„Die Zeit ist reif“, murmelte Nick Ransome vor sich hin. Er konnte es kaum erwarten, seinen Geschäftskonkurrenten zum Abendessen zu treffen. Er hatte viele Jahre darauf hingearbeitet, dessen Unternehmen zu zerschlagen. Mit seinem schwarzen Sportwagen bog er auf den Parkplatz des Restaurants ein und steuerte schnell auf eine Parklücke zu. An diesem frühen Juliabend in Dallas war es immer noch flirrend heiß.
Plötzlich tauchte ein zotteliger brauner Hund zwischen den Autos auf und trottete langsam vor seinen Sportwagen. Eine Frau folgte dem Hund, eilte auf Nicks Auto zu und fuchtelte mit den Armen.
Er fluchte und bremste. Mit quietschenden Reifen kam der Wagen nur etwas dreißig Zentimeter vor der Frau zum Stehen, während der Hund, der ziemlich alt zu sein schien, einfach weiterlief und hinter einem Myrtenbusch verschwand. Nicks Verärgerung legte sich, als er die Frau musterte. Die bildschöne Blondine hatte große blaue Augen und trug ein ärmelloses kleines Schwarzes. Er beobachtete ihren Hüftschwung, während sie auf ihn zukam, und sein Puls schlug schneller. Interessiert kurbelte er das Fenster herunter.
„Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe, aber ich wollte verhindern, dass der Hund überfahren wird.“ Sie lehnte sich nach vorn, um mit ihm zu reden. Ihre Stimme war genauso anziehend wie der Rest von ihr.
„Machen Sie sich deshalb keine Gedanken. Für eine schöne Frau halte ich jederzeit gerne an.“
„Danke.“ Sie lachte, und ihre weißen Zähne blitzten. Ihr warmes, verlockendes Lächeln ließ sein Herz höher schlagen, und als er ihre vollen, roten Lippen betrachtete, fragte er sich, wie es wohl wäre, sie zu küssen. Er hatte bereits bemerkt, dass sie keinen Ehering trug. „Der Hund ist alt und vermutlich fast taub“, fuhr sie fort. „Ich glaube, er hat Ihr Auto nicht kommen hören. Solange Sie ihn ungeschoren davonkommen lassen, bin ich zufrieden.“
„Alles, was Sie wollen. Aber Sie sollten auf ihn Acht geben. Das nächste Auto könnte nicht mehr rechtzeitig anhalten.“
„Ich bezweifle, dass der nächste Autofahrer es genauso eilig hat wie Sie.“
„Ich hab eine Verabredung zum Essen. Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben, werde ich mich später nach Ihnen erkundigen. Nur für den Fall, dass Sie sich bei dieser Rettungsaktion verletzt haben sollten …“, bot er mit einem Lächeln an.
„Beim Flirten sind Sie genauso schnell wie hinterm Steuer“, bemerkte sie.
„Das würde ich nicht sagen. Wenn Sie erleben wollen, was wirklich schnell ist, geben Sie mir Ihre Telefonnummer. Oder gehen Sie morgen Abend mit mir essen.“ Als sie erneut lachte, lächelte er. Er wartete gespannt auf ihre Antwort. Sein Puls raste bei dem Gedanken an eine Verabredung mit ihr. Sie war atemberaubend mit ihrer makellosen Haut, den langen Wimpern und den großen blauen Augen.
Die Frau beugte sich noch ein wenig näher zu ihm. „Ich bin nicht verletzt und gebe Ihnen nicht meine Telefonnummer. Obwohl Sie mich in Versuchung führen, werde ich nicht mit Ihnen zu Abend essen“, sagte sie in einem so sexy Ton, dass ihm ganz heiß wurde. Sie war nur wenige Zentimeter von ihm entfernt, flirtete mit ihm, und ihr Mund war verlockend.
Als hinter ihnen ein Auto auftauchte, trat sie einen Schritt zurück. „Sie blockieren den Verkehr.“ Ihre Stimme klang atemlos.
„Sie sind mit einem Mann zum Essen verabredet, oder?“, fragte er und achtete nicht auf das hinter ihm anhaltende Auto.
„Ja. Mit einem Mann, den ich sehr liebe.“ Sie drehte sich um und ging weg, als das Auto hinter ihm hupte.
