Schlachtensplitter 9
Im Süden des Klingentals. Auf der Roten Ebene.
Dichter Regen fällt. Der Chaos-Hexer läuft davon und ich folge ihm. Er hat seine Zauber aufgebraucht. Das hoffe ich zumindest. Aber warum sonst sollte er vor mir fliehen? Während ich renne, bedauere ich, dass ich so weit weg bin vom gewundenen Turm. Ein ganzes Heer von Chaos-Kreaturen hat der Turmmeister soeben ausgelöscht. Ich und die anderen sammeln nun die verstreuten Reste ein. Scheinbar haben wir die Überhand.
Aber andererseits sind wir noch ganz im Süden des Klingentals. Wer weiß schon, was noch kommen wird. Ich muss die Ausdauer meiner Beute bewundern. Ich hab ihn bereits am Bein verletzt. Trotzdem rennt er immer weiter. Er gibt nicht auf, hängt an seinem Leben. Für ihn ist es wohl fast so, als würde es eine Rolle spielen. Ich glaube, die Chaos-Kreaturen wissen es nicht. Wissen nicht, dass auf der Roten Ebene alles stets von vorn beginnt. Dass wir verflucht sind in alle Ewigkeit. Andererseits, was macht es für ein Unterschied?
Ich weiß es und kann trotzdem nicht anders handeln, als ich es tue. Bis jetzt habe ich meine Hast noch nicht aktiviert. Es würde meine Jagd zu einfach machen. Allein dieser Gedanke schon zeigt, was die Ewigkeit mit meinem Geist anrichtet. Kannst du mir folgen? Egal, auf jeden Fall ich kann dem Hexer folgen. Ich folge ihm zu einem roten Findling, er stellt sich mir, grotesk gewachsen sein Gesicht. Von Chaos-Magie pervertierte Züge, ein ekelhaftes Eitergeschwür an der linken Schläfe. Ich suche eine andere Waffe. Schaue mich um unter den toten Kriegern. Sie liegen überall. irgendwie widerstrebt es mir, mein gutes Schwert in einer solch ekelhaften Kreatur zu versenken. Tatsächlich aber habe ich Pech, ja ich bin umgeben von toten Kriegern und toten Chaos-Kreaturen, aber nirgendwo ist eine brauchbare Waffe zu finden. Trotzdem stecke ich meine Klinge weg, hebe einen Stein auf. Der Hexer hebt die Hände in eine abwehrenden Geste, seine Augen weiten sich vor Entsetzen, er ist nicht in der Lage seiner Geste eine Tat folgen zu lassen. Es ist einfach ihm, den Schädel zu zerschmettern Eine hässliche Arbeit, aber jemand muss sie machen.
Als ich fertig bin, lasse ich mir vom Regen die Hände sauber waschen. Der Regen hat kühle Luft von der Schlangensee im Westen mitgebracht. Ich mag den Regen. Hier auf der Roten Ebene regnet es viel zu selten. Meine Hände sind jetzt sauber und ich betrachte die zerschmetterte Kreatur zu meinen Füßen. Er sieht aus wie die meisten anderen. Diejenigen Chaos-Kreaturen, die Menschen ähneln, tragen zumeist schwarze Roben. So auch dieser. Ich durchsuche ihn, was ich selten tue, weil ich weiß, dass ich nichts finden werde. Nichts, was dabei hilft, das Rätsel zu lösen. Nichts, was mir sagt, wer dieser Mann einmal war. So ist es auch jetzt.
Der violette Schimmer von Chaosmagie geht von ihm aus, mit einem Hauch von Giftgrün. Der Schimmer wird schwächer, ich erhebe mich, gehe weiter. Nun ziehe ich wieder mein Schwert, nehme den Schild vom Rücken. In den Regenwolken leuchtet Feuerschein, die Drachen sind wieder unterwegs. Halb gehe ich, halb klettere ich durch ein Geröllfeld. Roter Stein, vom Regen nass und glitschig. Ich muss aufpassen, es wird unwegsam. Ich muss mich konzentrieren, ja, und bald schon kann ich mir selbst dabei zusehen, wie ich mich durchs Klingental bewege.
Eine Spielfigur auf einer Bühne. Geistlos, damit beschäftigt, immer wieder die gleichen Handlungen zu wiederholen. Lange dachte ich, der Turmmeister wäre die treibende Kraft hinter allem. Er oder sein Gegenspieler im Norden, der Herr des Tores Gaarth, das die Chaos-Kreaturen ausspuckt. Aber inzwischen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Ich verlasse das Geröllfeld, habe es durchquert, die Aufgabe gemeistert. Und dort steht Sinara Finsterblick, die Stute des Eromonos. Eine junge Frau mit gespaltenem Kinn und schwarzen Haaren. Sie trägt eine Rüstung aus geschwärzter Bronze und ein Zweihandschwert.
