Kapitel 16

 

Sulu fuhr herum und blinzelte, um seine Augen nach der interstellaren Nacht an das helle Gleißen der Bogenlampen zu gewöhnen. Er sah sich von uniformierten Gestalten mit blauen Gesichtsmasken umgeben und drückte den Phaser fest gegen Haslevs Helm. »Wenn Sie versuchen, uns fortzubeamen, erschieße ich ihn«, warnte er sie über den Außenlautsprecher des Anzugs.

Ironisches Gelächter antwortete ihm anstelle des erwarteten orionischen Knurrens. »Tun Sie sich keinen Zwang an«, meinte eine Stimme trocken. »Auf diese Weise ersparen wir uns die Mühe, ihn einzusperren und zu Hause vor Gericht zu stellen.«

Sulu zuckte überrascht zusammen, als er begriff, dass das, was er für Schutzmasken gehalten hatte, in Wirklichkeit hellblaue Gesichter waren. Er hörte Muav Haslevs entsetztes Aufstöhnen über den Helmkanal.

»Sie sind Andorianer!« Sulu benutzte die freie Hand, um die Verschlüsse zu öffnen und seinen Helm abzunehmen, damit sie seinen Starfleet-Kragen sehen konnten. »Ist das hier ein Föderationsschiff?«

»Personentransporter Shras, gegenwärtig im paramilitärischen Einsatz bei der andorianischen Reserve.« Einer der Andorianer trat vor und verbeugte sich auf altmodische Weise. »Ich bin Captain Pov Kanin.«

»Gut.« Sulu wandte sich an den Techniker hinter der Transporterkonsole. »Wir haben einen Starfleet-Offizier auf dem Shuttle zurücklassen müssen. Beamen Sie ihn sofort her.«

»Bitte.« Uhura nahm ihren Helm ab. In ihren Augen leuchtete Hoffnung auf. »Wenn Sie unser Notrufsignal empfangen haben, wissen Sie auch, dass es dringend ist.«

Der Andorianer sah unsicher zu seinem Captain hinüber. »Sir?«

»Starfleet-Offiziere haben automatisch die Befehlsgewalt über alle planetaren Reserven«, sagte der Captain, während sich eine seiner Antennen leicht tadelnd senkte. »Selbstverständlich werden wir dem Wunsch des Lieutenant Commanders nachkommen. Erfassen Sie die Koordinaten des Shuttles und richten …«

Sulus Füße wurden ohne Vorwarnung unter ihm weggeschlagen. Er stolperte gegen die Rückwand des Transporterraums und sah dabei, wie sich Uhura an Haslev festhielt. Die Schiffswände stöhnten unter dem Einschlag eines Photonentorpedos, und die Mannschaft der Shras rief aufgeregt durcheinander, während einige zum Ausgang liefen.

»Captain!«, meldete sich eine nervöse Stimme über das Interkom. »Wir werden vom orionischen Polizeikreuzer Mecufi unter Beschuss genommen!«

»Schilde hoch! Sofort Ausweichmanöver einleiten!« Ein zweiter donnernder Schlag erschütterte die Shras, und Pov Kanin zischte einen Fluch. »Wie haben die uns gefunden?«, fragte er den graugesichtigen Offizier neben ihm. »Ich hatte Sie doch angewiesen, einen Kurs zu berechnen, der uns wie ein Sensorenecho erscheinen lässt!«

Sulu hatte wegen des metallverstärkten Anzugs einige Mühe, sich aufzurappeln. Er stieß sich von der Wand ab und marschierte zu Muav Haslev hinüber. »Setzen Sie den Helm ab!«, befahl er und schlug auf die Verschlussknöpfe an dessen Schulter. »Solange Sie die Klimaanlage des Anzugs benutzen, wird das Notsignal weiterhin ausgestrahlt …«

Der Alien stieß einen ungläubigen Schrei aus und warf den Helm fort. Sein Gesicht verfärbte sich vor Angst grau. »Warum haben Sie mir das nicht gesagt?«

»Ich hatte noch ein paar andere Dinge im Kopf.« Sulu drehte sich gerade noch rechtzeitig genug, um zu sehen, wie der andorianische Captain mitsamt seiner Mannschaft den Raum verließ, offensichtlich auf dem Weg zur Brücke. Der Steuermann presste entschlossen die Lippen zusammen. »Kommt mit. Wir wollen feststellen, ob wir ihn immer noch dazu bringen können, Chekov zu retten.«

