»Der orionische Zerstörer, der uns schon früher aufgehalten hat?« Uhura stieß gegen ihn, als er seine Position veränderte, um das Kriegsschiff im Auge zu behalten. »Was glauben Sie, werden sie tun?«
»Ich weiß nicht.« Der orionische Zerstörer schwebte jetzt direkt über der Hawking, und Sulu vermutete, dass das Shuttle mit Sensorstrahlen untersucht wurde. Geistesabwesend streckte er eine Hand aus, damit Uhura nicht abgetrieben wurde, und setzte eine der Hilfsdüsen ein, um ihren ursprünglichen Kurs wieder aufzunehmen. »Wenn sie die Föderationsfrequenzen überprüfen, werden sie wissen, dass wir hier sind. Aber was sie dann tun, weiß ich auch nicht.«
»Nun, uns aufsammeln, natürlich.« Die Verwunderung in Haslevs Stimme klang echt. »Die Orioner suchen mich schließlich.«
Sulu sah stirnrunzelnd zu dem Andorianer hinüber. »Ich dachte, Sie hätten gesagt, die Orioner wollten Sie umbringen.«
»Nun, ja«, gab Haslev zu. »Aber das war, bevor ich mich mit den Ergebnissen meiner Arbeit … äh … aus dem Staub gemacht habe.« Seine Antennen zuckten leicht. »Wenn sie mich töten, verlieren sie all das Geld, das sie bisher investiert haben.«
»Und die Orioner sind nicht gerade als verschwenderisch bekannt.« Sulu beobachtete, wie sich die Umyfymu plötzlich von dem Shuttle zurückzog. »Ich glaube, sie haben gerade das Problem im Warpkern entdeckt.«
»Glauben Sie, sie haben Chekov herausgebeamt?«, fragte Uhura.
»Kann sein, wenn sie ihn für Haslev gehalten haben.« Doch selbst während er das sagte, verriet ihm der dumpfe Schmerz in seinen Eingeweiden, dass er selbst nicht daran glaubte. Das orionische Schiff umkreiste das Shuttle. Seine Positionslampen sahen nicht anders aus als bei jedem beliebigen Frachter, doch die glatte, kraftvolle Bewegung verriet die mächtigen Triebwerke, die unter der rostigen Hülle verborgen waren. »Ich hoffe nur, sie beschließen nicht, das Shuttle in die Luft zu jagen, bevor es von selbst explodiert.«
»Aber dann würde es doch auch explodieren«, wandte Uhura ein.
»Es hat ja auch noch niemand behauptet, die Orioner wären besonders schlau.« Sulus Finger schlossen sich sinnloserweise fester um den Phaser, während ihm der Schweiß im Innern der Handschuhe über die Handfläche lief. Schwer atmend beobachtete er, wie die Umyfymu näher kam.
»Nun, wenigstens zerstören sie das Shuttle nicht.« Uhura verstärkte ihren Griff um Sulus Handgelenk. »In ein oder zwei Minuten sind sie in Transporterreichweite, nicht wahr?«
»Ja.« Uhuras Hand auf seinem Arm brachte Sulu auf eine Idee. Er zog Uhura auf die andere Seite hinüber und griff dann nach Haslev. Der Andorianer sah ihn verwundert an, versuchte aber nicht, ihm auszuweichen.
»Was haben Sie vor?«
»Ich will sicherstellen, dass wir alle zusammen hinübergebeamt werden.« Sulu packte Haslevs Oberarm und zielte dann mit dem Phaser genau auf den Kopf des Alien. »Außerdem will ich sichergehen, dass ich ein Faustpfand habe, wenn wir an Bord sind.«
»He!« Haslev krümmte sich unter dem Griff, doch die Stärke des Andorianers brachte ihm hier in der Schwerelosigkeit keinen Vorteil. »Sie können doch nicht …«
Ein greller Lichtstrahl bohrte sich durch die Dunkelheit und unterbrach ihn. Einen schrecklichen Augenblick lang dachte Sulu, das Shuttle wäre schließlich doch explodiert. Dann schob sich der Polarisationsfilter über sein Helmvisier und er begriff, dass er die tödliche Strahlung eines Phaserschusses gesehen hatte. Er zuckte über ihre Köpfe hinweg und verfehlte sie nur um wenige Kilometer.
