Kapitel 17

 

Sulu starrte angespannt auf den andorianischen Bildschirm und versuchte, den winzigen Fleck der Hawking zwischen den Sternen auszumachen. Er entdeckte das Shuttle schließlich in der linken unteren Ecke des Schirms, wo es sich gegen das ferne weiße Feuer abhob, das zwischen Enterprise und Umyfymu explodierte. Auf diese Entfernung ließ sich nicht feststellen, ob sich Chekov noch an Bord befand.

»Wie sieht unsere Position in Bezug auf den orionischen Polizeikreuzer aus?«, fragte Captain Kanin nun schon zum dritten oder vierten Mal.

Sulu überprüfte die Anzeigen auf seiner Konsole und rieb sich geistesabwesend die Falte, die sich auf seiner Stirn gebildet hatte. Es galt, ein diffiziles Gleichgewicht aufrechtzuerhalten: Er musste innerhalb der Transporterreichweite bleiben, zugleich aber auch außerhalb des vermutlichen Explosionsradius, und zudem musste er den Kurs der Mecufi so genau kopieren, dass ihr Schiff für die Orioner wie ein Sensorenecho erschien. Der Polizeikreuzer durchstreifte langsam den Sektor, in dem ihre Warpspur geendet hatte, und versuchte, sie durch wahllos abgefeuerte Phaserschüsse aufzuscheuchen.

»Wir sind immer noch etwa siebentausend Kilometer von den Orionern entfernt.« Sulu richtete den Blick wieder auf den Schirm und wünschte sich, er könnte am Äußeren der Hawking ablesen, ob Muav Haslevs neue Technologie funktioniert hatte. Es kam ihm so vor, als wäre der Physiker bereits seit Stunden zusammen mit Uhura unten im Transporterraum, aber Sulu wusste auch, dass er sich in Krisenzeiten nicht auf seinen Zeitsinn verlassen konnte.

Kanin rutschte nervös auf seinem Sessel hin und her. »Und unsere Entfernung zu den anderen Schiffen?«

»Fast vierzehntausend Kilometer.« Sulus Kopf fuhr herum, als er das unverkennbare metallische Kratzen von Raumanzügen hörte, die über Leitersprossen streiften. Haslevs flachsblonder Kopf tauchte im Schacht auf, seine Antennen wanden sich triumphierend.

»Es hat funktioniert!« Der Physiker deutete mit beiden hochgereckten Daumen auf Pov Kanin, der sich sichtlich versteifte. Sulu vermutete, dass diese Geste bei den Andorianern eine gewisse Verachtung ausdrückte. »Diese Beam-Technik, von der all ihre dummen Admirale behauptet haben, sie würde nie einsetzbar sein – ich habe sie zum Funktionieren gebracht!«

»Sie glauben, sie hat funktioniert«, schränkte Uhura ein, die hinter ihm auf die Brücke kletterte. »Wir werden es erst sicher wissen, wenn wir die Bestätigung von der Enterprise erhalten.« Doch trotz dieser vorsichtigen Bemerkung schwang eindeutig ein gewisser Optimismus in ihrer Stimme mit.

»Sie haben es geschafft, Chekov durch die Schilde hindurch zu beamen?« Selbst als er diese Frage stellte, empfand Sulu den gleichen Unglauben wie zu dem Zeitpunkt, als Haslev ihnen zum ersten Mal erzählt hatte, was er für die Orioner entwickelt hatte. Von allen Lektionen, die man bei Starfleet lernte, lautete eine der grundlegenden: Transportiere niemals etwas durch die Verteidigungsschirme eines Schiffes. Das Problem war nicht die Fähigkeit des Beamstrahls, den Schirm zu durchdringen, sondern das Durcheinander, das am anderen Ende ankam. Sulu schluckte schwer, als er sich an den roten Schleim erinnerte, zu dem Sweeney, Purviance und Gendron geworden waren.

