Kapitel 6

 

Sulu seufzte erleichtert, als sich der Turbolift mit dem typischen, unverkennbaren Geräusch von der Brücke aus in Richtung der Mannschaftsquartiere in Bewegung setzte. Er rieb sich mit der Hand über die verspannte Nackenmuskulatur und sah zu Uhura, Bhutto und Howard hinüber. Seine Schichtkameraden sahen genauso erschöpft aus, wie er sich fühlte. So war das immer, wenn der Tag gleich mit einer Krise begann.

»Ich glaube, ich brauche Landurlaub«, erklärte der Steuermann.

Auf Fähnrich Howards Gesicht zeigte sich ein müdes Lächeln. »Den hätten wir ja beinahe bekommen, Sir. Wenn Sie nicht bemerkt hätten, dass die Steuerung durch die Strahlung beschädigt worden war …«

»… dann befänden wir uns jetzt wieder auf Sigma Eins.« Sulu schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Warum habe ich daran nicht gedacht?«

»Weil Sie zu beschäftigt damit waren, unsichtbare Nebel ausfindig zu machen«, erwiderte Bhutto. Der Turbolift hielt auf Deck fünf, und sie stieg aus. »Wir sehen uns beim Essen.«

»Genau.« Die Türen des Turbolifts schlossen sich zischend, doch dann geschah für einen langen Moment gar nichts. Uhura sah überrascht zum Monitor hoch. »Deck sechs«, wiederholte sie die bereits zuvor gegebene Anweisung.

Der Computer bestätigte den Befehl mit einem Glockenton, doch es dauerte abermals einen langen Moment, bis sich der Lift endlich in Bewegung setzte und die unterbrochene Fahrt wieder aufnahm.

»Das ist sonderbar«, bemerkte Sulu. »Ich frage mich, was die Verzögerung verursacht hat.«

Der hochgewachsene Sicherheitsmann zuckte die Achseln. »So etwas passiert auf Raumstationen ständig – der Computer nimmt zu viele Beförderungen für einen Schacht an, und dann müssen einige eben warten.«

»Aber auf der Enterprise ist dieses Problem noch nie aufgetreten.« Uhura sah Sulu an, und in beiden keimte der gleiche Verdacht auf. »Ich hoffe nur, diese Föderationsinspektoren versuchen nicht, die Effizienz unseres Liftsystems zu verbessern.«

Sulu kicherte. »Wenn sie das tun, schweißt Mr. Scott ihre Kabinentüren zu.« Die Türen des Turbolifts öffneten sich abermals, und diesmal blickten sie auf die vertraute Kurve ihres eigenen Korridors. »Erinnern Sie Ihren Boss daran, dass er mit uns zum Abendessen verabredet ist, Fähnrich«, sagte Sulu zu Howard, als sie ausstiegen.

»Aye, aye, Sir.«

Uhura warf ihm einen amüsierten Blick zu, nachdem sich der Lift wieder geschlossen hatte. »Glauben Sie wirklich, Chekov würde sich nach all den Notfällen, die wir heute hatten, noch die Zeit nehmen, mit uns zu essen?«

»Ein Versuch kann jedenfalls nicht schaden.« Sulu ging neben Uhura den Flur entlang, bis er seine Kabine erreichte, wo er den Öffnungscode für die Tür eintippte. »Eines Tages wird selbst dieser Bursche aufwachen und erkennen, dass er ein Privatleben braucht. Immerhin ist er …«

Als sich die Kabinentür öffnete, erstarb Sulus Stimme. Zu Boden geschleuderte Pflanzen, verstreute Kleidungsstücke und die Bruchstücke iotianischen Kristalls säumten einen Pfad, den ein Tornado auf dem Weg von der Tür bis zum Arbeitstisch hinterlassen zu haben schien. Der süßlich-feuchte Geruch zerdrückter Blätter drang aus dem Raum.

»Sulu?« Uhuras Stimme schreckte den Steuermann auf. »Stimmt etwas nicht?«

Er unterdrückte den Impuls, ihr den Anblick des Durcheinanders zu ersparen. Das war stets sein erster Instinkt bei einer Krise – den Schaden, gleich ob emotionaler oder physischer Art, zu verbergen, damit nicht noch andere dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Glücklicherweise hatte er im Lauf der Jahre, die er nun schon mit Uhura zusammenarbeitete, gemerkt, dass sich hinter ihrem gepflegten Äußeren eine Frau verbarg, die mit einer Krisensituation besser fertig wurde als die meisten galaktischen Diplomaten.

