Olivia hielt abwartend den Atem an und beobachtete Matts inneren Kampf. „Wie hast du dich entschieden?“
„Du hast gewonnen. Ich werde dich heiraten.“ Jedes seiner Worte klang abgehackt.
Freude und Erleichterung durchströmten Olivia. Die Zukunft ihres Kindes war gesichert. Eine Familie, einen fürsorglichen Vater und eine gute Ausbildung, das alles würde ihr Baby bekommen. Sie widerstand dem Drang, Matt vor Dankbarkeit um den Hals zu fallen. Stattdessen nickte sie nur und versuchte, ihre überschäumende Freude zu verbergen. „Danke“, sagte sie leise.
Matt atmete tief ein und betrachte sie eingehend von Kopf bis Fuß. „Wir müssen unseren Ehevertrag ausarbeiten.“
Olivias Herz schlug wild. Sie durfte gar nicht daran denken, was sie alles für ihr Baby erreichen konnte, indem sie in Matts Familie einheiratete.
„Wir müssen erst nach dem Lunch auschecken, also hast du noch den ganzen Vormittag Zeit für die Suche nach einem Brautkleid. Um drei Uhr treffen wir uns mit meinem Anwalt. Lass uns jetzt frühstücken gehen und die Einzelheiten besprechen.“
„Gern. Warte mal bitte einen Moment.“ Olivia verschwand im Schlafzimmer und kam kurz darauf lächelnd zurück. „So. Ich habe meinen Job gekündigt.“
„Prima.“
Sie nahm ihre Handtasche und verließ an Matts Seite die Suite. Olivia vermutete, dass er wesentlich wütender war, als man ihm ansah. Abgesehen von seiner Scheidung war in seinem Leben immer alles nach Plan gelaufen, also musste er sich erst an die Situation gewöhnen.
Das Frühstück wurde im Wintergarten des Hotels serviert, doch Olivia hatte den Eindruck, Matt bekam überhaupt nichts von der blühenden Pracht ringsum mit. Er trank seinen Kaffee, rührte aber sein Frühstück kaum an.
Während er Notizen durchging, aß Olivia schweigend.
„Erste Bedingung“, setzte Matt an. „Falls du abtreibst oder eine Fehlgeburt hast, lassen wir uns umgehend scheiden, und du bekommst nichts.“
„Abgemacht“, stimmte sie schnell zu und stutzte, als sie ihn kurz lächeln sah. „Was gibt’s denn da zu lächeln?“
„Du hast den Krieg gewonnen, also gibst du bei den kleineren Schlachten jetzt nach.“
Olivia lachte leise. „Eigentlich bin ich ein kompromissbereiter Mensch. Ja, du hast recht. Ich habe bekommen, was ich wollte. Also gebe ich in anderen Punkten gern nach.“
Etwas versöhnlicher blickte er ihr in die Augen. „Ich will auch bekommen, was ich will.“ Seine Stimme klang tief und sinnlich, und Olivia war klar, dass er sich nicht auf den Ehevertrag bezog.
„Und was möchtest du?“ Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken.
„Die verbotenen Früchte.“ Matt ließ ein paar Sekunden verstreichen. „Sex“, fügte er so langsam hinzu, dass es wie eine persönliche Einladung klang.
Olivia bekam eine trockene Kehle. „Du willst Sex und Lust, aber es wird nie Liebe zwischen uns geben, und wir werden uns auch keine tieferen Gefühle vorspielen.“
„Trotzdem können wir tollen Sex haben.“ Mit unverhohlenem Verlangen blickte er sie an. „Bekommst du jetzt kalte Füße? Willst du aussteigen?“
Nach außen hin gelassen, trank sie einen Schluck Wasser und hoffte, dass Matt nicht merkte, welcher Aufruhr in ihr tobte. „Ich warne dich am besten gleich. Selbst wenn du mich nicht liebst, könnte ich mich trotzdem in dich verlieben.“
„Willst du das denn?“ Matt beugte sich überrascht vor.
Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie angenommen, etwas wie Ehrlichkeit und Verletzlichkeit aus seinem Ton herauszuhören. „Ganz bestimmt nicht. Genauso wenig, wie du dich in mich verlieben willst.“ Prostend hob sie ihr Glas. „Auf tollen Sex, Matt Ransome. Und auf eine Ehe, die am Verhandlungstisch geschlossen wird.“
Matt musste lächeln und hob belustigt eine Augenbraue. „Du bringst mich in Versuchung.“ Er lehnte sich noch weiter zu ihr. „Ich könnte versuchen, dein Herz, das du so sorgsam schützt, zu erobern. Und genau das würde ich auch tun, wenn ich nicht mein eigenes Herz schützen müsste. Wer Gefühle riskiert, riskiert gleichzeitig, verletzt zu werden.“ Über den Tisch hinweg strich er ihr über die Wange, ohne zu merken, welche Glut er damit in Olivia anfachte. „Du willst mich also heiraten, und um dieses Ziel zu erreichen, bist du auch zu Sex bereit. Jetzt riskierst du sogar deine Zukunft.“
„Ganz im Gegenteil. Ich sichere mir meine Zukunft.“ Man hörte ihr an, wie atemlos sie war. „Mir geht es in erster Linie um mein Kind.“ Wie gebannt sah sie Matt an. Ihr Herz schlug immer noch rasend schnell. Wenn wir uns jetzt nicht in der Öffentlichkeit befänden, würde er mich bestimmt küssen, dachte sie. Sie begehrte Matt. Genau wie er es kurz zuvor bei ihr getan hatte, strich sie ihm über die Wange. „Du nimmst auch Risiken auf dich, um zu bekommen, was du willst“, flüsterte sie. „Könnte sein, dass mir dein Herz irgendwann gehört, Matt Ransome.“ Langsam beugte auch sie sich über den Tisch und berührte seine Lippen mit ihren. Kurz bevor sie die Augen schloss, sah sie Matts verblüfften Blick.
Dann vergaß sie alles andere. Matt umfasste ihren Kopf und übernahm die Regie. Tief und verlangend drang er mit der Zunge in ihren Mund vor, und sie genoss es. Die starken Gefühle für Matt konnte sie ohnehin nicht zurückdrängen. Sie kam fast um vor Sehnsucht nach ihm, doch sie befanden sich in der Öffentlichkeit. Widerstrebend lehnte sie sich zurück, öffnete die Augen und begegnete seinem Blick.
„Es wird fantastisch sein, wenn wir miteinander schlafen“, flüsterte Matt.
„Ich werde erreichen, dass du deine Gefühle mir gegenüber zulässt“, entgegnete Olivia. Wenn sie Sex miteinander hatten, dann wollte sie auch seine Liebe, das war ihr plötzlich klar.
„Das wird dir nicht gelingen.“
Er klang fest entschlossen, doch zu ihrer Genugtuung entdeckte Olivia ein paar Schweißperlen auf seiner Stirn. „Mal sehen, wie lange du mir widerstehen kannst, Matt.“
„Lass uns die offenen Fragen klären.“ Matt nahm einen Schluck von seinem Kaffee und blickte auf den Notizblock. „Die einzelnen Punkte will ich nicht alle durchgehen, aber ich erwarte von dir, dass du treu bist. Ich werde es auch sein.“
Olivia nickte. „Das werden wir durch unser Gelübde bei der Hochzeit besiegeln.“
„Du sagtest, wir würden unsere Ehe auflösen, sobald du deinen Abschluss in Jura hast. Was mich betrifft, können wir die Ehe auch auf Dauer schließen.“
Auf Dauer? Bei der Vorstellung wurde ihr schwindlig. „Ich hatte nie vor, für alle Zeiten mit dir verheiratet zu sein.“
„Wenn wir schon heiraten, dann ist eine Ehe ohne zeitliche Begrenzung die beste Basis. Ich werde Jeffs Kind mit aufziehen, du bekommst deine Ausbildung, wirst versorgt und dein Kind wächst in einer intakten Familie auf. Keiner von uns beiden wünscht sich tiefe Gefühle, doch es wird Sex in unserem Leben geben. Wer weiß, vielleicht verlieben wir uns noch irgendwann ineinander.“
Olivia legte die Gabel beiseite und atmete tief durch. Mit einem Mal fühlte sie sich eingesperrt. „Ich kann mir nicht vorstellen, für den Rest meines Lebens mit dir verheiratet zu sein.“
„Es steht dir jederzeit frei, die Scheidung einzureichen, das weißt du.“
Er will nur erreichen, dass ich meinen Plan aufgebe, dachte sie. Aber das würde sie nicht. „Von mir aus. Bis dass der Tod uns scheidet, wenn du es so willst.“ Sie würden ja sehen, was sich im Laufe der Zeit entwickelte.