Uhura warf ihm einen verwirrten Blick zu, als das Schiff unter einem dritten Treffer erzitterte. »Aber die Schilde sind oben! Jetzt können wir Chekov doch gar nicht an Bord beamen.«

»Nein, aber wir können andocken und ihn hereinholen.« Sulu reichte ihr den Phaser. »Hier, nehmen Sie den. Vielleicht brauchen wir ihn doch noch, wenn wir Haslev austauschen.«

»Das können Sie doch nicht tun!« Haslevs blasse Antennen zitterten vor Empörung. »Sie haben doch gehört, was die gesagt haben – die wollten Sie glatt schießen lassen!«

»Dann sollten Sie besser hoffen, dass das nur ein Scherz war.« Sulu stieg von der Transporterplattform und ging zur Tür. Uhura stieß Haslev mit dem Phaser an und zwang ihn, Sulu zu folgen.

Außerhalb des Transporterraums verlief ein schmaler Korridor, der sich offenbar über die ganze Länge des Schiffes erstreckte. An beiden Enden befanden sich Treppenschächte anstelle von Turboliften. Sulu vermutete, dass der Personentransporter nach dem Vorbild eines Kurierschiffs von Starfleet entworfen worden war – insgesamt vermutlich fünf Decks hoch und gerade breit genug für zwei Reihen von Kabinen auf den Passagierdecks. Er marschierte an verschlossenen Türen vorbei auf den vorderen Treppenschacht zu und spürte, wie das Schiff erzitterte, als es in den Warptransit ging.

»Sie versuchen zu fliehen!« Uhura drängte Haslev in den Schacht und stieß ihn an, damit er hinter Sulu die Leiter hinaufstieg. »Sie wollen die Enterprise allein gegen die Orioner kämpfen lassen!«

»Warum auch nicht?«, fragte Sulu keuchend, als er das nächste leere Passagierdeck erreichte. Er hörte, wie Haslev zögernd hinter ihm herkletterte. »Wie der andorianische Captain sagte, haben sie sich als Sensorenecho getarnt. Niemand kann ihn anklagen, weil er das Schlachtfeld verlassen hat, wenn niemand weiß, dass er überhaupt hier war.«

Uhuras Stimme hallte durch den Schacht. »Aber wir wissen, dass er hier war.«

»Genau das will ich ihm auch klar machen.« Sulu erklomm die letzten Stufen und betrat eine lange ovale Brücke. Eine kleine Gruppe uniformierter Andorianer hatte ihre Posten verlassen und drängte sich vor dem Hauptschirm. Von ihnen abgesehen wirkte die Brücke ebenso leer und verlassen wie das restliche Schiff.

Sulu griff nach unten, um den zögernden Haslev heraufzuziehen, und trat dann einen Schritt zur Seite, um Uhura Platz zu machen. »Sieht aus, als hätten sie nur eine Handvoll Leute für diese Reise abgestellt«, bemerkte er.

»Und auch noch eine ziemlich nutzlose Handvoll, wie es scheint.« Sie stieß Haslev mit dem Phaser vor sich her. Auf ihrem dunklen Gesicht zeichnete sich Entschlossenheit ab. »Vorwärts. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Haslev bewegte sich zögernd auf den vorderen Teil der Brücke zu. »Vielleicht ist es ja auch schon zu spät.«

»Halten Sie den Mund.« Sulu ging hinter ihm und geriet etwas ins Stolpern, als ein weiterer Photonentorpedo in der Nähe der Shras explodierte. »Einer der Orioner muss uns verfolgen – das war zu dicht für einen Fehlschuss auf die Enterprise

»Und warum stehen dann alle einfach nur herum?« Uhura schaltete den externen Anzuglautsprecher ein und rief mit ihrer so verstärkten Stimme über das Chaos aus Rufen und Alarmsirenen: »Alle Mann auf Gefechtsstation! Ich wiederhole: Alles sofort auf Gefechtsstation!«

Die Andorianer spritzten wie Teile eines explodierenden Nebels auseinander, und der Platz vor dem Bildschirm leerte sich. Pov Kanin ließ seine Kommandokonsole herumschwingen und starrte die drei erstaunt an. Hinter ihm dominierte die schlanke, raubtierartige Form des orionischen Polizeikreuzers Mecufi den geschwungenen Schirm. Sulus Miene verfinsterte sich noch mehr. Der konstante Winkel des Sensorenbildes verriet ihm, dass die Shras lediglich versuchte, ihrem Verfolger zu entkommen.

