Ungläubig sah Olivia Matt Ransome an. „Für so viel Geld wollen Sie nicht nur mein Baby, sondern auch mich mit Leib und Seele“, erwiderte sie kühl und stand auf. „Raus.“
„Setzen Sie sich“, befahl Matt.
Sein ruhiger, bestimmter Ton, der keinen Widerspruch erlaubte, ließ Olivia erschauern. Wortlos setzte sie sich wieder.
„Wenn Sie wollen, können Sie mit meinem Anwalt sprechen oder mit meiner Familie.“
Sie nickte nachdenklich, während sie zu begreifen versuchte, wie viel Geld er ihr anbot. Sie könnte beliebig viele Kurse belegen und den entsetzlichen Job kündigen. Es war mehr Geld, als sie jemals in der Bar verdienen würde. Ihr Herz schlug heftig, und sie bekam feuchte Hände. Fast geriet sie in Versuchung, Matts Angebot auf der Stelle zu akzeptieren. Es dauerte eine Weile, bis ihr bewusst wurde, dass er noch auf ihre Antwort wartete.
„Sie sind tatsächlich ganz anders als Ihr Bruder.“
„Das hoffe ich auch stark.“
Olivia hatte Matt Ransome schon in der Bar bemerkt, bevor er sie angesprochen hatte. Er hatte nichts von Jeffs spielerischem Charme oder seiner Unbekümmertheit. Sie schätzte, er war ein paar Zentimeter kleiner als sein Bruder. Seine Schultern wirkten breiter, und mit seinen blauen Augen und den dunklen Wimpern sah er auf eine ganz eigene Art sehr gut aus. Jeff hatte braunes Haar gehabt, Matt dagegen war schwarzhaarig.
Es verunsicherte Olivia, dass sie auf seine Nähe so stark körperlich reagierte. Das hatte sie weder bei Jeff noch bei einem anderen Mann je erlebt. Den Grund dafür konnte sie sich nicht erklären, denn Matt Ransome war viel zu herrisch, um ihr zu gefallen. Er wirkte ernst und geschäftstüchtig. Dennoch hatte der erste Blick in seine strahlend blauen Augen ihren Puls in die Höhe getrieben und ihr den Atem geraubt. Ein paar Sekunden lang war sie fest überzeugt gewesen, dass Matt ebenso in dieser prickelnden Stimmung gefangen war wie sie. Sie gestand es sich nicht gern ein, aber sie fühlte sich sehr zu ihm hingezogen. Den Grund dafür konnte sie sich nicht erklären.
Matts Angebot war unglaublich verlockend, aber sie wollte sich zu nichts drängen lassen. Nachdenklich neigte sie den Kopf zur Seite. „Ihnen ist doch klar, dass Sie für so viel Geld auch ein Kind adoptieren könnten.“
„Dieses Baby ist ein Ransome, und ich werde mich darum kümmern. Wissen Sie schon, ob es ein Junge oder Mädchen wird?“
„Dazu ist es noch zu früh. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich es vorher wissen will.“
„Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird. Die männlichen Ransomes haben sich nicht sehr vorteilhaft entwickelt.“
„Ich werde über Ihr Angebot nachdenken“, erwiderte Olivia kühl und stand auf. „Jetzt ist es Zeit für Sie zu gehen.“
Auch Matt erhob sich. „Denken Sie in aller Ruhe nach, aber in der Zwischenzeit sollten Sie aus dieser Gegend wegziehen. Kommen Sie mit mir auf die Ranch. Am besten gleich heute Nacht.“
„Heute Nacht?“ Fassungslos sah sie ihn an. „Ich kann doch nicht …“
„Und ob. Ich wette, Sie können Ihre gesamte Habe in zwei Koffern verstauen. Gehören Ihnen diese Möbel, oder war das Apartment möbliert?“
„Die Möbel gehören mir nicht, aber anscheinend wollen Sie mein Leben kontrollieren, und das erleichtert mir die Entscheidung. Ich komme nicht mit.“ Olivia hoffte inständig, dass ihre Stimme beherrscht klang. Sie musste sich konzentrieren, um nicht auf Matts Brust oder auf seine kräftigen langen Beine zu starren.