Er seufzte und trat zur Seite, damit sie einen Blick auf die Trümmer werfen konnte. »Jemand hat mein Zimmer auseinandergenommen«, sagte er überflüssigerweise.

»Oh, mein Gott!« Uhura betrat den Raum, und ihre dunkelbraunen Augen weiteten sich vor Schreck. Erde bedeckte den größten Teil des Bodens, und darüber lagen entwurzelte Pflanzen und herausgerissene Regalbretter. Uhura kniete nieder, um ein kleines, violettes Farnkraut zu retten, das halb unter der Blumenerde begraben war. »Fehlt irgend etwas?«

Sulu seufzte und hockte sich neben sie, entdeckte den Topf der Pflanze und füllte etwas Erde hinein, in die sie die nackte Wurzel stecken konnte. Die kleine Knospe, die kurz davor gestanden hatte, sich zu einer fedrigen Blüte zu entfalten, hing jetzt von einem gebrochenen Stängel herab. Vorsichtig pflückte er sie ab.

»Das ist ziemlich schwer zu sagen«, meinte er und schaute sich um. »Im Moment kann ich nur mit Sicherheit sagen, dass die Wasserchamäleons verschwunden sind.«

Uhura warf einen prüfenden Blick in die Runde. »Sind Sie sicher, dass sie sich nicht einfach nur verstecken?«

»Wenn sie hier sind, geben sie auf jeden Fall keinen Laut von sich.«

»Aber das tun sie doch nie, wenn sie erschreckt werden.« Die Kommunikationsoffizierin suchte sich vorsichtig einen Weg durch die Trümmerspur und tastete die zusammengeknüllten Kleidungsstücke nach den Eidechsen ab. »Sie könnten hier überall sein.«

Sulu betrachtete die zerschmetterten Pflanzen und blinzelte. »O Gott, ich hoffe …«

Er sprang nervös auf, als sich der Türsummer meldete. Zum Glück befand er sich noch nahe genug an der Wand, um den Öffner zu betätigen, ohne dabei Gefahr zu laufen, vielleicht auf ein Chamäleon zu treten. Chekov kam herein und riss die Augen auf, als er die Verwüstung sah. »Sho bardachnaya dyela!« Sein Blick heftete sich auf den Steuermann. »Was ist passiert?«

»Wonach sieht es denn aus?« Es war schon erstaunlich, wie oft man sich gezwungen sah, jemandem eine völlig offensichtliche Situation zu erklären, dachte Sulu spöttisch. »Jemand hat mein Zimmer demoliert.«

Chekov musterte ihn stirnrunzelnd. »Während du hier warst?«

»Natürlich nicht!«, sagte Sulu beleidigt. »Glaubst du, ich hätte so etwas zugelassen, wenn ich hier gewesen wäre? Und pass auf, wohin du trittst – du könntest eines der Wasserchamäleons erwischen.«

»Das bezweifle ich«, meinte Chekov, »die befinden sich nämlich noch in meiner Kabine.« Er errötete leicht unter den verblüfften Blicken der beiden anderen. »Ich habe mir gedacht, jemand sollte sie im Auge behalten, das ist alles.«

»Nun, damit wäre wenigstens ein Rätsel gelöst.« Sulu hob eine seiner Lieblingspflanzen auf, eine blassrote Ingwerpalme, und drückte vorsichtig die Erde um sie herum fest, damit sie gerade stand. Irgendwie hatte ihn das Wissen, dass es den kleinen Echsen gut ging, soweit aufgemuntert, dass er jetzt in der Lage war, einige der Schäden zu beheben, statt einfach nur auf das Chaos hinunterzuschauen. »Ich nehme an, genau deshalb bist du der Sicherheitsoffizier und ich nur Pilot. Wenn du jetzt auch noch herausfindest, wer meine Pflanzen auf den Boden geworfen hat, schulde ich dir ein Essen auf Sigma Eins.«

Chekovs Wangen färbten sich noch dunkler. »Ich habe sie nicht dort hingeworfen«, sagte er steif. »Ich habe sie dort abgestellt, und zwar sehr vorsichtig.«

