Schlachtensplitter 23

Am Stein der Stürme, auf der Roten Ebene.

Stoische Gesichter rings um mich. Wir sind bereit, alles zu ertragen, was jetzt kommt. Die Kriegerin neben mir spannt ihre Armbrust, Wind in ihrem Haar, Wind in meinem Gesicht. Wir überqueren ein Leichenfeld. Andere haben hier bereits gekämpft. Wir sind vielleicht dreihundert, ein Dutzend mehr, ein Dutzend weniger, spielt keine Rolle. Die ersten Minuten angespannt.

Unter meinem Stiefel knackt es. Ich sehe hin. Der Unterarm eines Orks. Zwei Krieger scheren aus der Gruppe aus. Langsam gehen sie mit gezogenen Klingen auf eine Sulphurspinne zu. Die Spinne ist verletzt, eine Ballistengeschoss steckt im aufgeblähten Leib. Die Krieger gehen methodisch vor. Sie nähern sich dem Biest von hinten. Hacken ein Bein nach dem anderen ab. Irgendwann zuckt das Monstrum nicht mehr.

Unsere Kommandantin hat so lang gehalten, jetzt geht es weiter. Dann noch mal ein ganz ähnliches Spiel. Ein Todesritter zuckt noch rechts von mir. Diesmal bin ich es. Ich gehe hin. Betrachte die zerschlagene Rüstung. Schrecklich sehen sie aus, die Stellen, an denen Mann und Pferd miteinander verwachsen sind. Verwachsen, verschmolzen, vernäht. Zutiefst grässlich. In der Brustplatte drei Löcher. Ich steche in jedes hinein. Die Kreatur windet sich. Ich hätte sie auch schneller töten können, aber heute ... heute mag ich sie nicht. Ich kehre zum Trupp zurück. Wir marschieren weiter, ein paar Stunden. Der Wind wird stärker, stürmisch. Noch immer befinden wir uns im Leichenland. Wir sind die zweite Welle. Die Erste liegt unter unseren Füßen im Dreck der Roten Ebene.

Totenwind heult und pfeift und jault. Ich kann sehen, dass der Turmmeister, der Herr des gewundenen Turmes im Süden hier eingegriffen hat. Hier war mächtige Magie am Werk.

Das ganze Land ist geschändet und verbrannt. Zehntausende, Hunderttausende starben hier. Zahllos unsere Verluste, aber auch die der Chaos-Kreaturen. Ich nehme mir einen Heiltrank. Nicht weil ich verletzt bin, nein, aber mir idz schwindelig. Ich sehe die rote Rüstung von Lady Winterkalt. Sie schreitet parallel zu uns alleine über dieses Leichenfeld. Menschen mögen sie nicht und wahrscheinlich mag sie auch keine Menschen. Niemand weiß, wieso die Vampirin hier ist. Jemand rempelt mich an, ein Krieger. Hatte ihn gar nicht bemerkt. Ich gehe ein paar Schritte in ihre Richtung, weg vom Tross.

Hier inmitten eines Leichenhaufens wächst eine Blume. Ich betrachte sie. Soll ich sie mitnehmen? Wachsen lassen, denke ich, dann ein Schrei. Ein dunkler Schlachtenpriester hat auf seine Chance gewartet und sieht sie jetzt in mir. Er rennt auf mich zu, den schweren eisernen Streitkolben hoch erhoben. Ich will nicht mit ihm kämpfen. Am Boden liegt ein schweres Wurfbeil.

Ein guter Wurf, mal wieder, die Schneide frisst sich geradezu in den eisernen Helm. Tief dringt sie ein, die große, schwer gerüstete Gestalt fällt. Hinter mir applaudieren ein paar Blauröcke. Ich nutze die Gelegenheit, erleichtere mich und dann kehre ich in den Tross zurück. Ich sehe Miyaka Grambein, die Tauerweide, in ihrem Kettenmantel. Wie Lady Winterkalt wirkt auch sie von uns entrückt, gehört nicht zu uns. Trotzdem ist sie da. Sie schreitet hinter der Vampirin her, in angemessenem Abstand.

