Ihr Guardian war endlich gekommen.
Obwohl sie eine Sterbliche war, die Tausende von Sonnenaufgängen und Untergängen gesehen hatte, hatte Alice einen Tag wie keinen anderen. Seit Monaten hatte sie Träume … Träume von ihm, Träume von ihrer Mutter Tisiphone, Träume von ihrem langjährigen Haus in Erebus. Sie hatte zu lange in dem Sarg geschlafen, ihr Selbstbewusstsein verschwand, bis alles, was sie kannte ihre Träume und ihr Herzschlag waren, langsam, schwach und beständig.
Dann kam wieder Luft in ihre Lungen, Wärme füllte ihre Venen. Ein paar starke Arme hoben sie hoch. Sie öffnete ihre Augen …
… und es war er.
Welliges, blondes Haar, lang genug, dass er es an seinem Nacken zusammengeknotet hatte. Stechende blaue Augen in der Farbe eines Wintermorgens. Kantige Wangenknochen, ein sinnlich voller Mund, zwei gleiche Augenbrauen, die seinen Blick noch intensiver machten. Eine Art goldenes Glühen, das von seiner Haut strahlte, ein Teint, den jeder moderne Mensch beneiden würde, obwohl Alice die Wahrheit kannte. Es war seine Aura, sein Drache, seine Macht, die ihn glühen ließ.
Dann presste sie ihre Lippen auf seine und erfüllte damit lebenslange Fantasien. Ihn zu küssen, war schlicht der perfekteste Moment, den sie bis jetzt erlebt hatte. Sie hörte ihren Namen von seinen Lippen. Er trug sie eng an sich gedrückt bis zu seinem Zuhause, einer riesigen Villa, die er Landgut nannte.
Alice wusste bereits alles über das Landgut, da sie Aeric seit Jahrhunderten verfolgte. Sie hatte ihn verloren, nachdem sie den Drachenfluch auf ihn gelegt hatte, aber hatte ihn wieder gefunden, als die Vodoo Hexe Mere Marie einen Fluch genutzt hatte, um Aeric durch Zeit und Raum zu bringen und ihn nach New Orleans zu führen. So ein Fluch brauchte ziemlich viel Macht und es war unmöglich, das ungesehen geschehen zu lassen. Zum Glück für Alice hatte sie nach genau so etwas Ausschau gehalten.
Und jetzt war er hier in echt.
In ihrem Alter hatte Alice sich in dieser Droge verloren und das über Jahrzehnte und hatte in ihr ein wenig Wärme in den kältesten Nächten gesucht. Die Leute ihrer Mutter, die Griechen hatten besonders Drogen und Getränke geliebt, oftmals schlürften sie Honigwein gewürzt mit Mohn. Die Euphorie war süß, aber kurz, obwohl Alice sich daran erinnerte, gedacht zu haben, dass sie verstehen konnte, warum Menschen von dem Zeug abhängig wurden.
Nichts davon war mit dem Gefühl zu vergleichen, als der Drache sie endlich berührte. Sie verschlang ihre Finger mit seinen, starrte ihn mutig an und sog mit großen Zügen seinen Duft ein. Er roch nach Wärme und Gewürzen, Amber und Myrrhe und eintausend exotischer und unbekannter Dinge, die Alice bis ins Innere erregten. Direkt dort, wo ihre Fingerspitzen sich gegen seine Haut drückten, dachte sie, konnte sie schon fast Elektrizität zwischen ihnen fühlen, der Beginn von etwas Neuem und Zartem, aber beängstigend stark.
Die Autofahrt verlief ruhig. Alice konnte sehen, dass Aeric viel sagen wollte, aber er schaute weiterhin auf die anderen Männer im Auto, als wenn er nichts sagen konnte. Solange sie sich berührten, schien es keinen Grund zu geben zu sprechen, sich dem anderen zu erklären, denn sie konnte sehen, dass er genauso nervös und aufgeregt war, wie sie selbst, aber er schien einen klaren Kopf zu bewahren.
Alices Mund zog sich nach unten, als sie erkannte, dass er sich natürlich ruhiger fühlen würde als sie. Er hatte gerade seine Lebenspartnerin gefunden, in einer aufregenden Wendung von Ereignissen. Für Alice war es viel mehr; das Zeichen, dass sie ihre letzten Tage erlebte. Für Furien war die Ankunft ihres zugewiesenen Partners der letzte Akt ihres langen Lebens.