Nick sah ihr nach und fuhr dann weiter zu einem Parkplatz. „Vielleicht liebst du ihn, aber mit mir hast du geflirtet“, sagte er leise und dachte über die Frau nach. Als er am Eingang ankam, war sie schon im Lokal verschwunden. Er wollte wissen, wie sie hieß. Sie aß zwar heute Abend mit einem Mann zusammen zu Abend, aber wenn sie nicht verlobt oder verheiratet war, stand einem Kennenlernen nichts im Wege. Sie konnte nicht wirklich einen Mann lieben und sich dann so verhalten, wie sie es eben gerade getan hatte. Es sei denn, dieser Mann wäre ihr Vater, dachte Nick und lächelte.
Er schwor sich, dass er sie kennenlernen würde und musste über sich selbst lachen. Warum war er so hinter ihr her? Texas war voll von schönen Frauen, die sexy und interessant waren. Trotzdem sah sich Nick suchend im Lokal um, nachdem der Restaurantleiter ihn begrüßt hatte.
„Sie werden bereits erwartet, Mr Ransome“, sagte Darrell und ging vor. Im Vorbeigehen schaute sich Nick die gut angezogenen Leute an den edel gedeckten Tischen an. Es war eines der besten Steakhäuser in Dallas, das selbst an einem Mittwoch gut besucht war. Ein Barpianist sorgte für angenehme musikalische Untermalung. Darrell führte Nick zu einem Tisch mit drei Personen. Die beiden Männer erhoben sich, aber Nicks Blick fiel auf die Blondine, die sitzen blieb und seinen Blick erwiderte, ohne eine Miene zu verziehen.
Sein Puls hämmerte, und schon zum zweiten Mal innerhalb der letzten Viertelstunde schien diese Frau ihm einen elektrischen Schlag zu versetzen. Wenn sie ihrerseits darüber überrascht war, ihn an ihrem Tisch zu sehen, verbarg sie das gut. Er wusste, dass sich damit jeder Gedanke daran, mit ihr auszugehen, erledigt hatte. Sein Interesse an ihr sank auf den Nullpunkt.
Wut und Empörung schnürten Nick die Kehle zu, als er Rufus Holcomb, den Inhaber und Geschäftsführer von Holcomb Drilling, mit Handschlag begrüßte. Er sah in die blauen, abschätzenden Augen des weißhaarigen alten Mannes, der raffiniert, durchtrieben und dickköpfig war. Das Lächeln, mit dem sie sich gegenseitig bedachten, täuschte darüber hinweg, was sie voneinander hielten. „Rufus, ich konnte es kaum erwarten“, sagte Nick und fragte sich, warum der alte Mann sich mit ihm zum Essen hatte treffen wollen.
„Das kann ich mir vorstellen“, antwortete Rufus trocken und wandte sich an die Blondine. „Julia, das ist der berüchtigte Nick Ransome. Nick, ich darf Ihnen meine Enkelin Julia Holcomb vorstellen.“
„Wir sind uns schon begegnet.“ Mit einem kühlen Lächeln schüttelte sie ihm fest die Hand.
In dem Moment, als er ihre schmale Hand in seiner spürte, schlug Nicks Puls noch schneller, und er konnte nicht widerstehen, einen Blick auf ihre vollen Lippen zu werfen. „Ja, das sind wir, Beschützerin von Hunden und Großvätern.“ Er ließ ihre Hand los, drehte sich zu Tyler Wade um und gab seinem langjährigen Freund und Marketingdirektor von Ransome Energy flüchtig die Hand.
Nachdem die drei Männer sich hingesetzt hatten, nahm der Kellner die Bestellungen der Getränke entgegen. Anschließend sah Rufus Julia an. „Also, wo und wie seid ihr euch begegnet? Das kann ja nur nach sechs Uhr heute Abend passiert sein. Und inwiefern beschützt du Hunde?“
„Mr Ransome ist ein schneller Fahrer, und heute Abend ist ihm auf dem Parkplatz ein streunender Hund vor das Auto gelaufen.“ Julia sah Nick an, und in dem Moment, als sich ihre Blicke trafen, schnappte er nach Luft. „Ich kann mir vorstellen, dass Mr Ransome bei vielem, was er tut, sehr schnell ist. Oder liege ich da falsch?“
Nick spürte, wie seine Anspannung zunahm. Julia war eine begehrenswerte Frau und stellte eine Herausforderung dar, die er nicht ignorieren konnte. „Ich würde einer schönen Frau nie sagen, dass sie sich täuscht“, meinte er und wandte sich an Rufus. „Sie sind ein Schuft, Rufus, mit Ihrer Enkelin zu diesem Essen zu kommen. Denn Ihnen ist doch klar, dass sie nur mit ihren großen blauen Augen klimpern muss, um jeden Mann um den Verstand zu bringen.“ Nick wusste, dass seine sexistische Bemerkung beide Holcombs verärgern würde, und er fragte sich, was Julia an sich hatte, das ihn derart reizte.