Uhura, die Hemden aufsammelte, blickte hoch. »Sie haben sie dort abgestellt?«

»Nun, ansonsten wäre nicht genug Platz für den Swimmingpool gewesen.« Chekov deutete auf den marmornen Lilienteich, der jetzt umgedreht in einem Haufen Blumenerde lag. »Außerdem wusste ich nicht, wo Sulu ihn haben wollte.«

Sulu warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Und deshalb hast du Erde auf den Boden geschüttet, um ihn darauf abzustellen?«

Chekov schnaubte. »Nein, das hat der Eindringling getan. Ich habe ihn auf dem Arbeitstisch abgestellt.«

»Nun, das ist gut zu wissen. Ich hatte mich nämlich schon gefragt, weshalb du ihn falsch herum aufgestellt hattest.« Trotz seines Kummers musste Sulu grinsen. Es war ihm einfach unmöglich, der Versuchung zu widerstehen, Chekov aufzuziehen. »Ich dachte eigentlich, selbst du würdest wissen, dass auf diese Weise das Wasser herausläuft.«

Der Russe warf ihm einen finsteren Blick zu. »Soll ich dir nun helfen oder nicht?«

»Tut mir leid.« Sulu wandte sich wieder den Pflanzen zu, während Chekov die Spur der Zerstörung untersuchte und ihr bis zur Tür folgte. Dort hielt er inne, tippte eine Sicherheitsfreigabe am Schloss ein und studierte die farbcodierte Information, die daraufhin aufflammte.

»Wann hast du heute die Tür offen gelassen, Sulu?«, fragte er etwas geistesabwesend.

Sulu fluchte, weil er einen denebianischen Zitronenkaktus etwas zu fest angefasst hatte. »Überhaupt nicht! Ich habe die Tür verschlossen, als ich zu meiner Schicht auf die Brücke gegangen bin, und bis eben, als ich diese Bescherung hier vorgefunden habe, war ich nicht mehr hier unten.« Er deutete anklagend mit dem Finger auf seinen Freund. »Wenn jemand den Raum unverschlossen gelassen hat, dann du.«

Chekovs dunkles Haar flog hoch, als er heftig den Kopf schüttelte. »Nein, ich habe abgeschlossen, als ich hinausging. Glaub mir.«

Uhura warf Sulu einen zustimmenden Blick zu, während sie seine Kleidungsstücke in den Wandschrank hängte. »Sicherheitsleute neigen nicht dazu, solche Dinge zu vergessen«, meinte sie.

»Ich weiß.« Sulu stieß einen schweren Seufzer aus, hob einen Topf mit halbverwelkten Sternorchideen auf und setzte ihn auf dem Tisch ab, um die Pflanzen zu wässern. »Jemand muss den Türcode geknackt haben.«

»Ausgeschlossen«, bemerkte Chekov knapp. »Das Schloss ist so konstruiert, dass man es durch Ausprobieren nicht knacken kann – drei falsche Codeeingaben hintereinander verriegeln das Schloss, bis jemand vom Sicherheitsdienst es wieder freischaltet. Zudem sind laut diesen Aufzeichnungen heute ausschließlich korrekte Codeeingaben gemacht worden.« Er trommelte nachdenklich mit den Fingern gegen den Türrahmen. »Wer immer hier eingedrungen ist, kannte deine Codenummer.«

»Nun, das ist auch unmöglich«, erwiderte Sulu. »Niemand, der meinen Code kennt, würde meinen Pflanzen so etwas antun!«

Uhura schüttelte eine flachgedrückte Moosrose aus einer von Sulus Jacken und runzelte die Stirn. »Ich wüsste überhaupt niemanden an Bord, der so etwas tun würde«, meinte sie. »Sie etwa?«

Chekov knurrte. »Vielleicht wollten die Inspektoren herausfinden, wie effektiv wir Räume säubern können. Und unsere Kleider aufbewahren …« Seine Augenbrauen hoben sich fragend, als er sah, wie Sulu ein weiteres Hemd weglegte. »Sortierst du deine Hemden immer nach Farben?«

Sulu errötete leicht vor Verlegenheit. »Du etwa nicht?«

Uhuras glockenhelles Lachen perlte durch den Raum. »Wie sollte er? Seine Hemden haben alle nur eine Farbe: Starfleet Gold.«

»Ich besitze auch ein schwarzes für den Landurlaub«, verteidigte sich Chekov.