Sie sieht kurz in meine Richtung, aber sie hat wohl kein Interesse an mir. Sie mustert mich ein Moment länger, dann dreht sie sich um. Sie geht weg, nach Nordosten. Sie tut das auf eine Weise, die mich glauben lässt, dort gäbe es etwas von Interesse. Ich folge ihrer schlanken Gestalt. Mit einem Mal erfüllt das Kreischen von Chaos-Kreaturen die Luft, Straußentreter und Gehörnte. Plötzlich Magie, ein greller Blitz löst sich aus dem Stirnreif, den Sinara Finsterblick trägt.
Eine unsichtbare Kraft zwingt mich, die Augen fest zu schließen. Als ich sie wieder öffne, hat das Gemetzel begonnen. Sinara Finsterblick kämpft alleine mit ihrem Zwei-Handschwert gegen unzählige Gegner. Ihr sicherer Tod sollte man meinen, doch der Blitz hat sie geblendet, die Chaos-Kreaturen. Sie können Sinara nicht sehen. Ohne Pause tut ihre große Klinge ihr blutiges Werk. Tote und verletzte Straußentreter, geköpfte Gehörnte wohin man blickt. Ich könnte ihr jetzt helfen, aber ich genieße das Schauspiel.
Sie bewegt sich geschickt. Geschickt und unermüdlich. Bald schimmert ihre Bronze-Rüstung feucht und rot. Es sind viele Chaos-Kreaturen, deshalb muss sie ihren Stirnreif ein weiteres Mal einsetzen. Kurz sehe ich über die Schlacht hinweg, über diesen ungleichen Kampf, dieses Gemetzel. Eine Einheit Skelette kommt näher, von Norden her vom Tore Gaarth. Jetzt beschließe ich einzugreifen. Hastig umrunde ich den Ort, an dem Sinara Finsterblick kämpft. Ich will ihr nicht in die Quere kommen. Ich fange die Skelette ab, stelle mich ihnen. Ich teile Hiebe aus. Mechanisch. Ebenso mechanisch nutze ich meinen Schild oder pariere Klingen mit meiner eigenen.
Rings um mich herum fallen die Skelette, unheilig belebt von Chaosmagie. Nicht ihr Aussehen macht sie unheimlich. Es ist das Fehlen von Schmerz und Leidenschaft. Das Fehlen von Angst von Seele. Selbst der bösartigste Grubenhund hat einen Geist, belebte Skelette nicht. Ich mache die Hälfte von ihnen nieder, ziehe mir ein paar kleinere Schnitte dabei zu. Dann ist Sinara Finsterblick bei mir, den Rest erledigen wir zu zweit.
Sie schafft mehr als ich, aber das ist kein Wunder, sie hat ja auch das größere Schwert. Ich für meinen Teil möchte aber zugunsten eines Zweihänders nicht auf meinen Schild verzichten. Sinara scheint solche Bedenken nicht zu kennen. Als wir mit den Skeletten fertig sind, würdigt sie mich keines Blicks. Wieder schlägt sie ihren Kurs nach Nordosten ein. Die Art, in der sie sich so zielgerichtet bewegt, schlägt mich in ihren Bann. Nicht, weil ihre Bewegungen so anmutig wären. Okay, ich meine, das sind sie, aber da ist mehr, als mich an ihrer Schönheit zu erfreuen, der sie selbst kaum eine Bedeutung beimisst. Mehr als das will ich wissen, wo sie hin möchte.
Es gibt nichts im Klingental, nichts als Felshänge rechts und links, im Westen und im Osten. Nichts als diese und Geröllfelder und Findlinge und Monolithen, alle im eintönigen Rot der Roten Ebene. Ich will nicht, dass sie sich belästigt fühlt, also folge ich ihr in zwei Dutzend Schritten Abstand. Ihr scheint es egal zu sein, sie nimmt mich kaum wahr. Bin für sie nur ein weiterer austauschbarer Blaurock. Das Klingental ist eng an dieser Stelle. Bis auf fünf Schritt rücken hier die Felswände aneinander. Die ideale Stelle für einen Überfall. Und so kommt es dann auch.
