„So sieht also ein Fae Bordell aus”, sagte Alice und neigte ihren Kopf.
Sie waren gerade in eines der am dekadentesten dekorierten Zimmer getreten, die Alice jemals gesehen hatte, alles rote Damastvorhänge und glänzendes schwarzes Holz und glitzernde Goldstücke hier und da. Zwar gab es dezentes elektrisches Licht, aber der größte Teil des Raumes wurde von eleganten Kronleuchtern beleuchtet. Mit luxuriösem Teppich und zwei Butlern, welche die Mäntel und Mitgliedskarten an der Tür überprüften, schien das alles ein wenig übertrieben. Und das kam von Alice, die während der glänzenden Heldenzeit des alten Roms gelebt hatte.
„Danke für die Kundschaft“, murmelte einer der Butler und gab die silbermetallene Mitgliedskarte zurück, die Echo hergestellt hatte, um ihnen Eintritt zu gewährleisten. Rhys nahm Echos Arm und drängte sie weiter und Alice lächelte, als Aeric dasselbe bei ihr machte. Asher und Gabriel waren direkt hinter ihnen Cassie und Kira waren zu Hause geblieben.
Die Guardians waren alle gut gekleidet, in Anzügen und Cocktailkleidern. Aeric fühlte sich unwohl mit seinem Armani Anzug und zog immer wieder an seiner Krawatte. Dennoch stand er ihm wirklich gut. Er sah aus wie James Bond, wenn er am Brutalsten war und Alice konnte wirklich nicht warten, bis der Abend vorbei war, sodass sie ihm Stück für Stück den Anzug ausziehen konnte.
Er zog eine Augenbraue hoch, als er sie erwischte, wie sie ihn beobachtete. Sie grinste und zuckte mit den Schultern; er hatte sich den ganzen Abend ihr schwarzes, enges Spitzenkleid angeschaut und ihren Po in ihren roten High Heels betrachtet. Fair war immerhin fair.
„Hier lang, bitte.” Eine schöne, zierliche Asiatin in einem hautengen Kleid aus Silberperlen warf ihnen ein höfliches Lächeln zu und erklärte die Hausregeln, während sie sie durch das Foyer begleitete. „Madam White hat ein paar Regeln, die beachtet werden müssen. Keinen Streit, nichts mitnehmen, was nicht Ihnen gehört und nicht respektlos gegenüber den Angestellten sein. Das ist ein Haus der Freude und ein Ort für Geschäfte. Ich vertraue darauf, dass das kein Problem sein wird.“
Ihr angespanntes Lächeln sagte, dass sie ihnen überhaupt nicht traute und Alice lachte beinahe. Sie erreichten ein paar goldglänzende Doppeltüren, die mit undurchschaubaren Zaubersprüchen geätzt waren.
„Tretet ein“, sagte die Hostess.
Sie zog eine der Türen auf und trat zurück, um sie eintreten zu lassen.
Alice unterdrückte ein Kichern, als sie hineinsah; Es war eine Szene aus einer viktorianischen Opiumhöhle. Männer und Frauen lagen auf weichen Samtkissen, nippten an Drinks an einer glänzenden Messingbar und ein paar rothaarige Zwillinge tanzten miteinander zu langsamer Jazzmusik, die auf einem großen Klavier gespielt wurde.
Es gab eine fast nackte Schlangenfrau, die in einer Ecke auftrat und die langsam ihr Bein über ihren Kopf hob und in der Luft zurückfiel, um einen Spagat in der Luft zu machen und sich dabei langsam zu bewegen. Mehrere dunkel bekleidete Männer saßen in einem Kreis aus Leder-Armstühlen um sie herum und beobachteten jede Bewegung mit großem Interesse.
Das Einzige was völlig fehl am Platz schien, war ein polierter Flachbildschirm am Ende der Bar. Ein Footballspiel lief und Alice erkannte die Schwarzgoldende Fleur de Lis, welche das New Orleans Footballteam darstellte. Ein gutes Zeichen, wenn Ciprians Informationen über Kieran Kellan für etwas gut waren.
Alice spürte den neugierigen Blick der Stammkunden für ein paar Momente, aber es gab keine Unterbrechung in der Unterhaltung.
„Wollt ihr heute Nacht eine Begleitung haben?“, fragte die Hostess Rhys, der sie düster anschaute.
„Naa”, sagte er. „Wir sind nur für einen Drink hier, sonst nichts.”
„Wie ihr wollt.“
Sie führte sie zur Bar und ging eine lange Reihe unbesetzter Stühle entlang. Sobald sie saßen, ging sie zur Bar und winkte jemandem, der außer Sichtweite hinter einem glitzernden Vorhang aus Silberperlen stand.
