Kapitel 31

D er Panamera kam auf dem Parkplatz der Physiotherapieklinik zum Stehen und Cheyenne schaltete in den Parkmodus. Das Surren des Motors verstummte, als sie ihn abstellte, dann atmete sie tief durch. »In zehn Minuten sollst du da drin sein, Em. Ich bin in fünf Minuten wieder draußen.«

Sie schnallte ihren Sicherheitsgurt ab und öffnete die Tür.

»Cheyenne.« Corian hob die Augenbrauen, als sie innehielt und ihn ansah. »Ganz ruhig.«

»Ich habe verstanden.« Sie schlüpfte aus dem Auto und zwang sich, die Tür nicht zuzuschlagen, bevor sie auf den Bürgersteig zum Eingang trat.

Corian lehnte sich in seinem Sitz zurück und sah zu, wie sie durch die Glastüren verschwand. »Ich habe gesehen, wie diese Art von Wut magischen Wesen eine Menge Ärger eingebracht hat.«

Ember verzog mit einem Blick auf die Klinik das Gesicht, auch nachdem Cheyenne die Lobby betreten hatte und aus dem Blickfeld verschwunden war. »Das bringt auch Menschen in Schwierigkeiten, da bin ich mir ziemlich sicher.«

»Ja. Aber wenn sie richtig eingesetzt wird, ist sie sehr mächtig.«

Die Fae runzelte die Stirn. »Ich habe schon gesehen, was sie kann, also musst du nicht ständig in geheimnisvollen Sätzen reden. Sag es einfach.«

»Okay. Es gibt noch einen anderen Grund, warum wir beide hier warten, während Cheyenne ihr Gespräch führt.«

»Alles klar. Lass mich raten. Du willst mir sagen, dass ich eine Belastung bin, weil diese Verrückten, die ihre Maschinen auf uns hetzen, jetzt wissen, dass sie durch mich an sie herankommen können. Sicher, ich bin ihre beste Freundin, aber ich kann nur fünf Prozent meiner Magie einsetzen und sitze im Rollstuhl. Im Grunde genommen einfach eine Last, oder?« Als der Nachtpirscher nicht antwortete, drehte sie sich um und sah ihn stirnrunzelnd an. »Warum grinst du mich so an?«

»Weil alles, was du gerade gesagt hast, nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte.« Corian legte seinen Kopf schief und schenkte ihr ein warmes Lächeln. »Ehrlich gesagt bin ich eher der Meinung, dass Cheyenne dich in ihrem Leben braucht, um wieder zu Kräften zu kommen und auf Kurs zu bleiben. Auch wenn du es nicht zugibst, ich glaube, du weißt es.«

Sie blinzelte schnell, drehte sich wieder um und rieb sich das Handgelenk. »Vielleicht. Also, was? Du wolltest ein privates Gespräch führen, um mir zu sagen, dass ich nicht aufgeben soll?«

Er kicherte. »Du bist nicht ganz so gut im Rätselraten wie sie.«

Ember blickte an die Decke und lachte schief. »Sie ist in vielen Dingen besser.«

»Aber nicht in allen. Ember, ich will dir nicht vorschreiben, was du tun sollst. Die Entscheidung liegt bei dir. Aber da noch nichts offiziell besiegelt ist, wollte ich dir mehr Informationen geben, als du jetzt hast, damit du die beste Entscheidung treffen kannst.«

»Okay.«

»Wir haben es gestern Abend angesprochen. Die Nós Aní -Sache.«

Ember schaute stirnrunzelnd auf das Armaturenbrett und biss sich auf die Unterlippe. »Das ist schwer zu vergessen.«

»Cheyenne hat es herausgefunden. Ich bin der Nós Aní von L’zar Verdys. Das bin ich seit fast zweitausend Jahren und das werde ich auch bleiben, bis einer von uns in diesem Leben sein Ende findet.«

»Hm.«

Corian richtete seinen Blick auf seinen Schoß und lächelte. »Es ist eine Stelle auf Lebenszeit. Es gibt keine Sozialleistungen und keinen bezahlten Urlaub oder Krankenschreibung. Gelegentlich gibt es eine Prämie, aber im Grunde ist es eine Sache, die man macht, weil man mit dem Herzen dabei ist. Wenn du einmal zugesagt hast, kannst du keinen Rückzieher mehr machen.«