Am Himmel über ihr zerfetzten zwei rote Drachen einen Weißen. Irgendwo hinter dem Stein der Stürme fällt der Drachenleib zu Boden. Ich sehe keinen Sinn in unserer Anwesenheit an diesem Ort. Mal wieder nicht. Die meisten der Chaos-Kreaturen hier wurden schon erschlagen oder verbrannt oder von Magie zerrissen. Wir haben nichts zu tun. Sicher, das wird sich bald ändern. Ach, dieser verdammte Gestank. Ich nehme noch einen Schluck von dem Heiltrank, einen kleinen.

Ah, vorne an der Spitze. Da passiert etwas. Aber es ist mal wieder nur eine einzelne Sulphurspinne, die den Angriff des Turmmeisters überlebt hat. Ein Dutzend Krieger und Kriegerinnen schert aus. Kreist sie ein, zerhackt sie. Als sie zu unserem Tross zurückkehren, kann ich sehen, dass eine der Frauen weint. Warum, frage ich mich. Eine Sulphur-Spinne ist wohl wirklich keine Kreatur, mit der man Mitleid empfinden könnte. Mitleid empfinden sollte. Mitleid empfinden darf. Zwei Würgeschatten schleichen sich an Lady Winterkalt heran. Sie macht kurzen Prozess mit ihnen. Dann, nach einer weiteren halben Stunde, treffen wir endlich auf Gegner.

Fünfzig Chaos-Streiter, zwei oder drei Golems, wenn ich das richtig sehe. Wir bilden eine Schlachtreihe, stürmen auf sie zu. Ein bisschen Adrenalin kann ich spüren.

Die anderen um mich herum haben wohl etwas mehr davon abbekommen. Ich renne trotzdem mit, schwinge meine Waffe, töte einige Chaos-Streiter, trage meinen Teil bei. Wir siegen, nur geringe Verluste haben wir zu verzeichnen. Danach geht ein Magier umher, heilt die Wunden. Wie ferngesteuert gehe ich übers Schlachtfeld. Ich töte verletzte Chaos-Kreaturen und einige unserer Krieger, die im Todeskampf zucken. Morgen werden sie wieder kämpfen, auf der Roten Ebene.

Während ich mir selbst dabei zusehe, baut sich in meinem Inneren ein seltsamer Druck auf. Ich fasse mir an den Kopf. Er verfliegt nicht, und ich beschließe, ihn zu ignorieren. Bald ist alles getan, was wir hier noch tun könnten. Wir marschieren weiter.

Aus irgendeinem Grund gehe ich jetzt neben unsere Truppführerin. Kurzgeschorene, rote Locken, blasse Haut, Sommersprossen. Ein Anflug von Anziehung überkommt mich. Und er verfliegt wieder. Nicht zuletzt deshalb, weil ein Dutzend Oger vor uns auftauchen. Zwei davon leuchten vor Chaos-Magie, sind magisch verstärkt, verbessert, was auch immer. Ich halte Ausschau nach dem Zauberer. Es ist keiner der Oger, nein, er geht hinter ihnen. Sie schwärmen aus.

Sie wollen nicht, dass wir durch Formation einen Vorteil erlangen, wollen uns zwingen, uns in Duelle verwickeln zu lassen, oder, wenn nicht in Duelle, dann in einzelne Kämpfe.

Verständlich, die großen Biester sind doppelt so hoch wie ein Mann. Im Kampf eins gegen eins sind sie meist überlegen. Jetzt aber ruft die Truppführerin die Bogenschützen nach vorne. Bögen werden gespannt, dann die Sehnen losgelassen. Dann ist da nicht mehr viel mit den Ogern. In einer zweiten Salve fällt auch der Magier. Zwei Oger schaffen es noch bis zu uns. Einen erschlage ich etwas gelangweilt.