„Julia ist die Leiterin der Buchhaltung von Holcomb Drilling. Und Sie werden schon bald bemerken, dass sie mir als exzellente Mitarbeiterin zur Seite steht.“
„Danke, Granddad. Ich bezweifle, dass Mr Ransome deine Meinung teilen wird.“ Sie lächelte Nick an. Aber es war wieder ein frostiges Lächeln, ganz im Gegensatz zu dem unwiderstehlichen warmen Lächeln, das sie ihm auf dem Parkplatz geschenkt hatte.
Ihre blonden Haare hatte sie mit einem schwarzen Tuch im Nacken zusammengebunden. Nick fragte sich, wie sie wohl aussehen würde, wenn ihr die Haare offen über die Schultern fallen würden. „Ich bin sicher, dass Ihr Großvater recht hat.“ Er kämpfte mit seinen Gefühlen. Obwohl sie die Enkelin seines geschäftlichen Erzrivalen war, würde er zu gern mit ihr ausgehen und sie näher kennenlernen.
Sie schwiegen, als der Weinkellner Nick erst zur Kostprobe einen Schluck einschenkte und nach dessen Zustimmung alle Gläser füllte. Anschließend griff Rufus sofort nach der Speisekarte. „Ich bin hungrig, denn normalerweise esse ich zwei Stunden früher zu Abend, und es war ein langer Tag. Also, lassen Sie uns das Essen aussuchen.“ Der Kellner kam an den Tisch und nahm die Bestellungen auf.
„Ich weiß, dass Sie draußen auf Ihrer Ranch zwei tolle Rennpferde im Stall stehen haben“, sagte Rufus. „Wie schlagen die sich denn in dieser Saison?“
„Sie gewinnen immer noch“, antwortete Nick.
„Black Lightning hat gerade erst letzten Sonntag gewonnen“, meinte Julia.
„Sie gehen zu den Pferderennen?“, fragte Nick.
„Nein. Aber ich denke, es ist klug, über seinen Konkurrenten möglichst viel zu wissen.“
„Was tue ich denn noch, über das Sie so gut informiert sind?“ Er lächelte sie an.
„Sie sind sehr erfolgreich. Ihr Unternehmen ist in den letzten fünf Jahren um das Dreifache gewachsen. Erst kürzlich haben Sie einen Vertrag abgeschlossen, der Sie in die Lage versetzt, auch in Russland nach Öl zu bohren.“
„Sie wissen wirklich etwas über uns“, sagte Nick überrascht. Die Vorspeise kam, und die Unterhaltung drehte sich wieder um Rennpferde und Viehzucht. Wann immer sich Julias und Nicks Blicke trafen, konnte er spüren, wie es zwischen ihnen funkte. Verstört gestand er sich ein, dass ihm der Atem stockte, wenn er sie nur ansah. Ihre makellose Haut sah weich und seidig aus. Er wollte mit den Händen durch ihre goldenen Haare streichen. Mehrere Male musste er sich zwingen, sich wieder auf die Unterhaltung zu konzentrieren, und nicht weiter seinen erotischen Tagträumereien, in denen sie die Hauptrolle spielte, nachzuhängen.
Als sie ihre saftigen Steaks aßen, kamen sie auf Rufus’ Hobby Segeln zu sprechen. „Sie könnten in den Ruhestand gehen, Rufus, und Ihre ganze Zeit dem Segeln widmen, wenn Ihnen das so viel Freude macht“, meinte Nick.
Rufus schüttelte den Kopf. „Und es zulassen, dass Sie mein Unternehmen stehlen? Nein. Ich werde so weitermachen wie bisher. Übrigens ist Julia eine ebenso gute Seglerin wie ich. Ich denke, dass ich mit ihrer Hilfe die bevorstehende Segelregatta gewinne. Und natürlich werden wir Sie gemeinsam daran hindern, unser Unternehmen aufzukaufen.“
„Dann liegt das Segeln also auch Ihnen im Blut“, sagte Nick zu Julia, der Rufus’ Bemerkung über das Geschäft einfach ignorierte.
„Granddad nimmt mich zum Segeln mit, seit ich fünf Jahre alt bin.“
„Sie hat ihr eigenes, sehr schönes Segelboot“, erklärte Rufus.
