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Die Sache mit den geheimen Fantasien
W ir schliefen nicht viel in der Nacht, denn die gemeinsame Zeit war einfach viel zu kostbar, um sie zu verschlafen. Und das wussten wir beide. Stattdessen lebten wir all das aus, was wir ausleben wollten.
»Stripp für mich«, bat mich Dustin, während ich ihn überrascht ansah.
»Ich?«, hakte ich nach, erkannte dann allerdings schnell, dass er es ernst meinte.
Schon Sekunden später drang verführerische Musik aus der großen Anlage, die sich in dieser Suite befand.
Wir waren im großen Schlafzimmer, vor dem Bett war genug Platz, sodass ich Dustin seinen Wunsch erfüllen konnte.
Und genau das tat ich.
Ich manövrierte mich vom Bett wieder zurück in den Rollstuhl und schob ihn etwas zurück, sodass er mich von seiner Position aus dem Bett aus ansehen konnte.
Langsam drehte ich den Rollstuhl um die eigene Achse und versuchte, mich darin irgendwie zur Musik zu bewegen, was mir gefühlt besser gelang, als ich es für möglich gehalten hätte.
Ich zog mein Shirt aus, bewegte meine Arme und entschloss mich dann dazu, Dustin die Show zu bieten, nach der er sich sehnte. Eine Show, die ich nicht in diesem Rollstuhl vollführen konnte.
Und genau deshalb hob ich meine Beine von den Fußrasten und ließ mich auf den Boden des Hotelzimmers sinken.
Ich legte mich auf den Rücken, strich mir mit der Hand über den Oberkörper und fuhr hinab, bis ich zwischen meinen Beinen angekommen war. Auch wenn ich es nicht spüren konnte, so drückte ich meinen Schwanz, bevor ich den Knopf meiner Hose öffnete.
Es war ein kleiner Kampf, mich in dieser Position von meinen Sachen zu befreien, doch alles was zählte, war, dass ich es schaffte. Und so lag ich wenig später vollkommen nackt auf dem Boden und strich erneut mit der Hand über meinen Oberkörper, bis runter zu meinem schlaffen Schwanz. Ich spielte daran, während ich Dustin in die Augen sah. Sein Blick glühte und heizte mein Spiel nur noch weiter an.
Ich zog mich zu ihm in Richtung Bett, wo ich versuchte, irgendwie auf die Knie zu kommen, doch ohne Erfolg. Ein kleiner Kampf, der Dustin wahrscheinlich nur noch mehr anturnte.
Er stand auf, beugte sich zu mir und hob mich dann vom Boden, um mich zurück ins Bett zu legen, wo er das Ruder wieder übernahm.
Mit seinen Lippen umschloss er meinen Schwanz, nahm ihn in seinem Mund auf und saugte vermutlich auch daran. Dinge, die mich so unglaublich heißmachten, dass ich es verdammt noch mal nicht fassen konnten.
Und dann geschah etwas Besonderes, etwas Magisches, etwas so Geiles, dass ich mich vermutlich mein ganzes Leben lang daran erinnern können würde.
Ich kam.
Auch wenn ich nicht physisch kommen konnte. Und doch durchlebte ich so etwas wie einen Orgasmus.
Dustin hielt mich fest und war anscheinend genauso überrascht, aber auch angeturnt von diesem ganzen Spiel wie ich. In letzter Minute schaffte ich es, seinen Schwanz zu greifen und ihm mit meiner Hand zwei weitere Stöße zu verpassen, bevor er auch kam.
Laut, wild, ungezähmt.
Dieses Wochenende, diese gemeinsamen Stunden ... es war einfach unfassbar, was zwischen uns geschah!
Wir gingen frühstücken, wobei es für mich eine verdammt große Herausforderung war, am Buffet zurechtzukommen. Gott sei Dank war Dustin an meiner Seite und half mir, wann immer ich ihn brauchte.
Nach dem Essen schob er mich durch den Central Park, wo er mich heute allerdings auf eine Bank hob und mich an sich zog, um mich zu stabilisieren.
»Immer noch kein Gefühl zurück?«, fragte er mich, während er seine Hand auf mein Bein legte.
»Es beginnt zu kribbeln. Ich denke, es wird langsam zurückkehren.«
»Okay. Sam, ich dachte, wir könnten heute Abend in einen Club hier in der Nähe gehen.«
»In einen Club?«, fragte ich ungläubig.
»Es ist eher eine Bar. Recht klein, wunderschön eingerichtet.«
»Eine Schwulenbar?«, hakte ich nach, unsicher, ob er mir gerade wirklich vorgeschlagen hatte, mit mir dorthin zu gehen.
»Ja, eine Schwulenbar. Ich möchte mit dir an meiner Seite dorthin gehen.«
»Okay.« Ich klang wahrscheinlich genau so unsicher, wie ich war, denn Dustin neben mir lachte leise auf.