»Ich glaube, wir haben ihn durchgebracht.« Uhura schob sich an Haslev vorbei und ging zur unbesetzten Kommunikationsstation. »Ich werde die Enterprise über Richtstrahl kontaktieren, um sicherzugehen, aber ich habe Haslev einen Test mit einer der Anzugbatterien durchführen lassen, bevor wir Chekov hinübergeschickt haben. Das Kontrolldisplay meldete korrekten Empfang des Strahls an der Transschild-Kathode …«

»Transschild-Anode«, korrigierte Haslev scharf. »Es heißt Anode, weil es die Subraum-Bosonen des Transporterstrahls auf die gleiche Weise anzieht wie eine Anode die Elektronen. Aus diesem Grund kann der Strahl auch durchgehen …«

»Haben Sie die Batterie zurückgeholt, um zu sehen, ob alles in Ordnung war?«, unterbrach Sulu den Physiker. »Bevor Sie Chekov durchgeschickt haben?«

»Nein«, sagte Uhura und öffnete die Grußfrequenzen zur Enterprise. »Ich hatte Angst, zu lange zu warten – Haslev brauchte ewig, um den Transporter zu reprogrammieren, und dann mussten wir auch noch eine zusätzliche Energieeinheit anschließen, um den Strahl zu verstärken.«

»Und außerdem funktioniert meine Technik gar nicht auf diese Weise!«, warf Haslev scharf ein und bedachte Sulu mit einem finsteren Blick. »Die Anode kann einen Transporterstrahl lediglich empfangen, aber keinen erzeugen. Um die Batterie zurückzuholen, brauchten wir eine zweite Anode auf diesem Schiff. Aber im Moment befindet sich die einzig existierende Anode auf Ihrem Schiff.« Er hob einen Finger und deutete auf Sulu. »In Ihrer Kabine.«

»In meiner Kabine?« Sulus Augen weiteten sich, als er an die wiederholten Einbrüche dachte. »Deshalb sind Sie also dort eingedrungen.«

Haslev zog ein beleidigtes Gesicht, aber bevor er antworten konnte, drehte sich Uhura an ihrer Konsole um. »Sulu, ich bekomme keine Antwort von der Enterprise«, sagte sie stirnrunzelnd. »Weder auf den allgemeinen Ruf, noch auf meine Frage nach Chekov. Überhaupt nichts.«

Sulu suchte auf dem Schirm nach den spinnwebartigen Lichtexplosionen, die den Kampf zwischen Enterprise und Umyfymu anzeigten. »Scannen Sie alle offenen Starfleet-Kanäle«, schlug er vor.

»Scanning läuft.« Sie strich mit einer Hand über die Konsole, lauschte konzentriert und schnappte dann entsetzt nach Luft. »O mein Gott! Alles, was ich hereinbekomme, ist das automatische Notsignal des Computers. Er behauptet, jegliche Kommunikation mit der Brücke wäre zusammengebrochen!«

 

Die Sterne verschwanden, als eine statische Subraumstörung über den Schirm der Enterprise zuckte. Kirk sah überrascht hoch, als die Lichter auf der Brücke gedämpft wurden und die Alarmsignale an sämtlichen Stationen losheulten. »Was ist jetzt wieder los?« In dem Getöse konnte er seine eigene Stimme nicht mehr hören.

Spocks Hand legte sich von hinten auf seine Schulter. »Wir scheinen abermals von einem Subraumstrahl getroffen worden zu sein«, rief ihm der Vulkanier ins Ohr.

»Wieso?« Kirk erhob sich, damit Spock notfalls von seinen Lippen lesen konnte. »Woher ist er gekommen?«

Spock schüttelte den Kopf. »Unbekannt, Captain. Alle Kontrollen sind ausgefallen.«

Kirk beugte sich vor und sah dem Steuermann über die Schulter. Der Deflektoralarm der Navigationskonsole betäubte ihn fast, und Kirk streckte die Hand aus, um ihn abzuschalten, während er fragte: »Funktioniert die Steuerung noch?«

Der Pilot schüttelte den Kopf und versuchte, die Sirenen an seinem eigenen Pult unter Kontrolle zu bringen.

Eine nach der anderen erloschen die Sirenen und hinterließen in Kirks Ohren ein wildes Klingeln. »Impulsantrieb abstellen!«, befahl er dem Maschinenraum, als ein Phasertreffer ihn gegen die Konsole stolpern ließ. »Verdammt! Haben wir überhaupt noch Schilde?«

»Kann ich nicht sagen!« Mullen klang verzweifelt. »Meine Station zeigt keinerlei Informationen über den Zustand der Verteidigungsanlagen.«

