderungen stellt, die man aber kaum mehr in den Regalen findet. Der Geschmack von haltbarer Frischmilch fällt gegenüber dem Geschmack von frischer Vollmilch deutlich ab. Immer weniger wird frische Vollmilch angeboten, während das Angebot an »haltbarer Frischmilch« wächst. Außerdem gibt es »Heumilch« mit dem EU -Qualitätskennzeichen »g.t.S.« (garantiert traditionelle Spezialität). Das Siegel schreibt vor, dass das Futter zu 75 Prozent aus Raufutter (Heu oder Gras) und zu höchstens 25 Prozent aus Kraftfutter (z.B. Soja- und Rapsschrot besteht). Die geschmackliche Qualität hängt von der Fütterung und der Wärmebehandlung ab: Je mehr Raufutter und desto weniger Kraftfutter, je schonender die Wärmebehandlung, umso besser der Geschmack. Der Anteil von Kraftfutter hat in den letzten 20 Jahren mit dem Ansteigen der Milchleistung beständig zugenommen.

Transparenz

Bezeichnungen wie »Frische Vollmilch, traditionell hergestellt« oder »haltbare Frischmilch« täuschen den Verbraucher, denn nach der Wärmebehandlung/Erhitzung kann nicht mehr von »Frische« gesprochen werden. Nicht oder schwach gesetzlich geregelte Phantasienamen wie »Weidemilch«, »Landmilch«, »Alpenmilch«, »Bergbauernmilch« oder »Wiesenmilch« täuschen ebenfalls, weil sie keinen nachprüfbaren Qualitätsunterschied (z.B. Haltung, Fütterung) beschreiben. Auch der Begriff »Heumilch« täuscht, denn es wird auch Kraftfutter verfüttert. Die Herkunft der Milch kann man an dem ovalen Rückverfolgungs-Code auf der Verpackung nur bedingt feststellen, denn leicht ersichtlich sind für den Verbraucher nur das Land und das Bundesland, in dem das Erzeugnis zuletzt bearbeitet oder verpackt wurde. Über Internetrecherche kann man zusätzlich den Standort der Molkerei ermitteln. Die Milchviehbetriebe können sehr weit entfernt liegen, auch in einem anderen Bundesland, und können über den Code nicht identifiziert werden. Angaben zur Tierhaltung oder zur Fütterung, die den Geschmack wesentlich beeinflussen, erhält die Kundin nicht.

Tierhaltung

Die heute vorwiegend genutzten Hochleistungskühe, die über 10000 Liter Milch pro Jahr geben, sind besonders anfällig für Krankheiten. In etwa 50 Prozent der Betriebe leiden die Rinder unter sogenannten Produktionskrankheiten, die Folgen der einseitigen Zucht auf maximale Milchleistung sind (z.B. Euter- oder Gebärmutterentzündungen). Ein staatliches Gesundheitsmonitoring existiert nicht. Die Kälber werden unmittelbar nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und isoliert aufgezogen. Sie erhalten nur Milchersatzfutter, damit die Milch ihrer Mütter vermarktet werden kann. Nach zwei bis drei Jahren werden die Kühe geschlachtet. Früher wurde eine Kuh durchschnittlich acht Jahre alt. Die Aufzucht von Bullenkälbern , die keine Milch geben, lohnt sich insbesondere bei Hochleistungsrassen, die auf maximale Milchleistung und nicht zur Fleischmast gezüchtet wurden, nicht. Deshalb werden Bullenkälber zu Schleuderpreisen an externe Mäster verkauft. Die Dunkelziffer von toten oder getöteten Bullenkälbern ist hoch. Für die Statistik müssen nur Geburten an die Ämter gemeldet werden, keine Sterbefälle.

