Julia war über Nicks Worte erfreut und enttäuscht zugleich. „Nick, ‚ich liebe dich‘ kommt dir so leicht über die Lippen. Es scheint keine große Bedeutung für dich zu haben. Du warst schon so oft verliebt.“
„Nicht so wie jetzt.“ Er streichelte ihre Hand. „Du bist anders, Julia. Ich wollte noch nie eine Frau so sehr wie dich.“
Seine Worte verzauberten sie, aber dennoch fiel es ihr schwer, ihm zu glauben. Wie viele andere Frauen hatten das schon von ihm gehört? fragte sie sich. Sie schaute auf ihre Hand, die er in seiner hielt, während sie über sein Angebot nachdachte. Sie hatte auf einen Antrag gehofft. „Nick, wo soll das hinführen? Für wie lange ziehe ich bei dir ein – für ein Jahr? Einen Monat?“
„Du weißt, dass es für länger als einen Monat wäre. Wer weiß schon, für wie lange? Es läuft gut zwischen uns, und das weißt du, Julia. Niemand kann die Zukunft vorhersehen. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich kein Mann zum Heiraten bin.“
„Und ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich eine Frau bin, die heiraten will. Ich will alles, Nick. Die angeheirateten Verwandten, das Ehegelöbnis, die dauerhafte Bindung. Willst du keine Familie und Kinder?“
„Nein, nicht unbedingt. Ich habe keine Ahnung, wie man Kinder aufzieht. Matt wird die Kinder in unserer Familie haben.“
Sein Angebot war sehr verlockend. Julia wollte ihn immer um sich haben. Vielleicht könnte es von Dauer sein. „Nick, ich möchte so sehr, dass du zu meinem Leben gehörst.“
Er zog sie auf seinen Schoß. „Wenn du noch nicht bereit bist, mir zu antworten, dann denke darüber nach, Julia. Lass uns die Nacht zusammen verbringen. Ich habe den ganzen Tag auf die gemeinsame Zeit mit dir gewartet. Dich in den Armen zu halten, ist das Beste für mich. Das ist es, was ich will.“
Sie könnte erst einmal bei ihm bleiben, um zu sehen, ob ihr das Leben zu seinen Bedingungen gefiele. Wenn Nick es sich so sehr wünschte, mit ihr zusammen zu sein, würde er sie vielleicht irgendwann bitten, für immer zu bleiben. Sie war ganz benommen bei der Aussicht, jede Nacht in seinen Armen zu liegen. Es wäre sicher sehr aufregend, mit ihm zusammenzuleben, dachte sie. Aber dann sah sie der Realität ins Auge. Was wäre, wenn die Liebe vergehen würde? Außerdem wollte sie definitiv Kinder haben. Sie konnte sich nicht vorstellen, mit diesem Arrangement glücklich zu werden. So traurig es war, es würde nicht funktionieren. Nick und sie hatten unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Sie konnte das nicht ändern und er auch nicht. Sie sah ihn an. „Diese Nacht verbringe ich mit dir.“
Er legte den Finger auf ihren Mund. „Wie immer du dich entscheidest, Julia. Sag es mir morgen früh. Schenke mir die Nacht.“
Sie nickte erleichtert, weil sie eine Nacht mehr mit ihm zusammen sein würde. „Gut.“
In dieser Nacht liebten sie sich, bis der Morgen dämmerte. Julia schlief nur kurze Zeit, wachte in Nicks Armen auf und betrachtete ihn. Er war nackt, warm und hielt sie ganz fest. Ihre Haare fielen auf seine Schulter.
Er machte die Augen auf, um sie anzusehen. „Guten Morgen.“ Seine Stimme klang heiser.
Julias Puls raste, und sie küsste ihn leicht auf den Mund. „Guten Morgen.“
Er fuhr mit dem Finger über die Rundung ihrer Brüste. „Hast du darüber nachgedacht? Ziehst du bei mir ein?“
„Ich kann nicht. Ich habe dir das von Anfang an gesagt.“
Zu ihrer Überraschung zuckte Nick zusammen, als wäre er geschlagen worden. Dann küsste er sie leidenschaftlich, zog sich aber abrupt zurück. „Ich will dich. Ich brauche dich in meinem Leben.“ Verlangen brannte in seinen braunen Augen.