»Ich dachte, ich hätte schon zugesagt. Gestern Abend.« Ember drückte die Finger ihrer anderen Hand zusammen, um sie in ihrem Schoß ruhig zu halten. »Wenn es Cheyenne hilft, wenn ich diese Rolle einnehme, bin ich einverstanden.«

»Ich höre deine Worte und ich bin froh, dass du so denkst, bevor du alle Fakten kennst.«

»Aber es gibt auch Nachteile, oder?«

»Das hängt davon ab, wie du es siehst. Die Aufgaben eines Nós Aní sind so unberechenbar und kompliziert wie die Drow, denen sie dienen. Nein, ich meine nicht, dass ich L’zars Diener bin. Wenn dieses Angebot auf dem Tisch liegen würde, würde ich schreiend weglaufen.«

Ember lachte leise. »Ich auch.«

»Wenn du dich dafür entscheidest, Ember, solltest du wissen, dass es für den Rest deines Lebens gilt. An dem, was Cheyenne gesagt hat, ist etwas Wahres dran: Du wärst eine beste Freundin oder Stellvertreterin, aber auch noch so viel mehr. Du könntest für immer ihre Freundin sein und das würde nichts ändern. Aber eine Drow und anscheinend sogar eine Halbdrow ist viel mächtiger mit einer Nós Aní an ihrer Seite. Oder in meinem Fall eine Stunde von Chateau D’rahl entfernt und das seit fünfundsiebzig Jahren oder so.«

»Ich muss also nicht für immer mit ihr zusammenleben?«

Der Nachtpirscher schnaubte. »War das eine ernsthafte Frage?«

»Nicht wirklich.«

»Gut.« Er kratzte sich an der Stirn und atmete tief ein. »Es gibt eine Zeremonie. Nichts Groteskes oder Schmerzhaftes. Du musst dich nicht schneiden und auch keine Opfer bringen. Es ist eine Drowzeremonie, bei der es manchmal etwas seltsam zugeht und die gerne Überraschungen mit sich bringt, nur so zum Spaß. Aber danach seid du und Cheyenne durch Magie und eine Blutlinie miteinander verbunden, die weiter zurückreicht als die von L’zar und mir.«

»Und es gibt kein Zurück mehr.«

»Richtig. Ich glaube, das habe ich schon gesagt.«

Ember fuhr sich mit der Hand durch die Haare und drehte sich um, um in die blauen Augen zu schauen, von denen sie wusste, dass sie eigentlich silbern waren. »Was kommt für mich als Nós Aní dabei heraus?«

Hinter seiner menschlichen Fassade grinste der Nachtpirscher fast schon furchterregend. »Eine Verstärkung deiner angeborenen Magie. Übrigens glaube ich, dass du viel mehr davon besitzt, als du bisher gesehen hast.«

»Erzähl mir mehr.«

Sein leises Lachen klang eher wie ein Knurren. »Wenn es um L’zar Verdys und natürlich seine Tochter geht, ist ein auserwählter Nós Aní im Grunde unantastbar.«

»Wirklich?« Ihre Augen weiteten sich. »Ich kann also nicht verletzt werden?«

»Ich habe nicht gesagt, dass wir unbesiegbar sind. Wir können immer noch verletzt werden und das wurde ich auch schon öfter, als ich zählen kann. Aber die meisten magischen Wesen auf beiden Seiten der Grenze sind klug genug, um vor einem Nós Aní der Drow zurückzuweichen. Die Folgen eines Kampfes mit dem Falschen sind ziemlich schwerwiegend.«

Ember schaute den menschlich aussehenden Nachtpirscher an und legte den Kopf schief. »Sonst noch etwas?«

»Hmm. Lebenslanges Amt, magisch an einen Drow gebunden, mehr oder weniger hoher Status, stärkere Magie und unerschütterliche Hingabe. Ich nehme an, es versteht sich von selbst, dass es wichtig ist, den oder die Drow zu mögen.«

»Du magst L’zar?«

Schmunzelnd zuckte Corian mit den Schultern. »Die meiste Zeit schon. Versteh mich nicht falsch, ich würde ihm gerne ab und zu den Hals umdrehen. Eines Tages werde ich es vielleicht versuchen. Aber das war’s auch schon. Jetzt, wo du das weißt, bist du bereit, es zu tun?«

Ember drehte sich wieder in ihrem Sitz und richtete ihren Blick auf den Eingang der Klinik. Ein kleines Lächeln hob ihre Mundwinkel. »Natürlich bin ich das.«