Natürlich, ich muss mich anstrengen, drei Keulenschlägen muss ich ausweichen. Dann gelingt es mir, dem Oger einen tiefen Schnitt ins Bein beizubringen. Blut schießt hervor, einiges davon läuft jetzt an meiner Rüstung herunter. Aber am Ende war es das für den Oger. Ich umtanze ihn, warte, bis er noch etwas schwächer wird. Dann eine Lücke, in die ich stoße. Das war es dann. Ich fühle keinen Triumph, fühle keine Genugtuung. Mechanisch, emotionslos, kalt, Tollbiester und Tiermenschen als Nächstes. Auch in diesem Kampf schlage ich mich gut.

Blauröcke um mich herum, Monster vor mir, so soll es sein, aber ich fühle nichts. Ich schlage um mich, hacke und steche, einer Katzenfrau zertrümmere ich den Kopf mit meinem Schild. Das war mal was anderes, aber na ja, als ich meinen Anteil an Gegnern getötet habe, als die Pflicht erfüllt ist, bleibe ich stehen. Ich sehe mich um, meine Kameraden sind voll dabei, die Gesichter grimmig.

Die Augen blitzen. Nun denn, nun denn. Am Himmel nur die Wolken. Ich setze mich wieder in Bewegung. Eine Speerkämpferin ist gleich an zwei Troll-Biester geraten. Ich helfe ihr, warum auch immer. Einer unserer Magier hat wohl auch kein Interesse mehr, sich das Gemetzel anzusehen. Durch ein Trugbild vergrößert er unsere Zahl, lässt uns wirken, wie eine ganze Armee. Die Chaos-Kreaturen fliehen. Einige haben sich jetzt Fetzen ihrer Wappenröcke vors Gesicht gebunden. Der Gestank.

Ich überlege, ob ich das auch tun soll, am Ende lass ich es aber bleiben. Erstens bringt es nichts und zweitens ... ich habe vergessen, woran ich als Nächstes gedacht habe. Auch wenn ich keine Freude im Kampf empfunden habe - angestrengt hat es mich doch. Meine Arme sind bleischwer, meine Beine schmerzen, meine Rücken ebenfalls. Ich kippe den Rest des Heiltrankes in mich hinein, dann ein leichtes Vibrieren im Boden, das Geräusch vieler Tatzen in schnellem Lauf.

Das Geschrei von angreifenden Orks. Wargreiter. Ein paar von ihnen sind Schamanen. Violette Chaos-Energie leuchtet um sie herum. Unser Magier gibt seine Illusionen auf und schleudert Feuerbälle. Gleißendes Licht, Flammen, brennende Orks, brennende Riesenwölfe. Ich mache mich bereit für den Aufprall.

Nur wenige schaffen es in den Körper unseres Trupps hinein. Die meisten verenden an Angst, denke ich und frage mich, woher ich das Wort kenne.

Für die überlebenden Warge und Orks brauchen wir nicht lange. Wir marschieren weiter über die rote Ebene, über das Schlachtfeld. Neben mir eine junge Kriegerin mit einer langstieligen Streitaxt, ihr Blick ist abwesend, sie registriert mich nicht als Individuum. Eine Weile später vibriert erneut der Boden. Hufe. Diesmal Todesritter. Diese widerlichen Kreaturen. Hinter ihnen sehe ich ein rotes Meer aus Blutkobolden. Das dürfte der bislang interessanteste Kampf werden, den wir heute erleben. Unsere Pfeile fliegen den Todesrittern entgegen, schlagen ein, die meisten finden ihr Ziel.