„Nick, ich will keine vorübergehende Vereinbarung.“ Sie sah ihn an, während ihr Herz in tausend Stücke zu zerbrechen schien. „Ich liebe dich. Ich könnte dich mein ganzes Leben lang lieben.“
„Dann zieh bei mir ein, verdammt. Vielleicht will ich ja nach einer Weile heiraten. Vergiss deine strengen Regeln und nutze diese Chance, Julia.“
„Es sind keine Regeln. Ich denke nur, dass es einfacher ist, sich gleich zu trennen. Jetzt werde ich den Liebeskummer noch überleben. Später wird das sehr viel schwieriger werden.“
„Du musst keinen Liebeskummer überleben. Ich liebe und will dich, und vielleicht wird unsere Beziehung in eine Ehe münden. Gib uns eine Chance.“
„Was ist mit Kindern? Ich will welche haben und du nicht. Da gibt es keine gemeinsame Basis.“
Nick holte tief Luft. „Ich habe nie daran gedacht, eine Familie zu gründen. Aber wenn du ein Kind bekommen willst, würde ich darüber nachdenken.“
„Das reicht nicht“, sagte Julia. „Mehr als alles in der Welt will ich ein Kind mit dem Mann haben, den ich liebe. Du willst keine Kinder. Und wahrscheinlich wirst du glücklich mit dieser Entscheidung. Aber ich kann meine Gefühle nicht ändern und deshalb nicht mit dir leben.“
Er nahm sie fest in die Arme und küsste sie so heiß und voller Verlangen, dass ihr ganz schwindelig wurde.
Sie konnte nur noch daran denken, dass sie ihn in sich spüren wollte. Aber sie würde nicht mit ihm leben können, und sie schob ihn weg.
„Julia …“
Sie legte die Finger auf seine Lippen. „Pst, Nick. Nicht jetzt. Wir gehen in unterschiedliche Richtungen. Es war wundervoll. Ich werde dir deinen Anhänger zurückgeben.“ Sie wollte die Kette aufmachen.
Er hielt ihre Hände fest. „Du behältst sie. Ich habe die Kette für dich gekauft und will, dass du sie hast. Du willst einfach so aus meinem Leben gehen?“
„Es tut weh, dich zu verlieren, und ich denke, es wird lange dauern, bis ich darüber hinwegkomme. Aber ich muss gehen.“
„Verdammt, Julia, hör auf, uns beiden wehzutun. Gib uns eine Chance. Ich könnte mich ändern und Kinder haben wollen. Gib mir Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen, aber verlasse mich nicht, während ich es tue.“
„Nick, wenn du mich wirklich so lieben würdest wie ich dich und wie ich geliebt werden will, würden wir dieses Gespräch nicht führen“, meinte sie weich. „Du willst nicht die tiefe, ewige Liebe, die ich will.“
Sie schwiegen und starrten einander in die Augen. Dann atmete er tief ein und drehte sich um. „Vermutlich ist es Zeit für mich, mir meine Sachen zu schnappen und zu gehen.“
Julia beobachtete, wie er das Zimmer verließ. Sie hielt die Tränen zurück und hasste sich dafür, dass sie ihre Emotionen nicht kontrollieren konnte. Ihr brach das Herz, und es tat furchtbar weh. Trotz all der logischen und vernünftigen Gründe, die dagegen sprachen, hatte sie ihn geliebt. Wer konnte die Liebe schon stoppen, wenn sie sich richtig, besonders und wahrhaftig anfühlte? „Nick“, seufzte sie schließlich leise.
Sie wischte sich die Tränen weg und stand auf, als er im Flur auftauchte. Er sah sie sehr ernst an, kam zu ihr und legte die Hände auf ihre Taille. „Also gibst du mir keine Chance?“
„Menschen ändern sich nicht.“
„Sie ändern sich ständig. Ich liebe dich und will, dass du bei mir bist. Das ist eine Menge, Julia.“
Sie wollte ihn nicht gehen lassen, denn sie wusste, wenn er jetzt ging, würde er nie mehr zurückkommen. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und küsste ihn lange.
Nick erwiderte den Kuss so feurig und leidenschaftlich, dass sie ihn nie vergessen würde. Plötzlich ließ er sie los und sah sie an. „Wenn es das ist, was du willst.“ Er ging an ihr vorbei zur Haustür und verließ das Haus.