»Schilde und andere automatische Systeme sollten von der Strahlung nicht beeinträchtigt worden sein«, bemerkte Spock. »Da allerdings die Steuerbord-Phaserbänke nicht mehr unter unserer Kontrolle stehen, wird die depolarisierende Verteidigungsleistung in einer Minute und dreiundfünfzig Sekunden zu zufälligen Phaserschüssen degenerieren.«

Schön, dachte Kirk grimmig, zumindest sterben wir mit Präzision. »Mr. Goldstein, wie sieht es mit der Kommunikation aus? Können wir manuell einen Richtstrahl zur letzten bekannten Position der Shras schicken?«

Goldstein wandte sich der Konsole zu. »Ich kann es versuchen, Sir.«

Kirk zwang sich, ruhig zum Kommandosessel zurückzugehen und nicht auf den knisternden Schirm zu blicken, bevor er nicht saß und die Hände um die Lehnen gelegt hatte. Die Störungen färbten den Schirm immer noch grellweiß. Kirk starrte das Bild geraume Zeit an, bevor er fragte: »Bedeutet die Interferenz, dass wir nicht mehr senden können?«

Goldstein schwieg einen Moment, während er sich an seiner Konsole abmühte. »Ich glaube, dadurch wird lediglich unser Empfang beeinträchtigt, Sir«, sagte er schließlich. »Aber genau kann ich das nicht sagen. Meine Instrumente zeigen auf keiner Frequenz eine Antwort an.«

»Ich vermute, unsere eigenen Geräte arbeiten fehlerhaft, Captain.« Nachdem die Sirenen ihn nicht länger zu übertönen versuchten, sprach Spock wieder so ruhig wie gewohnt, während die Notsignale der Wissenschaftsstation rötliche Schatten über sein Gesicht warfen. »Wie beim letzten Mal hat die Subraumstrahlung ihre Interferenzmuster auf den Schirm übertragen. Nach unserem gegenwärtigen Energieverbrauch zu urteilen, glaube ich allerdings, dass die Sendeanlage weiterhin funktioniert.«

Kirk nickte und starrte den Schirm an, als könnte er die Störungen durch reine Willenskraft zum Verschwinden bringen. »Shras, hier ist die Enterprise. Ein Ausbruch von Subraumstrahlung hat unsere Kontrolle über Steuerung und Schutzschilde beeinträchtigt und uns den Angriffen des orionischen Zerstörers Umyfymu schutzlos ausgeliefert. Wir brauchen ein sofortiges Ablenkmanöver Ihrerseits. Letzte aufgezeichnete Position der Orioner …« Kirk warf einen raschen Blick auf die Steuerkonsole, »… lag bei Kurs zwei fünfundsechzig Punkt sieben, Entfernung siebentausend Kilometer, abnehmend …«

Die grelle Explosion eines Torpedos erschütterte das Schiff und ließ einige der Besatzungsmitglieder von ihren Stationen zurücktaumeln. Kirk klammerte sich mit grimmiger Miene fest und kniff die Augen gegen das blendende Licht zusammen. »Ich wiederhole, wir brauchen sofort ein Ablenkungsmanöver! Ich zähle auf Sie, Sulu – Kirk Ende.«

 

Sulu wartete nicht ab, bis Kirks Bild vom Schirm verschwand – er tippte bereits einen neuen Kurs in den Steuerungscomputer. »Antrieb, Warp drei.« Er warf einen durchdringenden Blick auf den zögernden andorianischen Ingenieur, als er keine Reaktion des Schiffes spürte. »Sofort! Oder Uhura schießt Sie wegen Nichtbefolgung von Starfleet-Befehlen nieder.«

Die Shras brach abrupt aus ihrer Kreisbahn aus und schoss in Richtung des fernen Feuergefechts. Sulu behielt den Navigationsschirm genau im Auge und schätzte die Entfernung zum Kampfgebiet ab. Er spürte, wie Uhura hinter ihn trat.

»Sulu, diese Geschichte beunruhigt mich«, sagte sie leise. »Wie konnte die Enterprise von einer weiteren Subraumstrahlung getroffen werden? Der letzte hat sie bei Sigma Eins erwischt, und davon sind wir Lichtjahre entfernt. Ist das nicht merkwürdig?«

»Sehr merkwürdig.«

Uhura machte eine Pause. »Glauben Sie, es ist eine neuartige Waffe der Orioner?«

Das metallische Knirschen eines Raumanzugs ließ Sulu herumfahren. Muav Haslev wand sich mit eindeutig schuldbewusster Miene in seinem Sessel. Mehrere bislang unverbundene Informationen setzten sich plötzlich zu einem Bild zusammen, das Sulu mit flammendem Zorn erfüllte. Er beugte sich vor und starrte den Physiker an. »Es ist keine Waffe«, sagte er anklagend. »Es ist Haslevs Transschild-Anode!«

Das Zusammenzucken des Andorianers bestätigte seine Vermutung, und Sulu schnaubte angewidert, als er sich wieder Uhura zuwandte, die ihn fragend ansah.

