8.


Trrach vernahm das metallische Geräusch des Andockmanövers, als das Transportschiff die Strafkolonie erreichte. Er kannte Maren´Thar gut genug, um auch ohne Außenmonitor genau zu wissen, wo sich das Schiff befand und wie es dort aussah. Der atmosphärenlose Mond war eine Geröllwüste mit nur flachen Erhebungen. Die gewaltigen Gezeitenkräfte des Gasriesen, den er umkreiste, hatten die Oberfläche des Mondes schon früh in seiner Entstehungsgeschichte eingeebnet. Die meisten Vertiefungen und Hügel waren die Folge von Meteoriteneinschlägen. Diese hatten zusätzlich zu den ureigenen Bodenschätzen des Mondes weitere wertvolle Rohstoffe in der Kruste eingelagert. Ohne schützende Atmosphäre konnten sie nicht verglühen und drangen tief in das Gestein ein.

Ein kosmischer Zufall hatte es gewollt, dass bei der Entstehung des Systems vor vielen Milliarden Jahren überdurchschnittliche viele seltene Elemente in der protoplanetaren Scheibe vorhanden gewesen waren, die jetzt sowohl auf dem Mond als auch auf den Hunderttausenden von Asteroiden, Kometen und Meteoren, die das System umkreisten, zu finden waren. Der gigantische Gasplanet zog viele der in das System eindringenden Körper an, und ein Teil derjenigen, die nicht in seiner Atmosphäre verglühten, hatte die Oberfläche des Mondes über die Jahrmilliarden immer weiter mit Bodenschätzen angereichert. Man musste sie nur noch einsammeln.

Allerdings kreiste der Planet so dicht um seine Sonne, dass die Strahlenbelastung alles andere als gesund war. Da man keinen besonderen Aufwand betrieb, die Strafarbeiter während ihres Aufenthaltes auf der Oberfläche ausreichend zu schützen, war deren Überlebensdauer entsprechend gering. Sie bemaß sich in wenigen Monaten.

Das Schott zu der spartanisch eingerichteten Zelle öffnete sich und zwei Soldaten traten ein. Einer hielt eine Waffe auf Trrach gerichtet.

»Hände auf den Rücken«, befahl der zweite.

Trrach wusste, dass jeder Widerstand zwecklos gewesen wäre, und gehorchte. Ein Energieband schlang sich um seine Arme. Er erhielt einen Stoß in den Rücken und taumelte durch das Schott in den Gang. Dort warteten nicht nur zwei weitere Soldaten, sondern zu seiner Überraschung auch Zchroch´akkr´akcht´hisch, der Verräter. An dessen Uniform prangte das Symbol des Führers der Rettungsflotte. Trrach würdigte ihn keines Blickes.

»Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, dich zu deinem neuen Arbeitsplatz zu begleiten«, sagte Zchroch und bleckte triumphierend die Zähne. »Ich bin sicher, du kannst hier einen wertvollen Beitrag zum Erfolg unseres Auftrages leisten – zumindest für ein paar Wochen. Mein Dank und der unseres Volkes für dein Opfer sind dir gewiss!« Bei den letzten Worten verzog er höhnisch die Lippen.

Trrach gab ihm nicht die Genugtuung einer Antwort.

»Wie ich feststelle, bist du nicht wirklich gesprächig. Aber das macht nichts. Du hast natürlich recht – ich bin nicht hier, um mich von dir zu verabschieden. Ich möchte dir jemanden vorstellen!«

In diesem Moment trat einer der beiden Soldaten vor. Trrach hatte sie bisher nicht beachtet, und deshalb war es ihm entgangen, dass derjenige, der nun an Zchrochs Seite trat, die Insignien eines hochrangigen Offiziers trug.

»Dies ist Kommandant Jachkt. Er wird ab sofort das Kommando über Maren´Thar übernehmen. Der erst kürzlich von dir eingesetzte Kommandant wurde auf einen anderen Posten versetzt. Hast du etwa geglaubt, ich hätte dies übersehen?« Wieder krächzte Zchroch vor sichtlichem Vergnügen. »Es sind genau diese Fehleinschätzungen und diese Gedankenlosigkeit, die dich hierher gebracht haben. Ich wollte sicherstellen, dass Kommandant Jachkt seine Aufgabe hier genauestens begreift, und ihn persönlich einweisen. Er wird ein besonderes Auge auf dich haben, Trrach.«

Mit diesen Worten wandte sich Zchroch ab und trat zur Seite. Auf einen Wink von ihm zogen die beiden ersten Soldaten den alten Ra´hul an Zchroch vorbei zur Schleuse in den Gefangenentrakt.

Trrach gab sich größte Mühe, seine Erschütterung nicht zu zeigen. Er war sich nicht sicher, ob ihm dies gelang. Tatsächlich hatte er sich darauf verlassen, dass Zchroch die Ernennung seines Vertrauten zum Kommandanten der Strafkolonie entgangen war. Wieder einmal hatte er seinen Gegenspieler unterschätzt. Trrach war sich sicher, dass der neue Kommandant Anweisung erhalten hatte, ihm das Leben hier so unerträglich wie möglich zu machen – und dafür zu sorgen, dass seine Zeit auf Maren´Thar möglichst kurz ausfallen würde. Solange er am Leben war, verkörperte er nach wie vor eine Bedrohung für Zchrochs Machtanspruch. Je schneller er hier zugrunde ging, umso eher konnte Zchroch seine Position endgültig festigen. Noch gab es eine nicht geringe Zahl von Offizieren und Soldaten, die mit dem Putsch haderten. Erst wenn Trrach nicht mehr am Leben war, konnte er keine Gefahr mehr darstellen.

In diesem Moment schwor sich der ehemalige Anführer der Rettungsflotte der Ra´hul, alles daranzusetzen, nicht nur zu überleben, sondern fürchterliche Rache an Zchroch zu verüben. Er wusste selbst, wie gering die Chancen hierfür waren, doch nur der Glaube daran konnte ihn auf Maren´Thar am Leben erhalten.