Alice akzeptierte ein Glas Wasser von der Hostess und lehnte sich zu Aeric.
„Kannst du Auras lesen?“, flüsterte sie.
„Nur ein wenig”, gab er zu. „Warum, ist dir was ausgefallen?“
„Wer immer da hinter dem Vorgang ist, ist sehr sehr mächtig“, sagte sie und neigte ihren Kopf in den hinteren Teil des Zimmers. „Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, das ist unser Mann. Oder jemand, der weiß, wo er ist.“
Der mysteriöse Mann nahm dies als eine Art Stichwort, er kam hinter der Bar hervor. Kieran war unverwechselbar, sein silberblondes Haar, grüne Augen und der wilde stolzierende Gang waren noch schockierender in Person, als auf den Fotos, die Alice gesehen hatte. Alice und Echo schauten ihm in die Augen und machten ein merkwürdiges Gesicht. Kieran war viel zu gut aussehend.
Aerics Finger landeten auf ihrem Schenkel und ließen sie zusammenzucken.
„Tut mir leid“, sagte Alice. „Er ist – ich weiß nicht … es ist verwirrend!“
„Es ist Fae Magie”, stimmte Gabriel an. „Sie nutzen den Zauber, um Menschen anzuziehen, so wie sie es wollen. Viele von ihnen können nicht anders, aber unser Mann hier scheint die Lautstärke voll hochgedreht zu haben. Kein Wunder, dass er alle Damen hier verzaubert, an sich zieht und dazu bringt, niemandem ein Wort über ihn zu sagen.“
„Kein schlechter Plan“, sagte Asher, wie immer praktisch.
„Naja … und jetzt was?“, fragte Echo. „Machen wir einfach –“
Rhys schnitt ihr das Wort ab.
„Ey!“, rief Rhys Kieran zu. „Ein Wort?“
Kieran richtete diesen verwirrenden smaragdfarbenen Blick auf sie alle, dachte einen Moment nach und kam dann herüber. Sogar sein Gang war großspurig und übertrieben maskulin, es war lächerlich.
„Brauchst du einen Drink?”, fragte er, sein irischer Akzent war hell und lyrisch.
„Ein Pint für alle“, sagte Rhys und schaute den Mann von oben bis unten an.
„Recht so“, sagte Kieran und ging zu einem vergoldeten Bierzapfhahn und füllte Glas über Glas mit der amberfarbenen Flüssigkeit. „Das ist Fae Honigwein, also immer vorsichtig damit, ja? Er kann euch überraschen.“
„Du bist schwer zu finden“, sagte Rhys, nachdem er den ersten Schluck genommen hatte und das Pint Glas wieder auf die Bartheke stellte.
Kieran hielt in seiner Arbeit inne und drehte sich dann mit einem neugierigen Blick um.
„Ich bin niemand”, sagte Kieran. „Nur ein Barkeeper mein Freund.“
„Ich glaube nicht“, warf Gabriel ein. „Du bist –“
„Na, na, na“, sagte Kieran und stellte schwungvoll ein Bierglas vor Gabriel. „Keine Notwendigkeit für all das. Namen haben hier viel Macht, wenn ihr versteht, was ich meine.“
So wie er sich im Raum umsah, ruhig aber dennoch argwöhnisch, glaubte Alice, dass es vielleicht einen Zauber gab, der mit dem Wort Kieran der Graue aktiviert wurde.
„Ich verstehe“, sagte Gabriel.
Kieran schüttelte seinen Kopf und drehte sich um und goss den Rest der Getränke stumm ein.
„Noch etwas?“, fragte er und nahm ein Bartuch und legte es sich über die Schulter. Seine Nachahmung eines Barkeepers war ziemlich perfekt.
„Ja. Was ist mit dem Namen Pere Mal?”, fragte Asher und kam direkt auf den Punkt.
„Ich glaube, du bist nicht mehr interessiert daran, von ihm erwischt zu werden, als wir. Wir könnten uns gegenseitig helfen.“
„Und wer seid ihr alle?“, fragte Kieran und schwang seine Fingerspitze.
„Alpha Guardians.“
„Ahhh, die Schützer der Stadt.” Er grinste. „Ich verstehe. Naja es tut mir leid, aber bin nicht daran interessiert, beschützt zu werden. Mir geht es hier gut, wie ihr sehen könnt. Ihr geht besser und zieht nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf euch, hm?“
„Wenn du von Pere Mal besiegt wirst, werden wir größere Probleme haben, als zu versuchen, die Stadt zu beschützen“, warf Rhys ein, aber ein Handgemenge in einer Ecke des Raumes zog die Aufmerksamkeit auf alle.