Sie hatte das Unvermeidliche einmal herausgezögert, sie hatte ihn in einen Drachen verwandelt, anstatt ihn völlig zu töten, sie hatte sich geweigert ihm zu zeigen, wie sehr er sie berührte. Aber jetzt schien es, als wenn Alice Frieden mit dem Unvermeidlichen machen müsste, denn das Schicksal war ihr jetzt dicht auf den Fersen.
Sie schaute Aeric an, als ihr Auto auf eine wunderschöne Straße fuhr, gesäumt mit großen alten Eichen, jede triefend mit spanischem Moos. Die Häuser waren groß, sprachen von Geld, das bis in die Gründungzeit der Stadt New Orleans zurückreichte. Alice dachte, dass die Stadt eine wunderschöne Kulisse für Aeric machte, ausreichend dramatisch für einen Mann der fast 2m reine Bedrohung war, die mit rauer Sinnlichkeit überzogen war.
Als sie vor dem mehrstöckigen Landgut zum Stehen kamen, wo die Guardians lebten, stiegen alle aus dem schlichten schwarzen SUV. Alice zog an Aerics Hand und zog ihn ein paar Schritte zurück, während die anderen Guardians die Vorderstufen hochliefen.
„Du musst keine Angst haben“, sagte Aeric, das tiefe Rumpeln seiner Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut. „Hier lebe ich zusammen mit den anderen Männern, die dich gerettet haben. Ich erzähle dir bald mehr von den Guardians.“
Er drückte ihre Finger und ließ Alices Herz wild hämmern, ihre Zunge verdrehte sich in ihrem Mund.
„Wo können wir uns unter vier Augen unterhalten?”, fragte sie und ihre Wangen wurden rot. Sie hatte auf ihren Lippen einen kleinen Vorgeschmack auf ihn bekommen, in Pere Mals Gefängnis, und sie verzehrte sich nach mehr. „Ich habe Informationen über Pere Mal.“
Aeric zog eine Augenbraue hoch.
„Woher weißt du, dass die Guardians Pere Mal jagen?“, fragte er neugierig.
„Ich habe alle meine Informationen von Cassie erhalten, ehe sie befreit wurde. Dann als Pere Mal den Schlaffluch auf mich gelegt hat“, sie hielt inne und schauderte, „habe ich von dir geträumt, ich bin dir über die ganze Welt gefolgt und habe deinen Drachen fliegen sehen.“
Aerics Ausdruck war unleserlich. Er drückte wieder ihre Finger und schüttelte sanft den Kopf.
„Wir müssen uns mit dem ganzen Guardian Team treffen, uns besprechen und so viele Informationen wie möglich von dir bekommen. Ich würde sagen, dass du den anderen nichts über …“ er hielt inne und seine Augen zwinkerten, „die Träume erzählst.“
Alice spürte, wie sich ihre Lippen in ein Lächeln verwandelten. So geheimnisvoll, ihr Drache.
„Natürlich“, sagte sie und senkte ihren Kopf.
„Lass mich dir die Gruppe vorstellen. Und dann bekommst du ein wenig geeignetere Kleidung“, sagte er und schaute die dünne weiße Stoffschicht an, die sie trug.
Alice wurde wieder rot, aber mehr vor Lust, als vor Scham. Sie hatte zu lange in diesem Körper gelebt, um ihn zu verstecken, aber es gefiel ihr, dass Aeric sie unter Verschluss halten wollte. Da war sexy an dem Mann, der das begehrte, was er bereits besaß.
Das Landgut selbst war wunderschön, ein echtes Kunstwerk, mit einwandfreiem Design. Das Foyer bot einen luftigen Raum mit mehreren Stockwerken, vollständig mit einem umwerfenden Kristallkronleuchter. Alice folgte Aeric durch den Eingang und in einen büroähnlichen Raum mit einem großen Eichentisch.
Ein bekanntes Gesicht erwartete Alice dort.
„Cassie!”, schrie sie und entdeckte den verräterischen roten Haarschopf ihrer Freundin.
„Oh, Alice!“, sagte Cassie und umschlang Alice. Alice umarmte sie ebenfalls, dann zog sie sich vor Überraschung zurück, als sie den runden Bauch ihrer Freundin spürte.
„Bist du …?“, keuchte Alice.
Cassie wurde rot und nickte lachend.
„Ja. Ein kleines Mädchen, ein Orakel so wie ich.“ Cassies Grinsen war unwiderstehlich.
„Das ist wunderbar! Ich bin so froh dich in Sicherheit zu sehen. Ich konnte dich nicht in der Kristallkugel sehen“, gab Alice zu.