Plötzlich überall Tiermenschen, Schakalmänner, Leopardenfrauen, Wolflinge. Ein Schakalweibchen - Sie vollführt mit ihren Pfoten hinten magische Gesten, die Aura breitet sich aus, überträgt sich auf die anderen Tiermenschen. Sie macht sie für den Kampf bereit, macht sie schneller, stärker, widerstandsfähiger. Obwohl ich großes Vertrauen in meine Rüstung habe, aktiviere ich meine Steinhaut. Sollte die Rüstung mich im Stich lassen, dann wird sie den meisten Schaden von mir fernhalten.
Klingen und Pfeile dringen manchmal durch, Krallen und Reißzähne eher nicht, der Kampf beginnt. Die erste Welle erledigt Sinara Finsterblick mit einem Blitzschlag. Blau zuckende und weit verästelte Energie schießt aus ihren Fingerspitzen. Es riecht nach verbranntem Fell und nach verbrannter Haut. Die Tiermenschen kreischen widerlich. Nicht nur die, die sie gerade mit dem Blitz erledigt hat. Auch die anderen. Sie sind erbost. Ihnen gefällt nicht, was Sinara gerade getan hat. Würde mir auch nicht gefallen. Ich stürme neben sie. Dabei halte ich natürlich genug Abstand zu ihr, damit sie ihre große Klinge schwingen kann. Und das tut sie. Ich versuche mitzuzählen, wer von uns mehr von den Chaos-Bestien erledigt.
Aber es ist am Ende egal, wie alles auf der Roten Ebene. Daran erinnere ich mich wieder, also lass ich es bald sein. Der Kampf dauert eine ganze Weile. Gegen Ende hin wird meine Steinhaut schwächer. Ich bemerke es nicht und werde in den linken Unterarm gebissen. Keine Ahnung, wie die Löwin das geschafft hat. Muss meinen Schild ungünstig gehalten haben. Wir bringen den Kampf zu Ende, Sinara und ich, und ich trinke einen Heiltrank. Der Schmerz in meinem Arm vergeht, die Wunde schließt sich, Blut bleibt zurück. Ich muss ausruhen, setze mich auf ein Felsen, betrachte unser blutiges Werk.
Sinara hat nicht vor zu ruhen, sie beachtet mich nicht, geht einfach weiter und ich lasse sie ziehen. Es war spannend, sie eine Weile aus der Nähe beobachten zu können, aber es nutzt sich ab, wie ein Lied, das man einmal zu oft gesungen hat. Plötzlich weiß ich nicht mehr, warum ich ihre Nähe überhaupt gesucht habe. Sie durchquert die Engstelle, die wir uns gerade freigekämpft haben.
Ich seufze. Das sollte ich wohl besser auch tun. Also folge ich ihr doch, aber nachdem ich die Passage durchquert habe, setze ich mich wieder auf einen Stein, auf einen anderen.
In etwa einhundert Metern Entfernung sehe ich einen Würger und einen Gehörnten. Ich weiß, dass sie mich auch sehen, aber noch kommen sie nicht näher. Ich bleibe einfach sitzen, behalte sie aber im Auge. Eine Horde Guhle und ein Großknüppler gesellen sich zu ihnen. Dort, wo sie stehen, ist das Klingental deutlich breiter. Irgendwann ziehen sie nach Osten hinab. Bestimmt haben sie dort eine lohnendere Beute entdeckt als mich. Eine Weile sinniere ich noch über die Hütte von gestern nach. Ich begreife immer noch nicht, was da passiert ist. Hinter mir aus Richtung der Engstelle höre ich Schritte. Ein junger Blaurock ist dort. Er kommt auf mich zu. Wie ich trägt er Schwert und Schild.
Ich esse ein Stück Wargschnauze. Als ich mit Kauen fertig bin und geschluckt habe, steht er vor mir. Er sagt mir einen Namen, den ich mir nicht merken werde. Er hat gekämpft, aber mit seiner Stupsnase sieht er überhaupt nicht aus wie ein Krieger. Ich weiß aber, dass solche Eindrücke täuschen können, tun sie fast immer. Magie liegt in der Luft. Sie flirrt, hat diesen violetten Schimmer. Nein, nicht einer, es sind gleich Knochenbären. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht hat der Herr des Tores Gaarth sie aber auch direkt zu uns gescheckt.
Ich beschließe, die zweite Variante als richtig anzunehmen. So kann ich mir ein wenig wichtig vorkommen. Erneut seufze ich und stehe auf von dem Felsen, auf dem ich saß. Ich nicke der Stupsnase zu, ziehe mein Schwert. Wenige Minuten später sind die Knochenbären tot und die Stupsnase auch.