»Ein Ausbruch von Subraumstrahlung muss als Nebeneffekt entstehen, wenn jemand über die Transschild-Anode gebeamt wird«, erklärte Sulu. »Der erste Impuls bei Sigma Eins stammte von Haslev, als er an Bord der Enterprise beamte. Dieser hier …« Er warf einen Blick auf die kämpfenden Schiffe, die aus dieser Entfernung zwergenhaft wirkten. »Dieser stammte von uns, als wir Chekov zum Schiff gebeamt haben.«

Uhura starrte Haslev an. »Ist das wahr?«

»Nun, grundsätzlich …« Der Physiker kratzte sich verlegen an einem seiner Kopffühler. »Ich muss gestehen, dass es noch ein paar Schwachstellen im Anodensystem gibt. Aber der Strahlungseffekt ist lediglich vorübergehender Natur …«

»Mitten in einer Schlacht kann selbst ein vorübergehender Instrumentenausfall fatal sein!« Uhuras normalerweise sanfte Stimme klang hart vor Wut. »Warum haben Sie uns nicht gewarnt?«

»Weil Sie darauf bestanden haben, das Gerät zu benutzen!«

Hinter ihnen räusperte sich Captain Kanin. »Wenn der Strahlungseffekt nur vorübergehend ist, können wir dann nicht einfach abwarten, bis die Verteidigungssysteme der Enterprise wieder funktionieren?«, fragte er etwas unbehaglich.

»Nein.« Sulu wandte sich wieder seinen Kontrollen zu und bereitete sich auf die Schlacht vor, als die Explosionen näher rückten. »Beim letzten Mal, als das passiert ist, haben wir fast drei Minuten lang keine Steuerungskontrolle mehr gehabt. Wenn das diesmal bei der Waffenkontrolle geschieht, wird die Enterprise vernichtet. Wir müssen ihr helfen.«

»Aber das ist doch Wahnsinn!«, protestierte Captain Kanin. »Wie sollen wir denn einem Raumschiff der Constitution-Klasse in irgendeiner Weise helfen? Wir sind doch nur ein Personentransporter – und wir haben nicht einmal Waffen!«

»Nein, aber die Mecufi.« Irgendwo hinter ihnen hatte das zweite orionische Schiff ihr plötzliches Auftauchen bemerkt und sich an die Verfolgung gemacht, dessen war sich Sulu sicher. »Wenn wir es richtig anstellen, können wir Captain Kirk genau die Ablenkung verschaffen, die er braucht.«

 

Chekov stemmte die Füße gegen die Wand und versuchte sich zu recken, damit er nicht vom Kragen seines eigenen Anzugs erwürgt wurde.

»Sagen Sie es mir!«, brüllte Purviance. Seine blutige Faust prallte wieder gegen die Brustplatte, und Chekov spürte, wie die Kontrolleinheit mit erschreckender Leichtigkeit zerbrach. »Ich weiß, dass Sie eine zusätzliche Komponente besitzen. Ich will die Transschild-Anode haben – geben Sie sie mir, oder ich reiße sie Ihnen aus den Eingeweiden!«

Chekovs Füße rutschten an der Wand ab, und seine Schulter wurde schmerzhaft gegen den Armverschluss des Anzugs gedrückt. »Was geben?«, keuchte er mit zusammengebissenen Zähnen und geschlossenen Augen. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden!«

Purviance verstärkte seinen Griff an der Vorderseite des Anzugs und stieß Chekov warnend gegen die Wand. »Wie sind Sie zurück an Bord gekommen?«

»Ich weiß nicht!«

»Lügner!«

»Wie sind Sie hierher gekommen?«, fragte Chekov zurück. Mit einem Fuß hatte er eine vorragende Stelle in der Wand hinter sich entdeckt, und nun ließ er die linke Hand sinken, als wolle er sich abstützen. »Man hat Ihr genetisches Material nach dem Transporterunfall gefunden – Sie konnten gar nicht überleben.«