„Ich möchte das Kind gern adoptieren, um uns allen dreien die Stiefvater-Diskussion zu ersparen.“
Überglücklich lächelte Olivia. Das hätte sie nie zu hoffen gewagt. „Wunderbar!“
„Ich meine, wir hätten uns auf eine Summe von hunderttausend geeinigt.“
„Und ich habe dir bereits gesagt, dass mir auch die Hälfte reicht, wenn wir heiraten.“
„Nein, lassen wir es bei hunderttausend.“ Matt strich sich durchs Haar. „Teil unseres Vertrags wird sein, dass du mich nicht verlässt. Meine Mutter hat das ihrer Familie angetan, und meine erste Frau hätte es fast auch getan.“
„Wenn ich das Ehegelübde ablege, dann halte ich mich auch daran.“ Olivia bewunderte Matts lange dunkle Wimpern. Eine Strähne fiel ihm in die Stirn. Sein dichtes Haar war leicht wellig, und das kantige Kinn gab ihm ein sehr maskulines Aussehen.
Himmel, sie durfte nicht in Bewunderung versinken! Es wäre unglaublich leicht, sich in Matt zu verlieben. Eigentlich hatte Olivia sich geschworen, niemals mehr einem Ransome zu vertrauen, doch jetzt ging sie die engste Verbindung zu einem Mann aus dieser Familie ein.
„Ich werde ein Testament aufsetzen. Die Ranches gehören mir gemeinsam mit meinem Vater und meinen Geschwistern. Wenn mir etwas zustößt, geht alles direkt auf das Kind über, sobald es volljährig ist. Mein Barvermögen geht zu gleichen Teilen an dich und das Kind. Einverstanden?“
Olivia nickte. „Für einen Mann, der mich nicht liebt, ist das ein sehr großzügiges Angebot.“ Sie sah, wie er tief durchatmete, doch sie konnte nicht erraten, was in ihm vorging.
Als er sich bewegte, stieß er ihr ans Knie. Sofort zog er die Augenbrauen zusammen. Offenbar hatte auch er die knisternde Spannung gespürt.
„Ich muss deine Familie kennenlernen.“
„Richtig.“ Matt atmete tief aus. „Ich werde sie zusammentrommeln.“
„Du isst ja gar nichts“, drängte sie ihn sanft.
„Keinen Appetit.“
Wenn er seinen Charme ausspielt, ist er unwiderstehlich, überlegte Olivia. Nach der Hochzeit würde sie täglich diesem Charme ausgesetzt sein. Ihr Herz schlug vor Freude schneller. Gleichzeitig fürchtete sie sich vor Liebeskummer.
Jeff war in seiner Jagd auf Spaß und Abenteuer wie ein großer Junge gewesen, Matt dagegen hatte die überwältigende Ausstrahlung eines Erwachsenen.
„Über die Ausbildung des Kindes brauchen wir sicher nicht lange zu diskutieren, denn dir liegt ja an deiner eigenen Ausbildung auch sehr viel.“ Matt blickte kurz hoch, und als Olivia lächelte, schrieb er weiter.
„Als Erstes werde ich ein Konto für dich eröffnen. Das Geld gehört dir ganz allein. Ich bezahle die laufenden Ausgaben für die Ranch, und ich werde ein gemeinsames Konto für uns beide einrichten.“
„Du überraschst mich immer wieder.“ Olivia konnte gar nicht glauben, wie großzügig er sich verhielt, zumal er so ärgerlich auf sie war.