»Gut. Wir werden in ein oder zwei Tagen etwas arrangieren, um es offiziell zu machen. Natürlich muss Cheyenne dem zustimmen, aber ich habe das Gefühl, dass sie das schon getan hat.«

»Das wird sie nicht, wenn wir ihr sagen, dass das für mich eine Einbahnstraße ist und es keinen Ausweg gibt.«

»Wahrscheinlich.« Corian verschränkte die Arme und schaute aus dem Fenster auf den halb vollen Parkplatz. »Ich überlasse es dir, wie viel du ihr vor der Zeremonie erzählen willst.«

»Warum liegt das an mir?«

»Das ist es, was eine Nós Aní tut.«

»In Ordnung. Ich werde einen Weg finden.«

»Ich weiß, dass du das wirst. Ich bin froh zu hören, dass das deine Entscheidung ist. Cheyenne wird bei dem, was sie vorhat, so viel Unterstützung wie möglich brauchen.«

* * *

Cheyenne stand mit verschränkten Armen in der Lobby der Physiotherapieklinik und warf jedem einen herausfordernden Blick zu, der es wagte, der Goth-Braut in die Augen zu sehen. Wenn er nicht hier ist, bevor ich bis dreißig gezählt habe, werde ich den Laden auf den Kopf stellen und ihn verfolgen. Eins, zwei …

Eine nicht gekennzeichnete Tür öffnete sich auf der anderen Seite der Lobby und eine kleine Frau im Kittel nickte Cheyenne zu. »Gleich da drüben.«

Neben ihr stand Marsil Keldryk, alias George Gardener. Trotz des nervösen Stirnrunzelns der Frau leuchteten Marsils Augen auf, als er Cheyenne sah und er nickte ihr zu, bevor er die Lobby betrat. »Danke, Cheryl.«

Cheryl warf der wütend dreinblickenden Gothic-Tussi einen flüchtigen Blick zu, dann verschwand sie auf der anderen Seite der Tür und zog sie hinter sich zu.

»Ich muss zugeben, ich war etwas verwirrt, als ich hörte, dass jemand hier draußen nach mir persönlich fragt. Das kommt nicht vor. Ich bin aber immer noch ein bisschen verwirrt.« Der muskulöse Assistent schaute sich in der Lobby um, sein Lächeln zuckte unsicher. »Wo ist Ember?«

»Wir müssen reden.« Die tiefe Stimme der Halbdrow grenzte an ein Knurren und sie breitete langsam ihre Arme aus. Ruhig und gelassen, bis er mir einen Grund gibt, es nicht zu sein. Das war’s .

»Sicher. Ist alles in Ordnung?«

»Unter vier Augen.«

Marsil sah sich wieder um. »Ja, okay. Komm mit.« Er deutete mit einem Nicken in Richtung des Flurs, der sich auf dieser Seite des gläsernen Raums, den die Klinik ›Turnhalle‹ nannte, befand.

Cheyenne ging auf ihn zu und richtete ihren Blick auf seinen Hinterkopf und die kurzen, dunklen Locken, die jedoch nur eine Illusion waren. Als er an einer weiteren geschlossenen Tür am Ende des Flurs anhielt, spähte er um die Ecke, um sicherzugehen, dass ihn niemand beobachtete und öffnete die Tür.

»Das ist der einzige Raum, in dem ich weiß, dass niemand bei einem Privatgespräch hereinplatzen wird. Hey!«

Die Halbdrow schob ihn durch die offene Tür und folgte ihm dicht auf den Fersen, wobei sie all ihre Willenskraft aufbrachte, um die Tür nicht zuzuschlagen, als sie sie hinter sich schloss.

»Vorsichtig.« Marsil bewegte sich und etwas aus Plastik fiel herunter und hüpfte über den Boden. »Lass mich nur das Licht suchen.«

Sobald die Deckenlampe anging, packte Cheyenne den Mann am vorderen Teil seines OP-Hemdes und drückte ihn gegen die Wand, die allerdings ein Regal in der Vorratskammer war. Die gestapelten Klopapierrollen prallten von Marsils Kopf ab und fielen auf den Boden, was er nicht zu bemerken schien, während er die Frau anstarrte, die ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt hatte. »Okay, das war nicht das, was ich erwartet hatte.«

»Du wirst jede einzelne Frage beantworten, die ich dir stelle, verstanden?«

Stirnrunzelnd schaute er sie von oben bis unten an, so gut er es von seiner Position aus konnte und schüttelte den Kopf. »Gehst du mit all deinen Beschwerden so um oder bin ich ein Sonderfall?«

Cheyenne ließ die Hitze ihrer Drowmagie durch sie hindurchflackern und vollzog die Verwandlung in einem Augenblick.