Sulus Finger bohrten sich in den Arm des Andorianers. »Ich dachte, die Orioner wollten Sie lebendig haben!«, rief er über das plötzliche statische Knistern hinweg, als sich die Schirme der Umyfymu wieder aufbauten.
»Das stimmt auch! Es kann gar nicht anders sein!« Haslevs Gesicht war hinter seinem eigenen Polarisationsfilter verborgen, doch seine Stimme verriet deutlich den Schock, den er gerade erlitten hatte. »Ich habe ihnen doch alles gestohlen, als ich geflohen bin – meine Unterlagen, die Computermodelle, den Prototyp …«
Ein zweiter orionischer Phaserschuss zerschnitt die interstellare Nacht und wirkte in seiner Lautlosigkeit noch erschreckender. Sulu schloss die Augen und spannte alle Muskeln. Einen Moment später öffnete er sie wieder, überrascht, noch am Leben zu sein.
»Der war nicht annähernd so nah wie der erste Schuss«, stellte Uhura mit unnatürlicher Ruhe fest.
»Nein?«, fragte Sulu, während er beobachtete, wie sich das orionische Schiff in einer Art Ausweichmanöver von ihnen entfernte. »Was, zum …«
Die Antwort dämmerte ihm, einen Sekundenbruchteil bevor ein weiterer Lichtblitz aufflammte, dessen Ursprung jedoch hinter ihm lag. Sulu fluchte und benutzte die Korrekturdüsen, um seine Richtung zu ändern. Das vertraute silberne Schimmern des Schiffes, das über ihm hing, schnürte ihm die Kehle zu. Trotz des hässlichen Risses in der Hülle blieb diese Silhouette unverkennbar.
»Es ist die Enterprise!« Erstaunen und Erleichterung mischten sich in Uhuras Stimme. »Wie konnte sie so schnell hier sein?«
»Indem sie einige Schäden in Kauf genommen hat.« Sulu deutete auf die geschwärzten Krater in der Nähe des Lecks, wo Mikrometeorite die unvollständigen Schilde des Schiffes durchschlagen hatten. Der irisierende Schimmer der Schilde des Schiffes schwächte sich über dem Leck deutlich ab. »Lieber Himmel, ich hoffe, die Orioner bemerken das nicht. Wenn sie ihre Phaser auf diesen Punkt richten …«
»Ich glaube nicht, dass Captain Kirk ihnen genug Zeit lässt, um überhaupt irgend etwas zu bemerken.« Uhura zog instinktiv den Kopf ein, als der nächste Phaserschuss über sie hinwegzuckte. »Aber hoffentlich weiß er auch, dass wir hier draußen sind.«
»Es macht keinen Unterschied, ob er es weiß«, meinte Sulu grimmig. »Er kann uns nicht an Bord beamen, solange die Schilde oben sind, und er wird nicht das ganze Schiff wegen drei Leuten in Gefahr bringen. Er wird diesen Kampf also genauso ausfechten, als wären wir noch an Bord …«
»Aber einer dieser drei Leute bin ich!«, jammerte Haslev. »Ihr Captain kann mich doch nicht einfach hier draußen sterben lassen!«
»Ich wüsste nicht, weshalb nicht.« Sulus Sinn für Humor kehrte gerade rechtzeitig zurück, um die Spannung zu lösen, die sich in seiner Kehle zu einem erstickenden Knoten verdichtet hatte. »Sie müssen zugeben, dass dadurch eine ganze Menge Probleme gelöst würden.«
Der Andorianer starrte ihn an, doch als er den Mund öffnete, flimmerte er kurz auf …
… und materialisierte zusammen mit Sulu und Uhura in einem unvertraut wirkenden Transporterraum.