Sulu strafte diese Bemerkung mit dem Schweigen, das sie verdiente. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass einer der Inspektoren hinter dem hier steckt, oder?«

»Leuten, die einen Sicherheitsalarm auslösen, nur um zu testen, wie schnell wir reagieren, traue ich alles zu«, meinte Chekov finster. »Aber nein, ich glaube nicht, dass sie es waren. Keiner von ihnen könnte deine Codenummer herausfinden.« Er beugte sich wieder über das Türschloss, als hätte ihn seine Bemerkung an etwas erinnert. »Eines gibt es wenigstens, das wir tun können.«

Sulu sah ihn zweifelnd an. »Was hast du vor?«

»Ich programmiere einen neuen Code für deine Tür.«

»Nein!« Sulu sprang erschrocken auf. »Mach das bloß nicht! Als wir ihn das letzte Mal gewechselt haben, habe ich mich eine Woche lang selbst ausgesperrt.«

Wie zu erwarten war, ignorierte Chekov ihn, und als Sulu, um Unterstützung heischend, zu Uhura hinüberblickte, zuckte die nur mit den Achseln. »Sehen Sie nicht mich an«, sagte sie, während sie den Schrank verschloss. »Ich habe nie begriffen, wieso ein Mann, der Sternkoordinaten auf einen Blick wiedererkennt, sich nicht an einen vierstelligen Zugangscode erinnern kann.«

»Aber genau das ist ja das Problem«, meinte Sulu. »Immer wenn ich versuche, Koordinaten als Code zu benutzen, kann ich mich nicht mehr erinnern, welchen Stern ich dafür ausgesucht habe.«

Chekov grunzte. »Ich mache dir einen Vorschlag. Lass mich den Zugangscode für dich auswählen. Ich könnte mir etwas völlig Sinnloses ausdenken …«

»Ja, darin bist du gut«, stimmte Sulu grinsend zu.

Der Russe blickte ihn finster an. »Legst du Wert darauf, deine Wasserchamäleons jemals wiederzusehen?«

»Schon gut«, gab Sulu nach. »Such du einen Code für mich aus.«

Chekov tippte einen Befehl in die Schlosstastatur. »Wie klingt 7249?«

»Wie eine Zahl, die ich mir garantiert nicht merken kann.« Sulu fegte die letzten Reste von Erde und Blättern zusammen und schüttete alles in den Müllschlucker. »Wirst du sie denn behalten?«

»Natürlich«, sagte Chekov. »Es sind die ersten vier Ziffern der Seriennummer meines Phasers.«

»Das ist ja großartig.« Sulu bedachte ihn mit einem spöttischen Blick. »Wer also meinen Zugangscode wissen will, kann ihn jederzeit an deiner Hüfte ablesen?«

»Ich laufe doch nicht ständig mit einem Phaser bewaffnet herum …«

Uhura räusperte sich und marschierte in Richtung Tür. »Ich gehe jetzt essen«, verkündete sie. »Kommt ihr mit, oder wollt ihr lieber hierbleiben und euch die ganze Nacht lang streiten?«

Chekov schüttelte seufzend den Kopf. »Ich muss dem Captain diesen Vorfall melden. Selbst wenn Sulu die Tür weit offen gelassen hätte, muss man das, was hier geschehen ist, als einen Akt von vorsätzlichem Vandalismus betrachten. Captain Kirk muss darüber sofort informiert werden.« Er öffnete die Tür für Uhura. »Wenn ich kann, komme ich später nach.«

»Ich weiß, was ›später‹ bei Ihnen bedeutet – üblicherweise sehen wir uns dann frühestens in einer Woche wieder.« Uhura blieb auf der Schwelle stehen, während Chekov hinausging, und sah zu Sulu zurück. »Und Sie kommen auch nicht mit?«

Sulu schüttelte den Kopf. »Ich muss die Pflanzen wässern und teilweise umtopfen, wenn ich will, dass sie überleben. Wenn ihr nett sein wollt, könnt ihr mir ja etwas Essbares mitbringen.«

»Versprochen.« Die Tür schloss sich und glitt sofort wieder auf. Chekov steckte den Kopf ins Zimmer. »Das hätte ich beinahe vergessen: Dr. McCoy sagte, du wärst heute nicht zur Untersuchung erschienen. Er möchte, dass du heute Abend noch zur Krankenstation kommst.«