„Welchen Namen hat das Boot?“, fragte Nick. „Ich könnte zur Segelregatta kommen und Ihnen zusehen.“
„Nun, Granddad ist derjenige, der die Regatta bestreitet. Ich werde in seiner Crew sein“, antwortete sie und ignorierte Nicks Frage.
Bis der Kaffee serviert wurde, blieb die Unterhaltung auf neutrale Themen beschränkt.
„Denken Sie wirklich, dass die Anwälte unserer Unternehmen am Freitag etwas aushandeln können?“, fragte Julia dann beim Dessert und warf Nick einen Blick zu. „Wir wissen nicht, was ein solches Treffen bringen sollte.“
Widerwillig musste er ihre Selbstsicherheit bewundern. Sie machte den Eindruck, als hätte sie die besseren Karten in dieser Auseinandersetzung. „Durch die Anwälte könnten wir eine gemeinsame Basis finden. Und Sie erfahren, welches Angebot ich Ihnen mache.“
„Sie können sich Ihr sogenanntes Angebot an den Hut stecken“, zischte Rufus. „Sie versuchen, mir Holcomb Drilling zu stehlen.“
„Ich habe nicht die Absicht, Ihnen das Unternehmen zu stehlen. Mein Angebot wird großzügig sein. Es wird Ihre Schulden abdecken und Ihnen die Möglichkeit geben, sich zur Ruhe zu setzen und das Leben zu genießen.“
„Granddad ist nicht bereit, sich zurückzuziehen“, warf Julia ein.
„In der Tat, das bin ich nicht! Ich werde Ihr Angebot ablehnen, wie auch immer es aussieht. Das kann ich Ihnen genauso gut auch jetzt schon sagen. Treten Sie den Rückzug an. Und das schnell, sonst werde ich Sie ruinieren, und Sie werden es bedauern, jemals einen Gedanken an eine Übernahme verschwendet zu haben.“
Betont ruhig trank Nick einen Schluck Wasser. „Drohen Sie mir nicht, Rufus. Ich bin mittlerweile kein blutiger Anfänger mehr.“
„Das spielt keine Rolle. Wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, lassen Sie die Finger von Holcomb Drilling.“ Rufus’ Gesicht lief rot an, und er ballte die Fäuste.
„Offen gesagt, will ich haben, was Ihnen gehört. Sie hatten einige Rückschläge zu verkraften und sind in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wenn ich mich nicht einschalte und Holcomb übernehme, wird es jemand anders tun. Es ist unvermeidbar.“
„Das ist es nicht“, meinte Julia ruhig.
Nick begegnete ihrem Blick. Sie versteht ihre Sache wirklich gut und lässt sich nichts anmerken, dachte er. Sie wirkt so unbewegt, als würden wir über das Wetter reden.
„Lassen Sie die Finger von unserem Unternehmen“, sagte Julia, ohne die Stimme zu erheben. „Sie sollten sich lieber daran halten.“
„Dann drohen Sie mir also auch.“ Nick war wütend, aber auch beeindruckt von ihrem Selbstvertrauen. Er sah das Feuer, das in ihren Augen loderte. Würde sie zu genauso unfairen Mitteln greifen, wie es ihr verstorbener Vater und ihr Großvater getan hatten? „Ist das der Grund, weshalb Sie um dieses Treffen gebeten hatten – um mir zu drohen?“ Nick beugte sich zu ihr. „Wenn Sie Krieg haben wollen, werden Sie ihn bekommen“, erklärte er ruhig. Als sie tief einatmete, zeichneten sich ihre Brüste unter dem schwarzen Stoff ihres Kleides ab, und Nick musterte sie eingehend.
„Sie wissen sehr gut, dass Sie damit angefangen haben, Mr Ransome“, stellte sie fest. „Granddad …“, sie legte ihre Hand auf die ihres Großvaters, „… lass uns gehen. Ich denke nicht, dass Mr Ransome die Absicht hat, uns zuzuhören oder zu kooperieren. Es gibt keinen Grund, den Abend in die Länge zu ziehen.“ Sie stand auf, und alle drei Männer erhoben sich. Dann sah sie Nick an. „Sie werden niemals irgendetwas von uns bekommen. Sie sollten Ihre Zeit besser damit verbringen, auf das Acht zu geben, was Ihnen gehört.“
Gebannt erwiderte er ihren Blick und spürte, wie die Luft zwischen ihnen brannte. Trotz seiner Verärgerung fühlte er die heiße und intensive Anziehungskraft, die von ihr ausging. Sie war begehrenswert, schön und herausfordernd. Der Geschäftsmann und Konkurrent in ihm wollte sie besiegen, während der Mann in ihm sie nackt in seinen Armen halten wollte.
