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WIDMUNGSEPISTEL

AN MEINE FRAU GUSTI

Das Leben lacht, Der Wind geht weich, Die Welt wird sacht Zum Himmelreich; Lass alle Brummer brummen, Die Schönheit muss doch kummen! Droben auf der Öd ist mir der Vers einmal angeflogen im März des vorigen Jahres, und heute meldete er sich mir wieder aus dem Rauschen der schlanken Scharlacheiche heraus, die auf Scharfenberg steht, oben auf dem Ausblickhügel, zu dem die schwarzgrüne Garde der hohen Wachholderbäume hinaufführt.

Da sitz ich nun und schreibe Dir diesen Brief, und ich sehe unterm Schreiben, zwischen dem grünen Laub- und Lärchenrahmen hindurch, an der Liebesinsel vorbei und über den leicht wellenden See weg, drüben die

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hellen Pfeiler unseres Laubenganges aus dem dunkeln Grün von Mutter Bocks Garten blitzen, und ich ahne Dich dahinter, wie Du es gewaltig wichtig hast in emsigen Hausfrauenpflichten.

Zehn Schlüssel klirren Dir am Bund;

Das ist kein kleines Walten,

Die Schreine, Schränke, Kästen und

Laden in Zucht zu halten! Und ich Faulpelz liege derweil auf der Insel der Seligen und lasse Verse steigen, wie die Kinder bunte Drachen steigen lassen, und erlustiere mich zwischen den blühenden Herrlichkeiten aller Breiten, die ein sorgsam guter und wissender Freund der Natur mit Herbergsvatertreue hier heimisch gemacht hat auf einer stillen Havelinsel mitten in der Mark. War' ich gelehrt und mein Kopf eine Botanisiertrommel, was wollt ich Dir da für Namen auskramen: afrikanische und amerikanische, chinesische und japanische, und Du solltest wacker nachschlagen müssen in der Flora aller Erdenzonen und solltest einen gewaltigen Respekt kriegen vor meiner Beschlagenheit in botanicis. Aber ich verstehe von all diesen schönen lebendigen Dingen nichts als ihre Schönheit und ihr blühendes,

fruchtendes Leben, das für mich keinen Namen und nur den einen Sinn hat: Schönheit in Freiheit.

Das ist so wunderbar hier, dass das Fremde im Heimischen wie Heimisches steht, nicht etikettenbehangen und in Studierbeeten als Museumskuriosität, sondern wildschlicht unter dem, was uns gewöhnlich scheint und doch auch Wunder ist: Der Japandornbusch neben dem Johannisbeerstrauch, das Bambusbäum-chen neben der Königskerze, der Lorbeer am Stamme der Eiche. Und kein Wildling wird ausgerauft, nichts Lebendiges wird als Unkraut bekriegt, keine Gartenschulmeisterei schwingt den Bakel über der Natur.

Mich dünkt das hier ein guter Ort zu sein, recht in sich einzukräftigen, was Schönheit ist. Aber nur wer Liebe zu Allem hat, vermag das, und nur, wem ein Auge ist, das nicht schmält mit dem bösen Blicke des ewigen Corrigierens.

Drum ist diese Insel wie geschaffen für Poeten. Nur die Spatzen noch können sich, wegen der dreitausend Kirschbäume, hier so lebglücklich fühlen, wie die Dionysiker der Beschaulichkeit, die sich durchs Auge berauschen und in Versen Schwarmgeistern.

Ich bin ganz fest davon tiberzeugt, dass der grosse Pan, der ja auch ein Wald- und Wiesengott gewesen dermaleinst, auf Scharfen-berg wohnt. Dort hinten, in dem dichten Schilfe nach dem Baumwerder zu, hab ich ihn jüngst leibhaft und ganz deutlich gesehen. Er schüttelte etwas unwirsch das Haupt, weil Einer in Tegelort das Wonnelied der Berliner Nätherinnen „Behuf dich Gott, es war' so schön gewesen" auf einer sentimental blechernen Trompete blies. Meister Arnold hat ihn gut getroffen, den Alten; er sieht genau so aus wie auf dem Bilde in der neuen Pinakothek zu München. Nur nicht ganz so krumm ist seine Nase.