Sulu warf einen Blick auf seine lädierten Pflanzen und schüttelte den Kopf. »Das wird bis morgen früh warten müssen.«

Chekov machte ein besorgtes Gesicht. »Das wird ihm aber gar nicht gefallen.«

»Ich weiß.« Sulu zuckte die Achseln. »Aber es ist doch nur eine medizinische Routineuntersuchung. Wie sehr kann er sich darüber schon aufregen?«

 

»Mr. Sulu.« Ein Frühstückstablett landete krachend auf dem Tisch im Aufenthaltsraum, und dem Klappern folgte ein dumpfer Laut, als sich Dr. McCoy auf den freien Stuhl fallen ließ. »Haben die Worte ›permanente genetische Schädigung‹ irgendeine Bedeutung für Sie?«

Sulu zuckte zusammen und blickte schuldbewusst von seinem halbverzehrten Stapel Pfannkuchen auf. »Äh – dass ich deswegen gerüffelt werde?«

McCoy stieß ein Schnauben aus und strich Butter auf seinen Toast. »Da haben Sie verdammt recht.« Das Summen der Lebensmittelsynthetisierer, die einen stetigen Strom von Mahlzeiten für die erste Schicht ausstießen, konnte die Erschöpfung in McCoys Stimme nicht überdecken. »Das war eine dringliche Strahlungsprüfung, die Sie gestern Abend versäumt haben, junger Mann, keine normale Routineuntersuchung. Es wäre Ihnen ganz recht geschehen, wenn Sie heute morgen als riesige Karotte aufgewacht wären!«

Sulu zog den Kopf ein und versuchte Uhuras amüsierte Blicke zu ignorieren, die ein Stück weiter unten am Tisch saß. McCoy würde es ihm nie verzeihen, wenn er mitten in einer Strafpredigt anfinge zu lachen. »Tut mir leid, dass ich den Termin versäumt habe, Sir. Es gab bei mir eine kleine …«

»Doktor.« Spock, der am anderen Ende des Tisches saß, legte das elektronische Aufzeichnungsgerät, das ihm üblicherweise bei allen Mahlzeiten Gesellschaft leistete, beiseite und blickte auf. »Mir sind keinerlei Fallbeispiele von schwerer Zellmutation infolge von Subraumstrahlung bekannt, die nur für so kurze Zeit …«

»Verdammt, Spock, das war doch nur eine Redewendung.« McCoy warf dem Vulkanier einen finsteren Blick zu, während er den Kaffee umrührte. »Wie, zum Teufel, soll ich denn irgendwem an Bord Angst einjagen, wenn Sie mir ständig widersprechen?«

»Wenn Sie dabei nicht auf extreme Übertreibungen verfallen würden, Doktor, wäre ein Widerspruch nicht nötig.«

McCoy schnaubte. »Und falls die Brückenoffiziere zur medizinischen Untersuchung erscheinen würden, wenn ich das anordne, wäre es auch nicht nötig, ihnen Angst einzujagen.« Er warf Sulu einen scharfen Blick zu und wandte sich dann seinem Tablett zu. »Und versuchen Sie gar nicht erst, sich hier wegzuschleichen. Ich schleppe Sie mit zur Krankenstation, sobald ich mit dem Frühstück fertig bin.«

Sulu sah zur Zeitanzeige auf dem in die Wand eingelassenen Monitor und schnitt eine Grimasse. »Dr. McCoy, wenn ich zweimal hintereinander zu spät auf der Brücke erscheine, wird Captain Kirk …«

»… Ihnen verbieten, mit geschwätzigen Ärzten zu frühstücken.« Der Captain stellte sein dampfendes Tablett neben Sulu auf den Tisch. In seinen braunen Augen funkelte ein Lächeln. »Pille, ich konnte dein Gebrüll quer durch den Raum hören. Was ist denn jetzt wieder los?« Er betrachtete mit hochgezogenen Augenbrauen die Schale mit gelbem, dampfendem Schlamm auf dem Tablett des Doktors. »Eine Fehlfunktion der Nahrungsmittelprozessoren?«

Der Arzt bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Bestellt hatte ich Grütze«, erklärte er ungehalten. »Und wenn du nicht so ein schlechtes Vorbild für deine Offiziere abgeben würdest, müsste ich sie auch nicht anbrüllen. Hältst du dich eigentlich für unsterblich?«