„Ihnen muss klar sein, dass Sie hier nicht sicher sind. Das ist keine passende Umgebung für eine Schwangere. Stimmen Sie mir da zu?“
Entschlossen schüttelte sie den Kopf. „Sie wollen mir Ihren Willen aufzwängen. Lassen Sie mir etwas Freiraum. Ich muss das alles in Ruhe überdenken. Ich werde Ihnen morgen sagen, wie ich mich entschieden habe.“
Matt holte tief Luft und beherrschte sich mühsam. „Also gut, aber kündigen Sie wenigstens den Job, damit Sie aus dieser verräucherten Bar wegkommen. Denken Sie doch an das Baby.“
„Das tue ich ständig.“
„Wenn Sie mir Papier und Stift geben, kann ich Ihnen den Weg zur Ranch aufzeichnen.“
Wütend musterte Olivia Matt. Seine herrische Art gefiel ihr nicht. Vielleicht hatte Jeff aus diesem Grund so gegen seine Familie rebelliert. „Allmählich verstehe ich, wieso Ihr Bruder so war, wie er war.“
„Mein jüngster Bruder war nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen“, entgegnete Matt gereizt.
Offenbar hatte sie einen wunden Punkt getroffen. Olivia beschloss, nicht weiter auf Jeff einzugehen, und holte einen Stift und Papier. Während Matt die Wegbeschreibung zur Ranch notierte, betrachtete sie seine schön geformten Hände, seine dichten, leicht geschwungenen Wimpern und die gerade Nase. Auf seinen Wangen zeigte sich ein feiner dunkler Bartschatten.
„Auf Jeff war keinerlei Verlass. Da fällt es mir schwer, Ihnen jetzt zu vertrauen“, gestand sie.
„Ich kann nur wiederholen: Ich bin nicht Jeff.“ Matt stand dicht vor ihr und blickte ihr eindringlich in die Augen.
Olivia bekam weiche Knie. Ihr Blick heftete sich an seine Lippen, und sie fragte sich, wie es sein mochte, von ihm geküsst zu werden.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass auch er sie anstarrte, und ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Seufzend richtete sie sich auf. „Eines ist klar: Wenn ich zu Ihnen auf die Ranch ziehe, müssen Sie mir versprechen, dass Sie nicht versuchen, mich ständig zu bevormunden.“
„Das käme mir nicht in den Sinn, aber ich werde offen meine Meinung sagen, wenn Sie die Gesundheit des Kindes gefährden.“
„Bilden Sie sich bloß nicht ein, ich würde Ihnen jemals mein Baby überlassen.“
„Jedes Kind braucht seine Mutter. Dieser Beziehung möchte ich auf keinen Fall schaden –, solange Sie dem Kind eine liebevolle Mutter sind. In Ihrer Familie gab es viel Vernachlässigung und Misshandlung.“
„Ich bin nicht wie meine Eltern“, fauchte sie ihn an. „Meine Eltern haben getrunken und Drogen genommen. Sie haben mich wüst beschimpft und genauso vernachlässigt wie sich selbst. Ihnen fehlte jedes Verantwortungsgefühl, und das hat sie letztlich umgebracht. Ich konnte es nicht erwarten, von dort wegzukommen.“ Sie sah Matt herausfordernd an. „Für jemanden, der mich gerade erst kennengelernt hat, wissen Sie eine Menge über mich. Wie haben Sie das alles herausbekommen?“
„Ich habe einen Privatdetektiv engagiert.“
Er hat jemanden in meiner Vergangenheit herumschnüffeln lassen! Einen Moment war Olivia drauf und dran, Matt rauszuwerfen, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie an seiner Stelle genauso gehandelt hätte. „Ich werde über Ihr Angebot nachdenken“, lenkte sie ein, obwohl ihr klar war, dass sie eigentlich überglücklich einwilligen sollte.