Die erste Angriffswelle fällt im Pfeilhagel, die zweite kracht in unsere Speere hinein. Ich stürme vor, töte einen der Todesritter, der gestürzt ist, trenne einem anderen den Vorderhuf ab, springe ihm auf den Rücken, zerstöre mit meinem Dolch den verwachsenen Leib. Ich höre mich selbst einen schrillen Triumphschrei ausstoßen, obwohl ich keinen Triumph fühle. Mein Handeln ... manchmal ... manchmal begreife ich mich nicht.

Dann sind auch die Blutkobolde da. Ich erschlage sie zu Dutzenden, aber nicht das Dutzend, das unsere Anführerin mit seinen Krallen und kleinen Messern wie im Wahn tötet. Tausend kleine Bisse, tausend kleine Fetzen Fleisch, die aus der Frau herausgerissen werden. Ich gehe hin, helfe, töte die Blutkobolde und dann die Anführerin. Das macht nichts. Morgen wird sie wieder kämpfen. Dann ist da plötzlich ein Vampirkrieger. Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass er diesen Angriff orchestriert hat. Er ist ein Dutzend Schritte entfernt, und ich sehe ... sehe, wie er die Axtkämpferin hochhebt, die neben mir lief. Er hebt sie hoch mit einer unheimlichen Leichtigkeit. Bricht ihr Genick, reißt den Kopf ab. Er öffnet sie. Wie ich eine Phiole Heiltrank öffne. Er trinkt genussvoller als ich. Nicht so gleichgültig.

Wie kann es sein, dass eine untote Kreatur mehr Leidenschaft in sich trägt als ich? Ist das vielleicht die eigentliche Strafe? Nicht das Töten und Sterben des Leibes? Die Schmerzen, die wir erdulden? Ich fühle Neid, ich fühle Wut, fühle wieder etwas, ich greife den Vampir an. Er wirft seine Phiole achtlos beiseite, Sein Schwert ein Kunstwerk.

Seine Bewegungen sind das auch. Einige Momente später blute ich aus vielen Wunden. Schnell ist er, der Vampir, schnell und grausam und schön. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein so symmetrisches Gesicht gesehen zu haben, und diese Augen ... er ist doch auch eine ewige Kreatur, fühlt er nicht diese bleierne Schwere? Warum fühlt er nicht, was ich fühle? Eine unserer Magier erkennt, in welcher Bedrängnis ich mich befinde. Gerade hat der Vampir mir eine weitere oberflächliche Wunde beigebracht. Im nächsten Augenblick, noch bevor ich meinerseits zu einem Schlag ausholen kann, da steht er in Flammen, verbrennt, windet sich. Von dem symmetrischen Gesicht bleibt nur der Schädel. Ja, so kann es gehen. Proforma bedanke ich mich bei dem Magier, aber ich fühle den Dank nicht, fühle keine Dankbarkeit. Er mag ihn auch nicht und konzentriert sich dann auf ein Trugbild. Er will uns etwas Ruhe verschaffen. Momentan werden noch die letzten Blutkobolde niedergemacht. Der Magier schafft einen Ring aus Kriegern um uns herum. Sie sollen Chaos Kreaturen abhalten. Für eine Weile gelingt dies auch. Ich muss wieder an dieses Gesicht denken.

Dieses symmetrische Gesicht, fast so, als wäre dieser Vampir nie ein Mensch gewesen, als wäre er … erschaffen worden. Merkwürdig. Ich nutze die Zeit, die uns die Illusion verschaff. Bei einem erschlagenen Kameraden finde ich einen Heiltrank, nehme ihn zu mir. Schmerzen vergehen, verblassen, Wunden schließen sich. Es dauert zehn, vielleicht zwölf Sekunden. Dann bessere ich meine Rüstung aus, so gut es geht. Rings um mich herum wird es langsam leiser.

Dann Skelette. Sie kommen. Hirnlose Kreaturen haben keine Angst vor Illusionen. Sie können ein Problem werden, wenn man verletzt ist. Ich mache viele von ihnen nieder. Irgendwas ... irgendwas hat sich verändert in mir.