Ökologischer Fußabdruck (Treibhausgase, einschließlich Futtermittelerzeugung)

Der Klimaeffekt der Milchproduktion variiert je nach Milchleistung und Fütterung der Kuh. Bei einem Kilo Milch sind es durchschnittlich 0,85 kg CO 2 -Äquiv. (ab Hof) bzw. rund 1,3 kg CO 2 -Äquiv. (ab Regal). Der Konsum eines Kilos Milch entspricht einer PKW -Fahrt von rund 14 Kilometern, bei einem Kilo Butter sind es über 180 km (Annahmen: gesetzlicher EU -PKW Höchstverbrauch 95 g CO 2 /km sowie 22 Liter Milch für die Herstellung eines Kilos Butter).

Gesundheit

Je höher der Anteil an Raufutter (Heu, Grünfutter u.a.), desto höher der Anteil an ungesättigten Fettsäuren in der Milch, denen eine positive Auswirkung auf die menschliche Gesundheit zugeschrieben wird. Milch ist reich an Eiweiß, dem wichtigsten Baustoff für sämtliche Körperzellen, sowie an Kalzium, das gut für Knochen und Zähne ist.

Bio-Alternative

Rund vier Prozent der konsumierten Milch entfällt auf Bio. Die Ställe bieten mehr Platz, jedoch hat die Stallgröße keinen Einfluss auf die Gesundheit der Tiere. Der Anteil an schmerzhaften Produktionskrankheiten ist in Bio-Betrieben mit konventionellen Betrieben vergleichbar, weil überwiegend dieselben Hochleistungsrassen eingesetzt werden und kein staatliches Gesundheitsmonitoring existiert. Kälber werden auch in Bio-Betrieben nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt, erhalten aber etwas länger Vollmilch. Bullenkälber , da von auf Milchleistung und nicht auf Muskelwachstum gezüchteten Kühen stammend, werden aus ökonomischen Gründen ebenfalls bald nach der Geburt verkauft, überwiegend an konventionelle Mäster – mit unbekanntem Schicksal. Bei Bio ist nur Futter aus ökologischer Landwirtschaft (keine Pestizide, kein Mineraldünger) zugelassen, außerdem ist es gentechnikfrei. Auch Bio-Kühe erhalten Kraftfutter. Die Verwendung von gentechnikfreiem Soja aus Lateinamerika, die zur Entwaldung beiträgt, ist möglich. Ökologischer Fußabdruck : Der Ausstoß an Treibhausgasen (unter Berücksichtigung der Futtermittel) liegt nur geringfügig unter dem von konventionellen Betrieben. Die Transparenz-Defizite bezüglich Bezeichnungen, Herkunft, Geschmacksqualität und Gesundheit sind vergleichbar mit Milch aus konventioneller Landwirtschaft. Unterschiede ergeben sich aufgrund verschiedener Standards der Öko-Verbände (Demeter z.B. verbietet u.a. die schmerzhafte Entfernung der Hörner von Rindern).

Wahlfreiheit

Milch, die von gesunden Kühen stammt, die im Sommer ausschließlich Gras und im Winter Heu fressen und die im Sommer ein gutes Leben auf der Weide führen, können wir im Supermarkt nicht mehr kaufen. Milch und Milchprodukte sind ein globales Business geworden. Die EU ist weltweit größter Exporteur und die Milchproduktion ist das wichtigste und größte Segment der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland, sowohl konventionell als auch bei Bio. Charakter und Qualität der Milch haben sich in den letzten Jahrzehnten schleichend verändert. Die Produktivität hat sich auf Kosten der Natur, der Tiere, der Landwirte und der Qualität der Milch (Geschmack) stark erhöht. Dadurch konnten die realen Preise für Milch (ausgedrückt in Preisen des Jahres 2000) relativ niedriger gehalten werden als bei anderen Verbrauchsgütern.

Käse
Angebot/Qualitäten

Weltweit geht man von 5000 Käsesorten aus, in Deutschland von etwa 150, in Frankreich von rund 400. Man kann Käse nach Art der Reifung, Wassergehalt und Fettgehaltstufen einteilen. Die deutsche Käseverordnung teilt Käse nach dem Wasseranteil in folgende Käsegruppen ein: Hartkäse (bis zu 56 Prozent Wasseranteil), Schnittkäse (54 bis 63 Prozent), halbfester Schnittkäse (61 bis 69 Prozent), Sauermilchkäse (60 bis 73 Prozent), Weichkäse (über 67 Prozent) und Frischkäse (über 73 Prozent). Je mehr Trockenmasse ein Käse hat, desto härter ist er; je weniger Trockenmasse, umso mehr Wasser hat er und umso weicher ist er.