Auch sonst kann man mancherlei auf Scharfenberg sehen, wovon sich die Neunmalweisen nichts träumen lassen. Es wachsen z. B. Gedichte dort auf hohen, durchsichtig grünen Stengeln. Man braucht bloss die grossen roten Büschelblüten zu schütteln, und sie fallen heraus. Aber man muss schnell zugreifen; sonst zerwehen sie wie Samenstaub. Auch kann es Einem geschehen, dass man im Schatten unter einem grossen Ahornbaum mit seltsam fingerigen Blättern liegt, und plötzlich sieht man in hellster Sonne einen zartbunten

Reigen von allerliebsten Mädelchen sich drehen, die dabei das wunderliche Lied singen:

Rumpeldipum,

Prinz Amor geht um,

Vorm Aug eine Binden,

Kann doch Jede finden.

Hat die Rosenhecken

Geplündert und Stecken

Aus Rosenzweigen gemacht mit Spitzen,

Die nun in den Herzen der Mädchen sitzen.

Rum . . pum . . pum.

Will man aber eins greifen von den süss-schnäbeligen Dingern, sind sie husch alle weg in der Sonne, und bloss der schöne grosse Scharfenberg-Pfau steht da im klirrenden Gepränge seines Rades und schreit nach dem Weibchen.

Auch Dich, liebe Meine, hab' ich einmal recht wundersam auf Scharfenberg gesehen, und just darum schreib ich Dir diese Scharfen-bergepistel, die Du ganz gewiss im Manuskripten-Korb nicht finden und eher nicht lesen sollst, als bis sie gedruckt ist in Deinem Buche.

Sieh, es war so:

Auf Scharfenberg in Sommersglanz Las ich in unserm Ehepsalter,

1

Dem lieben Vogel weiden-Walther: Nemt, Frouwe, disen Kranz.

Und wie ichs las, ersah ich Dich Im Ridewanz mailobelich

Die leichten Füsse heben. Ich aber, als ein Ritter zier. Bracht eine Blumenkrone, Dir

Sie auf das Haupt zu geben.

Und sieh, Dein Haupt hast Du gesenkt, Ich hab' die Krone Dir geschenkt

Und Deine Hand genommen. Dann schwangen wir uns Beide frei Im Hoppaldei und Troialdei,

Bis dass die Nacht gekommen. *

Von Walthers Gnaden wars ein Traum, In bunte Zeit ein Purzelbaum Aus unserm höchst gediegenen Grau. Fast bang ich, die gestrengen Herrn Stirnrunzeln böse mir: Modern! Indess, was träumt man nicht, träumt man von seiner Frau.

Nicht wahr? Aber sonderbar:

Der Traum von Scharfenberg Hess mich auch wach nicht frei,

= XV =

Mir wars, als ob ich Dir aus ihm was schuldig sei,

Und immer wieder klang in mir wie Singetanz

Das schöne Walther-Wort: Nemt, Frouwe, disen Kranz.

Und so hat sichs gefügt, dass ich zusammen-schloss,

Was mir in Deiner Hut aus meinem Garten spross,

Manch Unkrautpflänzlein auch, das früher mir gedieh

In wilder Blumenzucht; nimm auch in Hulden sie!

Geschrieben auf der Insel SCHARFENBERG

im Tegeler See am 24. Juli 1894.

INHALTSTAFEL

DIES

Ritter rät dem Knappen dies .... 3

Tanzlied '. . 4

Maientanz 4

Faunsflötenlied 6

Erste Blüten, erster Mai 7

Zuversicht in Pan 8

Dem Tage 9

Wo lauschen deine Thale? .... 10

Panorama der Zukunft 11

Mönchs Kunst, zu lieben 13

Fröhliche Zuversicht 20

Ein Pfingstlied 21

Schwur im Korn 23

= xvm = WAS DAS DOCH WAR?