Als Nächstes geht es erneut gegen Chaosstreiter und Orks. Keine großen Armeen sind es, die uns begegnen. Es sind die Reste aus der Schlacht vorher. So wie wir das nach einer Schlacht tun, finden auch die Chaos-Kreaturen wieder zueinander, bilden neue Gruppen. So soll es also sein.

Eine schwere Axt treibt sich in meinen Schild. Sie steckt fest. Ich kann durch das Visier des Helmes des Chaosstreiters stechen. Er hat sie nicht rechtzeitig losbekommen, losgelassen hat er sie auch nicht, das war sein Fehler. Ich suche mir den nächsten Chaosstreiter und während ich das tue, durchtrenne ich das Bein eines Ogers. Der Chaosstreiter, den ich mir aussuche, kommt nicht einmal dazu, seine Waffe zu heben, meine Hast zu nutzend, erschlage ich ihn einfach so mit sieben Hieben. Das nächste Mal etwas herausgefordert werde ich, als ein Oger mich von hinten erwischt.

Seine Keule trifft auf meine Rückenplatte, schleudert mich nach vorn, ich verliere mein Schwert. Zum Glücke lande ich neben einem anderen. Ich rolle mich zur Seite, sein zweiter Keulenschlag geht dort nieder, wo ich mich gerade eben noch befunden habe, dann greift ein Narbengeißler nach mir. Er hat seine Stachelkette verloren, versucht es mit bloßen Händen. Ich schlage sie ab. Die Hand treffe ich diagonal, zerteile sie. Finger fallen, die Chaos-Kreatur schreit. Der Schrei klingt hässlich. Ich will ihn nicht mehr hören, also ramme ich dem Biest die Klinge ins Maul. Rotes Gurgeln. Gleichzeitig gleite ich um den Leib der Kreatur herum, um einer weiteren Attacke des Ogers zu entgehen.

Die Klinge bewegt sich mit, zerschneidet die Wange, dann ist sie wieder frei. Der Oger holt weit nach oben aus, ich bringe ihn aus dem Konzept, stoße den Narbengeißler in seine Richtung, springe hinterher und schlage zu. Vom Bauch bis zum Schritt schlitzt meine Klinge den Leib des Ogers auf. Ich drehe mich zur Seite, als die Eingeweide herausquellen. Kurz darauf fällt die Bestie mit einem Stöhnen.

Totranken wollen meine Füße festhalten, aber ich bin schneller, bewege mich fort. Zwei Gehörnte töte ich noch, dann ein Flederbiest. In diesem Kampf werde ich verletzt und das, obwohl ich Unterstützung hatte, aber gut, das spielt keine Rolle. So etwas passiert auf der Roten Ebene. Ein Magier heilt meine Wunden. Dann herrscht für einen Moment, für einige Zeit, für einige Jahre Ruhe. Über unseren Köpfen wieder böse Wolken. Drachen, Harpyen. Magische Gewitter entladen sich. Diesmal sind es hauptsächlich unsere Schwertträger die Verletzte töten. Sie schreiten übers Schlachtfeld wie Todesengel, ich sehe ihnen eine Weile zu. Unter ihnen sind zwei Frauen. Schwestern, so wie es aussieht.

Sie töten die Chaos-Kreaturen besonders grausam. Vielleicht überlege ich, vielleicht hat es bis jetzt noch eine dritte oder vierte Schwester gegeben. Vielleicht stechen sie deswegen so genussvoll zu. Ich schaue mir die Leiche des Flederbiestes an, das mich verletzt hat. Hässlich, die Augen sind fast aus dem Schädel gequollen, so wie das Gesicht des Vampirs so seltsam symmetrisch war. In ähnlicher Manier sehen sie identisch aus. Es kommt mir merkwürdig vor, ich finde es beunruhigend.