„Ich habe ein wenig hier, und da von dir gehört, aber nicht genug, um dich zu finden. Das tut mir leid“, sagte Cassie und weinte plötzlich. „Oh und ich bin ein wenig emotional in letzter Zeit, wie du sehen kannst.“
„Denk nicht darüber nach”, ermahnte Alice sie. „Alles ist genauso gekommen, wie es sein sollte. Jetzt bin ich ja hier.“
Cassie lachte unter Tränen und nickte. Sie schaute hinüber, wo Aeric und Rhys sich leise unterhielten. Cassie zog eine Augenbraue hoch und war offensichtlich neugierig.
„Ich weiß auch nicht mehr als du“, seufzte Alice. „Ich meine … naja … ich wusste seit Jahrzehnten, dass er existierte, aber ich kannte ihn nicht.”
Sie wurde ein wenig rot bei der Erinnerung des einzigen Weges, wie sie ihn kennengelernt hatte, durch eine lange Reihe von grafischen und sinnlichen Träumen, die an einem Ort passierten, an dem sie noch nie gewesen war, mit einem Mann, den sie bis heute noch nie angefasst hatte …
„Du bist verliebt!“, erklärte Cassie flüsternd und sah empört aus.
„Ich –naja –“. Alice war sich nicht sicher, was sie dazu sagen sollte.
„Hier“, unterbrach Aeric sie und erschien mit einer Wolldecke, die er über Alices Schultern legte. „Ich denke, wir werden gleich mit der Besprechung beginnen.“
„Wir reden später”, sagte Cassie und warf Alice einen bedeutungsvollen Blick zu, ehe sie zu einem großen dunkelhaarigen Mann schlenderte, der ihr einen Kuss auf den Kopf gab.
„Gabriel“, sagte der Mann und gab Alice die Hand. Alice nahm sie und alle Haare auf ihren Armen stellten sich bei dem Kontakt mit ihm auf. Der Mann war eine sehr mächtige Art Magier, das war sicher.
„Nett dich kennenzulernen“, sagte Alice und lächelte darüber, wie er Cassie auf einen Stuhl am Tisch drängte, fürsorglich und besorgt. Alice stimmte ihm von ganzem Herzen zu; Cassie verdiente die Art von Behandlung nach ihrer langen und einsamen Gefangenschaft mit Pere Mal.
Etwas, was Alice selbst nur allzu gut verstand. Zu ihrer Überraschung machte Aeric Gabriels Geste nach und zog sie auf einen Stuhl und vergewisserte sich, dass sie bequem am Tisch saß. Sie zwinkerte ihm zu, als er den anderen deutete, sich hinzusetzen. Dann stellte er die Guardians und ihre Partner vor.
„Das sind Rhys und seine Partnerin Echo. Du kennst Cassie und Gabriel bereits. Asher und Kira runden die Guardians und ihre Partner ab. Und zum Schluss“, sagte Aeric und zeigte auf die stur gesichtige Vodoo Priesterin, die den Stuhl am Kopf des Tisches einnahm. „Mere Marie.“
„Wir kennen uns bereits“, sagte Mere Marie sauer und presste ihre Lippen zusammen. „Es war kurz, aber erinnerungswürdig.“
Mere Marie erinnerte sich an das letzte Mal, als sich ihre Wege gekreuzt hatten, irgendwann in Louisiana.
„Das haben wir”, stimmte Alice zu und neigte ihren Kopf, aber führte es nicht weiter aus, als Aeric eine neugierige Augenbraue hochzog.
„Okay, jetzt wo wir uns alle kennen“, sagte Rhys und überging den Moment. „Ich denke, Alice hat wahrscheinlich ein paar Informationen über Pere Mal, die neuer sind, als die, die wir haben. Ich weiß nicht was mit euch ist Jungs, aber ich würde ihn gerne an die Wand nageln und ich denke, dass kann unser glücklicher Durchbruch sein.“
Alle Augen legten sich auf Alice und sie biss sich auf die Lippe.
„Naja, ich war ja eine Weile außer Gefecht, aber ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass Pere Mals Ziele sich in den letzten Tagen verändert haben. Er sucht nicht mehr nach den drei Lichtern, seit die Guardians … naja in Besitz von ihnen sind, seiner Meinung nach.“
Alice wusste Echos, Cassies und Kiras gemeinsames Augenrollen und Stöhnen zu schätzen.
„Also wonach sucht er jetzt?“, fragte Gabriel und verschränkte seine Arme auf dem Tisch und starrte Alice mit durchdringlichem Blick an.
„Er lässt ein paar exotische Hexen für sich arbeiten, eine Wahrsagerin aus Yoruba.