„Wir werden uns nicht im Weg sein. Es ist ein großes Haus. Zurzeit kann man sich an der Universität von Fort Worth fürs nächste Semester einschreiben.“ Matt zog einige Informationsbroschüren aus seiner Gesäßtasche. „Hier, sehen Sie sich das mal an.“ Er legte sie auf den Tisch. „Sie könnten sich voll auf das Studium konzentrieren und viel schneller Ihren Abschluss machen, als wenn Sie alles allein finanzieren müssten.“
„Sie haben wohl schon alles genau geplant, was? Wie weit liegt Ihre Ranch denn von Fort Worth entfernt?“
„Dreißig Meilen, das ist nicht viel. Sie könnten pendeln.“
Sie sahen sich in die Augen, und Olivia fragte sich, ob er das wirklich alles ernst meinte. Andererseits war sie schon einige Male von Männern enttäuscht worden, also würde sie es überleben, sollte Matt Ransome sich als weniger nobel entpuppen, als er sich jetzt präsentierte. Er begehrte sie. Das sah sie an seinen Blicken, aber sie spürte auch, dass er sich im Griff hatte. Er mag mich nicht, dachte sie. Wahrscheinlich hat er nie viel von Jeffs Freundinnen gehalten.
Abgesehen von den verlangenden heißen Blicken wirkte er eiskalt. Seltsam, dass sie so stark auf ihn reagierte. Seit Jeff hatte sie kein Interesse mehr an Männern gehabt, aber bei Matt war das anders. Ihr Puls beschleunigte sich, sobald sie ihn ansah, und sie hatte Schwierigkeiten, normal zu atmen. Sie wollte nicht so auf ihn reagieren, und ihr war klar, dass er genauso wenig für ihre Ausstrahlung empfänglich sein wollte.
„Sind wir fertig für heute?“, fragte sie. Er sollte möglichst bald aus ihrem Haus verschwinden.
„In dieses Haus kann jeder leicht einbrechen. Möchten Sie vielleicht, dass ich über Nacht bei Ihnen bleibe? Ich könnte auf einem Sessel schlafen oder auf dem Sofa.“
Belustigt lächelte Olivia. „Danke, nicht nötig. Ich sorge schon lange selbst für mich. Schon vor dem Tod meiner Eltern. Außerdem habe ich mich um die beiden kümmern müssen, seit ich zwölf war. Wir haben in viel schlimmeren Gegenden als dieser gelebt. Die Mieten hier sind günstig, und es ist ein halbwegs ruhiges Viertel, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen.“
Er musterte sie eingehend, und Olivia konnte sich nicht gegen seine Wirkung auf sie wehren. Gegen ihren Willen war sie erregt. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, als sie bemerkte, dass es Matt offensichtlich wie ihr erging. Schließlich atmete er tief durch, dann ging er zur Tür.
Olivia folgte ihm.
„Sie haben meine Handynummer“, sagte er leise. „Rufen Sie an, falls Sie irgendetwas brauchen.“
„Danke.“
„Sie werden es nicht bereuen, wenn Sie auf meinen Vorschlag eingehen. Also machen Sie sich deshalb keine Sorgen.“
Olivia folgte ihm nach draußen und sah ihm nach, als er in sein Auto stieg und davonfuhr.
Langsam kehrte sie in ihr Haus zurück und sah sich in dem schäbigen Wohnzimmer um. Wenn sie auf Matts Angebot einginge, könnte sie sich um das Baby kümmern, ihr Studium beenden und in Sicherheit leben.
War er ehrlich zu ihr? Ging es ihm wirklich nur um das Kind?
Hoffentlich.
Während sie sich zum Schlafengehen fertig machte, dachte sie an Jeff Ransome. Er hatte sie interessiert, weil er anders als die Männer war, denen sie sonst begegnet war.
Jeff hatte an der Pokerrunde im Hinterzimmer der Bar teilgenommen, und als die Bar geschlossen wurde, hatte er sie gefragt, ob sie noch mit ihm ausgehen wolle.
Seit sie zwölf Jahre alt war, wusste Olivia, dass Männer sie attraktiv fanden. Sie hatte früh gelernt, sich deren Annäherungsversuchen zu entziehen, doch Jeff Ransome hatte es mit seinem Charme geschafft, sie aus der Reserve zu locken. Er war erst der zweite Mann in ihrem Leben gewesen, auch wenn er das nicht glauben wollte. Zusammen hatten sie eine wundervolle Zeit erlebt, bis sie entdeckt hatte, dass sie schwanger war. Obwohl sie immer verhütet hatten, war es passiert.
Von dem Zeitpunkt an hatte Jeff nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Kurz nachdem sie sich getrennt hatten, war er zu einer Klettertour im Himalaja aufgebrochen. Bei der riskanten Kletterei war er in den Tod gestürzt.