Ich zersteche die Augen, ich gehe weiter. Eigentlich schlurfe ich eher. Ich bin nicht da, nicht nur mein Körper ist müde, mein Geist ist es. Wie ferngesteuert suche ich mir einen neuen Schild, der alte ist ganz zerschlagen, zertrümmert geradezu. Als ich einen gefunden und an meinem Arm festgezurrt habe, sehe ich mich um. Weniger als hundert sind von uns noch übrig. Wir sollten uns sammeln, ich ... im Norden höre ich Warge heulen.

Das gerade in war noch nicht unser letzter Kampf für heute. Tatsächlich ist bald neues Geschrei zu hören. Reißer und Minotauren sind es diesmal, die von Norden her auf uns eindringen. Wir können keine Schlachtlinie bilden. Im Moment heißt es jeder für sich. Natürlich, manche versuchen zwar, sich zu Gruppen zusammenzufinden, aber die Minotauren und die Reißer sind schnell. Ich befinde mich in der Mitte, kann mir meine Kämpfe mehr oder weniger aussuchen. Ich beschließe, ein paar Bogenschützen vor den Bestien zu verteidigen, damit sie ihre Arbeit machen können. Es geht ganz gut.

Ich suche, während ich kämpfe. Ich suche nach Lady Winterkalt und Myiaka Grambein. Ich kann sie in irgendwo sehen, sie haben sich aus meinem Bewusstsein entfernt und von unseren Trupp. Ich hacke einem Reißer in die Schulter. Ziehe mit Kraft die Klinge zurück, stoße sie in sein Gesicht. Ein anderer erwischt mich nun. Seine Krallen bohren sich von hinten in meine Schultern, rechts und links. Es geht nicht so schnell wie ein Schwertstich. Sie bohren sich langsam in mich hinein, aber mein Körper versagt mir eine Gegenwehr. Er ... er lässt mich die Schmerzen voll fühlen.

Mein Kopf. Im Nacken, ich schreie gegen den Himmel an, schreie noch mehr, als der Reißer zu reißen beginnt. Ich frage mich, aus was die Krallen dieser Viecher gemacht sind, dass sie durch Rüstung dringen können. Aber sie können es, das steht fest. Richtig kreische ich, als in diesem Augenblick rechts mein Schlüsselbein zersplittert, auch das Schulterblatt. Aber auf der anderen Seite ... der Reißer ist mir ganz nah. Ich kann die widerlichen Atemgeräusche hören, ich kann auch den fauligen Atem riechen, ich kann Fasern reißen spüren in mir drin.

Fleischfasern. Nervenfasern. Blutgefäße. Dann, mit einem Mal hört es auf. Ein letzter allverschlingender Schmerz. Die Krallen der Bestie sind nicht mehr in mir drin, ich taumle, falle, liege. Zwei Blauröcke, einer hält meinen Kopf hoch, der andere kippt mir einen Heiltrank in den Hals. Als ich wieder reden kann, danke ich meinen Rettern. Das interessiert Sie nicht besonders, aber das macht nichts. Ja, dann werde ich heute vielleicht nicht sterben, denke ich dann.

Aber das spielt nicht wirklich eine Rolle. Morgen hätte ich so oder so weiter gekämpft auf der Roten Ebene. Ich bleibe noch einen Moment lange hier, betrachte den Himmel.

Ich glaube, die Wolken lachen über mich. Die fahle Sonne, die durch sie hindurch sichtbar ist, tut das auf jeden Fall.

Ich stehe auf. Ich glaube, ich möchte den Rest des Tages mit einer Axt weiterkämpfen, mit einer Axt und ohne Schild. Ich finde die übergroße Eisenaxt eines Chaosstreiters. Warum nicht, denke ich mir. Eine Herausforderung, wenn man so will.

Tja, ich gehe zurück zu ein paar Blauröcken. Sie nicken mir zu, und zusammen ziehen wir weiter über die rote Ebene.