Marsil schlug die Hände in einer entschuldigenden Geste gegen die Regale hinter ihm. »Woah, woah. Okay, so weit musst du nicht gehen. Ich erzähle dir alles, was du wissen willst.«

»Die Wahrheit.« Sie stieß ihn wieder gegen das Regal und eine Schachtel mit Latexhandschuhen neben seiner Schulter auf den Boden. »Und verarsch mich nicht. Ich merke, wenn du lügst.«

Er schluckte. »Klar.«

»Du meintest, Ember Gaderow sei meine Nós Aní . Und dass ich die richtige Wahl getroffen hätte. Wer weiß das noch?«

»Dass du und ich vor zwei Tagen ein Gespräch hatten?«

»Dass es das ist, was du denkst, dass sie für mich ist.« Cheyenne stieß ihn wieder zurück und stützte ihre Fäuste auf seine Schlüsselbeine.

»Nur ich!« Marsil atmete schwer und blickte in ihre leuchtenden, goldenen Augen. »Okay und Doktor Boseley, aber du wusstest bereits, dass sie eine von uns ist. Das war’s. Ich hatte keine Gelegenheit, es den anderen zu sagen.«

»Wie viele andere magische Wesen arbeiten in dieser Klinik?«

Die Augenlider des Mannes flatterten schnell, als er versuchte zu denken. »F-fünf.«

Cheyenne lächelte böse und beugte sich vor, bis sich ihre Nasen fast berührten. »Wie viele von euch sind der Ogúl-Krone gegenüber loyal?«

»Was?«

»Antworte mir!«

Er riss sich von ihr los und rutschte auf den verstreuten Vorräten aus. Cheyenne zerrte ihn wieder hoch und drückte ihn gegen das Regal. Als er ihren feurigen Blick suchte und ihr ernst in die Augen sah, verflog seine Angst langsam. »Keiner von uns. Deshalb bin ich gekommen, um mit dir zu reden. Wenn ich einer dieser durchgeknallten Loyalisten wäre, denkst du wirklich, ich würde einfach zu der einen Drow gehen, die die Krone mehr als alle anderen in beiden Welten tot sehen will, um ein bisschen zu plaudern? Und sie dann gehen lassen?«

Cheyenne lehnte sich von ihm weg. »Du weißt davon?«

»Nun, ja. Jeder, der den Kopf der Monarchin in O’gúl rollen sehen will, weiß das. Du, das Kopfgeld der Krone auf dich, dein Vater …«

»Du kennst L’zar?«

»Ich meine, nicht persönlich.«

Cheyenne ließ Marsils Uniform langsam los und machte einen kleinen Schritt zurück. »Beweise es.«

»Dass ich weiß, wer L’zar Verdys ist?«

»Dass du nicht einer dieser durchgeknallten Loyalisten bist.«

Der Mann stotterte und schaute sich in der engen Vorratskammer um. Dann packte er sein Hemd mit einer Hand und zog es so weit herunter, dass sein Hals frei lag. »Ich trage sowieso keinen Schmuck, aber einen Stierkopf siehst du nicht, oder?«

»Nein.« Cheyenne schaute ihn an und schüttelte den Kopf. »Aber das bedeutet nichts, wenn du in dieser Klinik auf den richtigen Zeitpunkt gewartet hast, um deinen Zug zu machen. Oder um deinen Job zu nutzen, um Blutproben aus dem VCU Medical Center zu stehlen.«

Marsil schüttelte die Vorderseite seines Hemdes aus und zuckte mit den Schultern. »Jetzt hast du mich verloren.«

»Das Blut von Ember. Um sie aufzuspüren und zu mir zu kommen. Weißt du etwas darüber?«

Er begegnete ihrem Blick. »Nur, dass derjenige, der Faeblut genommen hat, um deine Nós Aní aufzuspüren, entweder verdammt mutig ist oder nur eine einzige Gehirnzelle besitzt. Aber ihr geht es doch gut, oder?«