Der Geschmack von Käse hängt wesentlich von der Fütterung der Tiere und der Qualität der verwendeten Milch ab (Rohmilch, pasteurisierte Milch, Magermilch) sowie von den verwendeten Bakterienkulturen, Gewürzen etc. Die Herstellung ist heute industrialisiert. Früher brachte man Käse zum Reifen in feuchte Naturhöhlen. Heute reift Käse in Reifekammern, in denen eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Die Milch stammt nicht mehr von Kühen, die nur Raufutter fressen, das der Milch den Eigengeschmack verleiht, sondern von mit Kraftfutter auf Hochleistung getrimmten Tieren. Der individuelle, manchmal schwankende Geschmackscharakter von Käse geht dadurch verloren. In Frankreich sind für manche Käse die Milchsorten gesetzlich festgelegt: Reblochon z.B. darf nur aus der Milch der kleinen Montbéliard-Kühe hergestellt werden.

Transparenz

Nur aus Tiermilch hergestellter Käse darf »Käse« heißen. Veganer Käseersatz darf nicht »Käse« genannt werden. Auch die Begriffe »nach Käseart« oder »Cheese« sind nicht zulässig. Für die Unterscheidung von Käsesorten wurden die EU -Gütezeichen »geschützte Ursprungsbezeichnung« (g.U.), »geschützte geographische Angabe« (g.g.A.) und »garantiert traditionelle Spezialität« (g.t.S.) eingeführt, deren Aussagekraft begrenzt ist (vgl. Infobox »Gütesiegel«). »Allgäuer Emmentaler« trägt das Siegel »geschützter Ursprung« (g.U.) und der »Holsteiner Tilsiter« das Siegel »geographisch geschützte Angabe« (g.g.A.), bei dem die Milch aber auch aus Italien kommen darf.

Zu den Käse-Standardsorten nach der Käseverordnung gehört auch Bergkäse . Allerdings muss Bergkäse nicht aus den Bergen kommen, sondern kann auch aus Schleswig-Holstein stammen. Nur wenn der Käse auch als »Bergerzeugnis« rechtlich geschützt ist, müssen die Rohstoffe überwiegend aus Berggebieten stammen. Bestimmte Käsesorten müssen mit Rohmilch hergestellt, andere können wahlweise mit Rohmilch hergestellt werden. Käse aus Rohmilch müssen entsprechend gekennzeichnet werden.

Ökologischer Fußabdruck/Tierschutz

Der Wasserverbrauch bei der Herstellung von Käse liegt bei über 5000 Liter/kg. Für die Herstellung von einem Kilogramm Käse werden je nach Käsesorte zwischen vier und 16 Liter Milch benötigt. Daraus ergibt sich auch die Treibhausgas-Bilanz von Käse. Der Klimaeffekt des Käsekonsums wird unterschätzt. Ein Liter Milch verursacht rund 0,85 kg CO 2 -Äquiv. Die erforderlichen Milchmengen für die Käseherstellung variieren je nach Käsesorte, je härter und trockener Käse ist, desto mehr Milch braucht er in der Herstellung. Für Frischkäse fallen rund vier Liter an, für Hartkäse durchschnittlich 13 Liter. Der Konsum eines Kilos Hartkäse entspricht damit einer PKW -Fahrt von 116 km (Annahme: 95 g CO 2 /km). Ein Kilo Schweinefleisch bringt es dagegen nur auf rund 30 Kilometer. Ein Brot mit Wurst aus Schweinefleisch, konventionell oder Bio, ist damit bedeutend klimafreundlicher als ein Brot, das mit Hartkäse belegt wird.