»Nennen Sie das ein Ausweichmanöver?« Sulu war mit zwei Schritten an der Steuerungskonsole und zerrte an der Schulter der Andorianerin, die dort saß. »Ich bin Starfleet-Pilot«, sagte er schroff und streifte die Handschuhe des Anzugs ab. »Überlassen Sie mir die Steuerung, bevor wir bis nach Sigma Eins geblasen werden!«

Die Pilotin warf einen raschen Blick auf ihren Captain und räumte dann den Platz. Sulu glitt hinter die Konsole, überprüfte die Anordnung der Instrumente und tippte dann eine Reihe von Kommandos ein. Die Shras schwenkte abrupt zur Seite.

»Was …« Kanin verstummte, als ein weiterer Photonentorpedo gleißend auf dem Schirm explodierte, allerdings weitab auf der Backbordseite des Schiffes. Die Shras erzitterte nur ganz schwach unter der Detonation. »Was haben Sie vor?«

»Ich bringe uns außer Torpedoreichweite – hoffe ich jedenfalls.« Sulu schaute zum Navigationspult hinüber, weil er dem graugesichtigen Navigator keine akkurate Schätzung der Entfernungen zutraute. Die Mecufi war während ihres Wendemanövers an ihnen vorbeigejagt und drehte nun ebenfalls um. Sulu wartete, bis das Schiff den neuen Kurs aufgenommen hatte, und ließ dann das andorianische Schiff in einer spiralförmigen Kurve abdrehen. Die Mecufi richtete sich wieder und wieder neu aus, während Sulu zufällige Lenkbewegungen machte, und fiel dabei jedes Mal etwas weiter zurück.

»Die Orioner täten besser daran, einen festen Kurs beizubehalten«, bemerkte Kanin und beugte sich über seine Konsole, um Sulus Manöver zu beobachten.

Sulu warf ihm ein knappes Lächeln zu. »Keine Sorge, darauf werden sie auch bald kommen. Aber wenn es soweit ist …« Er änderte abermals den Kurs, doch diesmal reagierte das orionische Schiff nicht darauf. Sein Lächeln verbreiterte sich, als er den Kurs anlegte, den er schon die ganze Zeit über im Sinn gehabt hatte. »Maschinenraum, ich brauche jetzt alle Energie, die Sie aufbringen können.«

»Bestätigt!«

Die Shras beschleunigte langsam und entfernte sich von dem Kreuzer. Es dauerte eine Weile, bis die Verfolger begriffen, dass sie es diesmal nicht mit einer weiteren Kursänderung zu tun hatten, und da befand sich die Shras bereits außer Torpedoreichweite. Das Bild der Mecufi schrumpfte hinter ihnen und verschwand schließlich ganz, als sie außer Reichweite der Scanner geriet.

»Für eine Weile sollten wir sie jetzt vom Hals haben.« Sulu richtete die Schiffsscanner nach vorn aus und sah dann zu Pov Kanin hinüber. »Ich habe Kurs auf drei neunundvierzig Punkt vier gesetzt.« Die Miene das Andorianers wechselte von Erleichterung zu Besorgnis, als er die Koordinaten erkannte. »Ich glaube nicht, dass Sie wegen Desertion aus einem Gefecht angeklagt werden wollen, wenn Sie nach Andor zurückkehren.«

»Aber …« Kanins dunkelviolette Augen verrieten echte Bestürzung. »Aber wir haben Sie doch gerettet!«

»Und dann unser Schiff im Stich gelassen, ganz zu schweigen von unserem Freund im Shuttle. Unser Leben zu retten, reicht nicht, um uns all das vergessen zu lassen.« Sulu warf einen Blick auf das Navigationspult und registrierte, wie die Anzeigen sich den vertrauten Koordinaten der Enterprise näherten. Schwaches Flackern in einer Ecke des Sichtschirms verriet, dass das Schiff noch immer gegen den orionischen Zerstörer Umyfymu kämpfte. »Wir sind jetzt in Kom-Reichweite zur Enterprise. Uhura, können Sie die Kommunikationskonsole bedienen und gleichzeitig Haslev in Schach halten?«

»Nein, aber ich kann dafür sorgen, dass Haslev das Pult für mich bedient.« Uhura stieß den andorianischen Physiker zur Kom-Station hinüber und winkte dem dort arbeitenden Techniker, seinen Platz zu räumen. »Vorwärts. Bewegung bitte.«

»Aber sobald wir anfangen zu senden, wissen die Orioner, dass wir hier sind!«, wandte Haslev ein.