Die goldenen Doppeltüren schwangen auf und beide Butler kamen mit fuchtelnden Händen in der Luft hinein. Hinter ihnen kamen zwei dunkel gekleidete Schlägertypen ins Zimmer.
„Wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er“, witzelte Kieran. „Seht ihr, was ihr getan habt?“
„Geht hinter die Bar“, sagte Aeric und griff Alice und Echo und schubste sie beide.
Die Guardians nahmen die Angriffposition ein, aber sie wurden schnell überwältigt. Ein Paar Beistehende versuchten den Einmarsch abzuwenden, aber einer von Pere Mals Männern zog eine Waffe und schoss einen Kunden in die Brust. Die Gäste wichen an die Wand zurück und versuchten zu fliehen und die Guardians waren das Einzige zwischen Kieran und einer sicheren Gefangenenschaft.
Kieran überraschte Alice, indem er sich an ihr und Echo vorbeidrückte und sich mit ganzem Herzen in den Kampf stürzte. Der Faerie war riesig, ein paar Meter größer noch als ihre eigenen Leute und er kämpfte mit Vergnügen. Noch mehr böse Männer in Anzügen kamen herein und verlängerten den Kampf, drückten Kieran und die Guardians zurück und immer weiter zurück, bis sie fast an die Bartheke gedrückt standen.
Dann warf Gabriel irgendeine Art blendenden Zauber in den Raum, der die Hälfte der bösen Männer ausschaltete, Kieran folgte mit einem knisternden Fluch, der wie helles Gold blitzte. Die Richtung drehte sich und schon bald war der Boden mit Toten und bewusstlosen Handlangern übersät.
„Eine gute Rauferei am Spieltag gefällt mir immer”, sagte er. „Besonders wenn unsere Männer nicht gewinnen.“
„Kommst du dann mit uns mit? Schau das blöde Spiel doch in Sicherheit an“, knurrte Rhys den Faerie an.
„Oh, wenn das so einfach wäre. Am besten ist es alle zu beseitigen. Es wird bald noch mehr geben.“
„Welche anderen?“, wollte Aeric wissen.
„Scheint so, als wenn Kieran herumgeschnüffelt hat und seine Nase in Dinge gesteckt hat, die ihn nichts angehen“, sagte er mit dramatischem Augenrollen. „Es wird noch weitere geben.“
„Warte … bist du nicht Kieran?“, fragte Alice verwirrt.
Der Mann zwinkerte ihr zu.
„Um Gottes willen, nein“, sagte er.
Und dann in einem unvergesslichen Moment von völliger Irrealität kam ein perfektes Double des Mannes in den Raum und schaute sich stirnrunzelnd den Boden an.
„War Pere Mal hier?“, fragte der zweite Kieran.
„Wo warst du, Bruder?”, fragte der Erste.
„Bruder?“, wiederholte Echo mit weit aufgerissenen Augen. „Oh Gott, es gibt zwei von euch?“
Beide Männer drehten sich mit demselben weiten, haarsträubenden Grinsen um.
„Hey“, sagten sie gleichzeitig.
„Schluss damit“, knurrte Gabriel. Er hob eine Waffe und schoss auf beide und brachte Alice damit zum Quietschen. Beide Männer fielen im Stehen wie Steine um, ihr Gesichtsausdruck ging in Sekunden von rebellisch zu schlaff.
„Was zur Hölle“, riefen Alice und Echo.
„Es ist nur ein Beruhigungsmittel”, sagte Gabriel. „Nur zu Transportzwecken. Wir können es uns nicht leisten, diese Idioten herumlaufen und sich erwischen zu lassen. Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.“
„Dann lass uns sie rausbringen“, sagte Rhys. Die vier Guardians nahmen jeder ein Ende eines bewusstlosen Faeries und ließen Alice und Echo über den mit Körpern bedeckten Bordellboden hinterherlaufen.
„Das hat auf jeden Fall meine Erwartungen noch übertroffen“, flüsterte Echo und brachte Alice zum Kichern.
Alices Gedanken waren derweil schon weitergewandert. Sie bewunderte Aerics Hintern ganz offen, während er vor ihr ging und einen der Zwillinge trug. Das war wirklich ein Abenteuer gewesen.
Aber sie war sich ziemlich sicher, dass noch ein viel Größeres auf dem Landgut auf sie wartete … im Schlafzimmer.
Sie leckte sich über ihre Lippen und folgte ihrem Partner.