„Geben Sie es zu, Mr Ransome“, sagte Julia. „Ihr Motiv ist Rache. Sie wollen sich für vergangene Zeiten rächen, in denen mein Großvater Sie übertroffen hat.“
„Es wird für alle Beteiligten ein lukrativer Handel werden.“ Nick blieb ruhig. „Sie werden einen Haufen Schulden los sein.“
„Wir werden unser Unternehmen weiterführen“, erwiderte sie und wandte sich an Tyler. „Nett, Sie kennengelernt zu haben.“ Sie hakte sich bei ihrem Großvater ein und drehte sich Nick zu. „Vermutlich hätten Sie den armen alten Hund einfach überfahren, wenn ich mich nicht in den Weg gestellt hätte. Meine Manieren zwingen mich, Ihnen für das Abendessen zu danken – aber es war nicht sehr angenehm. Sie mögen Rache für etwas nehmen wollen, das Sie als Unrecht ansehen. Aber Sie werden Ihre Rache nicht bekommen. Ziehen Sie sich zurück, oder Sie werden es bedauern“, sagte sie, und sie und ihr Großvater wandten sich zum Gehen.
Nick atmete tief ein und sah ihr nach, registrierte den sexy Hüftschwung und ihre langen, schlanken Beine. Er wollte sie mit jeder Faser seines Körpers und wünschte, er könnte sie in seine Arme ziehen und küssen, bis sie sich ihm hingeben würde. Gleichzeitig war er verärgert über sich selbst. Er beobachtete sie, bis sie das Restaurant verlassen hatte.
Neben ihm gab Tyler einen langen leisen Pfiff von sich. „Sie ist ein Hammer! Oh, Mann. Und ganz der Vater. Ich wusste, dass der alte Mann sie sich als Nachfolgerin heranziehen will. Aber dass es so bald und so umfassend geschieht, hatte ich nicht erwartet. Ebenso wenig hatte ich erwartet, dass seine Erbin wahnsinnig sexy und bildschön ist.“
Nick wandte sich seinem Marketingdirektor zu. „Ich glaube, sie macht mich ganz verrückt.“
Tyler lachte trocken. „Das geht bestimmt vielen Männern so. Meine Güte! Sie ist resolut und vielleicht ebenso hinterhältig wie der Rest ihrer Familie. Sie hat dir ganz offen gedroht.“
„Das wird das Ganze nur noch interessanter machen. Zu dumm, dass sie eine Holcomb ist. Anderenfalls …“ Er verstummte und setzte sich Tyler gegenüber. „Wir haben diese Übernahme doch unter Dach und Fach, nicht wahr?“
„Ja, das haben wir“, bestätigte Tyler zufrieden. Er schenkte sich noch etwas Wein ein.
„Stelle sicher, dass es keinen Haken bei der Sache gibt. Rufus hat einen Killerinstinkt und wird auch nicht davor zurückschrecken, etwas Illegales zu tun.“
„Solange du lebst, wirst du glauben, dass es einer von Holcombs Handlangern war, der dich damals in deiner Anfangszeit von der Straße abgedrängt hat, oder?“
„Ich weiß ganz genau, dass es so war. Aber ich hatte keine Beweise, um damit vor Gericht durchzukommen. Mein Wort stand gegen das der Holcombs, und sie hätten zweifellos ein Alibi gehabt.“
„Wenn das wirklich der Fall ist, sei besser vorsichtig. Jetzt geht es ihm wirklich an den Kragen.“
„Ich bin jetzt nicht mehr so unerfahren wie früher. Ich mache mir wegen Rufus oder Julia und ihren Drohungen keine Sorgen. Ich will Holcomb Drilling mehr denn je zerstören und Rache für meine Familie nehmen.“
„Und zusätzlich einige Prachtstücke erwerben.“ Tyler nahm einen großen Schluck Wein. „Rufus’ Schwester Helena lebt in Paris. Ihre Gesundheit lässt immer mehr zu wünschen übrig, und sie wird von einer Krankenpflegerin betreut. Ich bin nach Paris geflogen, um sie zu treffen. Sie will nie mehr hierher zurückkommen.“
„Das überrascht mich“, sagte Nick.