„Wir werden zusammenleben“, stellte Matt fest. „Da hört das Streiten hoffentlich irgendwann auf.“
Olivia lachte. „Darauf würde ich mich nicht verlassen.“ Sie beugte sich zu ihm hinüber. „Du willst mich verführen. Du begehrst meinen Körper.“ Sie legte eine Hand auf seine. „Stell dir das nicht so leicht vor. Ich werde dich verführen, weil ich es auf dein Herz abgesehen habe.“
„Wolltest du nicht auf jeden Fall Liebeskummer vermeiden?“
Sie schüttelte den Kopf. „Wenn unsere Ehe auf Dauer geschlossen wird und wir auch Sex miteinander haben, dann will ich mehr als nur Lust. Wenn es für immer sein soll, dann will ich auch Liebe.“
„Schon wieder willst du mehr.“ Er musste lächeln. „Das kommt mir sehr bekannt vor.“ Er strich ihr mit den Daumen über die Handgelenke. „Flirtest du etwa mit mir, Olivia?“
„Allerdings. Und tu nicht so, als würde es dir nicht gefallen.“
„Natürlich mag ich es, wenn du mit mir flirtest und mich küsst. Wie du schon gesagt hast, sollten wir zwei das Beste aus der Situation machen.“ Er senkte die Stimme. „Ich muss zugeben, dass du jetzt, wo du bekommst, was du willst, wirklich sehr entgegenkommend bist.“
„Ich gebe mir Mühe.“ Sie lächelte.
Lachend richtete Matt sich auf und ließ ihre Hände los. „Ich werde dir einen Ehering kaufen. Wir müssen uns auch grundsätzlich über den Rahmen der Hochzeit einigen. Wie wär’s mit einer kleinen Feier im engsten Kreis?“
Olivia dachte darüber nach. Würde sie eine lieblose Ehe mit Matt überhaupt durchstehen? „Einverstanden.“ Ihre Gedanken kreisten immer um das gleiche Thema: eine Ehe mit Matt. Sie würde mit ihm im Bett liegen. Sie würde Sex mit Matt Ransome haben!
„Die Hochzeit geht selbstverständlich auf meine Rechnung“, stellte er klar. „Wenn du keine bestimmte Kirche im Sinn hast, dann können wir auf der Ranch heiraten. Eigentlich möchte ich nur unsere Cowboys und meine Familie einladen.“
Mühsam verdrängte sie die Gedanken an Sex und konzentrierte sich wieder auf ihr Gespräch. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Wenn dir wirklich so viel an meinem Baby liegt, das bald unser Baby sein wird, dann solltest du dich fragen, ob du nicht doch im größeren Kreis heiraten willst. Sonst werden mich einige Leute aufgrund meiner Herkunft wahrscheinlich nicht akzeptieren.“
Matt dachte einen Moment nach und nickte. „Du hast recht. Wir feiern mit allem Drum und Dran. Hochzeit, Empfang und so weiter.“ Er räusperte sich. „Ich werde jemanden beauftragen, dir bei der Planung der Hochzeit zu helfen.“
„Wenn wir in großem Rahmen heiraten, dann braucht das seine Zeit.“
„Es gibt sehr erfahrene Hochzeitsplaner, die alles bis ins Kleinste für uns vorbereiten. Ich rufe die Familie und die engsten Freunde an. Dann wird sich alles noch vor den offiziellen Einladungen herumsprechen. Dein Hochzeitskleid kaufst du am besten sofort.“ Er fing mit einer neuen Liste an, und während er sprach, schrieb er weiter. „Die Einzelheiten der Feier überlasse ich ganz dir.“
„Vertraust du mir schon so sehr?“
Nachdenklich ließ er den Blick über sie schweifen, so weit der Tisch das erlaubte. Dann glitt sein Blick langsam wieder an ihr hinauf. Olivia wurde es heiß bei dieser Musterung.
„Du hast Geschmack. Heute siehst du wie die Anwältin aus, die du eines Tages sein wirst. Auch gestern Abend hast du fabelhaft ausgesehen. Ich bin sicher, dass ich mich auch bei der Gestaltung der Hochzeitsfeier auf dein Urteil verlassen kann. Am besten eröffnen wir heute noch ein Konto für die Ausgaben, über das du verfügen kannst.“
Benommen nickte Olivia. Das alles war wie ein einziger zauberhafter Traum. Und dazu noch die Aussicht auf Sex mit Matt. Bei dieser Vorstellung wurde sie unruhig. Würde jemals mehr als nur Lust und das Kind sie beide verbinden?
Matt schlug ein schwarzes Büchlein auf, schrieb etwas hinein und hielt ihr die offene Seite hin. „Was hältst du von diesem Tag als Datum unserer Hochzeit?“