Sie hat ihn durch die Haufen der Prophezeiungen geführt, die Cassie ihm gegeben hat, und hat herausgesucht, welche ihm in der nächsten Zukunft von Bedeutung sein könnten. Sie haben sozusagen eine kurze Liste von Namen gefunden, wissen aber noch nicht, was sie bedeuten. Oder sie kennen welche, aber haben nicht genug Informationen, um zu handeln.“
„Gibt es irgendeinen Grund, warum Pere Mal so plötzlich seine Meinung geändert hat?“, grübelte Echo. „Seine Verrücktheit schien immer eine Methode gehabt zu haben, aber hier sehe ich keine.“
Alice zögerte und warf Mere Marie einen Blick zu, sie fragte sich, wie viel sie sagen würde. Wie viel wusste die weiße Hexe und wie viel hielt sie vor ihren Angestellten zurück.
„Was wisst ihr über Pere Mals Gründe?“, fragte sie die Gruppe und versuchte die richtige Balance zu finden. So viele Geheimnisse und für jedes gab es Zeit, enthüllt zu werden. Bei Aeric fühlte es sich an, als wenn sie alles sagen konnte, aber die anderen kannte sie noch nicht.
„Macht“, sagte Rhys. „Er will die Stadt beherrschen, vielleicht mehr.”
„Er ist daran interessiert, seine Ahnengeister zu nutzen, um seine Macht und seinen Einfluss wachsen zu lassen“, warf Gabriel ein.
Alice schaute Cassie an, dessen Lippen gedankenvoll verkniffen waren.
„Er will all diese Dinge, das stimmt. Er glaubt, wenn er das Spiel gut genug spielt, dann wird er ganz nach oben kommen, egal wie gefährlich diese Wetteinsätze werden.“
Alice biss sich auf ihre Lippe. „Er hat nicht wirklich die Fäden in der Hand. Er agiert in seinem besten Interesse, aber er hat einen … ich bin nicht sicher, ob Chef das richtige Wort wäre. Meister ist vielleicht das Wort, das dem am nächsten kommt, glaube ich.“
Stille legte sich für ein paar Sekunden in den Raum. Mere Marie und Cassies Ausdruck wichen einem überraschenden Zusammenzucken und Alice erkannte, dass keine der beiden Frauen ein aktuelles oder komplettes Bild von Pere Mals Situation hatte.
„Du sagst also … er dient jetzt jemand anderem?“, fragte Gabriel und stieß einen Finger zum Unterstreichen auf den Tisch.
„Das stimmt“, sagte Alice mit einem Nicken.
„Seit wann?“, fragte Mere Marie, ihr Ton war so scharf wie Glas.
„Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, er hat mehrere Wesen aus dem Jenseits umworben. Einige in seiner Reichweite, wie seine eigenen Ahnengeister. Und einige … weitreichendere Kräfte. Irgendwo auf dem Weg auf dem Drahtseil ist er gestolpert und hat seinen Fokus verloren.“
„Wie kannst du so was wissen?”, keifte Mere Marie. Alice sah einen flüchtigen Moment echter Sorge in den Augen der Hexe, was sie überraschte.
„Ich habe gesehen, wie er mit der Kreatur gesprochen hat. Er hat mich als Botin benutzt, um die Bitten der Kreaturen zu erfüllen. Einmal ist ihm seine Kontrolle entwichen und die Kreatur hat sich selbst in die menschliche Welt gebracht, indem sie eine menschliche Gestalt benutzt hat. Es war …“, Alice schauderte. „Unschön anzusehen.“
Wieder Stille. Alle schienen das in sich aufzunehmen. Asher kam zuerst wieder zu Wort, er schien weniger davon berührt als der Rest. Alice kannte ihn nicht von Adam, aber das große Ungeheuer roch nach einem ehemaligen Militär, einem Soldaten, der mit Schlägen niedergestreckt wurde und wieder schwingend hochkam. Es würde viel mehr brauchen, um Asher von diesem Spiel abzubringen, darauf konnte sie wetten.
„Weißt du nicht, wem er dient?“, fragte Asher.
„Nein.“
„Er hat die Erinnerung aus mir gelöscht, kurz, nachdem es passiert ist”, sagte Alice.
Aeric machte ein Geräusch in seiner Kehle und Alice nahm seine Hand unter dem Tisch. Dieser einfache Kontakt stärkte sie.
„Ah“, sagte Cassie und nickte. “Willst du, dass ich es von dir nehme?”
Alice zwang sich zu einem Lächeln darüber, wie ihre Freundin wusste, was sie damit sagen wollte. Alle anderen sahen ein wenig verwirrt aus.
„Das Orakel hat viele Verwendungen“, war alles, was Cassie als Antwort zu ihren erhobenen Augenbrauen sagte.