„Sie ist älter als Rufus und findet, es ist höchste Zeit, dass er in den Ruhestand geht. Sie macht den Eindruck, als ob sie und Rufus noch nie sonderlich gut miteinander ausgekommen sind.“
„Julia steht ihrer Tante nicht nahe?“
„Nein. Helena denkt nicht, dass Julia für Holcomb arbeiten sollte. Ihrer Meinung nach sollte Julia daheim bleiben und Babys bekommen.“
Nick stellte sich Julia im Bett vor und hörte Tyler einen Moment lang nicht zu. Ihm wurde ganz heiß, und er versuchte, sich wieder auf die Unterhaltung mit seinem Marketingdirektor zu konzentrieren.
„Wir besitzen sämtliche Aktien, die Helena an Holcomb gehalten hat. Du bist jetzt der Mehrheitsaktionär.“
„Gibt es außer Julia und Rufus noch irgendwelche Verwandten, die Aktien besitzen?“
„Nein, neben Helena sind nur Rufus und Julia übrig geblieben. Sie haben nur einander“, erklärte Tyler eifrig. „Julias Eltern sind vor drei Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Mit deinen Aktien an Holcomb und der Bank kannst du sie ausbooten.“
Nick dachte an die Bank, die er gerade gekauft hatte, und die von den Holcombs dort aufgenommenen Hypotheken. „Wir können diese Hypotheken einfordern, wann immer wir wollen“, sagte er. „Seine Familie hat mit meiner Familie um Pferde und Öl gekämpft. Es ist an der Zeit, Miss Julia Holcomb und ihren Großvater auf ihre Plätze zu verweisen. Beide werden einen Haufen Geld bekommen. Wir rauben sie ja nicht aus.“
Nicks Handy klingelte. Er holte es aus seiner Tasche und unterhielt sich kurz mit seiner Freundin Meredith Cates, während sich Tyler noch ein Glas Wein einschenkte. „Tut mir leid, Meredith. Ich bin an diesem Wochenende schon ausgebucht. Ich kann meine Pläne nicht ändern. Ich melde mich bei dir“, sagte er und schaltete sein Handy aus.
„Eine weitere Frau kann einpacken“, sagte Tyler. „Aber du hast ja die Auswahl. Hat es jemals eine Frau gegeben, die du nicht verführen konntest?“
Nick lächelte. „Ich bin sicher, dass es die gegeben hat“, antwortet er lässig. „Obwohl ich mich nicht mehr an sie erinnern kann“, fügte er hinzu, und sie lachten beide.
Tyler trank seinen Wein aus und sah seinen Freund an. „Okay, dann haben wir für heute alles erledigt.“
„Richtig. Ich denke, ich sollte dich besser nach Hause fahren.“
„Nein, ich bin noch nüchtern genug. Ich werde dir etwas sagen – ich will diesen einjährigen Fuchs, den du hast.“
„Standing Tall? Er steht immer noch nicht zum Verkauf“, erwiderte Nick fest. „Aber du hast Ahnung von Pferden. Der Fuchs wird eine Menge Rennen für mich gewinnen.“
„Dir gefällt doch mein neuer Ferrari, oder?“
„Ja, aber ich will mein Pferd nicht gegen dein Auto eintauschen. Ich kann mir ein Auto kaufen. Ein solches Pferd muss aus einer guten Zucht stammen, und man braucht Glück dabei.“
„Du müsstest dein Pferd nicht eintauschen, sondern könntest beides haben, wenn du bereit wärst, ein Risiko einzugehen.“
Nick wurde neugierig. „Also, was geht dir in deinem nicht mehr ganz nüchternen Kopf herum, Tyler?“
„Wenn du die Frau, deren Namen ich dir nennen werde, innerhalb der nächsten zwei Wochen verführen kannst, gehört das Auto dir. Wenn nicht, gehört mir das Pferd.“
„Du hast den Verstand verloren!“ Nick lachte.