»Du klingst genau so enthusiastisch und entschlossen, wie ich es mir vorgestellt habe.«
Lachend zuckte ich mit den Schultern und blickte ihn von der Seite an.
»Ich werde aber wahrscheinlich noch auf dieses Teil angewiesen sein. Oder zumindest auf den Stock.«
»Hey, wenn jemand darauf vorbereitet ist, dann ja wohl ich, oder? Dort gibt es genug Sitzgelegenheiten. Es ist ein gemütlicher, schöner, lockerer Ort. Ich möchte, dass du es kennenlernst. Dass du siehst, wie diese Community ist und wie es sich anfühlt, ein bekennender schwuler New Yorker Mann zu sein.« Ich atmete tief durch bei seinen Worten, die den Nagel auf den Kopf trafen. Das Leben, das ich mir wünschte ...
Wenn ich es jetzt nicht kennenlernte, bei diesem so besonderen Abenteuer, würde ich es wahrscheinlich niemals kennenlernen ... und hatte damit auch keine Ahnung, was ich vielleicht verpasste. Außerdem konnte ich mir keine bessere Begleitung für eine solche Erfahrung vorstellen als Dustin. Er war mein Fels in der Brandung. Er hielt mich. Er führte mich. Er raubte mir jegliche Zweifel und Unsicherheiten.
Wie glücklich ich mich schätzen konnte, einen Mann wie ihn an meiner Seite zu haben.
»Lust dich von mir zu einem letzten Abenteuer in diesem Zustand entführen zu lassen?«
Fragend sah ich Dustin an und folgte seinem Blick zu den kleinen Ruderbooten, mit denen die verliebten Pärchen über den See im Central Park ruderten.
»O Gott, ich weiß nicht, ob ich das kann«, gab ich ehrlich zu, doch ein Blick in seine Augen reichte mir, um zu nicken.
Er würde mich auffangen. Mich halten und alles tun, damit ich in Sicherheit war.
Den Rollstuhl ließen wir am Anleger zurück, während er mich mit der Hilfe eines anderen, wirklich gut aussehenden Kerls in das wackelige Boot hob. Ich krallte mich an seinem Arm fest, als würde mein Leben davon abhängen. Und irgendwie tat es das auch. Wenn ich aus diesem Boot fiel, würde ich mit Sicherheit untergehen wie ein nasser Sack.
»Ich hab dich, Sam. Und ich werde nicht zulassen, dass etwas passiert«, versicherte mir Dustin, bevor er sich hinsetzte und mich so an sich zog, dass mein instabiler Oberkörper an seiner starken Brust ruhte.
So fühlte ich mich gleich viel besser und konnte die kleine Tour wirklich genießen.
»Schön, wenn man sich nur zurücklehnen muss, während der Partner die ganze Arbeit übernimmt«, sagte ich und blickte nach oben in Dustins strahlendes Gesicht. Er beugte sich zu mir, um mich sanft zu küssen.
»Bei mir kannst du dich immer anlehnen. Egal, was ist.« Seine Worte waren so warmherzig und ich wusste, wie ernst er sie meinte. Das zwischen uns war schon viel weiter gegangen, als wir es zu Anfang eigentlich vereinbart hatten. Ich hätte die Reißleine ziehen müssen, als ich merkte, wie sehr ich auf ihn reagierte.
Jetzt war es definitiv zu spät.
Dustin holte die Paddel ins Boot und legte seine Arme um mich, während ich die Augen schloss und diesen wunderbaren Moment genoss. Ich wollte nicht, dass er mich jemals wieder losließ. Ich wollte nicht, dass diese Magie zwischen uns endete, weil wir uns wieder dem richtigen Leben stellen mussten. Dafür klopfte das Herz in meiner Brust viel zu stark.
Wieder am Anleger angekommen, folgte die Prozedur erneut, wobei ich unendlich froh war, als ich endlich wieder den Rollstuhl unter mir spüren konnte. O verdammt, ich spürte den Rollstuhl ... es ließ nach. Und zwar rasant.
Als wir wieder im Hotelzimmer ankamen, konnte ich meine Beine zu einem großen Teil schon wieder fühlen. Zumindest wenn ich sie fest berührte.
»Glaubst du nicht, es wird deine Lust und die Illusion zerstören, wenn ich gleich aufstehe?«, fragte ich, mit einem Gedanken an Carter und was es aus der ganzen Situation gemacht hatte, als ich vergessen hatte, die Klappe zu halten.