Knochige Krallen haben tiefe Furchen in seinen Brustkorb gegraben. Auch meine Rüstung hat jetzt Risse. Im Süden feuern unsere Katapulte. Die meisten der Geschosse fliegen hoch über meinen Kopf hinweg. Eines schlägt in der Nähe ein. Es prallt gegen die östliche Felswand. Zersplittert. Ein Steinschlag ist das Resultat.
Das Poltern erschüttert den Boden, mir wird ein wenig schwindelig. Der Regen hat das Gesicht von Stupsnase sauber gewaschen. Auch das Blut, das aus seinen Wunden fließt, wie er da tot am Boden liegt, wird sofort verdünnt, ich kann die Knochen hindurch schimmern sehen. Gänsehaut, ich kann spüren, wie seine Seele aufsteigt und nach Süden fliegt. Zurück zum gewundenen Turm. Morgen wird er wieder kämpfen. Ich stehe auf. Nicht weil ich will, sondern weil ich sollte. Besser wär's. Schwarzhäutige Orks, die meisten von ihnen mit Speeren bewaffnet, tauchen auf.
Zwei Dutzend. Die gelben Augen funkeln mich hasserfüllt an. Die Münder öffnen sich zu wilden Kriegsschreien. Speichel fliegt. Ich aktiviere meine Hast und erneut meine Steinhaut. Bin bald mitten unter ihnen, schlage nach links und schlage nach rechts. Mein Schild erzittert unter ihren Angriffen. Splitter davon fliegen durch die Luft. Bald kann ich stinkendes Orkblut riechen. Einer, ein schneller, springt mir in den Rücken, drückt mich nieder. Ich spüre zwei Lanzenstiche, die aber von meiner Rüstung und der Steinhaut abgehalten werden. Ich will wieder aufstehen, aber meine Muskeln versagen. Der Ork auf meinem Rücken ist schwer und irgendwie bin ich so früh am Tag schon müde.
Ich beschwöre meinen Himmelszorn, spüre, wie die ohnehin schon dichten Wolken sich weiter verdunkeln. Dann regnet es nicht mehr, dann hagelt es. Speere aus Eis. Orks schreien in Panik. Auch ich habe Angst, von meinen eigenen Eisspeeren durchbohrt zu werden. Aber der Ork hängt über mir. Ich habe eine Rüstung und meine Steinhaut ist noch aktiv. Ich rechne mir gute Chancen aus, diese Sache zu überleben. Und am Ende habe ich recht. Als es vorbei ist, schaffe ich es wieder auf meine Füße. Meine Muskeln zittern überall am ganzen Leib. Nur noch drei der Orks sind auf den Beinen. Und als sie sehen, dass ich näher komme, suchen sie das Weite. Ich lasse meine Klinge fallen.
Werfe einen Speer. Er bohrt sich in den Rücken des langsamsten der drei Orks. Nicht, dass so ein Handeln etwas an der Gesamtsituation geändert hätte. Aber wenn sich eine Chance bietet, handelt man, nicht wahr?
Am südlichen Rand des kleinen Schlachtfeldes um mich herum sehe ich einen blauen Wappenrock. Eine Frau. Offenbar wollte sie mir zur Hilfe eilen. Gleich zwei nun schmelzende Eisspeere haben sie durchbohrt. Naja, so etwas passiert. Einer der Eisspeere hat von oben ihrer Schulter durchbohrt, der zweite den Schädel direkt am Scheitelpunkt. Es ging schnell, das denke ich zumindest. Sie hat es für heute hinter sich und das ist nicht schlimm, denn morgen wird sie wieder kämpfen, auf der Roten Ebene. Ich nehme mir ihre Heiltränke mit, schütte einen davon sofort in mich hinein. So angenehm und erhebend der Effekt auch ist, es fühlt sich wirklich gut an, aber dennoch habe ich dieses Gefühl schon unzählige Male erlebt. Es langweilt mich. Eine ganze Weile bleibe ich einfach im Regen stehen, solange bis all das Blut von mir und meiner Rüstung abgewaschen ist.
Ganz wird man das nie los. Blassrote Rinnsale laufen noch immer an mir herab, während ich weiter nach Norden gehe. Am Himmel wieder Feuerschein. Diesmal ist es einer der weißen Drachen des Turmmeisters, der fällt. Es sieht so grotesk und falsch aus, wenn diese Kreaturen tot vom Himmel fallen. Brennende Harpyen haben eine gewisse Ästhetik, finde ich. Naja, es ist ohnehin einige Meilen nördlich von mir, wo der Drache ist. Vielleicht werde ich ihn heute aus der Nähe betrachten können.