Sie zeigte auf Alices Hand. Alices lies Aerics Finger los, sie wollte seine Erinnerung nicht mit ihren eigenen in Cassies Gedanken vermischen. Orakel arbeiteten auf mysteriöse Weisen. Sie nahm Cassies Hand und wartete. Cassie dagegen schloss nur ihre Augen und brummte unter ihrem Atem. Nach ein paar Momenten an Konzentrationen grinste Cassie.
„Kieran Kellan … und Ephraim?”, sagte sie und sprach das Wort ef-rem in einem weichen, ausländischen Akzent aus. „Ich bin mir nicht sicher, ob das ein oder zwei Namen sind, aber ich habe einen Blick auf die Jagd von Pere Mal bekommen. Er ist schon eine Persönlichkeit … und sehr gut aussehend.“
Nach einem sanften Knurren von Gabriel, lies Cassie Alices Hand los und drückte entschuldigend die Hand ihres Partners.
„Ich mache keine Prophezeiungen“, antwortete sie scharf. „Ich sage nur, wie es ist.“
„Ich denke, das ist genug für jetzt“, sagte Gabriel mit einem finsteren Blick auf Cassie. „Du solltest dich ausruhen.“
Cassie rollte mit den Augen, aber eher amüsiert, als genervt.
„Alice, ich bin schon seit den frühen Morgenstunden wach, mit einem Baby, das mich die ganze Zeit tritt, also ich denke, ich werde seinen Rat annehmen. Wir sprechen uns später, okay?“
Alice stand auf und umarmte ihre Freundin, als die Gruppe sich teilte, jeder ging mit seinem Partner außer Mere Marie. Die Hexe stand mit einem entschlossenen Blick auf, und Alice war froh, dass sie nicht die Abnehmerin von Mere Maries Aufmerksamkeit war.
Dann waren nur noch Alice, Aeric und eine schelmisch aussehende schwarze Katze im Raum. Alice legte ihren Kopf zurück, um zu Aeric hochzuschauen, der irgendeinen inneren Kampf mit sich führte. Seine Hände waren zusammengeballt, seine Haltung angespannt und sein Kiefer zusammengepresst.
Sofort verstand Alice. Drachen waren einsame Kreaturen, dennoch war er hier mit einer weiteren Person, die sein Interesse geweckt hatte. Jede Berührung, jeder Blick warf Funken zwischen ihnen auf, ihre Chemie war so unleugbar. Aber als die geheimnisvolle Kreatur die er war, war Aeric zwischen seinen Fantasien und sich selbst sicher davon getrennt zu halten hin und hergerissen. Alice wusste nicht viel über Drachen, die Partnerinnen nahmen, aber sie nahm an, dass es eine recht ernste Angelegenheit war. Wenn er es so lange ohne persönliche Verbindung ausgehalten hatte, dann machte es Sinn, dass er es verabscheute sich zu verwandeln.
„Aeric“, sagte sie und nahm seine Hand.
Er zog eine Augenbraue hoch, sein Ausdruck entspannte sich nur wenig.
„Wir müssen jetzt keine Entscheidungen treffen, irgendwas Drastisches zu tun“, sagte Alice und ließ es sich so schlicht anhören, wie sie konnte. „Bring mich einfach ins Bett.“
Seine Augen zwinkerten mit goldenen Funken, Drachen und Mann befanden sich in einem Whirlpool der Lust.
„Bist du sicher?“, fragte er und seine Fäuste drückten sich fest aneinander, sodass seine Fingerknöchel weiß wurden.
„Das ist das Einzige, wobei ich mir sicher bin”, sagte Alice mit einem weichen Lächeln.
Es war wahrer als sie sagen konnte, wissend, dass dies das Ende ihres Lebens war, wollte sie nichts mehr als dem Mann nahe sein, den sie schon so viele Jahrhunderte haben wollte. Er stand nah bei ihr, seine Augen glänzten vor Begierde, ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. Aeric war mehr Versuchung, als sie widerstehen konnte. Welchen Grund hatte sie an diesem Punkt, ihm zu widerstehen?
Alice zog an seinen Fingern und er wankte. Aeric zog sie in seine Arme, alles warme und straffe Muskeln unter ihren Fingerspitzen. Er streifte seine Lippen über ihre, zuerst sanft, dann küsste er sie hart. Als sie sich atemlos voneinander lösten, gab er ihr ein schiefes Lächeln.
„Komm“, sagte er und zog sie in Richtung Foyer.
Alice kam, nur zu gewillt die kleinen Annehmlichkeiten zu entdecken, in ihrem letzten und bedeutungsvollsten Kapitel.