Purviance stieß ein grollendes Gelächter aus und legte beide Hände auf Chekovs Anzug. »In den Überresten im Transporterraum hat man Lindsey Purviances genetisches Material entdeckt«, erklärte der Orioner. »Um das sicherzustellen, genügte schon eine menschliche Hand. In dem ganzen Chaos dort konnten Sie gar nicht mehr feststellen, ob Sie es mit zwei oder drei Körpern zu tun hatten, daher führten drei verschiedene DNS-Sätze dazu, dass Sie Ihre eigenen Schlussfolgerungen zogen. Als Gendron den Transporter-Techniker fortschickte, dachte ich schon, ich müsste mich selbst opfern. Aber es ist gut, dass Ihre Wachen so bereitwillig tun, was ihnen ein Senioroffizier aufträgt, denn andernfalls hätte ich Sweeney vermutlich nie in den Transporterraum hineinbekommen.«

Chekov unterdrückte eine Verwünschung. »Ich fürchte, ich werde nicht so gut kooperieren.«

»Wir werden ja sehen.« Die allzu menschlich erscheinenden Augen verengten sich zu brutalen Schlitzen, als Purviance sich vorbeugte und weiße Atemwolken gegen das Helmvisier blies. »Ich will dieses Rattenloch mit meiner Beute verlassen, Lieutenant Chekov, aber der Transporter meiner Leute kann die Schilde nicht durchdringen. Wenn Sie hereinkommen können, ich aber nicht hinaus, dann müssen Sie ein Geheimnis besitzen, das ich brauche.« Er griff nach unten und packte Chekovs Oberschenkel mit seiner fleischigen Hand. »Wie viele Knochen ist dieses Geheimnis wert?«

Keinen, soweit es Chekov betraf. Ohne den Blick von Purviance zu wenden, stützte er sich an der Wand ab und warf sich so hart, wie er konnte, gegen das Gesicht des Gegners. Seine Faust traf auf orionische Muskeln, die so fest waren wie ein menschlicher Knochen, und er begriff im gleichen Moment, dass diese Aktion ein Fehler gewesen war. Purviance zerschmetterte das Visier des Helms mit einem einzigen Schlag, und Chekov fühlte sich plötzlich gegen die Rückseite des Helms gepresst, während sich eine riesige orionische Hand über seine untere Gesichtshälfte legte.

»Dafür«, erklärte Purviance fast schnurrend, »zerbreche ich Ihren Kiefer.«

Chekov wand sich unter dem plötzlich fester werdenden Griff und trat blindlings aus. Er spürte, wie ein Fuß auf Fleisch traf, und diesmal krümmte sich der Orioner mit einem Schmerzensschrei zusammen. Der Griff, der ihn gehalten hatte, war plötzlich verschwunden. Chekov fiel neben dem Orioner zu Boden und rollte sich so weit wie möglich in dem engen Shuttleabteil von ihm fort.

Blut, zu einer dicken, orangeroten Schicht geronnen, bedeckte die Uniform das Saboteurs vom Ellbogen bis zum Knie. Nach dem Gefecht in der vergangenen Nacht hatte er nicht das Glück gehabt, eine Behandlung durch McCoy genießen zu dürfen, und Chekov wusste, dass dies der einzige Umstand war, der zu seinen Gunsten sprach. Er rollte sich auf die Knie, packte den Rand von Sulus Lilienteich und holte mit aller Kraft aus. Eine Batterie, die offenbar zu einem Raumanzug gehörte, flog aus dem Becken, und dann traf das Becken den Orioner, als dieser sich gerade auf alle viere erhob. Mit einem überraschten Grunzen ging er wieder zu Boden, und Chekov erhob sich, um ein zweites und drittes Mal zuzuschlagen. Beim vierten Hieb zerbarst der künstliche Marmor mit einem dumpfen Knall, und ein silbernes Glitzern verteilte sich zwischen den am Boden liegenden Bruchstücken. Elektronische Komponenten. Diese Transschild-Anode? Eingebettet in den Lilienteich? Aber warum?

Chekov beschloss, über dieses Rätsel später nachzudenken. Jetzt zählte nur, dass Purviance diese Anode – beziehungsweise ihre Bestandteile – nicht in die Hände bekommen dürfte. Chekov drückte sich an Purviances stöhnender Gestalt vorbei, sammelte die größten Stücke des Geräts auf und stolperte zur Tür.