Wind kommt jetzt von Norden her, treibt mir den Regen ins Gesicht und bringt den Geruch von Chaosmagie mit sich. Ich schreite weiter durchs Klingental, gehe nach Norden, gehe dem Chaosgeruch entgegen. Ich komme zu einem Tal im Tal. Es geht tief hinunter und dort unten, dort liegt der abgestürzte weiße Drache. Eine Schlacht ist um den riesigen, toten Leib herum entbrannt. Ich kann es von oben sehen, das Blitzen von Klingen und das Leuchten von Magie. Alle möglichen Chaoskreaturen sind dort.
Die Untoten, die Tierischen, die Orks, die korrumpierten Menschen, alle, sogar dunkle Schlachtenpriester und Blauröcke aller Art. Oh ja, von oben und aus der Entfernung betrachtet sieht es grausartig aus. Ein lebendiges Kunstwerk. Offenbar habe ich es viel länger betrachtet, als mir bewusst gewesen ist. Als ich mich sattgesehen habe und mich umdrehe, stelle ich fest, dass Blauröcke an mir vorbeilaufen. Nicht eine Handvoll und nicht ein oder zwei Dutzend. Es ist ein riesiger Tross von Kriegern und Kriegerinnen. Ich betrachte sie in einigem Abstand. Einer aus dem Tross, einer mit blauem Umhang und in Plattenrüstung entdeckt mich.
Er kommt auf mich zu. Nein , denke ich. Nein, ich will nicht . Es ist ein Paladin. Motivation geht von ihm aus. Kraft, der Glaube an einen endgültigen Sieg. Nein, mach das nicht , denke ich noch einmal. Aber er kann meine Gedanken nicht hören. Er hebt die Hand und segnet mich. Stärke durchflutet mich. Stärke und Zuversicht. Und plötzlich will ich auch kämpfen. Ich schließe mich den Blauröcken an und einige Zeit später erreichen wir die Schlacht.
Hier unten sieht es nicht mehr schön aus, der Lärm ist ohrenbetäubend und der Gestank widerlich. Ich stürme voran, ein Blitz aus Chaos-Energie verfehlt mich knapp. Er trifft irgendjemanden hinter mir, ich höre den Schrei. Ich finde den Orkschamanen, töte ihn. Pfeile fliegen rechts und links an mir vorbei, ein paar Armbrustbolzen ebenfalls, Katapulte und Ballisten feuern. Ich sehe, wie ein Vampirkrieger von gleich zwei Ballistengeschossen durchbohrt wird. Männer und Orks brüllen.
Plötzlich muss ich mich gegen einen Würgeschatten wehren. Feuerbälle explodieren. Brennende Gestalten, Menschen und Chaos-Kreaturen gleichermaßen. Ich vernichte hunderte Guhle mit meinem Himmelszorn. Der Würgeschatten hängt noch immer auf meinem Rücken und versucht mich umzubringen. Ich schreie. Ein Magier erkennt meine Situation. Er schickt ein Geschoss, das den Würgeschatten von mir reißt und tötet. Ein Dutzend dunkle Schlachtenpriester. Schwarze Palladine. Ich aktiviere meine Hast und meine Steinhaut.
Weiter geht es, ich hacke, haue und steche, ich schlage ihre Rüstungen in Fetzen. Meine Klinge beißt in ihr Fleisch. Einen will ich köpfen, aber bevor ich das tun kann, wird er von Pfeilen geradezu durchsiebt. Noch mehr Guhle tauchen auf, zusammen mit Dracos, der Himmel brennt, dort sind noch mehr Drachen. Weiße und Rote und andere, Ich ignoriere die Drakos, so gut es geht, lasse sie an mir vorbeiziehen und mache mich über die Guhle her. Kein großes Problem, auch hier hacke, haue und steche ich. Mein Schild zerbricht irgendwann. Ich packe jetzt mein Schwert mit beiden Händen. Der Regen kühlt mich, aber mir ist trotzdem heiß.