Kirk klammerte sich am Brückengeländer fest, als die Enterprise unter einem weiteren Phaserschuss der Orioner erzitterte. Die Verstrebungen der Hülle stöhnten unter der Belastung, während gleichzeitig die Alarmsirenen aufheulten. »Schadensbericht!«, rief Kirk, noch bevor die Erschütterungen nachgelassen hatten.
Der Lieutenant an der technischen Station erhob sich neben seinem Sitz auf die Knie. »Wir haben einen Teil der Schirme über den unteren Decks verloren, Sir. Mr. Scott hat schon eine Reparaturmannschaft mit der Wiederherstellung beauftragt.«
»Die orionischen Schilde zeigen ebenfalls Phaserschäden, Captain«, meldete Mullen von der Waffenstation. »Insbesondere im vorderen Bereich. Sollen wir unser Feuer darauf konzentrieren?«
»Nein!« Kirk richtete sich auf, ließ aber eine Hand am Geländer, während er die Flugbewegungen der Umyfymu auf dem Schirm verfolgte. »Diese vordere Strahlungsabschirmung dient nur der Tarnung. Feuern Sie weiter auf das Zentralsegment.« Er drehte sich halb zu Goldstein an der Kommunikationsstation um. »Sehen Sie zu, ob Sie den orionischen Commander erreichen können. Ich will wissen, was, zum Teufel, er sich dabei denkt, ein Föderationsschiff anzugreifen.«
»Aye, Sir!«
Phaserfeuer zuckte über den Bildschirm, und ein weiterer Treffer erschütterte die Brücke. Kirk rechnete fast damit, dass der Boden sich unter dem Schlag wölbte.
»Sie konzentrieren ihre Schüsse auf des Leck in der Hülle, Sir«, meldete der Lieutenant an der technischen Station. »Der Schirm droht dort zusammenzubrechen.«
»Bhutto!« Kirk machte einen Schritt vor und schlug auf die Lehne des Navigatorsessels. »Drehen Sie das Schiff! Bringen Sie diesen Bereich aus der Schusslinie. Spock …« Der Wissenschaftsoffizier beugte sich bereits über seine Sensoren. »Irgendein Hinweis auf das zweite orionische Schiff?«
Nur die Augen des Vulkaniers bewegten sich, als er die Schirme studierte. »Die Sensoren melden eine sehr weit entfernte Warpspur im Sektor vier neunundfünfzig, Captain.« Er sah zu Kirk hinüber. »Entweder die Mecufi oder dieses nichtidentifizierte Sensorenecho, das wir seinerzeit bemerkt haben. Wie auch immer, die Sensoren stellen keine Annäherung fest.«
»Behalten Sie es im Auge.« Kirks Hände ballten sich rhythmisch. »Sie könnten sich in Reserve halten in der Hoffnung, dann zuschlagen zu können, wenn wir nicht damit rechnen.« Er warf noch einen kurzen, forschenden Blick auf den Monitor und wandte sich dann an Goldstein. »Schon Glück gehabt mit der Verbindung, Fähnrich?«
»Kommt gerade zustande, Sir. Ich lege es auf den Schirm.«
Ein kleines Quadrat aus Licht und Farben explodierte in der rechten unteren Ecke des Sternenfeldes. Kirk erkannte die kräftigen jadefarbenen Gesichtszüge und den geflochtenen Bart des Commanders der Umyfymu, die von einer ganzen Reihe elektrischer Brände beleuchtet wurden. Die juwelenverzierten Zähne des Orioners wirkten in dem harten Licht fast violett. »Ich vermute, Sie wollen sich ergeben, f'deraxt'la.«
Kirk umklammerte die Rückenlehne des Kommandosessels fester. »Ich habe Sie kontaktiert, um Sie daran zu erinnern, dass der Angriff auf ein Schiff von Starfleet einen kriegerischen Akt darstellt. Die Föderation wird orionische Attacken gegen ein schutzloses Raumschiff nicht tolerieren …«
»Schutzlos!« Das knurrende Lachen des Orioners ließ seine Zähne aufblitzen. »Ganz so schutzlos ja wohl nicht.« Er schlug mit der Hand auf eine qualmende Konsole. »Davon abgesehen, kleines Säugetier, handelt es sich nicht um einen kriegerischen Akt, sondern um eine Bestrafung.«
»Eine Bestrafung weswegen?«, fragte Kirk.