Nachdenklich starrte Olivia ins Leere. Ihre Gedanken kreisten um Matt Ransomes Angebot. Ich werde es annehmen, dachte sie, aber nur zu meinen Bedingungen.
Sie blätterte in den Studienunterlagen und wurde sich allmählich bewusst, welchen Geldregen Matt ihr anbot. Sie konnte nur hoffen, dass er keinerlei Hintergedanken hatte.
Nervös fuhr Olivia am nächsten Morgen durch das Eingangstor der Ransome-Ranch. Eine ganze Weile führte der Weg geradeaus, dann erstreckten sich nach einer Biegung Häuser, Scheunen, Koppeln und Lagergebäude vor ihr. Neben einer Wasserpumpe, die von einem Windrad betrieben wurde, stand ein großer Wassertank fürs Vieh.
Olivias Blick fiel auf das imposante Haupthaus. Makellos gepflegte Rasenflächen umgaben das Gebäude und zeugten ebenso vom Reichtum der Besitzer wie die gepflegten, üppig blühenden Blumenbeete. Noch nie hatte sie in einem solchen Haus gewohnt. Sie schluckte und konnte sich kaum vorstellen, jemals zur Familie Ransome zu gehören.
Ein Lattenzaun trennte den Gartenbereich vom Rest der Ranch, und zwei große Eichen spendeten Schatten, doch auch dieser idyllische Anblick konnte Olivias Nerven nicht beruhigen. Auf der Veranda hingen Töpfe mit Bougainvillen, scharlachroten Kokardenblumen und Fleißigen Lieschen. Alles wirkte wie in einem Traum.
Das hier könnte mein neues Zuhause sein, dachte sie.
Genau in diesem Moment trat Matt Ransome auf die Veranda. Er trug ein weißes T-Shirt, Jeans und Cowboystiefel. Sein muskulöser, kraftvoller Körper strahlte eine unbändige Energie aus, was Olivias Nervosität noch steigerte. Als sie ausstieg, fühlte sie sich unwohl in ihrer abgeschnittenen Jeans und ihrem knappen T-Shirt.
„Hallo.“ Matt trat an ihren Wagen, um ihr beim Ausladen zu helfen.
Ein Blick in seine Augen reichte Olivia, um festzustellen, dass die Anziehung zwischen ihnen genauso stark war wie am Abend zuvor. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass er ihren Bauch musterte.
„Man sieht Ihnen die Schwangerschaft überhaupt nicht an.“
Bleib ruhig und sachlich, sagte sie sich. Bloß keine vertrauliche Stimmung entstehen lassen! „Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich relativ groß bin“, antwortete sie zu ihrem Ärger atemlos. Wie nahe er vor ihr stand! Olivia merkte kaum, was sie sagte. Entweder tritt er jetzt einen Schritt zur Seite, oder ich weiche ihm aus. Doch sie starrte ihn weiter an, während ihr Herz immer schneller schlug.
Die Stille zwischen ihnen wurde bedrückend. Bei seinem durchdringenden Blick wurde ihr heiß.
„Unsere Abmachung schließt keinerlei körperliche Beziehung ein“, stellte sie klar.
„Ganz sicher nicht“, erwiderte Matt gereizt. „Ich bin an so etwas absolut nicht interessiert. Wir können wohl beide nichts in der Art gebrauchen.“
„Dann sind wir uns ja einig. Könnten Sie jetzt einen Schritt zur Seite treten?“
Sein Blick bekam für einen Moment einen unergründlichen Ausdruck, bevor er ihn senkte und einen weiteren Karton aus dem Kofferraum nahm. „Ich bringe Ihre Sachen ins Haus, dann führe ich Sie herum. Haben Sie Ihren Job gekündigt?“
„Nein. Egal, was wir beide beschließen, ich werde heute Abend arbeiten.“
Unwillig richtete Matt sich auf. „Sie sind diesen Leuten überhaupt nichts schuldig, und jede weitere Stunde, die Sie dort verbringen, wäre verschwendet.“
„Hatten Sie nicht gesagt, Sie wollten sich nicht in mein Leben einmischen?“
„Wenn es um die Gesundheit des Babys geht, mische ich mich ein. Die Luft in dieser Bar ist ungesund. Man wird doch auch ohne Sie über die Runden kommen.“
„Hören Sie …“
„Nein, jetzt hören Sie mir zu“, unterbrach er sie ruhig. „Unsere Abmachung schließt auch ein, dass Sie auf sich und Ihr ungeborenes Kind aufpassen.“
Gerade eben noch hatte es zwischen ihnen geknistert, doch jetzt herrschte eine Stimmung mühsam unterdrückter Wut.