Fund 27

Gigerlette 27

Alter Glückszettel 29

Durch dunkle Gassen mit hundert

Küssen 30

Zwei Prinzessen . . 31

Jeanette I 32

Jeanette II ^3

Josephine I 34

Josephine II 34

Traum durch die Dämmerung ... 35

Du sollst es Niemand sagen .... 36

Schlagende Herzen 36

AUS DEM ROSENSTOCKE VOM GRABE DES CHRIST

Die schwarze Laute 41

Gesicht 42

Liebe und Tod 43

Der Tod krönt die Unschuld .... 44

Goldene Hochzeit 45

Letzter Wunsch . 47

Schmied Schmerz 47

Wenn wir alt sein werden .... 48

Am Kamin 49

Letzte Bitte 52

Nachtgang 52

Der melancholische Narr 53

Die Nonne 54-

AUS DER HERRGOTTSPERSPEKTIVE

Aus der Herrgottsperspektive ... 59

Gott zeigt Adam das Paradies ... ÖQ

Sommerglücksmusik 70

Sonnenaufgang 71

Faunsmonolog 71

Die Birke 73

Alexandriner 74

Ernte 76

Spätsommer 78

Sehnsüchtige Melodie 79

Die Mauer entlang 80

Pans Flucht 81

Glaube nur 84

XX

OFT IN DER STILLEN NACHT

Oft in der stillen Nacht 87

An die Nacht 88

Nicht Mond, noch Stern 89

Nacht überm Meere go

Frühlingsabend 91

Die Nacht 91

Die Herberge 92

Abend und Nacht 94

Mythologie 96

Alb 98

Abendlied 99

Der Mond wirft seinen Silberspeer . 99

Abend 100

Des Narren Regenlied 101

Des Narren Nachtlied 102

Aus der Ferne in der Nacht .... 103

Ein Traum 104

Die Gedichte auf Seite 7, 10, 11, 13, 20, 27 oben, 29, 30, 31, 32, 33, 3 t, 35, 36 unten, 44 unten, 47, 48, 49, 52, 74, 76, 99 unten, 100 sind der grösseren Sammlung ERLEBTE GEDICHTE entnommen.

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RITTER RAET DEM KNAPPEN DIES

SITZ im Sattel, reite,

Reite auf die Freite, Freie dir die Fee der Freien, Freie sie im milden Maien; Mit Narzissen in den Händen Geh ihr nah, doch an der Lenden

Schwebe dir dein Schwert!

Sprich zu ihr: Madleine,

Rose, Rose, reine, Willst du dich mir freundlich neigen? Willst du mir den Himmel zeigen? Und sie wird die Blicke senken, Wird dir alle Himmel schenken.

Nimm sie auf dein Pferd!

Sitz im Sattel, sause, Reit' mit ihr nach Hause;

Zwischen seidenbunten Decken

Sollst du dir dein Glück verstecken.

Alle Thore zugeschlossen!

Dämmergold ist ausgegossen Ueber euern Herd.

TANZLIED

ES ist ein Reihen geschlungen,

Ein Reihen auf dem grünen Plan, Und ist ein Lied gesungen,

Das hebt mit Sehnen an, Mit Sehnen, also süsse,

Dass Weinen sich mit Lachen paart: Hebt, hebt im Tanz die Füsse

Auf lenzeliche Art.

MAIENTANZ

Blütenblätter jagt der wind

Von den jungen Zweigen,

Die sich nun im ersten Sturm, Frühlings stürme neigen.

Rosarote Apfelbluh Tanzt mit schneeig weissen

Kirschenblüten Ringelreih Hell in Wirbelkreisen.

Junge Birken beugen sich Jungferngrün im Winde.

Leise wisperts, froh erstaunt, In der alten Linde.

Heia, erster Frühlingssturm, Blütenblätterfeger,

Sei gegrüsst, Lenzjunker Wind, Allerliebster Jäger!

Nicht zum Morde ruft dein Hörn, Ruft zu Tanz und Leben,

Ueber deinem Hussah-Zug Schmetterlinge schweben.

Letztes Winterwehtum treibt Dein Hallih von hinnen,

Hüte hoch und juhuhu! Maitanz soll beginnen!

Wie der Blütenblätterschnee Woll'n wir Wirbel drehen,

Wie's der alte Maienbaum Nimmer noch gesehen.

Flöte kichert, Geige singt, Und der Bass brummt bieder,

Doch der Lenzwind über uns Hat die schönsten Lieder.

Hat die grosse Melodei, Helle Sturmlust weise;

Nach des Lenzen Pfeife tanzt, Tanzt die frohen Kreise!

FAUNSFLÖTENLIED

ICH glaube an den grossen Pan, Den heiter heiligen Werdegeist; Sein Herzschlag ist der Weltentakt, In dem die Sonnenfülle kreist.

Es wird und stirbt und stirbt und wird; Kein Ende und kein Anbeginn. Sing, Flöte, dein Gebet der Lust, Das ist des Lebens heiliger Sinn.

ERSTE BLÜTEN ERSTER MAI

LANGE schlug das Herz mir dumpf Und in faulen Schlägen,

War ein tangbedeckter Sumpf Ohne Wellenregen.