Kirk nahm seine Gabel und tauschte einen ergebenen Blick mit Sulu. »Pille, darüber haben wir uns doch schon früher unterhalten. Wenn die Nahrungsprozessoren beim Synthetisieren alles gesättigte Fett aus Speck und Eiern entfernen …«

»Ich rede jetzt nicht über den bald fälligen Bypass«, erwiderte McCoy. »Ich spreche von deiner DNS. Die könnte möglicherweise noch schlimmer aussehen als dieses Rührei.« Er fuhr herum und deutete mit einem Löffel voll Grütze auf Spock. »Sagen Sie nichts.«

Der Vulkanier zog eine Augenbraue hoch. »Wenn Sie darauf bestehen, unangemessene Analogien zur Darstellung komplexer wissenschaftlicher Konzepte zu benutzen, Doktor, kann ich Sie vermutlich nicht daran hindern. Trotzdem würde ich gerne darauf hinweisen …«

»War dieser Strahlungsausbruch wirklich so schlimm?«, fragte Kirk, der über reichlich Erfahrung im Unterbrechen derartiger Streitgespräche verfügte.

McCoy zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Laut Mr. Spock waren alle Stationen der Brücke zu sehr damit beschäftigt, die Fehlalarme auszuschalten, um irgend etwas Brauchbares aufzuzeichnen.« Er bedachte den Vulkanier mit einem anklagenden Blick, den dieser wie üblich ignorierte.

»Unsere Datenaufzeichnungen sind nur bruchstückhaft, Captain, aber die Computeranalyse deutet auf eine kurzfristige, niederfrequente Strahlung hin, die höchstwahrscheinlich von einem fernen Neutronenstern stammt. Sie scheint sich zudem auf die oberen Decks des Schiffes beschränkt zu haben.«

Erinnerungen an weit zurückliegende astrophysikalische Unterrichtsstunden wurden in Sulu wach, und er warf dem Wissenschaftsoffizier einen fragenden Blick zu. »Wäre das für stellare Subraumstrahlung nicht ein etwas sonderbares Verhalten, Sir?«

»Allerdings.« Spock verschränkte nachdenklich die Hände. »Ich vermute, der von Sigma Eins ausgehende Gravitationseinfluss …«

»Es spielt keine Rolle, woher die Strahlung kommt oder wie sie hierher gelangt ist, Spock.« McCoy ließ seinen Löffel verärgert in die leere Schale fallen. »Solange wir nicht genau wissen, in welcher Stärke die Subraumstrahlung aufgetreten ist, will ich jeden überprüfen, der ihr möglicherweise ausgesetzt war. Das ist genau wie bei Tollwut – wenn man den Hund nicht erwischen kann, muss man sich um die Leute kümmern, die gebissen worden sind.«

Kirk seufzte, leerte seinen Teller und streckte dann die Hand aus, um sich McCoys letzten Toast zu holen. »Also gut, Pille, du hast gewonnen. Du darfst mich durch deinen DNS-Prüfer schicken.«

Der Doktor blinzelte überrascht. »Jetzt sofort?«

»Warum nicht?« Kirk nahm sein Tablett und schob es in den Müllschlucker. »Mr. Spock kann das Kommando auf der Brücke übernehmen, bis ich zurück bin.«

»Und was ist mit deinem Steuermann?«, fragte McCoy und legte Sulu eine Hand auf die Schulter, während er aufstand, um sein Tablett wegzuschaffen. »Kann ich ihn auch jetzt überprüfen?«

»Wenn es dich glücklich macht, Pille.«

»Sehr schön«, meinte McCoy strahlend, schob sein Tablett in den Abfallschacht und trieb die beiden zur Tür. »Wenn ich jetzt noch diesen großen Verbindungsoffizier von Sigma Eins erwische … wie heißt er doch gleich?«

»Purviance«, sagte Sulu.

