Kapitel 25

C orians Portal schrumpfte und verschwand mit einem leisen Knall, als Cheyenne wieder in die Lagerhalle trat. »Was zum Teufel war das?«

»Ja.« Lumil zeigte auf den Nachtpirscher. »Das wollte ich auch gerade fragen. Wir sind da reingegangen, um Informationen zu bekommen.«

»Und das haben wir.« Corian schritt durch die Mitte des Lagers, seine silbernen Augen glühten heftig. Ein Ohrbüschel zuckte und er schüttelte den Kopf.

»Das waren keine neuen Informationen, Mann.« Byrd zeigte auf das nicht existierende Portal. »Er hat uns einfach nur komplett verarscht.«

»Halt die Klappe.« Der Nachtpirscher schaute keinen von ihnen an, während er weiterlief und sich jedes Mal, wenn er eine Wand erreichte, auf dem Absatz drehte.

»Sag mir nicht, dass ich den Mund halten soll«, murmelte Lumil und sah ihn finster an.

Cheyenne starrte auf den Boden. »Er hat aber recht.«

»Oh, du auch? Wir haben uns erst vor ein paar Tagen kennengelernt, Kleine. Du hast echt Nerven, wenn du denkst, du kannst mir sagen, ich soll die Klappe halten.«

»Wir haben Informationen bekommen.« Die Halbdrow blickte kurz zu Lumil. »Die Maschine hat nicht mich verfolgt.«

»Nein.« Corian drehte sich wieder um und ging auf sie zu, ohne vom Boden aufzusehen. »Er hat gesagt, dass sie das nicht musste.«

»Weil der Bagger einer Vermutung gefolgt ist.« Cheyenne klopfte sich mit der Faust auf den Mund und schloss die Augen.

»Ihr seid beide so verrückt wie dieser Taratas.« Lumil schnaubte und ging auf die Couch am anderen Ende der Lagerhalle zu.

»Nur welche Vermutung?«, murmelte Corian.

Byrd zeigte auf die Stelle in der Mitte des Raums, wo das Portal gewesen war. »Du weißt, dass wir einfach zurückgehen und ihn fragen können, oder? Vielleicht lassen wir ihm nicht so viel Zeit, darüber zu lachen und schlagen ihn einfach, bis es rauskommt. Das hat beim letzten Mal funktioniert.«

Sowohl der Nachtpirscher als auch die Halbdrow ignorierten ihn.

Byrd warf den beiden einen misstrauischen Blick zu, dann eilte er Lumil hinterher. »Du hast recht. Bei den beiden sind alle Systeme ausgefallen.«

»Wer war bei dir?«

Cheyenne öffnete die Augen und sah, dass Corian sich wieder von der gegenüberliegenden Wand wegdrehte. »Was?«

»Wer war mit dir in Peridosh? Wenn das Ding eine Vermutung verfolgt hat, Cheyenne, dann hat es jemanden verfolgt, von dem sein Programmierer vermutet hat, dass er bei dir ist. Um über denjenigen an dich heranzukommen.«

»Das ist unmöglich.« Die Halbdrow schüttelte den Kopf und schloss wieder ihre Augen.

»Geh es einfach noch einmal durch. Alles.«

»Ich war mit drei FRoE-Agenten zusammen und ich weiß mit Sicherheit, dass keiner von ihnen Kontakt mit einer O’gúl-Kriegsmaschine hatte. Sie wissen nicht einmal, dass es sie gibt.«

»Da stimme ich dir gerne zu, aber wir können nichts übersehen. Geh tiefer. Hat der Bagger einen von ihnen angegriffen?«

»Nein. Es ist einfach aus der Wand gefallen und direkt losgestürmt auf – scheiße!«

»Direkt auf wen?«

Cheyennes Augen flogen auf. »Ember.«

»Du hast deine Fae-Freundin mitgebracht?«

»Ja. Wir teilen uns eine Wohnung und ich helfe ihr, sich an einen neuen Lebensstil zu gewöhnen, der ganz allein meine Schuld ist. Ich habe sie in letzter Zeit oft mitgenommen.«

»Und das war vielleicht die Vermutung. Aber es passt trotzdem nicht zusammen.« Corian drehte sich um und schritt wieder auf sie zu. »Faemagie lässt sich nicht zurückverfolgen.«

»Wirklich?«

»Ja. Deshalb sieht man auch nie eine. Zumindest die meisten von uns nicht.«

»Nun, sie hat in letzter Zeit mit niemandem gekämpft. Da bin ich mir sicher.«

»Gut. Es wäre sowieso nicht ihre Magie gewesen.« Der Nachtpirscher blieb vor ihr stehen und sah sie an. »Du hast deiner Freundin doch nicht das Blut abgezapft und es für eine Art geheimen Peridosh-Handel verwendet, oder?«