Bunte Blumen blühten rings, Und ich ging vorüber;

Wissenschaft, die graue Sphynx, Gab mir Nasenstüber.

Wissenschaft, die graue Sphynx, Mag der Teufel holen;

Euch, ihr Blüheblumen rings, Sei mein Herz befohlen.

Sonnevoll ist mein Gemüt, Eine grüne Wiese,

Drauf es singt und springt und blüht Wie im Paradiese.

Eine Geige klingt in mir, Glockenklar und leise . .

„Oh du allerschönste Zier! . ." Wundersame Weise.

Glück und Glanz und Glorienschein Ueber allem Leben,

Und die ganze Welt ist mein, Mir zu Leh'n gegeben.

Und mein Herz haucht Liebe aus, Alle Not verendet,

Sorge, Sünde, Hass und Graus Sind in Glück gewendet.

Dumme, holde Träumerei, Immer kehrst du wieder:

Erste Blüten, erster Mai, Schwärmerische Lieder.

ZUVERSICHT IN PAN

BLAUER Himmel und weisse Blüten

Ein göttliches Begüten

Liegt über aller Welt;

Es ist ein himmlisch Hüten,

Das uns in Armen hält. Weiss nicht, wohin michs leite.

I Weiss nicht, wohin ich schreite, Mein Herz ist wohl bestellt: Ich wandre in die Weite, Wohin es PAN gefällt.

Der hat mit tausend Blüten Mir meinen Weg erhellt.

DEM TAGE

BREIT hängt vom Himmel die Fahne der

Freude.

Dunkelblau, unbewegt, sonnendurchprunkt; Hurrah, die Herzen hoch, hurrah dem Heute,

Was auch das mürrische Morgen uns unkt.

Morgen der Tod, aber heute das Leben, Leben und Liebe zu allem, das blüht;

Lasst uns die Herzen zur Sonne erheben, Die wie ein Heilandsherz gütevoll glüht.

Schielt Tante Mors mit der silbernen Glatze

Heute zur Nacht wieder über die Welt, Lachen wir ihr in die bleichkalte Fratze,

renen das Herz Göttin Sonne erhellt.

10 =====

WO LAUSCHEN DEINE THALE?

LAND des Friedens mit den roten Herzflammfahnen der Liebe,

Die wie Herdrauch leise in lauen Winden wellen,

Gelobtes Land, o Kanaan meiner Seele,

Nach dem mein Sehnen seine Sucheaugen

Hinaus lässt leuchten in goldenen Glaubensblicken,

Grünes Friedensland:

Wo lauschen deine Thale?

In Sommersonne lachend liegen sie,

Die Vögel ziehen lautlos drüber hin,

Der Himmel ist von Seligkeiten tief.

Und du und ich;

Ein kleines Haus;

Ein Rosenbusch,

Ein Nelkenbeet;

Und du und ich

Oh, du und ich ....

Und unsrer Herzen Liebe

Verflammt sich mild

Zur Sonne uns,

Die über unserm Hause steht,

^Wie einst der goldene Winkestern Ueber der Krippe in Bethlehem.

PANORAMA DER ZUKUNFT

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NUN liegt die Zukunft vor mir da In einem schönen Kreise,

Funiculi, funicula! Erst kommt die Hochzeitsreise.

Vielleicht ins Land Italia, Vielleicht auch nur bis Hamburg.

Funiculi, funicula! Dann bau'n wir unsre Stammburg.

Wir nennen sie GUSTINIA

(Leicht wird das Wort der Zunge),

Funiculi, funicula! Dann kommt der erste Junge.

Der gleicht aufs Haar der Frau Mama. (Von mii hat er den Schädel).

Funiculi, funicula! Dann kommt das erste Mädel.

Stolz heisst sie Anna Rustica (Hans Detlev heisst der Bengel).

========= 12 ==============

Funiculi, funicula! Und alle zwei sind Engel.

Was liegt denn noch im Kreise da? Sind das nicht Kassenzettel?

Funiculi, funicula! Na her denn mit dem Bettel!

Das schöne Schloss Gustinia Seh ich in Maiblust stehen,

Funiculi, funicula! Und seine Wimpel wehen

In Rot und Gold; von fern und nah Kommt alles Volk in Haufen,

Funiculi, funicula! Zur Liebesburg gelaufen.

Und wer die Liebschlossherrin sah, Geht übersonnt zurücke,

Funiculi, funicula! Ihn traf ein Strahl vom Glücke.