»Nein, das wissen sie nicht. Wir benutzen einen codierten Richtstrahl zur Enterprise. Die Orioner werden nicht einmal merken, dass wir überhaupt senden.« Uhura stieß ihn abermals an, diesmal mit dem Phaser. »Los jetzt. Wir müssen Captain Kirk Bescheid geben, wer wir sind, bevor die Enterprise auf uns feuert.«

»Oh, das ist ja toll. Wenn die Orioner es nicht schaffen, uns umzubringen, erledigen das dann Ihre Freunde.« Haslev sank mit einem theatralischen Stöhnen auf den Sitz und ließ die Antennen deprimiert hängen. »Wieso habe ich es bloß für eine gute Idee gehalten, mich auf einem Starfleet-Schiff zu verstecken?«

Uhura warf ihm einen erschöpften Blick zu. »Wahrscheinlich, weil jeder andere Sie inzwischen schon umgebracht hätte. Also halten Sie jetzt die Klappe und kümmern Sie sich um das Funkgerät.«

 

»Captain!« Goldsteins aufgeregte Stimme übertönte das geschäftige Murmeln auf der Brücke der Enterprise. »Ich empfange eine codierte Nachricht auf einer Föderationsfrequenz! Sie kommt über Richtstrahl herein, Sir.«

Kirk ließ seinen Sessel zum Hauptschirm herumschwingen und bemühte sich, seine Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. »Auf den Schirm, Fähnrich.«

Eine unbekannte Brücke mit aktivierter Gefechtsbeleuchtung erschien am unteren Rand des Schirms. Die Ränder des Bildes flackerten in codierter Statik, die sicherstellte, dass niemand den Kanal anzapfen konnte.

»Hier spricht Captain James T. Kirk vom …« Der Captain hielt inne, als sich das Bild stabilisierte und ihm nicht nur vertraute Starfleet-Raumanzüge, sondern auch wohlvertraute Gesichter zeigte. »Sulu, Uhura – wo stecken Sie denn?«

»Auf dem andorianischen Reserveschiff Shras.« Sulus angespanntes Gesicht war schweißbedeckt, seine Haare durch den Raumhelm zerzaust. Hinter ihm rutschte ein schlanker Andorianer in der Uniform eines Captains der planetaren Reserve unruhig neben Uhura auf dem Kommandosessel herum und erweckte ganz den Anschein, als wäre er nicht besonders glücklich, hier zu sein. »Unser gegenwärtiger Kurs ist drei neunundvierzig Punkt fünf, Entfernung schätzungsweise zwanzigtausend Kilometer, abnehmend.«

»Das passt zur Position unseres Sensorechos, Captain«, sagte Spock leise hinter Kirk. »Und wenn meine Daten korrekt sind …«

Die Enterprise wurde von der Explosion eines Torpedos erschüttert, und Kirk fluchte leise, als Mullen nervös von der Waffenkonsole hochschaute. »Schaden an den hinteren Phaserbänken, Captain.«

Zu nah, viel zu nah. »Kurs ändern auf eins sechzig Punkt sechs«, rief Kirk. »Backbordphaser ausrichten. Feuer!«

»… wurde die Shras von orionischem Polizeikreuzer Mecufi angegriffen und abgedrängt«, beendete Spock den Satz gelassen.

»Oder sie ist geflohen.« Kirk warf dem andorianischen Captain einen scharfen Blick zu und sah, wie der Mann lavendelfarben anlief. Es handelte sich also eindeutig um den Kommandeur der Shras, und er war nicht gerade stolz auf sein Verhalten. »Ich nehme an, das geschah, bevor Sie die Steuerung übernommen haben, Sulu?«

»Aye, Sir. Die Orioner jagen uns noch immer, aber wir haben es geschafft, außer Torpedoweite zu kommen. Ich habe einen Kurs angelegt, der uns für sie als Sensorenecho erscheinen lässt.« Sulu holte tief Luft. »Sir, Chekov befindet sich noch immer an Bord der Hawking. Erbitte Erlaubnis, andocken und ihn herausholen zu dürfen.«

»Sie haben Chekov mitten in einem Kampfgebiet zurückgelassen?« Kirk fragte sich allerdings insgeheim, was Chekov überhaupt an Bord des Shuttles machte, doch auf diese Frage konnte er auch später noch zurückkommen.