»Sie haben gestohlene Militärtechnologie von einem Agenten der orionischen Regierung erhalten! Nach orionischem Gesetz wird derartiger Besitz mit Piraterie gleichgestellt.« Der Commander verzog den Mund zu einer Grimasse und beugte sich weiter vor. »Was macht Ihre Regierung mit Piratenschiffen, f'deraxt'la?«
Kirk runzelte die Stirn. »In der Regel jagen wir sie über die orionische Grenze zurück.«
»Tatsächlich?« Der Orioner klang aufrichtig überrascht. »Nun, wir jagen sie in die Luft.« Etwas neben ihm erregte seine Aufmerksamkeit. Seine Ohren legten sich zurück – für Orioner ein typisches Zeichen des Vergnügens –, als außerhalb des Bildschirms grölende Begeisterungsrufe laut wurden. »Wie ich höre, versagen Ihre Schirme über der beschädigten Stelle Ihrer Hülle«, erklärte er, als er sich mit breitem Lächeln wieder Kirk zuwandte. »Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht doch ergeben wollen?«
Kirk unterdrückte die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und machte hinter seinem Rücken eine an Goldstein gerichtete, schneidende Geste: »Verbindung unterbrechen!«
Das Abbild des Orioners flackerte und verschwand, als die Sterne wieder auftauchten.
Kirk machte seinem Ärger wenigstens etwas Luft, indem er mit der Hand auf den Interkomknopf schlug. »Scotty.«
»Maschinenraum, Scott hier.«
»Gibt es nichts, was wir tun könnten, um die Schirme über dem Leck zu schließen?« Auf dem Bildschirm schwang die Umyfymu herum, um einen neuen Angriff zu starten.
Als könnte er sehen, was Kirk beobachtete, sagte Scott: »Nicht, solange die Orioner ständig darauf schießen, Captain.«
Verdammt.
»Ich habe versucht, die Bruchstelle von ihnen abzuschirmen, Sir.« Bhutto hielt ihre Aufmerksamkeit fest auf die Konsole gerichtet und verfolgte die Position der Orioner ununterbrochen auf dem Navigationsschirm. »Sie bewegen sich sehr viel schneller als wir im Moment.«
Kirk nickte, verärgert darüber, dass er seine eigene Frustration an der Mannschaft ausließ. »Ich weiß.« Er ließ sich in den Kommandosessel fallen, der sich unter dem Aufprall drehte. »Fähnrich Mullen, wie viel Energie können wir auf die Steuerbordphaser legen?«
Der Fähnrich warf einen Blick auf die Anzeigen und zog dann fragend die Augenbrauen hoch. »So viel Sie möchten, Sir. Die Phaserbänke haben keinen Schaden genommen.«
Kirk gestattete sich ein Lächeln. »Gut.« Er schaltete abermals das Interkom ein. »Scotty, ich möchte, dass Sie alle Energie, die Sie erübrigen können, auf die Steuerbordphaser legen.«
»Wie Sie wünschen, Sir.«
»Fähnrich Mullen, unterbrechen Sie alle Befehle an die Steuerbordphaser, die über Ihre Konsole gehen – erwidern Sie das Feuer ausschließlich mit den Backbordphasern.«
Mullen nickte knapp. Die schmale Linie zwischen seinen Brauen zeigte, dass er den Sinn dieses Befehls nicht verstand, aber er tat, was ihm gesagt wurde. »Steuerbordphaser abgekoppelt, Sir. Backbordphaser feuerbereit.«
Kirk drehte sich nach hinten. Spock wartete bereits, die Hände in den Schoß gelegt, auf seine Anweisungen. »Mr. Spock, programmieren Sie bitte die Steuerbordphaser auf ununterbrochene, breitgefächerte Strahlung. Justieren Sie die Frequenz so, dass die orionischen Phaserschüsse polarisiert werden, und stellen Sie sicher, dass sowohl der Bereich über den Steuerbord-Phaserbänken als auch das Loch in der Hülle abgedeckt sind.«
Spock sah den Captain leicht vorwurfsvoll an. »Das ist die Standardprozedur, wenn die Phaser als depolarisierendes Verteidigungssystem eingesetzt werden, Captain.«
»Ich weiß, Spock, aber es ist schon eine Weile her, seit wir diesen Trick ausprobiert haben.« Er verzog den Mundwinkel zu einem leichten Grinsen. »Ich wollte nur sichergehen, dass Sie sich daran erinnern.«
Erwartungsgemäß wirkte Spock nicht sehr amüsiert.