Und Kling und Klang und Gloria Schallts in der ganzen Runden,

Funiculi, funicula! Das Glück ist aufgefunden.

MÖNCHS KUNST ZU LIEBEN

IN einer Klosterbücherei, Voll ausgestopft mit Kirchenvätern Und sonstig heiligen Schweineledern, Sankt Augustino grade nebenbei, Fand ich, vor Schrecken fiel ich um, Ganz kürzlich dies Opuskulum. Es war auf Pergament gemalc, Bunt golden fein verinitialt, An Schnörkeln reich und Schilderein Und lag in einem Eicbenschrein; Der war geschnitzt, ach, so süperbe! Gott segne unser Kunstgewerbe.

Ich glaubt, dass es was Frommes war. Ein Andachtbuch, voll von Gebeten, Legenden von Anachoreten, Dogmatika und derlei mehr, Und macht mich langsam drüber her; Denn wenig interessirt mich so was, Dieweil ich ein ungläubiger Thomas. Doch kaum las ich die erste Zeile, Kam ganz bedeutend ich in Eile, Denn keine frommen Litanein Barg dies barokke Kraftlatein, Im Gegenteil, ich fand geschrieben

Ganz schlecht und recht die Kunst, zu lieben.

Nicht in ovidischer Manier,

Bald Contredanse, bald Brunstturnier,

Nicht südlich abenteuerlich,

Nein, urdeutsch bergwaldbäuerlich,

Mit Bärentatzen hingehaun

Und plump possirlich anzuschaun.

Mag wohl ein Mönch gewesen sein,

Der sich in Waldeinsiedelein

Zurückezog aus Liebeswogen,

Der sich mit Heckendorn umzogen

Sein kleines Haus, das nicht ihm nah'

Frau Venus pandämonia,

Die früher ihm den Leib zerrissen

Mit ihre süsse Bitternissen,

Die tiefe Kunde ihm gelehrt,

Als sie sein heisses Herz versehrt.

Ich glaub, er war von Bauernstamm,

Ein derber Kerl, behaart und stramm,

Kein blasses Pfaffenangesicht!

Sein Gang war grad, sein Blick war licht.

Wenn segnend er die Hände streckte,

Er sich in Mannheit aufwärts reckte.

War er in seiner Zell allein,

Goss aus sein Herz er in Latein;

Dem fehlte alle Zierlichkeit

5= 15

Und rhythmische Manierlichkeit;

Es war aus deutschem Herzenssaft,

Voll tumper teutscher Bauernkraft,

Kein Wort zu weng, kein Wort zu viel,

Im derben Eichenknorrenstil.

Und doch so fein gemalt, getuscht,

Von Rauschgoldbronce überhusckt,

Mit Rankenreben reich verziert,

Mit Bildwerk viel verkleinodirt,

Voll Kunst und Liebe, Preis und Pracht,

Es hat der Fleiss daraus gelacht.

Das las ich nun und war entzückt, Von fremdem Glücke überglückt. Denn das sah klar ich wohl daraus: Die Liebe band ihm manchen Strauss, Bis er, wer weiss, weshalb, warum, Einkroch ins Monasterium.

Gern hätt ich alles abgeschrieben Aus dieser sondren Kunst, zu lieben, Doch kaum zu lesen fand ich Zeit. Des Paters Widerhaarigkeit, Der dieser Bücher Wächter war, Erahnte weltliche Gefahr Und trieb mich bald vom Pergamente. Ich schrieb nur ab das kurze Ende, Das kürzlich überschrieben hiess:

MEMENTO VIR UT DOMINUS SIS!

Ich übersetze das krause Latein:

Bedenke, Mann, Herr sollst du sein!

Was unter diesem Titel stund,

Sei ausgedeutschet hiermit kund.

Es ist nicht eben sonders fein,

Doch gröber noch klangs im Mönchslatein.

Das Weib ist süss und warm und zart

Und geht dir linde um den Bart,

Es setzt sich leicht dir auf den Schoss,

Du fühlst sie kaum, die liebe Last,

Doch wenn du sie im Herzen hast,

Dann wird sie schwer und mächtig gross,

Und greift Dir um den ganzen Leib

Und macht dich selber gern zum Weib,

Und saugt dich aus und macht d ch leer,

Als wenn sie des Teufels Lunge war,

Und macht dich aller Mannheit bar,

Möcht dich haben ganz und gar,

Und macht dich schwach und macht dich klein,

Als wie ein Taubenfederlein,

Und eh du dir es nur gedacht,

Hat sie zum Nichtschen dich gemacht.