Die Tränen strömten über ihre Wangen. Sie wollte ihn zurückrufen. Julia hatte das Gefühl, als hätte er ihr das Herz aus dem Leib gerissen und mitgenommen. Aber sie ließ ihn gehen. Denn sie wusste, dass sie etwas anderes wollte als er. Schon jetzt vermisste sie ihn schmerzlich und fragte sich, ob das ihr ganzes Leben lang so bleiben würde.
Während der nächsten Woche stürzte sich Julia in die Arbeit. Ende des Monats, wenn Holcomb Drilling in Ransome Energy integriert sein würde, würde das Holcomb-Gebäude geschlossen werden. Sie hatte ein Jobangebot von Nicks Unternehmen erhalten. Aber der Gedanke, ihn täglich bei der Arbeit zu sehen, schreckte sie ab. Also hatte sie begonnen, sich einen neuen Job zu suchen.
Am Mittwochmorgen schaute sie bei ihrem Großvater vorbei. Als sie bei einer Tasse Kaffee zusammensaßen, runzelte er die Stirn. „Du bist dünner geworden. Nimm die Übernahme von Holcomb Drilling nicht so schwer. Wir werden klarkommen und sind bestens versorgt.“
„Ich weiß. Ich habe einige gute Jobangebote bekommen. Henry Banks möchte, dass ich für sein Unternehmen arbeite.“
„Gut. Wirst du annehmen?“
„Ich will mir Zeit für die Entscheidung nehmen. Ich habe mich bereit erklärt, an zwei Nachmittagen in der Woche Kindern ehrenamtlich das Lesen beizubringen und werde meinen Zeitplan danach ausrichten.“
„Julia, triffst du dich mit Nick Ransome? Mir ist da so etwas zu Ohren gekommen. Hat er dir wehgetan?“
Erstaunt schüttelte sie den Kopf. „Nein. Es stimmt, ich habe mich öfter mit ihm getroffen. Aber das ist vorbei. Wir sehen uns nicht mehr, und mir geht es gut.“
„Nein, dir geht es nicht gut. Du wirkst nicht sehr glücklich und verlierst Gewicht. Und du arbeitest und tust so viel, als ob du versuchst, etwas zu vergessen.“
„Es war meine Entscheidung, Granddad. Mach dir keine Sorgen deswegen.“
„Aber ich bin nicht der Grund, weshalb du Ransome nicht mehr triffst, oder?“
„Nein!“ Julia tätschelte Rufus’ Hand und sah auf die Uhr. „Ich muss jetzt los.“
„Wenn das so weitergeht, wirst du bald keine Zeit mehr für mich haben.“
Sie umarmte ihn. „Doch. Für dich werde ich immer Zeit haben. Wir sehen uns noch diese Woche.“ Mit einem Kuss auf die Wange verließ sie ihren Großvater, um zur Arbeit zu fahren.
Zurück im Büro schaltete sie den Computer an und versuchte, sich auf die Zahlen und Tabellen zu konzentrieren. Aber sie dachte an Nick und hatte Verlangen nach ihm. Ganz egal, wie beschäftigt sie auch war, sie vermisste ihn. Es war noch schlimmer, als sie gedacht hatte. Sie hatte keinen Appetit und konnte nicht schlafen. War ihr Leben ohne ihn jetzt so viel besser? Sie musste ehrlich zu sich sein – nichts war besser geworden.
Nick hatte ihre Welt zu etwas ganz Besonderem gemacht. Ihr Leben war aufregender, lustvoller und schöner gewesen. Was tagtäglich passierte, war viel interessanter, wenn sie mit ihm darüber diskutierte. Und erst die Stunden, in denen sie sich geliebt hatten – sie sehnte sich nach seinen Küssen, seinen Umarmungen und seinem starken Körper. Mit einem Stöhnen realisierte sie, dass sie jetzt ein leeres Leben ohne Kinder und ohne Nick führte. Sie wusste, dass sie nie mehr einen Mann treffen würde, der sie so anziehen würde. Die Chemie zwischen ihnen war einzigartig gewesen.
Julia fragte sich, ob sie den größten Fehler ihres Lebens gemacht hatte. Ihre Sehnsucht nach Nick nahm ständig zu. Immer wenn sie in der Menge einen großen, dunkelhaarigen Mann sah, schlug ihr Puls schneller. Sie versuchte verzweifelt, sich abzulenken. Aber nichts funktionierte – ob sie nun mit Freunden ausging, sich in die Arbeit stürzte oder Sport machte. Nachts war es am schlimmsten. Dann erinnerte sie sich zu deutlich an seinen nackten, erregten und atemberaubenden Körper.