„Hör zu. Ich werde dir eine geeignete Frau aussuchen – sie muss unter dreißig Jahren alt, schön, ungebunden und einfach umwerfend sein.“
„Du spinnst. Du hast jetzt genug getrunken. Lass uns gehen.“ Nick stand auf. „Wir haben schon eine Menge verrückter Dinge getan, Ty. Aber dazu wirst du mich nicht überreden.“
„Seit wann scheust du davor zurück, eine schöne Frau zu verführen?“ Tyler erhob sich ebenfalls und ging neben Nick her. „Hast du Angst, dein Pferd aufs Spiel zu setzen? Du könntest meinen Ferrari bekommen.“
Nick dachte daran, was der Sportwagen kostete und warf seinem Freund einen Blick zu. „Du würdest wirklich dein Auto verwetten?“
„Ja, das würde ich. Ich denke, ich kann dir eine Frau nennen, die du nicht verführen kannst.“
„Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“
„Komm schon, Nick. Es wird Spaß machen.“ Tylers Ton wurde geschäftsmäßiger. „Und du bekommst dann die Chance, dass deine Rache wirklich süß ist. Ich denke nämlich an Julia Holcomb.“
„Zur Hölle mit ihr.“
„Fürchtest du dich vor ihr? Das wäre der ultimative Rachefeldzug. Ich weiß, dass du sie attraktiv findest. Zwischen euch sind heute Abend die Funken geflogen.“
„Vergiss es, Ty. Ich bin keine achtzehn mehr. Und du überredest mich nicht zu so einer verrückten Sache.“
Tyler kickte einen kleinen Stein über den Parkplatz, den sie überquerten. „Da geht mein Pferd dahin.“
Nick lachte. „Ich werde dich nach Hause bringen. Dein Auto kannst du morgen abholen.“ Er dachte an die Begegnung mit Julia. Wie lange würde es dauern, bis er sie vergessen würde? Oder bis sein Puls allein bei dem Gedanken an sie nicht mehr schneller schlagen würde? Julia verführen? Bei dieser Vorstellung stockte ihm der Atem. Aber er würde sich nicht auf diese Wette einlassen, auch wenn es sowohl eine Herausforderung als auch eine wirklich süße Rache wäre, sie zu verführen.
Nachdem er Tyler abgesetzt hatte, fuhr er zu seiner Wohnung. Er dachte an die hitzige Auseinandersetzung, die er mit Julia Holcomb gehabt hatte, und an das Prickeln, das ihn bei jedem Blickkontakt mit ihr erfasst hatte. Sie war schön, sexy und aufgrund ihrer Familie das pure Gift. Und er wusste, dass sie ihn als Monster betrachtete.
Vermutlich hätten Sie den armen alten Hund einfach überfahren, wenn ich mich nicht in den Weg gestellt hätte. Als er sich an ihre Worte erinnerte, presste er die Lippen zusammen. Er mochte schonungslos sein, wenn es um seine Arbeit ging. Aber er würde niemals hilflose Tiere überfahren. Mit ihrer Bemerkung war es ihr gelungen, ihn zu reizen, was ihn zusätzlich ärgerte.
Seine Wohnung nahm die gesamte obere Etage eines zwanzigstöckigen Gebäudes ein. Zu Hause angekommen, stand er im Dunkeln am Fenster und sah hinunter auf die funkelnden Lichter der Stadt. Es gelang ihm immer noch nicht, die quälenden Erinnerungen an Julia zu verdrängen. Irgendwo da unten war sie, lag wahrscheinlich im Bett und schlief. Bei dem Gedanken stöhnte er, drehte sich weg und machte die Lampen an, bevor er sich auszog. Er wünschte, er wäre draußen auf seiner Ranch, wo er jetzt noch reiten gehen könnte. Ruhelos ging er zu seinem Schreibtisch und versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und sich die attraktive Julia Holcomb mit ihren blauen Augen und langen Beinen aus dem Kopf zu schlagen.
Es war nach drei Uhr morgens, als er endlich einschlief. Aber schon eine halbe Stunde später weckte ihn das Klingeln des Telefons wieder auf. Sofort nahm er den Hörer ab. Sein erster Gedanke war, dass seinem Vater, der gesundheitlich angeschlagen war, etwas zugestoßen sein könnte.
„Nick“, hörte er Tylers Stimme.
„Ist Dad okay?“
„Ja, sicher. Ich rufe nicht wegen deiner Familie an.“
Erleichtert sank Nick zurück aufs Bett. „Das ist gut. Was ist los?“
„Auf einer unserer Bohrinseln im Golf gab es eine Explosion. Jetzt tobt dort ein Feuer.“
„Verdammt!“ Nick stand wütend auf. „Ist jemand verletzt?“
„Zwei Männer mit Verbrennungen sind ins Krankenhaus gebracht worden.“
„Nimm den Hubschrauber und komme damit nach Galveston. Ich kann innerhalb einer Stunde dort sein.“ Nick griff nach seinen Jeans.