Ein lautes Summen von der Kommunikationsabteilung erregte Kirks Aufmerksamkeit, als Spock sich seiner Konsole zuwandte. »Mr. Goldstein?« Er sah beunruhigt über die Schulter. »Probleme?«
»Ja, Sir …« Goldstein blickte unsicher hoch, eine Hand an den Ohrlautsprecher gedrückt. »Wir haben gerade zwei der externen Signale verloren, Sir. Wir stehen nicht mehr in Kontakt zur Shuttlebesatzung.«
An Bord der Hawking stieß Chekov eine lange Reihe von Verwünschungen aus und trat wütend gegen einen Helm, nachdem er zehn Minuten lang vergeblich versucht hatte, sich mit einer Hand von der Schlinge zu befreien.
Der Strang um seinen Hals war wie ein Würgeseil verdreht, als er sich in einen der leeren Passagiersitze fallen ließ. McCoy war schlauer gewesen, als Chekov ihm zugetraut hätte. Ganz unauffällig hatte er Chekovs Schlinge so befestigt, dass sie nicht ohne Mithilfe einer zweiten Person abgenommen werden konnte. Ein Gürtel um seine Brust drückte seinen Arm an die Seite; den Verschluss auf dem Rücken konnte er mit der gesunden Hand nicht erreichen, und das Band um seinen Nacken ließ sich nicht lösen, solange er den Arm nicht heben konnte. Die Furcht überkam ihn wieder, und er trat wütend gegen den Vordersitz, weil er nichts Sinnvolles tun konnte.
Wenn er Sulu den Phaser nicht gegeben hätte, könnte er versuchen, den Strang auf seiner Brust zu durchtrennen. Aber so, wie die Dinge lagen, hatte er nicht einmal ein Obstmesser zur Verfügung, um dem Gewebe zu Leibe zu rücken. Selbst die in den Raumanzügen steckenden Schrapnellsplitter waren durch das Nitrogen zu brüchig geworden, um von Nutzen zu sein. Wenn nur …
Er hielt inne und drehte sich nach hinten. Silberweiße Pfützen aus flüssigem Nitrogen sickerten noch immer aus dem Schrank, der die Raumanzüge enthalten hatte. Das Nitrogen verdunstete mit leisem Zischen und hinterließ eine Frostspur auf dem Boden. Chekov streckte einen Fuß aus und trat leicht auf einen der eisüberzogenen Metallsplitter, der unter seinem Stiefel zu Staub zerfiel.
Zum ersten Mal seit der Explosion empfand Chekov echte Hoffnung. Er beugte sich über den Mittelgang, nahm seine Jacke und wickelte sie sich um die Hand. Das Ergebnis sah recht klobig aus, aber er konnte seine Hand im Innern der Jacke gut genug bewegen, um eines der Metallstücke aufzuheben, ohne sich an dem eiskalten Stahl die Finger zu verbrennen. Der Stoff der Jacke knisterte, als er sich der Temperatur des Stahls anpasste, und Chekov versuchte, nicht daran zu denken, wie schnell die Kälte bis zu seiner Haut durchdringen würde, als er neben der Tür des Wandfachs in die Knie ging, um etwas von der Flüssigkeit mit dem Stahlstück aufzunehmen.