»Genau, Purviance. Er hat sich gestern aus der Krankenstation verdrückt, bevor ich ihn mir vornehmen konnte. Aber vielleicht fange ich ja heute alle Fische auf einmal.« Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde noch breiter, als er John Taylors hochgewachsene Gestalt erspähte, die gerade den Turbolift gegenüber dem Aufenthaltsraum verließ. »He, Taylor. Wo steckt Ihr Verbindungsoffizier?«

Der Inspektor bedachte ihn mit einem argwöhnischen Blick, als traue er ihm nicht ganz. »Er hilft heute Gendron. Ich habe die beiden losgeschickt, um die Aufzeichnungen der Transporter auf Deck sieben zu überprüfen.«

»Gut. Dann können wir dort vorbeigehen und ihn zur Krankenstation mitnehmen.« McCoy folgte Sulu in den Turbolift und streckte den Arm aus, um Kirks Ellbogen zu packen, als der Captain stirnrunzelnd vor dem Inspektor stehenblieb. »Nun komm schon, Jim. Strahlungsuntersuchung, du erinnerst dich doch?«

Kirk presste die Lippen zusammen, ließ sich aber in den Lift ziehen. »Weshalb, zum Teufel, überprüfen Föderationsinspektoren unsere Transporteraufzeichnungen?«, fragte er, sobald sich die Lifttüren geschlossen hatten. »Ich dachte, sie sollten auf dieser Reise unsere Effizienz überprüfen.«

»Deck sieben«, wies McCoy den Lift an und wandte sich dann wieder dem Captain zu. »Jim, soweit ich das beurteilen kann, verstehen sie unter Effizienzprüfung, jede einzelne Vorschrift durchzusetzen, die sich irgendein Föderationsbürokrat jemals ausgedacht hat.«

Vor Sulus innerem Auge tauchten Rotstifte und endlose Reihen von Formularen auf. »Hat ihnen denn niemand gesagt, dass einige dieser Vorschriften für Starfleet völlig ungeeignet sind?«

»Offensichtlich nicht.« McCoys Augenbrauen zogen sich zusammen. »Sie haben bereits damit gedroht, mich zu melden, weil ich es zulasse, dass meine Ärzte während ihrer Dienstzeit medizinischen Forschungsarbeiten nachgehen. Wie es aussieht, kann ich ihnen einfach nicht begreiflich machen, dass wir nicht irgendein Fabrikkrankenhaus betreiben, in dem man sich jeden Tag mit irgendwelchen Unfallopfern befassen muss.« Der Turbolift kam mit einem Zischen zum Stehen. »Haltet die Kabine hier fest«, sagte der Doktor, während er darauf wartete, dass sich die Türen öffneten. »Ich brauche nur eine Minute …«

»Pille …« Kirks Einwand ließ den Doktor innehalten, bevor er den Lift verlassen konnte. Sulu richtete den Blick auf die Stelle des Korridorbodens, den Kirk fixierte, und spürte, wie sich sein Magen vor Schreck verkrampfte. Eine dunkelrote Blutspur zog sich über den sauberen Metallboden des Flurs und verschwand hinter den verschlossenen Türen des Transporterraums.

»Was, zum Teufel …«, fragte McCoy.

Schnelle Schritte erklangen auf dem Gang. »Sir!« Ein Transporter-Techniker tauchte atemlos neben Kirk auf, den Arm voller Einsatzunterlagen. Die Augen des jungen Fähnrichs weiteten sich vor Grauen, als er bemerkte, dass die Männer den blutbefleckten Boden anstarrten. »Sir, ich schwöre … ich habe meine Station für höchstens eine Minute verlassen! Die Inspektoren meinten, sie brauchten noch weitere Transporteraufzeichnungen …«

»Machen Sie sich jetzt darüber keine Gedanken.« Kirk schob den Techniker in Richtung des Transporterraums. »Öffnen Sie uns einfach nur die Türen.«

»Aye, Sir.« Der Techniker trat vor und betätigte mit leicht zitternden Händen die Schaltung. Sulu holte tief Luft und wünschte im gleichen Moment, er hätte das nicht getan. Trotz des eifrig arbeitenden Ventilationssystems roch die Luft, die aus dem offenen Transporterraum drang, nach verrottendem Fleisch.

»O mein Gott …« McCoy drängte sich an Kirk vorbei und blieb auf der Schwelle wie angewurzelt stehen. Seine Schultern zuckten, als hätte ihn jemand geschlagen. Sulu überwand sich selbst, trat zögernd einen Schritt vor und schaute dem Doktor über die Schulter. Er keuchte auf und drehte den Kopf zur Seite, als er begriff, dass sie zu spät gekommen waren.

Alles im Innern des Raums war rot verfärbt.