Uhura und Sulu wechselten einen Blick, und der Steuermann zuckte die Achseln wie als Antwort auf eine Frage, die Uhura nicht ausgesprochen hatte. »Wir hatten nicht genug Raumanzüge für alle, Sir«, antwortete die Kommunikationsoffizierin schließlich. »Die meisten wurden bei der Explosion von Splittern durchbohrt …«

»… bei der auch die magnetische Abschirmung zerstört wurde«, fügte Muav Haslev von außerhalb des Bildschirms hinzu, »was den Warpkern völlig destabilisiert hat.«

»Haslev!« Sulu sah zu dem andorianischen Wissenschaftler hinüber, und Uhura zischte etwas Unverständliches.

»He«, beklagte sich Haslev, »nur weil Sie beide bereit sind, für Ihren Freund zu sterben, gilt das noch lange nicht für mich.«

»Und für mich auch nicht!« Der andorianische Commander reckte die Schultern und richtete empört die Antennen auf. »Wir werden nicht an einem Schiff andocken, dessen Abschirmung jeden Moment explodieren kann!« Er blickte Kirk finster an. »Captain, Sie können uns nicht zu einer derartig selbstmörderischen Aktion abkommandieren, nur um ein einziges Besatzungsmitglied zu retten.«

Wenn er einen tapferen Mann für jeden Feigling hätte, dem er im Verlauf seines Dienstes begegnet war, würde Kirk sich sehr glücklich schätzen. »Es ist wahr, Captain, ich kann Ihnen das nicht befehlen, ich kann Sie nur bitten …«

»Und ich kann mich weigern!«

»Ja, das können Sie.« Kirk sah zu Sulu hinüber und entdeckte in dessen Augen die gleiche Frustration, die auch er empfand. Ein Krachen erschütterte die Enterprise, und Kirk hörte, wie im Maschinenraum mehrere Alarmsirenen losheulten. Es blieb keine Zeit mehr, um noch weiterzureden, ganz zu schweigen von der Planung einer eher unwahrscheinlichen Rettung. »Tut mir leid, Sulu. Es sieht nicht so aus, als könnten wir irgend etwas tun.«

Sulu biss sich auf die Unterlippe, nickte aber steif. »Aye, Sir«, sagte er ohne Betonung. »Ich erwarte Ihre Befehle für den Einsatz im Kampf …«

»Soll das heißen, wir bleiben hier und kämpfen gegen die Orioner?«, fragte Haslev ungläubig. Er trat in den Bildbereich und packte den andorianischen Captain am Arm. Der Raumanzug wirkte an seiner zierlichen Gestalt zwei Nummern zu groß. »Kann er uns dazu zwingen?«

Die Augenbrauen des älteren Andorianers zogen sich zusammen. »Die erste Pflicht der Reserveflotte besteht darin, alle Aktionen von Starfleet zu unterstützen«, sagte er unglücklich. »Die Shras wird dieser Pflicht nachkommen.«

»Nun, anders wäre es mir lieber«, gab Haslev offen zu. Der Physiker richtete seine Aufmerksamkeit auf den Schirm. »Schließen wir einen Handel ab, Kirk. Wenn wir Ihren Mann retten, können wir uns vom Kampf zurückziehen?«

»Nein«, rief Kirk empört über die Frage. »Aber wenn Sie ihn freiwillig retten, werde ich das in meinem Bericht an Starfleet erwähnen. Auf Ihren Prozess könnte das durchaus Einfluss haben.«

»Vorausgesetzt, ich lebe überhaupt lange genug!«

»Es ist mein einziges Angebot.« Kirk hielt sich fest, als die Enterprise ein rasches Ausweichmanöver flog. Der Sichtschirm flackerte auf, als ein Torpedo hoch über der Brücke explodierte, ohne Schaden anzurichten. »Nehmen Sie es an oder lassen Sie es bleiben.«

»Ihr Leute von Starfleet seid alle so anmaßend«, beschwerte sich Haslev. »Also gut – der Handel gilt.«

»Und wie wollen Sie Ihren Teil erfüllen?«, platzte Sulu heraus. Der Ausdruck von Hoffnung auf Uhuras Gesicht ließ Kirk Sulus Ärger verstehen. »Wie, zum Teufel, wollen Sie Chekov retten?«

»Sie werden schon sehen.« Der Physiker rieb sich die Hände, und sein blaues Gesicht zeigte eine sehr zufriedene Miene. »Sie alle werden es sehen.«

»Was sehen?«, fragte Kirk.