Seine Körperwärme ließ das Nitrogen schneller verdunsten, als es über den Verband auf seiner Brust laufen konnte, aber dennoch bildete sich zischendes Eis auf den Nylonfasern, und der Hauch von Nitrogen auf seiner Brust schnitt wie ein Messer durch seine Nerven. Eine zweite, winzige Portion der Flüssigkeit kühlte den Stoff soweit ab, dass er brüchig wurde; es erforderte kaum noch Anstrengung, die gefrorenen Fasern endgültig zu zerreißen.
Obwohl er deutlich spürte, dass er den Arm eigentlich schonen musste, fühlte sich Chekov dennoch erheblich besser, nachdem er die Schlinge um seinen Hals entfernt hatte. Mit dem festgebundenen Arm war er sich viel zu hilflos vorgekommen in einer Situation, die er auch so schon kaum unter Kontrolle hatte. Vorsichtig bewegte er die Schulter, während er mit dem Fuß Anzugteile hin und her schob. Er hatte Sulu angelogen – zumindest ein wenig; er konnte den Arm durchaus bewegen, wenn auch nur kraftlos und für kurze Zeit. Die Muskeln auf seiner Schulter schmerzten schon vor Anstrengung, nachdem er nichts Schwereres als eines der intakten Anzugoberteile aufgehoben hatte. Insofern war seine Rechtfertigung vielleicht doch nur eine halbe Lüge gewesen. Wahrscheinlich würde er den Arm gar nicht mehr bewegen können, nachdem er erst einmal einen funktionierenden Anzug zusammengesetzt hatte.
Der Torso, in den er sich hineinzwängte, wies an der Vorderseite einen fingertiefen Schnitt auf, der von der Schulter bis zur Hüfte reichte, dabei aber keines der lebenswichtigen Systeme beschädigt hatte. Das Gewicht des Anzugs beruhigte ihn, und er begann tatsächlich schon zu glauben, dass er diese fliegende Todesfalle doch noch verlassen und vielleicht sogar überleben könnte. Er befestigte auch den einen intakten Ärmel am Anzug und kniete sich dann vor den Schrank, um nach einem Reparatursatz zu suchen, der nicht durch die Explosion zerfetzt worden war.
Aber er konnte keinen finden.
Die Flicken aus zahllosen Reparatursätzen bedeckten den Boden; Zwei-Komponenten-Kleber bildeten dazwischen Pfützen, die sich dort, wo sie ineinander liefen, bereits verhärteten. Er strich den Riss in einer Hose glatt, sammelte dann mit den Fingern Klebstoff auf und schmierte ihn dick über die beschädigte Stelle. Er benötigte zwei Flicken und noch eine Handvoll Kleber, bevor der Riss abgedichtet war. Das nächste Loch war allerdings noch größer, und er hatte es erst zur Hälfte verschlossen, als sich die Klebstoffpfützen auf dem Boden so weit verhärtet hatten, dass sie nicht mehr verwendbar waren. Chekov krabbelte aus dem Schrank heraus, um seine Hand an den Überresten des Verbandes sauberzuwischen. Er hatte nicht genug Klebstoff, um auch nur einen einzigen Anzug zu reparieren, und er konnte es sich erst recht nicht leisten, dass nun auch noch seine Finger zusammenklebten.
Das schrille Heulen einer Sirene drang aus dem Cockpit zu ihm herüber. Chekov zuckte zusammen, als plötzliche Angst ihn wie ein Blitzschlag durchzuckte, und lauschte mit angehaltenem Atem auf die teilnahmslos klingende Computerstimme: »Kerntemperatur eintausendsiebenhundert Grad Celsius. Beschädigung der Abschirmung irreversibel. Zusammenbruch des Kerns steht bevor. Geschätzte Zeit bis zum Zusammenbruch: dreiundzwanzig Minuten, dreiundvierzig Sekunden.«