Sie blinzelte. »Was glaubst du denn, was ich in meiner Freizeit mache?«

»Das nicht, natürlich. Ich musste trotzdem fragen.«

Cheyenne wandte sich von ihm ab und fuhr sich mit den Fingern durch ihr knochenweißes Haar, wobei ihre Ketten klirrten. »Wenn das Ding ihre Magie nicht aufspüren konnte, meinst du, es könnte trotzdem ihr Blut aufspüren?«

»Blut lügt nicht, Mädchen.« Corian schluckte heftig. Als sie ihm einen neugierigen Blick zuwarf, wich er ihrem Blick aus und ging weiter. »Und du bist sicher, dass sie nicht ihr eigenes Blut auf dem Markt verkauft? Kein Urteil. Ich kenne viele Fae, die ihr Imperium mit dem Verkauf von Blut aus ihren Adern aufgebaut haben.«

»Ja, ich bin mir sicher. Sie muss das nicht für Geld tun und es war sowieso ihr erstes Mal da unten. Wir waren ja nur zum Spaß da.«

»Hmm.« Er kratzte sich am Kinn. »Daran herrscht heutzutage ein ziemlicher Mangel.«

»Spaß? Erinnere mich daran, es dir zu sagen, wenn ich welchen gefunden habe.« Cheyenne seufzte und machte ein paar entschlossene Schritte auf die hintere Wand des Lagerhauses zu, dann hielt sie inne. »Weißt du, woran es aber nicht mangelt?«

»Cheyenne, das könnte ich nie erraten.«

Sie wirbelte herum, um ihn anzusehen und die grimmige Erkenntnis in ihren goldenen Drowaugen ließ ihn zurückweichen. »Blut von Ember.«

»Ich dachte, das hätten wir gerade besprochen.«

»Ja, aber nur deine dummen Ideen. Öffne ein Portal.«

Er rümpfte irritiert die Nase. »Ich bin derjenige, der dir Befehle gibt, Mädchen.«

»Öffne das verdammte Portal, Corian!«

Die Tür zu einem der kleinen, quadratischen Büros hinter ihm schoss auf und schlug mit einem Knall gegen die Wand. »Ist es wirklich zu viel verlangt, ein bisschen Ruhe und Frieden zu haben? Jemals?«

»Cheyenne.« L’zar stützte seine Hände auf beide Seiten der Türöffnung und grinste. »Aus irgendeinem Grund hielt es niemand für eine gute Idee, mir zu sagen, dass du hier bist.«

Corian legte den Kopf schief, als L’zar seinen kritischen Blick auf seinen Stellvertreter in der Nachtwache richtete. »Das stand auf meiner To-do-Liste.«

»Sag ihm, er soll ein Portal zu meiner Wohnung öffnen.« Cheyenne stupste Corian mit dem Finger an. »Sonst renne ich den ganzen Weg zurück nach Richmond und ich glaube nicht, dass ich die Zeit dafür habe.«

L’zars Grinsen verblasste. »Wovon redet sie?«

»Sie ist auch noch nicht dazu gekommen, es mir zu sagen.«

»Mein Gott.« Cheyenne strich sich die Haare aus der Stirn. »Wir haben über Blut gesprochen, Corian. Ember hat zwei Wochen im Krankenhaus verbracht, nachdem sie angeschossen wurde. Dort wurden genug Proben entnommen, um eine ganz neue Blutbank zu gründen und sie nach ihr zu benennen.«

»Scheiße.«

»Ja.«

»Deine Fae-Freundin?« L’zar trat langsam aus der Tür, als ob plötzliche Bewegungen seine Tochter zum Explodieren bringen würden.

»Ember.« Cheyenne sah ihn starr an und kämpfte darum, sich unter Kontrolle zu halten. »Das ist ihr Name.« Sie rannte Corian hinterher, der die halbe Lagerhalle durchquert hatte und auf den Kreis der Schutzsteine zusteuerte.

L’zar verdrehte die Augen und folgte ihnen. »Ich kenne ihren Namen, Cheyenne. Ich habe sie heute Morgen getroffen. Was hat sie getan?«

»Anscheinend musste sie nur mit mir befreundet sein. Wie lange wird das dauern?«

Corian grunzte, seine Finger bewegten sich schnell, als er den Portalzauber murmelte. »Es ist ein bisschen komplizierter als das übliche ›ein Loch in den Raum werfen‹. Wir müssen sicherstellen, dass uns niemand hierher folgen kann.«

L’zar räusperte sich. »Ich weiß, dass ihr beide in den letzten Wochen den Luxus hattet, viel Zeit miteinander zu verbringen, aber ich nicht, also würde ich gerne wissen, was zum Teufel jetzt gerade passiert.«

Cheyenne knurrte frustriert, aber Persh’al bewahrte sie davor, antworten zu müssen.

