Diese Sache mit den Männern
»
M
eine Güte, jetzt stell dich nicht so an und beweg deinen Arsch aus dieser verdammten Umkleidekabine«, stöhnte ich, während ich noch immer darauf wartete, Violet endlich in Augenschein nehmen zu können.
Seitdem sie schwanger war, zierte sie sich noch mehr als sonst, mit mir auszugehen und das, obwohl es gerade jetzt wichtig war. Die Leute sollten sie sehen. Ihren kugelrunden Bauch, in dem unser größtes Glück heranwuchs.
Unser Baby.
Das kleine Wunder, das ich in meinem Leben niemals für möglich gehalten hätte. Doch dank der modernen Fortpflanzungsmedizin war es wahr geworden, ganz ohne dass ich Violet anfassen musste.
Es war nicht so, als wäre sie nicht attraktiv. Sie war wahrscheinlich eine der schönsten Frauen in ganz New York, doch das konnte ich selbst nicht beurteilen. Ich hatte sie damals nach diesen Kriterien aussuchen lassen, von einer Agentur, die sich auf fake Freundinnen spezialisiert hatte.
Und so war Violet in mein Leben gekommen. In ein Leben, das auch für sie lukrativ war und sie mit fürstlichem Luxus auszahlte, für den sie nicht gerade viel tun musste.
Außer gut aussehen und mich hin und wieder auf eine Veranstaltung begleiten. Ach ja, und die Sache mit dem Baby jetzt ...
»Es ist zu eng«, sagte sie und versuchte, an dem Stoff des schwarzen Paliettenkleides zu ziehen, der sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte.
»Ich finde, es sieht verdammt gut aus«, kommentierte ich ehrlich, während sie kurz aufstöhnte.
»Wirklich?«
»Wirklich. Außerdem setzt es den Bauch perfekt in Szene.«
»Und ich sehe nicht aus, als würde ich jeden Moment platzen?«
»Nein! Du siehst so schön aus, wie immer.« Sie verdrehte genervt die Augen, bevor sie wieder in der Umkleidekabine verschwand.
Ich war froh, Violet in meinem Leben und an meiner Seite zu haben. Bei all den Frauen, die mir damals vorgestellt worden waren, hatte ich mit ihr den absoluten Glücksgriff gelandet. Sie war nicht nur äußerlich wunderschön, sondern vor allem innerlich. Mittlerweile war sie für mich wirklich zu einer echt guten Freundin geworden und dafür war ich dankbar.
Ich hatte niemanden, der mich wirklich kannte. Niemanden, der über mich und meine Vorlieben Bescheid wusste. Auch Violet kannte nicht die ganze Wahrheit. Obwohl ich mir bei ihr sicher war, dass sie mich nicht verurteilen würde.
Dafür war sie einfach zu aufgeschlossen, zu nett und zu locker. Wahrscheinlich würde sie irgendwann die perfekte Traumfrau für einen Mann dort draußen sein, doch noch konnte ich sie nicht gehen lassen.
Außerdem würden wir durch dieses Baby für immer miteinander verbunden sein. Etwas, das wir schon vorher gewusst hatten, noch lange vor unserem Weg in die Fortpflanzungsklinik.
Für Violet war es ein weiterer lohnender Deal, doch ich wusste, dass sie es nicht nur des Geldes wegen tat. Sie wünschte sich ein Baby, genau wie ich es tat. Und dieses Arrangement, das wir getroffen hatten, war für uns beide der perfekte Weg, um uns diesen Traum zu erfüllen.
Neben den 1,5 Millionen Dollar, die Violet für jedes Jahr mit mir bekam, zahlte ich ihr fürs Austragen unseres gemeinsamen Babys noch einmal vier Millionen Dollar.
Geld interessierte mich nicht. Auch nicht, wenn es um diese Summen ging. Ich hatte genug davon. Nur dass ich mir von all dem Geld leider auch kein wahres Glück kaufen konnte, sondern nur diesen Fake, den ich Leben nannte.
Seitdem ich mich vor zehn Jahren mit meiner Firma selbstständig gemacht hatte, war sie von einem Garagenunternehmen zu einem verdammt großen Imperium gewachsen, das ich mittlerweile nur noch mit Hilfe leiten konnte. Wie oft ich mir wünschte, mit diesem Unternehmen nicht so einen Durchbruch geschafft zu haben, konnte ich nicht in Worte fassen.