Der Magier, der mich vor dem Würgeschatten gerettet hat, ist neben mir. Ich will ihm zunicken, aber plötzlich springt ihn ein Tiermensch an und zerfleischt sein Gesicht. Den Tiermenschen kann ich töten, retten kann ich meinen Retter nicht. Zwei der Drakos reißen einer noch lebenden Axtkämpferin die Eingeweide heraus. Ein anderer stampft mit seinem starken Echsenbein wieder und wieder auf ihren Kopf. Den töte ich zuerst, dann die anderen, dann helfe ich der Frau. Neben mir eine magische Explosion. Ich werde von den Füßen gerissen. Als ich wieder stehe, bemerke ich, dass ein Chaoselementar es auf mich abgesehen hat. Ich schaue mich hastig um, es ist kein Magier in der Nähe, kein Priester von uns. Ich fliehe und laufe mitten in eine Gruppe von Ogern hinein. Rings um sie verstreut tote Blaumäntel.
Besser als das Chaos-Elementar, denke ich mir. Ich ducke mich unter einem Schlag hinweg, der mir gilt und umrunde den Oger, um meine Klinge in seinem Knie zu versenken. Er fällt, und jetzt hab ich Zugang zu seinem Hals. Mein erster Schlag durchtrennt ihn zur Hälfte, die beiden Folgenden sind nicht ganz so eindrucksvoll. Etwas trifft mich mit Wucht, ich fühle Rippen brechen, ich befinde mich in der Luft, fliege, wedle mit den Armen. Ich verliere mein Schwert und schlage irgendwo weiter nördlich auf. Ich überschlage mich, komme zum Liegen und dass ich liege, ist gut. So entgehe ich einer Bolzensalve, die in eine Gruppe von Harpyen einschlägt.
Die Biester kreischen, Blut spritzt, Federn fliegen. Eine ist verletzt, sie wurde von vielen Bolzen getroffen. Sie stürzt ganz in meiner Nähe. Ich krieche zu ihr, erwürge sie. Dann suche ich mir eine neue Waffe. Ich finde nur einen Streitkolben. Ich mag Klingen lieber, aber er ist besser als nichts. Ich ignoriere die Schmerzen in meinem Leib. Ich will weiter kämpfen. Vor dem riesigen Goldkriecher, der nun auftaucht, fliehe ich dennoch. Statt mich dieser Bestie zu stellen, nehme ich es mit ein paar Meuchelkatzen auf. Es ist ein wenig mühsam, sie mit dem Streitkolben zu erledigen. Mit den Nacktalben, die als Nächstes auftauchen, geht es schon besser. Gerade reißen sie einem Verletzten Rüstung und Kleider vom Leib.
Ich greife sie von hinten an, zertrümmere Schädel, breche Knochen. Erneut gerate ich in die Nähe eines unserer Paladine. Ich spüre den Segen, Schmerzen werden weniger. Fortan beschütze ich die Flanke eines Trupps von Armbrustschützen. Wir sind effektiv, wir sind gefährlich. Eine ganze Einheit Wargreiter machen wir nieder. Dann der Zauber eines Orkschamanen. Eine säure Wolke, die den halben Trupp auslöscht. Aber schließlich gelingt es einer Armbrustschützin, ihn zu erledigen. Dann kommen noch mehr Orks. Ich töte einen, nehme mir seinen schartigen Säbel. Dann geht es weiter, weiter nach Norden, weiter ins Chaos hinein. Ich glaube, bald haben wir die Leiche des weißen Drachen erreicht.
Ich weiß nicht, warum wir um sie kämpfen, Ich weiß überhaupt nichts. Erneut fliehe ich vor einem Goldkriecher, der Rest der Armbrustschützen bleibt aber standhaft. Erneut halbiert sich die Truppstärke, aber sie beharken das Insekt, bis es stirbt. Ein Würger packt mich, ich schlage um mich, Es gelingt mir, ihm mit dem Orksäbel einen Arm abzuschlagen. Kurz bin ich darauf sogar ein bisschen stolz, denn die Waffe ist ziemlich stumpf. Auch gegen das Troll-Biest, das es auf mich abgesehen hat, hilft sie mir, aber nicht genug. Die Wunden, die ich der Bestie herbeibringe, schließen sich viel zu schnell wieder. Sie sind nur oberflächlich, die Klinge dringt nicht tief genug ein. Das Troll-Biest regeneriert sich.
Es trifft mich, reißt mir die linke Seite auf, dann hebt es mich hoch, schmettert mich auf den Boden, noch mehr Rippen brechen. Zwei Splitter bohren sich in meine Lunge, ich kann fühlen, wie ich innerlich verblute, aber das macht nichts, denn morgen werde ich wieder kämpfen auf der Roten Ebene.