Der Troll rollte sich in seinem Stuhl zurück und zog L’zars Aufmerksamkeit auf sich. »Eine der alten Maschinen wurde aktiviert und hat Cheyenne in Peridosh gefunden. Sie hat sie zerschmettert, aber ihre Signatur wurde kopiert und in einem lustigen Gespräch mit Lex haben sie festgestellt, dass das Ding Ember und nicht Cheyenne verfolgt hat. Die Programmierer sind wohl davon ausgegangen, dass sie zusammen sein würden und das waren sie auch. Deshalb weiß jetzt jeder, der hinter dieser ersten Welle von Kriegsmaschinen steckt, wie er Cheyenne finden kann und wie er sie dort treffen kann, wo es weh tut.«

L’zar hob eine Augenbraue und senkte den Kopf. »Danke.«

»Weil anscheinend jemand eine Menge Faeblut aus einem Krankenhaus gestohlen hat und sie Ember so aufgespürt haben.«

»Ich habe gehört, wie sie das ausgearbeitet haben, Persh’al.«

»Okay.« Der Troll nickte knapp, drehte sich zu seinem Schreibtisch um und begann wieder mit dem Tippen.

L’zar wandte seinen Blick zu Cheyenne und er runzelte leicht die Stirn. »Bedeutet sie dir so viel?«

Ich war kurz davor gewesen, anzunehmen , dass d ieser Gesichtsausdruck nach Empathie aussah, bis er seinen dummen Mund auf gemacht hat . »Sie ist meine beste Freundin. Eine Zeit lang war sie meine einzige Freundin, also ja, sie bedeutet mir sehr viel. Ich werde mich mit allem, was ich habe, dagegen wehren, wenn du mir sagst, ich solle sie einfach selbst damit fertig werden lassen.«

Er beäugte sie und schaute dann zu Corian.

Der Nachtpirscher nickte und der Rest seines Portals öffnete sich im Steinkreis. »Niemand überlässt Ember die Sache allein. Das ist keine Option.«

»Gut. Ich hoffe, sie braucht uns nicht.« Ohne ein weiteres Wort schritt Cheyenne über den Ring aus Steinen und ging durch das Portal, das in ihr Wohnzimmer führte.

Corian und L’zar warfen sich einen Blick zu, der von dem Nachtpirscher unterbrochen wurde, der hinter der Halbdrow durch das Portal verschwand.

Das Portal schloss sich fast sofort. L’zar zischte, ging zwei Meter zur Couch und brüllte vor Frust. Er ließ seinen Fuß gegen die Seite der durchgesessenen, braunen Couch prallen, die mit einem lauten Knacken von splitterndem Holz durch die Lagerhalle flog. Die Couch schlug in einer Staubwolke gegen die Rückwand. L’zar blieb stehen, die Schultern gekrümmt und die Fäuste so fest geballt, dass die Adern an seinen Unterarmen hervortraten. Das einzige Geräusch in der Lagerhalle war das Surren der Ventilatoren in Persh’als Computertürmen und das wütende, hektische Atmen des entkommenen Drows.

»Die Couch steht schon lange hier«, murmelte Persh’al.

L’zar drehte sich zu ihm um, fuhr sich mit der Hand durch sein zerzaustes, schulterlanges Haar und atmete tief durch die Nase ein. »Sie war sowieso am Auseinanderfallen.«

Der blaue Troll zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder zu seiner Tastatur. »Ich schätze, das ist besser, als wenn du mit der Faust auf einen meiner Tische losgehst.«

Byrd und Lumil standen zu beiden Seiten der Tür zum Vorratsschrank an der Wand und betrachteten L’zar mit großen Augen. Lumil räusperte sich. »Geht es dir gut?«

L’zar neigte den Kopf zur Seite, um seinen Hals zu strecken, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging langsam und bedächtig durch das Lagerhaus. »Das ist das echte Gefängnis.«

Byrd schnaubte. »Ich hätte nicht gedacht, dass wir so furchtbar sind.«

Persh’al drehte sich um und warf ihm einen warnenden Blick zu. »Du wärst sowieso ein miserabler Wächter. Er hat davon geredet, dass er nichts für sie tun kann.«

»Ich weiß, wovon er gesprochen hat.« Byrd zeigte in Richtung der Computer hinter Persh’al und verdrehte die Augen. »Mach weiter mit deinem nerdigen Programmierkram. Niemand hat nach einem Dolmetscher gefragt.«

Der Koboldmann ging auf die Couch zu und warf sich auf sie. Eine weitere Staubwolke erhob sich unter ihm, bevor die Couch knarrte, knackte und dann in der Mitte zusammenbrach.