Die Hauptkabine des Shuttles war leer, die Luke nach draußen geschlossen. Das Shuttle selbst befand sich jedoch noch im Hangar der Enterprise – Chekov konnte die Wände und einige der anderen Shuttles erkennen. Demnach befand er sich in relativer Sicherheit, wenn es ihm gelang, das Shuttle zu verlassen. Er blieb vor der Außentür stehen, nur um von einem gewaltigen Schlag zu Boden gestreckt zu werden, bevor er die Luke öffnen konnte.

 

Als der Hauptschirm der Enterprise wieder die Sterne zeigte – und die Umyfymu, die Kurs auf das Schiff genommen hatte –, wäre Kirk fast vor Überraschung aufgesprungen. »Phaser?«, fragte er.

»Negativ, Sir«, rief Mullen zurück, als die Schiffshülle während eines Torpedoabschusses mehrere Decks tiefer aufdröhnte. »Ich habe als Ausgleich eine Reihe Torpedos abgefeuert, aber die Orioner sind den meisten ausgewichen.«

»Im Gegensatz zu uns.« Er erkannte das typische warme Glühen eines Phaserschusses, bevor die Enterprise unter dem Treffer erbebte. »Verdammt, Sulu, wo bleiben Sie?«

»Captain«, sagte Spock, »ich hatte bisher keinen Erfolg mit der Reprogrammierung der Waffenkontrolle über den Hauptcomputer. Ich schlage vor, die Phaser manuell von den jeweiligen Geschützmannschaften auslösen zu lassen. Sie zielen vielleicht nicht so genau, aber selbst schlecht zielende Phaser …«

»… sind besser als gar keine«, stimmte Kirk zu. »Machen Sie das, Mullen.«

»Aye, Sir.«

Kirk spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, als die Umyfymu knapp außerhalb der Schirme der Enterprise entlangtrieb und die Phaser herumschwang; die Enterprise rollte um die eigene Achse. »Damit bleibt immer noch das Problem unserer ungeschützten Hülle.«

»In der Tat.« Spock klang nicht besorgt, aber nachdenklich. »Über die manuelle Kontrolle können die Phaser nicht präzise genug ausgerichtet werden, um feindliches Feuer zu polarisieren.«

Kirk nickte, während seine Gedanken bereits Spocks Worten vorauseilten. »Dann müssen wir die Orioner eben dazu bringen, auf eine andere Stelle zu schießen. Fähnrich Mullen …« Er drehte sich zu dem jungen Sicherheitsoffizier um. »Laden Sie einen weiteren Torpedo in das Backbordrohr – und programmieren Sie ihn so, dass er direkt außerhalb der Schilde der Enterprise explodiert.«

Mullen zögerte, während seine Hand über der Konsole schwebte. »Direkt außerhalb unserer Schilde, Captain?«

»Ganz recht. Es soll so aussehen, als hätte einer der orionischen Torpedos ein Loch in unsere Backbordseite gesprengt.«

Mullen grinste und nickte begeistert. »Dann werden sie ihre Angriffe auf unsere starken Backbordschirme richten und nicht mehr auf die schwächere Steuerbordseite!« Seine Hand huschte über das Schaltpult, während die andere die Abschusskontrollen umklammerte. Kirk drehte seinen Sessel wieder zum Hauptschirm, als das Deck erzitterte und Mullen verkündete: »Torpedo los!«

Die Detonation erfolgte fast augenblicklich. Plasmafinger zuckten über die Ränder ihrer Schirme, schimmerten blau und rot und bernsteinfarben, und verblassten dann zu einer flackernden Korona, die gleich darauf von orionischem Phaserfeuer getroffen wurde. »Es funktioniert!«, rief Mullen, und Kirk nickte mit düsterer Befriedigung.

»Die Orioner mögen trickreich sein«, sagte er, »aber das heißt noch lange nicht, man könnte sie nicht ebenfalls überlisten.« Doch noch immer kamen Schadensberichte über die Kommunikationsstation herein, und Warnlichter erleuchteten die Hälfte aller Displays auf der Brücke. »Hoffen wir nur, dass wir uns damit genug Zeit verschafft haben, bis die Shras hier eintrifft.«