Wenn ich einfach ein Niemand wäre, der mit seiner Arbeit genug Geld verdiente, um über die Runden zu kommen ... vielleicht würde ich mich dann nicht verstecken. Doch wer wusste das schon? Ich konnte es nur mutmaßen. Vermutlich war es allerdings auch nicht mehr und nicht weniger als ein Wunschtraum.
Meine Erziehung, mein unfassbar konservatives Elternhaus, das alles würde ich nicht einfach aus meinem Kopf streichen können.
»Okay, du hast mich überzeugt. Ich werde es nehmen, auch wenn ich es hasse«, rief Violet aus der Umkleidekabine, womit sie mich zum Lachen brachte.
»Ganz im Ernst, du hast jedes Kleid in diesem Laden anprobiert. Wenn es das jetzt nicht wäre, dann wäre es keins.«
»Glaubst du, das ist mir nicht bewusst? Genau deshalb nehme ich es auch. Ich kann schlecht nackt zu dieser Gala am heutigen Abend gehen!«
»Es wird wieder leichter, wenn das Baby erst mal da ist und sie ihre alte Figur zurückhat.« Die Verkäuferin schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln, während ich nur mit den Schultern zuckte. Mir war es verdammt egal, aber bei einem verheirateten Paar konnte ich mir schon vorstellen, dass diese Information wahrscheinlich extrem tröstend war. Ich sah Violet nicht oft, doch wenn, dann war sie in den letzten Wochen wirklich zunehmend anstrengender geworden.
Wir lebten in zwei separaten Wohnungen im höchsten Wohngebäude der Stadt. 432 Park Avenue.
Dieser Luxus–Wolkenkratzer stand für Reichtum, für Grenzenlosigkeit, für Freiheit. Es war wie Hohn und Spott, dass ausgerechnet ich die Wohnung auf dem »Freedom Floor« bewohnte.
Ich, der von Freiheit wirklich keine Ahnung hatte.
Violets Wohnung lag zwei Etagen unter meiner, wobei selbst sie, die vermeintlich so nah an meinem Leben war, keine Ahnung davon hatte, was sich in der Etage zwischen unseren Wohnungen befand. Eine Etage, die mir ebenfalls gehörte und zu der niemand außer mir Zutritt hatte.
»Fertig oder brauchst du noch etwas?«, fragte ich, als sie endlich aus der Umkleidekabine wieder da war.
»Glaubst du, ich probiere jetzt noch mehr Sachen an, die ich alle hasse?«, konterte sie schnippisch, während ich abwehrend die Hände hob.
»Wir haben auch Handtaschen«, schlug die eifrige Verkäuferin vor. Ich würde es ihr sogar gönnen, eine dieser überteuerten Luxustaschen loszuwerden, nach all der Geduld, die sie während der letzten eineinhalb Stunden gezeigt hatte. Violet blickte mich kurz an, was mich zum Lächeln brachte.
Sie wusste, dass sie sich alles von meinem Geld kaufen konnte, was sie wollte, und doch tat sie es nie.
»Na los, jetzt mach schon«, ermutigte ich sie und sah ihr kurz hinterher, während sie der Verkäuferin in die Handtaschenabteilung folgte.
Ich würde Violet die Welt zu Füßen legen, wenn ich es könnte, für all das, was sie schon für mich getan hatte. Natürlich bezahlte ich sie dafür, doch es war ihre Art, wie sie mit mir und den Dingen umging, die ich so sehr schätzte.
Sie machte mir das Leben nicht zur Hölle.
Oft saßen wir einfach zusammen, aßen, redeten, lachten oder sahen uns einen Film an. Dinge, die Freunde taten. Nur dass es in unserem Fall eine ganz spezielle Freundschaft war. Eine Freundschaft, die nie enden würde, selbst dann nicht, wenn ich sie in ein echtes Leben gehen lassen musste.
Zwei Jahre. So lange war sie vertraglich noch an mich gebunden, bevor sie wieder frei war. Ich wusste, dass sie gehen würde, und es war das einzig Richtige. Sie sollte ihr Leben leben. Einen richtigen Mann finden. Lieben und geliebt werden.