»Wenn du jetzt aufstehen und beschwerdefrei durch die Gegend laufen würdest, dann vielleicht. Doch du wirst noch auf meine Hilfe angewiesen sein, oder bist du schon wieder so standhaft auf den Beinen?«
»Bis jetzt kann ich noch keinen einzigen Schritt machen.«
»Eben. Wollen wir noch mal zum Pool gehen?«
»Gott, ich dachte, du fragst nie«, erwiderte ich lachend, wobei wir das Ritual von gestern wiederholten. Auch jetzt musste ich mich noch mithilfe des Katheters entleeren, da ich in meinem Schwanz keinerlei Gefühl hatte. Es dauerte immer eine Weile, bis ich wieder alles spürte und dann verging noch einmal eine ganze Zeit, bevor ich mich wieder fortbewegen konnte.
Ob ich überhaupt in der Lage sein würde, ohne Rollstuhl heute in die Bar zu gehen, musste sich zeigen. Bis jetzt rechnete ich nicht damit.
Erst als wir nach zwei Stunden am Pool wieder ins Zimmer zurückkehrten, bat ich Dustin, mit mir ein paar Schritte zu versuchen. Er hielt mir seine Hände entgegen, während ich mit Mühe, aber aus eigener Kraft, meine Füße von den Fußrasten schob.
Ich umfasste seine Hände und ließ mich von ihm nach oben ziehen, wobei ich noch immer verdammt unsicher auf meinen wackeligen Beinen stand. Aber ich stand.
»Eine ganz neue Perspektive«, hauchte Dustin in meinen Nacken, während ich mich mittlerweile an seinen Oberarmen festhielt. »Bereit?«, fragte er und trat wieder einen Schritt zurück, sodass er mich nur noch an meinen Händen festhielt.
Ich ließ meine Füße mehr über den Boden schleifen, als dass ich wirklich einen Schritt machte, aber meine Beine bewegten sich wieder.
»Siehst du, das sieht doch schon ganz gut aus.« Dustin lächelte mich an, doch genau in diesem Moment kam ich ins Taumeln. Er fing mich und statt unsanft auf dem Boden aufzuschlagen, glitt ich langsam nach unten. Meine Beine hatten einfach ohne Vorwarnung nachgegeben. Vielleicht war es doch noch zu früh gewesen, um aufzustehen.
»Geht es dir gut?«, fragte Dustin, während ich nickte und mich aufsetzte.
»Wenigstens verliere ich im Sitzen nicht mehr das Gleichgewicht«, sagte ich und drehte mich zu dem Bett um, welches wirklich in greifbarer Nähe war. Zwei weitere Schritte und ich wäre da gewesen.
So stand ich schwerfällig mit Dustins Hilfe vom Boden auf und war froh, als ich mich auf das Bett setzen konnte. Diese Stunden, bis Gefühl und Power in meine Beine zurückkehrten, waren immer verdammt schwierig. Zumindest bei dem neuen Zeug, das der Doc in mich knallte.
»Wie wäre es für dich, wenn das hier dein Leben wäre? Wenn es nicht besser werden würde? Ich meine, du setzt dich diesem Risiko ja mit jeder Spritze aus. Es könnte also irgendwann passieren und trotzdem tust du es wieder und wieder.«
»Hör zu, das ist ein verdammt schwieriges Thema, okay?«
»Dann red mit mir darüber. Es würde mich enttäuschen, wenn du es nicht tun würdest.«
»Ich wünsche es mir manchmal. Ich wünsche mir manchmal, dass es passiert, verstehst du? Dass ich irgendwann das Gefühl in meinen Beinen nicht wiedererlange oder dass ich es nicht mehr schaffe, aus diesem Rollstuhl aufzustehen und mich ohne fremde Hilfe fortzubewegen. Es ängstigt mich nicht. Nicht einmal ansatzweise und das macht mir Sorgen. Vielleicht genieße ich diesen Zustand, diese Zeit mit dir, das alles Drumherum einfach viel zu sehr. Ich kann nicht der starke, unantastbare Kerl sein, wenn ich in diesem Teil sitze, aber das verlangt auch niemand von mir. Du verlangst es nicht von mir. Niemand verlangt es, verstehst du? Und das ist ein Gefühl, das ich nicht verlieren will. Es ist irre, das weiß ich.«
»Hey, dieser ganze Fetisch, den wir hier ausleben, ist wahrscheinlich nicht normal. Na und? So sind wir halt. Wir genießen es und das sollte doch alles sein, was zählt.
Du musst doch aus deinem Leben das machen, was du daraus machen willst. Nicht, was andere von dir verlangen.«
»Ja, wenn das so verdammt einfach wäre, wie es sich anhört.«
»Außerdem finde ich deine Gedanken nicht krank oder irre oder wie auch immer du es auch ausdrücken möchtest, denn ich habe diese Gedanken auch. Du in diesem Rollstuhl, wir beide für immer zusammen. Ich weiß nicht, was ich mir mehr wünschen würde.«
»Dustin«, erwiderte ich und holte tief Luft, doch jetzt hatte er es ausgesprochen. Es gab kein Zurück mehr.