„Bleib, wo du bist. Ich werde dich auf dem Laufenden halten. Du musst nicht dort draußen sein, um das Feuer zu bekämpfen. Das würde deinen Dad nur noch mehr beunruhigen. Du wirst ihm die schlechte Nachricht überbringen müssen, denn morgen früh würde er sie ohnehin hören.“
„Tyler, finde heraus, was genau passiert ist. Bis ins kleinste Detail.“ Nick kochte vor Wut. „Wenn es irgendetwas gibt, das auf die Holcombs hindeutet, werde ich ihr Unternehmen Stück für Stück verkaufen und zerstören, was ich nicht verkaufen kann.“
„Ich melde mich wieder.“
„Ich werde Dad morgen früh anrufen. Er steht nicht mehr so zeitig auf wie gewöhnlich. Je gelassener ich damit umgehen kann, desto weniger betroffen wird er sein. Vielleicht weißt du ja bis dahin mehr.“
„Ich halte dich auf dem Laufenden.“
Nick legte den Hörer auf. Da an Schlaf nicht mehr zu denken war, legte er sich nicht wieder ins Bett. Ihm gingen Julias und Rufus’ Drohungen durch den Kopf, und er ballte die Fäuste. Steckte sie hinter dem Anschlag? Oder war ihr Großvater dafür verantwortlich?
Um acht Uhr am nächsten Morgen summte Nicks Gegensprechanlage, und er hörte die Stimme seiner Sekretärin. „Julia Holcomb ist am Telefon und würde Sie heute gern sehen, wenn das möglich ist. In Ihrem Terminkalender ist in einer Stunde und um zwei Uhr nachmittags noch etwas frei.“
Überrascht dachte er einen Moment darüber nach, was er tun sollte. Er kochte vor Wut und war neugierig, was sie vorhatte. „Ich werde mir in einer Stunde Zeit für sie nehmen“, erklärte er. Dann schaltete er die Nachrichtensendung im Fernsehen ein. Bilder vom Feuer auf der Ransome-Ölbohrinsel, die noch vor vierundzwanzig Stunden äußerst produktiv gearbeitet hatte, flimmerten über den Bildschirm.
Nicks Wut nahm noch zu. Er schaltete den Fernseher wieder aus, ging zum Telefon und wählte die Nummer von Tylers Handy. Innerhalb weniger Sekunden meldete sich sein Marketingdirektor. „Gibt es etwas Neues?“, fragte Nick.
„Ein Experte sieht sich die Sache genau an.“
„Erinnerst du dich an die Wette, die du mit mir abschließen wolltest? Gilt das Angebot noch?“
„Die Wette?“ Tyler klang einen Moment lang perplex. „Ah, das Pferd und das Auto.“
„Ich gehe darauf ein“, erklärte Nick. „Wenn die Holcombs mit harten Bandagen kämpfen wollen, können sie das haben. Wenn ich Julia innerhalb von zwei Wochen verführe, bekomme ich deinen Ferrari.“
„Und wenn nicht, will ich dein Pferd haben.“
„Halte mich weiter auf dem Laufenden. Bis dann.“ Nick legte auf und dachte an Julia Holcombs blaue Augen und ihre langen Beine. Diese Rache würde süß werden. Die Verführung würde nur der Anfang sein.
Als sein Termin mit Julia Holcomb näher rückte, sah sich Nick um und hoffte, dass sein Büro größer, exklusiver und einschüchternder war als ihres. Noch nie in seinem Leben hatte er sich solche Gedanken gemacht. Schon gar nicht, wenn es um jemanden ging, dessen Unternehmen er zerstören wollte. Er betrachtete den dicken orientalischen Teppich, den großen Mahagonitisch, der ihm als Schreibtisch diente, und die braunen Ledermöbel. An den Wänden hingen Originale von berühmten Malern. Er hatte die Ölgemälde auf seinen Reisen in Europa erstanden. Sein Büro war im achtzehnten Stock des Ransome Buildings in der City von Dallas. Er wusste, dass Holcomb Drilling in einem zehnstöckigen Backsteingebäude am Stadtrand residierte, das vor zehn Jahren gebaut worden war, um die alten Büros in der City zu ersetzen.
Die Sprechanlage summte, und seine Sekretärin kündigte Julias Ankunft an.
Als sich die Tür wieder hinter Julia schloss, stand Nick auf. Sie war genauso schön, wie er sie in Erinnerung hatte. Er hoffte, dass sein Gesicht ebenso wenig preisgab wie ihres, aber er konnte nicht widerstehen, sie anerkennend von oben bis unten zu mustern. Sie trug einen taillierten schwarzen Hosenanzug und eine Bluse. Ihre blonden Haare hatte sie am Hinterkopf hochgesteckt, und er wollte mit den Fingern in die ordentliche Frisur fahren, um zu sehen, wie ihr die seidigen Locken auf die Schultern fallen würden. „Guten Morgen.“ Er lächelte sie an. „Willkommen in der Höhle des Löwen.“