Auch wenn das für mich bedeutete, dass ich unsere Tochter nicht jeden Tag sah. Doch damit würde ich mich arrangieren.
Für mich stand das Wohl dieses Babys über allem. Sie sollte besser aufwachsen als ich. Behüteter. Geliebter. Und nur, weil ich wusste, was für ein wundervoller Mensch Violet war und wie gut sie sich um die Kleine kümmern würde, war mir dieser Vorschlag überhaupt erst über die Lippen gekommen.
Ich wünschte mir schon lange ein Kind, war aber immer davon überzeugt, dass es für mich unmöglich sein würde. Bis
Violet nach drei Tagen Bedenkzeit schlussendlich zustimmte. Allerdings nur, wenn ich ihr hoch und heilig versprach, für immer eine wichtige Rolle im Leben dieses Babys zu übernehmen. Ein Versprechen, das ich leisten konnte, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.
Ich würde dieses kleine Lebewesen auf Händen tragen und alles tun, damit sie glücklich war. Das war das Wichtigste für mich. Sie sollte das Leben führen können, das sie führen wollte. Das Leben, das sie glücklich machte und vollständig erfüllte. Ganz egal, wie das auch aussah.
Hauptsache sie würde sich niemals so sehr verstecken müssen wie ich.
Ich bezahlte das Kleid und die Handtasche mit meiner schwarzen Amex, bevor ich mit Violet zu meinem schwarzen Lamborghini zurückkehrte.
»Hab ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich dafür hasse, dass wir ausgerechnet mit diesem Teil fahren musste?«, fragte sie, während ich meine Autotür wieder schloss und zu ihr herüberging, um ihr beim Einsteigen zu helfen.
»Ich brauche keine Hilfe, ich will einfach nur fluchen«, wehrte sie meine Hand ab, während ich sie belustigt ansah.
»Ja, ja, lach du ruhig. Ich wünschte, du würdest mal für einen Tag diesen Bauch mit dir rumtragen müssen. Oder auf diesen Füßen laufen, die so dick geschwollen sind, als hätten sie sich über Nacht ebenfalls verdoppelt.« Ich schloss die Tür, nachdem sie sich hingesetzt hatte, und nahm auf dem Fahrersitz Platz, wo ich sie kurz betrachtete.
»Das nächste Mal fahren wir mit dem Range Rover. Ist das ein Vorschlag?«
»Es wird kein nächstes Mal geben. Diese eine Gala, danach werde ich mich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Bis dahin dürfte auch der letzte Vollidiot mitbekommen haben, dass ich ein Kind erwarte.«
»Hey, ich habe dir gesagt, dass du mir nur zu sagen brauchst, wenn es dir zu viel wird.«
»Ach was, das sind nur meine bescheuerten Launen. Und die Tatsache, dass ich bis jetzt noch kein Kleid hatte. Oder dass ich aussehe wie eine Planschkuh.«
»Du siehst nicht aus wie eine Planschkuh. Du bist wunderschön.«
»Als ob du das beurteilen könntest. Oder findest du mich neuerdings attraktiv?«
»Du bist und bleibst eine hübsche Frau. Ganz egal, ob ich das beurteilen kann oder nicht.«
Mit diesen Worten setzte ich den Wagen in Bewegung. Es war schon spät und ich musste dringend ins Büro, denn all meine Aufgaben stapelten sich dort bis zur Decke. Zwar standen mir seit Kurzem mit Matt und Paul noch zwei weitere Stellvertreter zur Verfügung, doch die vollkommene Entscheidungsgewalt lag einzig und allein bei mir.
In dieser Firma wurde nichts entschieden, bevor es nicht über meinen Schreibtisch wanderte.
Ich hatte die alleinige Macht und das würde so bleiben. Macht, die ich brauchte, um meine Stärke demonstrieren zu können.
Ich galt als erbarmungsloses Arschloch, das keine Rücksicht auf andere Menschen nahm. Dieser Ruf eilte mir meilenweit voraus, doch trotzdem rissen sich die Menschen um eine Anstellung in meinem Unternehmen. Sie wollten vom großen Namen Knight profitieren.