Zornig sah Olivia ihn an. Selbst wenn sie den ganzen Tag lang miteinander stritten, würden sie einer Einigung nicht näher kommen.
„Warum sind Sie so versessen aufs Kellnern?“
„Das bin ich nicht.“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Sie und ich, wir sind uns noch in keiner Weise einig geworden und müssen uns erst noch ausführlich unterhalten. Also hören Sie auf, mir Vorschriften zu machen.“
„Suchen Sie sich erst mal ein Zimmer aus. Dann können wir uns zusammensetzen und überlegen, ob wir nicht doch noch eine gemeinsame Basis finden.“ Matt klemmte sich den letzten Karton unter den Arm. „Morgen mache ich Sie mit allen bekannt, die auf der Ranch arbeiten. Mrs Marley kommt zweimal die Woche. Sie kümmert sich um das Haus und kocht für mich. Ende der Woche werden Sie sie kennenlernen. Am Freitag kocht sie, und am Samstag macht sie das Haus sauber. Mein Dad lebt ganz in der Nähe, und bei ihm ist sie von Montag bis Donnerstag.“
Olivia nickte nur. Auf dem Weg zum Haus spürte sie deutlich Matts Nähe, der hinter ihr ging. Wenn ich jedes Mal so stark auf seine Nähe reagiere, dachte sie, worauf lasse ich mich da bloß ein?
Matt nahm ihren Arm. Obwohl sie ihn noch keine vierundzwanzig Stunden kannte, machte der harmloseste Körperkontakt sie schon verrückt. So etwas hatte sie noch nicht erlebt.
Ihr waren schon andere gut aussehende und selbstbewusste Männer begegnet, aber nicht einmal Jeff mit all seinem Charme hatte eine solche Wirkung auf sie gehabt wie Matt.
Welche Folgen mochte es für sie haben, wenn sie sein Angebot akzeptierteund in dieses verlockende Paradies einzog? Der Gedanke, nicht wieder in die Bar zu den lüsternen Männern zurückkehren zu müssen, erleichterte sie zutiefst. Gleichzeitig wollte sie bei diesem Handel nicht völlig ihre Unabhängigkeit aufgeben. Sie musste der Abmachung ihren eigenen Stempel aufdrücken. Wenn sie an ihren Plan und ihre Forderungen dachte, wurde ihr jedoch fast schwindlig. Was würde Matt dazu sagen? Sie ging ein großes Risiko ein, indem sie Bedingungen stellte, die er vielleicht ablehnen würde. Wenn sie hingegen sein Angebot einfach annahm und er sich an die Abmachungen hielte, würde ihr Leben schöner werden, als sie es sich je erträumt hatte.
Matt hielt Olivia die Tür auf und folgte ihr in eine riesige Küche mit großen Fenstern. Der von Sonnenlicht durchflutete Raum war mit glänzenden Arbeitsflächen aus Granit und Möbeln aus Walnussholz eingerichtet. Die Fenster reichten vom Boden bis zur Decke und boten einen Blick über den Innenhof und den Pool, in dem das Wasser glitzerte.
„Es ist schön hier“, stellte sie bewundernd fest. „Ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe.“
Matt nahm sie sanft beim Arm und führte sie ins Wohnzimmer.
Beim Anblick der hohen Decke, des massiven Kamins, der teuren Ledermöbel und erlesenen Gemälde bekam sie kaum einen Ton heraus. „Das ist ein Traum!“, stieß sie schließlich aus. „Ihnen ist sicher klar, dass ich noch nie in einem Haus wie diesem gelebt habe.“
„Ja, es bietet sehr viele Annehmlichkeiten. Auf der anderen Seite des Flurs gibt es noch ein Wohn- und ein Esszimmer.“ Er führte sie wieder in den Flur. „Am Ende dieses Gangs finden Sie einen Wirtschaftsraum, einen Fitnessraum und mein Arbeitszimmer. Die Schlafzimmer liegen alle im anderen Flügel. Abgesehen von meinem können Sie sich jedes Zimmer aussuchen.“
Während er mit ihr durch die verschiedenen Räume ging, staunte Olivia über die luxuriöse Einrichtung. In diesem Palast sollte sie leben? In jedem Zimmer konnte man den Reichtum und die Macht dieser Familie spüren. Würde sie sich dagegen behaupten können, wenn es um die Zukunft ihres Kindes ging?