Sie stöhnte. Die Trennung lag drei Wochen zurück, und sie wurde fast verrückt, so sehr vermisste sie ihn. Sie fragte sich, wie es Nick erging. Vermisste er sie? Hatte er zumindest ein bisschen gelitten? Bedauerte er, was geschehen war?
Als Nick sich von Julia trennte, tat er das sehr schnell und ohne zurückzusehen. Er konnte sie vergessen. Er hatte noch nie Liebeskummer gehabt und würde jetzt nicht damit anfangen. Was vorbei war, war vorbei, und normalerweise konnte er die Vergangenheit einfach abhaken. In der nächsten Woche arbeitete er wie im Rausch und versuchte, nicht an Julia zu denken. Am Ende der Woche musste er zugeben, dass ihm dieser Versuch gründlich misslungen war. Er vermisste sie immer noch. Zum ersten Mal in seinem Leben machte er Fehler bei der Arbeit, weil er nicht bei der Sache war.
Er floh zu seiner Villa in Cozumel und trainierte, schwamm und rannte mehrere Stunden am Tag bis zur Erschöpfung, um nicht an Julia zu denken. Doch auch dort gelang es ihm nicht, sie zu vergessen. Also kehrte er nach Hause zurück und fuhr auf dem Weg zur Arbeit jeden Tag an ihrem Haus vorbei, ohne einen Blick darauf zu werfen.
Drei Wochen später starrte Nick in seinem Büro ins Leere, während er sich Gedanken über sein Leben und seine Zukunft machte. Zum ersten Mal zog er in Erwägung, Julia zu heiraten. Sein Puls hämmerte bei dem Gedanken, dass sie immer für ihn da sein würde, und er fühlte sich sofort besser. Er wollte nicht mit einer anderen Frau ausgehen. Er wollte nur Julia. So hatte er noch nie in seinem Leben empfunden. Von der ersten Begegnung an war mit ihr alles anders gewesen. Die gegenseitige Anziehung war einzigartig. Das Geschäft spielte für ihn keine Rolle mehr, und jetzt verstand er, was sie gemeint hatte, als sie gesagt hatte, dass Erfolg nicht alles wäre. Ohne sie war der Erfolg sinnlos.
„Nick?“ Tyler stand in der Tür.
„Ja?“ Nick versuchte, sich zu konzentrieren.
„Hast du den Brief fertig, den wir Consolidated schicken wollen?“
„Consolidated?“ Er schüttelte den Kopf. „Frisch bitte meine Erinnerung auf.“
Tyler runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, was mit dir los ist – doch, ich weiß es. Verdammt, Nick, geh zurück nach Mexiko oder rufe Julia Holcomb an. Wenn es weiter so geht, wirst du noch dem Unternehmen schaden.“
„Okay, Tyler. Ich werde mir ein paar Tage freinehmen.“
„Nimm dir einen Monat frei. Ich werde mich um alles kümmern. Und diesen Brief werde ich auch schreiben.“
„Gut. Dann verlasse ich gleich das Büro.“
Tyler nickte und machte die Tür hinter sich zu.
Nick sah auf seine Uhr und überlegte, was er gern tun würde. Er sagte seiner Sekretärin, dass Tyler ihn für eine Weile vertreten würde, und ging. Sein Herz raste, als er sein Handy herausholte, um Julia anzurufen. Enttäuschung stieg in ihm auf, als er sie weder erreichen noch eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen konnte. Er machte einige Besorgungen und versuchte vergeblich immer wieder, Julia anzurufen. Doch er wollte sie sehen, und es war für ihn nur eine Frage der Zeit, bis er seinen Willen durchsetzen würde.
Er fuhr nach Hause, wo er duschte und dunkelblaue Hosen und ein dunkelblaues Seidenhemd anzog, bevor er erneut sein Handy herausholte. Dann hörte er, dass ein Auto in die Einfahrt einbog und ging zur Tür, um sie aufzumachen. Als er dann Julia sah, klopfte sein Herz laut. Sie wirkte blass und dünner als vor der Trennung und sah ihn stumm an. „Julia?“