»Es geht ihr gut.« Cheyenne trat durch den Schrank zurück, verschränkte ihre Arme und nickte. Niemand, der ein Kopfgeld auf mich aussetzen will, wird nach Ember fragen oder sich von mir kampflos gegen ein Regal schubsen lassen. »Ich muss wissen, wer in das Krankenhaus eingebrochen ist, damit ich zumindest das auslöschen kann, was sie über sie haben.«

»Es tut mir leid, Cheyenne.« Marsil schüttelte langsam den Kopf. »Dazu kann ich dir nichts sagen. Aber ich schwöre auf mein Leben und auf das Haus Keldryk, dass ich dem Cu’ón treu war, seit ich alt genug war, um diese Entscheidung zu treffen. Ich werde es wieder tun.«

»Okay. Vielleicht habe ich eine voreilige Vermutung geäußert.«

Marsil schlug eine Faust gegen seine Brust und hob die Augenbrauen. »Jetzt sofort. Marsil Keldryk. Beim Blut meines Hauses schwöre ich meine Treue an Cheyenne, äh …«

Sie zwang sich zu einem knappen Lächeln. »Summerlin.«

»Cheyenne Summerlin.« Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen, entschlossenen Lächeln. »Bei meinem Leben, ich werde dir folgen. Ich schwöre L’zar Verdys, dem Cu’ón und dem vierzackigen Stern, der sich über der O’gúl-Krone erhebt, Treue. Alles, was ich habe. Es gehört alles dir.«

Cheyenne atmete tief durch und schlüpfte zurück in ihre menschliche Gestalt. Dann rieb sie sich den Nacken und nickte. »Okay, ich muss zugeben, der Teil war ziemlich überzeugend.«

»Das sollte er auch sein.« Er ließ seine Faust sinken und kicherte. »Das hast du noch nie gehört, oder?«

»Nein, aber ich verstehe, was dahintersteckt.«

»Gut. Ich bin sicher, du wirst bald noch viel mehr davon hören.«

Sie sahen einander in der engen, unordentlichen Vorratskammer an. Die Halbdrow zuckte mit den Schultern und legte den Kopf schief. »Tut mir leid, dass ich dich gegen das Regal geschleudert habe.«

»Mach dir keine Sorgen. Ich kann einen Schlag einstecken. Es tut mir leid, dass ich dir einen Grund gegeben habe, mir nicht zu trauen oder zu glauben, dass ich etwas tun würde, um Ember zu schaden. Darum geht es hier nicht.«

»Ja, das ist mir jetzt klar.«

»Okay. Dann ist ja alles geklärt.« Mit einem kurzen Blick auf die Tür schlängelte er sich am Regal entlang und hielt mit der Hand um den Türknauf inne. »Wo ist sie denn eigentlich? Sie hat doch jetzt eine Sitzung, oder?«

»Sie ist draußen im Auto.«

»Ah. Sie wartet darauf, dass du ihr sagst, ob das Haus Keldryk zum Verräter geworden ist, hm? Eigentlich schon, denke ich. Nach dem O’gúl-Gesetz sind wir schließlich alle Verräter, nicht wahr?«

Cheyenne grinste. »Ich denke schon.«

Er nickte, sah sie noch einmal an und öffnete dann die Tür. »Ich muss mir ein paar Akten ansehen. Soll ich Doktor Boseley sagen, dass Ember gleich kommt?«

»Ja, danke. Ich werde sie holen.«

»Okay.« Marsil hielt ihr die Tür auf, als sie die Vorratskammer verließ und kicherte, als die Halbdrow gegen ein loses Stück Plastikverpackung trat, das jemand offenbar vergessen hatte, wegzuwerfen. »Ich mache das später. Du kannst dich von jetzt an gerne mit mir auf dem Flur unterhalten, ja?«

Sie drehte sich um und stieß ein schiefes Lachen aus. »Verstehe. Und hey. Danke, dass du mir gesagt hast, was ich hören wollte.«

»Die Wahrheit? Klar. Ich würde keinem von uns einen Gefallen tun, wenn ich das, was ich weiß, nicht für mich behalten würde.« Mit einem letzten kurzen Lächeln nickte Marsil und ging den Flur entlang, weg von der Lobby. Er zupfte an der Vorderseite seines Kittels, schnaubte und schüttelte den Kopf.

Cheyenne machte sich auf den Weg zu den Eingangstüren der Klinik. Wenigstens weiß ich, dass dies ein sicherer Ort ist und dass dieRebellenvon L’zar einen viel längeren Geduldsfaden haben als ich.