„Ein Innenarchitekt wird Ihnen beim Einrichten des Kinderzimmers helfen.“
Matts Worte holten sie zurück in die Gegenwart.
„Aber ich werde nicht für immer hier leben.“ Fragend blickte sie ihn an.
„Das macht nichts. Sie werden uns besuchen und das Kind mitbringen.“
„Sie sind sich Ihrer Sache ja sehr sicher!“ Olivia begriff nicht, woher Matt diese Zuversicht nahm. Vielleicht lag es an dieser Umgebung, dass er glaubte, er konnte alles erreichen, was er sich in den Kopf setzte. Würde ihr Kind ebenso werden wie er, wenn es hier aufwuchs?
Sie grübelte weiter über ihre Zukunft nach, während sie voller Staunen von Zimmer zu Zimmer ging.
„Wie wär’s mit diesem?“, schlug Matt vor, als er sie in ein Schlafzimmer führte, dessen Anblick Olivias Pulsschlag in die Höhe trieb. Der Raum war größer als das gesamte Haus, das sie gemietet hatte. Hier gab es mehr Luxus als in ihren Träumen. Das Bett war riesig und hatte ein Kopfteil aus Bronze, der Schrank war aus Mahagoni, es gab Regale, einen großen Fernsehapparat, ein burgunderfarbenes Sofa, einen Schaukelstuhl und kleine Beistelltische. Dunkelrot mit weißen und beigefarbenen Akzenten herrschte bei der gesamten Einrichtung vor. Der glänzende Holzfußboden wurde zum Großteil von einem Orientteppich bedeckt.
Olivia machte sich nicht die Mühe, ihr Staunen zu verbergen. Allerdings wollte sie sich nicht allzu große Hoffnungen machen. Es war Zeit, ihre Bedingungen zu stellen. „Dies hier übertrifft bei Weitem alle meine Erwartungen“, sagte sie leise und drehte sich zu Matt um. Jetzt würde sie erfahren, wie ernst ihm dieses Vorhaben war. „Sprechen wir über unsere Zukunft und die Bedingungen unserer Abmachung.“ Als sie den Ausdruck „unsere Zukunft“ gebrauchte, wurde ihr plötzlich heiß.
„Einverstanden.“ Prüfend blickte er sie an, bis es Olivia vorkam, als kenne er all ihre Gedanken. „Holen wir uns etwas zu trinken und setzen wir uns ins Wohnzimmer.“
Schweigend kehrten sie zurück. Olivia bekam kaum mit, was Matt tat, weil ihre Nervosität beständig zunahm. Dann saßen sie mit hohen gekühlten Gläsern Limonade an dem polierten Eichentisch. Olivia war nicht in der Lage, in diesem Moment etwas zu essen oder zu trinken. In den nächsten Minuten würde sich ihre Zukunft entscheiden. Sie fühlte sich von Matts Blicken geradezu durchbohrt. Er war ein sehr entschlossener Mensch, doch sie klammerte sich an ihren Plan. Sie wollte herausfinden, wie wichtig ihm die Sache war. Also atmete sie tief durch.
„Sie sind sehr großzügig.“ Es fiel ihr unsagbar schwer, zusätzlich noch Forderungen vorzubringen. „Aber ich habe ein Gegenangebot für Sie.“
Schlagartig blickte Matt sie hellwach an.
„Nennen Sie Ihre Bedingungen und Ihren Preis.“ Es klang, als würde es ihm schwerfallen, die Worte herauszubringen. „Wie viel des Ransome-Vermögens wollen Sie?“
„Wenn Ihnen tatsächlich so viel daran liegt, dieses Kind als einen Ransome aufzuziehen, dann möchte ich, dass mein Baby auch den Namen Ransome trägt. Ich will eine Ehe auf dem Papier, die später wieder geschieden werden kann.“ Ihr Herz schlug so heftig, dass sie ihre eigenen Worte kaum hörte. „Mit anderen Worten: Wollen Sie mich heiraten?“