»Ich hab übrigens Hunger.«
»Violet, du hast immer Hunger, seit wir herausgefunden haben, dass du schwanger bist.«
»Ja, aber jetzt habe ich so richtig Hunger. So, dass ich entweder jetzt etwas zu essen bekomme oder sofort ausraste.«
Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und setzte den Blinker, um noch bei ihrem Lieblingsrestaurant vorbeizufahren, wie ich es in den letzten Wochen schon öfter getan hatte. Meist mit dem Ergebnis, dass ihr schlecht wurde, sobald sie das Essen auspackte.
Wenigstens wusste sie selbst, wie anstrengend sie momentan war und nahm sich dabei nicht zu ernst, was mir den Umgang mit ihr oft erleichterte.
Als ich endlich in der Firma angekommen war, hing ich mit meinen Gedanken bereits beim heutigen Abend. Morgen war ich offiziell auf Dienstreise, obwohl ich meinen Apartmentkomplex nicht mal verlassen würde. Doch davon ahnte hier niemand etwas. Nicht mal Violet wusste darüber Bescheid.
Es war meine wohlbehütete Seite, die niemand kannte, außer die Männer, mit denen ich sie in vollen Zügen auslebte.
»Keyla, die Unterlagen. Wird das heute noch was oder wie oft muss ich darum bitten?«, fragte ich, als ich am Schreibtisch meiner persönlichen Assistentin vorbeischritt, die sich sofort durch die Haare fuhr, als sie meine Stimme hörte. Ich wusste, dass sie sich nicht umsonst jeden Tag so aufbrezelte und jede freie Gelegenheit nutzte, um mir ihre weiblichen Vorzüge zu präsentieren.
Wenn sie nur wüsste, dass sie mich nicht interessierte. Ganz egal, wie lang ihre Beine waren oder wie prall ihr Arsch.
»Alles liegt bereits auf Ihrem Schreibtisch, Mister Knight«, säuselte sie, während ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ.
Ich war verdammt spät dran ...
»Mister Knight, wir haben noch einige Ausarbeitungen zur Unterschrift, bevor Sie zur Dienstreise aufbrechen.« Es war Matt, der mit einem großen Stapel Unterlagen mein Büro betrat.
Ich wusste, dass es ihn extrem störte, in seiner Arbeit derart eingeschränkt zu sein, doch es war meine Firma und nur ich hatte hier das letzte Wort.
»Gut, alles auf den Stapel«, sagte ich und deutete auf eine Ecke meines Schreibtisches, wo sich bereits andere Unterlagen befanden, die ich heute ebenfalls noch unterschreiben musste.
»Falls während Ihrer Dienstreise wichtige Unterlagen anfallen ...«
»Dann schicken Sie sie mir per Mail, so wie immer.« Er versuchte es jedes Mal aufs Neue. Wahrscheinlich immer noch in der Hoffnung, dass ich ihm einen Freifahrtschein geben würde.
»Genau, Sir«, erwiderte Matt mit einem falschen Lächeln auf seinem Gesicht, bevor er mein Büro wieder verließ. Er war heiß. Absolut heiß. In dem maßgeschneiderten Anzug, den er trug, mit den perfekt gestylten Haaren. Leider war er allerdings auch so was von hetero.
Er galt als wahrhaftiger Womanizer, der eine Frau nach der anderen abschleppte. Auch die gute Keyla war für ihn keine Unbekannte mehr, doch in diese Angelegenheiten mischte ich mich nicht ein. Sollte hier doch jeder vögeln, wen er wollte. Wer war ich auch, um mir ein anderes Urteil zu erlauben.
So lange die Geschäfte immer liefen, war es mir egal.
Und sie liefen. Das konnte ich am heutigen Tag nach einem Blick auf den Finanzstatus des Unternehmens wieder einmal voller Genugtuung feststellen.
Die nächsten Stunden gehörten nur Dustin und meinem wahren Ich.
Dem Mann, der nichts mit dem gestriegelten James Knight zu tun hatten.
»Falls die Welt untergehen sollte, bin ich per Mail erreichbar«, rief ich Keyla zu, bevor ich das Büro verließ. Bereit für mein Abenteuer, für meine Flucht aus dem Alltag.
Ich konnte meinen Schwanz zwischen meinen Beinen pulsieren fühlen. Heute war Dustin dran ...
Ich stieg in meinem Sportwagen und fuhr auf direktem Weg zurück ins Apartment. Schließlich musste ich erst noch den Doc sehen, der mich vorbereitete.