Käse stammt in praktisch allen Fällen von Hochleistungs-Milchkühen, die sehr anfällig gegenüber Produktionskrankheiten wie Euterentzündungen sind. Wer Käse isst, kann nicht ausschließen, dass dieser von Tieren stammt, die unter Schmerzen leiden und krank sind. Der Grund ist, dass sowohl in der konventionellen wie der ökologischen Tierhaltung ein staatliches Gesundheitsmonitoring nicht existiert (vgl. auch Infobox »Milch«).

Gesundheit

Käse liefert neben den elementaren Nährstoffen wie Eiweiß und Fett wichtige Mineralstoffe und Vitamine. Allen voran ist Kalzium zu nennen, das Knochen sowie Zähnen Stabilität verleiht, an der Blutgerinnung beteiligt ist, Zellwände stabil hält und für eine reibungslose Reizweiterleitung in Nervensystem und Muskulatur sorgt. Je nach Sorte liefert das Milchprodukt neben reichlich Fett und Kalorien auch eine Menge Salz. Zu viel Salz gilt als ungesund. Vor allem Blauschimmelkäse, Halloumi oder Schafskäse wie Feta sind sehr salzhaltig und daher nur in kleineren Mengen gesund. Für die Oberflächenbehandlung von Käse darf der Zusatzstoff Natamycin (E 235) eingesetzt werden. Er wird in der Humanmedizin auch als Antibiotikum verwendet und ist deshalb in der Lebensmittelherstellung kritisch zu sehen. Für die Herstellung von Schmelzkäse werden Phosphate verwendet, die den Wassergehalt erhöhen und für eine cremige Konsistenz sorgen. In höherer Dosis sind sie gesundheitsschädlich. Damit fettreduzierte Frischkäsesorten (»Light Produkte«) eine ähnliche Konsistenz wie nicht fettreduzierte Sorten aufweisen, werden Zusatzstoffe wie Gelatine oder Carrageen hinzugefügt. Carrageen gilt als gesundheitlich bedenklich (vgl. Infobox »Zusatzstoffe«). Rohmilchkäse wird nur bis auf 40 Grad wärmebehandelt. Es bestehen dadurch Risiken bakterieller Infektionen wie EHEC , Listerien, Salmonellen u.a. Besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, alte Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem.

Bio-Alternative

In Bio-Käse darf der Zusatzstoff Natamycin (E 235) nicht eingesetzt werden. Carrageen ist für Bio-Käse grundsätzlich erlaubt, Demeter, Bioland und Naturland verzichten jedoch auf dieses Verdickungsmittel. Auch im Bio-Sektor ist die Käseherstellung weitgehend industrialisiert, d.h. es wird geschmacklicher Einheitskäse angeboten. Die Intransparenz der Kennzeichnung im Hinblick auf Herkunft und Herstellung ist ähnlich unzureichend. Der von der Käseherstellung verursachte Treibhausgasausstoß entspricht in etwa dem der konventionellen Produktion. Auch wer Bio-Käse isst, kann nicht ausschließen, dass das Produkt von Tieren stammt, die krank sind und Schmerzen leiden.

Wahlfreiheit

Es gibt unzählige Käsesorten, aber sie alle sind vorwiegend industrielle Einheitsprodukte, deren Qualität und Geschmack durch die je verwendete Milch meist negativ beeinflusst wird. Milch von Kühen, die sich tiergerecht ausschließlich von Gras und Heu ernähren, finden heute keinen Eingang mehr in die Käseproduktion. Auch nicht, wenn es sich um sogenannte »Heumilch« handelt (vgl. Infobox »Milch«). Weil es keine einfache Nährstoffkennzeichnung wie den Nutri-Score gibt, bleibt der sehr hohe Salzgehalt mancher Käsesorten unbekannt. Man kann nicht ausschließen, dass bedenkliche Zusatzstoffe wie Natamycin und Carrageen verarbeitet sind. Dafür, dass der Käse von Milchkühen stammt, die schmerzfrei und tiergerecht gehalten werden, gibt es keine Garantie.