»Ich weiß, dass wir schon viel zu weit gegangen sind, aber es ist so, Sam! Ich würde so viel für dieses Leben mit dir geben. Ach verdammt, ich würde alles dafür geben.« Ich nickte stumm und atmete tief durch. Mir ging es doch genauso ...
»Ich habe irgendwann überlegt, dass es besser wäre, wenn wir uns nicht mehr sehen würden. Einfach weil ich Angst davor hatte, dass genau das passiert, was jetzt passiert ist. Nur schon damals wusste ich tief in meinem Inneren, dass es schon viel zu spät war, um einen Schlussstrich zu ziehen.«
Dustin legte mir die Hand in den Nacken und küsste mich stürmisch, während ich mich in diesen Kuss fallen ließ.
Meine Emotionen waren gerade alles, was ich spüren wollte. Sie schalteten meine Gedanken aus. Meine Ängste und meine Zweifel.
Dieser Mann.
Ich wollte ihn nie wieder gehen lassen.
Ich konnte nicht.
Und doch wusste ich, dass ich es tun musste!
Doch noch war dieser Moment nicht gekommen. Noch hatten wir so viel vor uns, was wir genießen wollten.
»Ich werde bald Vater. Eigentlich sollte das Grund genug sein, um nicht so zu denken. Ich sollte froh über meine Gesundheit sein und dankbar für das Leben, das ich meiner Tochter bieten kann. Stattdessen frage ich mich, ob sie mit einem schwulen Vater im Rollstuhl klarkommen würde.«
Ich hatte mit Dustin schon vor Monaten davon gesprochen, dass Violet ein Baby bekam, weshalb ich ihn damit nicht überraschte. So viel Transparenz war mir wichtig gewesen. Zumal er es mit Sicherheit eh schon aus irgendeinem Klatschmagazin wusste.
»Deine Tochter wird dich lieben. Egal, ob du schwul bist oder hetero. Egal, ob du laufen kannst oder nicht. Sie wird dich lieben, weil du ein großartiger Mensch bist. Allerdings kannst du nur ein großartiger Mensch sein, wenn du mit dir selbst im Reinen bist.«
Stumm blickte ich Dustin an, der den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Wie schon so oft in den Unterhaltungen, die wir führten.
»Also werden wir uns jetzt jede Woche sehen und ich werde mir jede Woche diese Spritze geben lassen, obwohl es dann sein kann, dass ich nie wieder aufstehe?«
»Diese Entscheidung kannst du nur ganz allein treffen. Wenn du dich dazu entscheidest, bin ich da.
Wenn du dich dagegen entscheidest, bin ich für unsere Abenteuer ebenfalls noch zu haben, aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch mitmachen kann. Das solltest du wissen. Ich möchte nicht ewig warten. Das kann ich auch nicht. Dafür bedeutest du mir zu viel und es würde mich auf kurz oder lang zerfressen.«
Ich zog Dustin an mich und küsste ihn, denn nur der Gedanke daran, ihn nicht mehr zu sehen, zerriss mich. Ich wusste, dass ich mit meiner Entscheidung nicht mehr ewig warten konnte. Schlimmer noch ... ich wusste, dass ich sie tief in meinem Inneren schon längst getroffen hatte, auch wenn ich mich nicht traute, mir das einzugestehen. Mit allen Konsequenzen.
Vielleicht sollte ich so mutig und so ehrlich sein, mit Violet über das alles zu reden. Schließlich vertraute ich ihr.
Doch wie sollte sie mich ansehen, wenn sie von diesem Fetisch und meinen heimlichen Treffen wusste?
»Du musst jetzt und hier keine Entscheidung treffen. Es ist nur wichtig, dass du darüber nachdenkst. Du musst dabei immer im Hinterkopf haben, dass diese Entscheidung nicht mehr ewig warten kann. Ich kann nicht mehr ewig warten. Und ja, ich weiß, es war nicht so geplant und vielleicht hätten wir es auch niemals so weit kommen lassen dürfen, doch für diese Erkenntnis ist es jetzt zu spät.«
»Das ist es wohl. Schon lange«, stimmte ich ihm zu.
»Ein Anfang wäre es, wenn ich dich James nennen dürfte. Denn das ist, wer du eigentlich bist. James Knight. Nicht Sam Miller.
Kein Hilfsarbeiter vom großen Boss, sondern der große Boss selbst. Und dazu solltest du stehen. Nur dann kannst du überhaupt darüber nachdenken, noch einen Schritt weiterzugehen. Richtig?«
Ich zuckte zusammen, als er meinen Namen aussprach und doch tat es unendlich gut.
James Knight.
CEO.
Schwul.
Verliebt.
Und nichts anderes ...