Haslev holte tief Luft, seine Antennen zitterten. »Genau das, wofür die Orioner mich bezahlt haben.«

 

Chekov erhob sich und blieb für einen Moment im Mittelgang der Hawking stehen, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, nach vorn zu gehen, um die Meldung des Computers zu verifizieren, und dem Impuls, trotz seines unvollständigen Anzugs zur Luftschleuse zu rennen. Der Tod war nicht mehr nur eine erschreckende Möglichkeit, sondern besaß plötzlich eine sehr reale Präsenz. Er betrachtete die Schleusentür, und das Blut lief so kalt durch seine Adern wie das Nitrogen neben seinen Füßen. Rein technisch gesehen reichte sein Anzug aus, um im Vakuum zu überleben. Wenn er die Verbindungen, an denen eigentlich die Beine und der linke Ärmel angebracht werden sollten, abdichtete, würde die Atmosphäre in Oberteil und Helm erhalten bleiben – genug, um seine inneren Organe und das Gehirn am Leben zu erhalten, auch wenn er dabei höchstwahrscheinlich die ungeschützten Gliedmaßen durch Zellschäden und Kälte verlieren würde. Aber wenn das alles war, was er zu erwarten hatte, sollte er dann überhaupt das Shuttle verlassen?

Nein! Seine zitternde Hand bewegte sich auf die Schleusenkontrollen zu. Das Leben war jeden Preis wert. So war es für ihn immer gewesen, und so würde es auch bleiben. Wenn er überhaupt überlebte, war das an sich schon ein Wunder – er konnte es sich nicht leisten, wegen Nebensächlichkeiten zu zögern. Als er den Schalter drückte, um Luft in die Schleusenkammer zu pumpen, erstarrten seine Muskeln urplötzlich und zwangen ihn zu absoluter Reglosigkeit. Im nächsten Moment wich seine Panik der Erleichterung, als ihn ein vertrautes silbriges Glitzern einhüllte und das Kribbeln des Transporterstrahls die Wände um ihn herum verschwinden ließ.

Doch bei dem Raum, der sich jetzt schimmernd um ihn herum bildete, handelte es sich nicht um den Transporterraum der Enterprise. Die Wände rechts und links waren viel zu nahe, und das nachlassende Wimmern des Transporters klang zu laut und zu dicht an seinen Ohren; und als er materialisierte, fand nur ein Fuß festen Halt auf dem Deck. Unfähig, das Gleichgewicht in dem schweren Anzug zu halten, kippte er nach rechts, während sein Fuß in einem glatten, runden Becken landete, und er stürzte mit dem Gesicht voran zu Boden.

Ohne den teilweise gepanzerten Anzug wäre er durch den Sturz bewusstlos geworden. So knallte nur sein Helmvisier gegen schwarzen Marmor, ohne zu zerbrechen, und so hing er für einen Moment da und versuchte sich zu orientieren. Das Deck gehörte zu einem Starfleet-Schiff – ein anderes Shuttle, begriff er, als er sich auf einen Ellbogen stützte und das Marmorbecken unter sich wiedererkannte.

»Sulus Lilienteich?«

Alle weiteren Fragen verschwanden aus seinem Kopf, als ein kraftvoller Schlag seinen Rücken traf. Er krachte gegen die Wand, ohne auch nur den Boden zu berühren, und sein Kopf prallte schmerzhaft gegen die Innenseite des Helms. Er verlor halb das Bewusstsein und schnappte mühsam nach Luft, als ein weiterer Hieb seine Brust traf und ihn wieder gegen die Wand schleuderte.

»Wie?«

Chekov griff blindlings nach dem brüllenden Monster vor ihm und legte beide Händen um einen Unterarm, der so kräftig war, dass er ihn nicht einmal umschließen konnte.

»Wie konnten Sie ihn benutzen?« Lindsey Purviance drängte sich so dicht an Chekov, dass das orangerote Blut aus seiner aufgerissenen Seite den Raumanzug wie altes Öl verschmierte. »Sagen Sie mir, wodurch Sie in der Lage waren, die Transschild-Anode zu benutzen, f'deraxt'la, oder ich breche jeden einzelnen Knochen in Ihrem Körper, um es zu finden.«