Drum halt dich fest und starr und stark,

Bleib Mann, o Mann, Mann, bleibe Mark!

Halt ihr aufs Auge deine Faust,

Eh du als Seufzerthräne thaust.

Mach deine Lieb ihr nicht gemein,

Lass sie in Zweifeln ängstlich sein,

Sonst bringt die Siegerin dich um

Im Liebesspielmartyrium.

Ist deiner Lieb sie zu gewiss,

Braut sie aus Launen Bitternis,

Lässt tanzen dich wie einen Bär,

Lässt los auf dich ein ganzes Heer

Von Künsten böser Zauberei;

Nicht eine Stunde bist du frei,

Musst laufen wie behängt mit Kletten,

Kannst nimmer dich vor Launen retten;

Die Blicke schwirrn von ihr wie Bienen

Nach andrer Männer süssen Mienen,

An jedem Zucker muss sie lecken,

Möcht gern aus fremden Töpfen schlecken,

Und nur aus einem Grund all dies:

Sie langweilt sich im Paradies,

Sie hat es eilig satt gekriegt,

Dass du zu weich sie eingewiegt.

Doch bist du harter Mannheit klug,

Kriegt nimmer sie an dir genug,

Hältst du im Zaum sie herrisch fest,

Sie nimmer, nimmer von dir lässt

Und küsst die Hand, die schwer und rauh,

Und ist gar eine liebe Frau.

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Eins ist vor allem andren not:

Die Lieb sei ihr nicht täglichs Brot.

Du musst sie nicht gar übersüssen,

Lass sie zu Zeiten Hunger büssen

Und gieb ihr wie dem kleinen Kinde

Statt Zuckerzwiebacks harte Rinde,

Dass ihr's ein tiefersehntes Fest,

Wenn du sie wieder kosten lässt

Vom süssen Liebeszuckerwecken,

In dem gar viel Rosinen stecken

Für ihrer Zunge Lustigkeit.

Und gieb ihr auch von Zeit zu Zeit

Vom Bittersten ein wenig ein:

Lass sie recht eifersüchtig sein.

Lass sie in Aengsten um dich warten,

Derweil du gehst in fremdem Garten;

Da soll sie hinterm Gitter stehn

Und durch die Rosenbüsche sehn,

Wie du vergnügt herumspazierst

Und dich gar weidlich erlustirst.

Oh, wie sie froh dich dann empfängt,

An deinen Hals sich glücklich hängt.

Wenn sie in Aengsten hat gebangt:

Ob er wohl nach der Rose langt?

Doch treib zu weit nicht dieses Spiel

Und schiesse hier nicht übers Ziel!

Hart sollst du, doch nicht grausam sein;

Gieb nicht zu viele Pillen ein Von dieser hösen Bitterniss, Sonst dreht die Holde dir den Spiess, Dass er dir deine Brust zerreisst Und dich die grosse Sorge beisst: Ob sie nicht auch lustwandeln geht, Wo fremder Früchte Süsse steht; Denn dann ist Fried und Freude aus, Hornissennestwild wird dein Haus. Und in dem Hinundwiderkriegen Wirst stets der Frauen du erliegen, Die Meisterin ohn Gleichen ist

Iln böser Launen Stachellist. Von ihrer Lippen schönem Bogen Komm giftschwer mancher Pfeil geflogen, Der tief sich in das Herz dir frisst, Bis siech und todeswund du bist. Die Frau, der du zu weh gethan, Da sie dich sah in Liebe an, Sie wird von Hasse schlangenwild, Und ob sie auch der Taube Bild. In ihres Auges Tiefe ruht Der Höllenflamme Wüteglut, Ein wüster Wurm hält davor Wache: Zertretner Liebe wilde Rache.

Das war der Schluss der Mönchenlehr. Weiss nicht, obs meine Sache war,

20 ^^^=^^=

Nach ihr zu leben und zu lieben. Ich hätt ein andres Lied geschrieben, Nicht also rauh, voll Fährlichkeit, Ein sanfteres Lied aus sanfterer Zeit.

Das ist der Zeiten Unterschied, Die Liebe wechselt und das Lied. Doch wie auch Art und Ton vergeht, Im ewigen Wechsel um sich wendet, Die Sache selbst bleibt ungeendet: Die Liebe und das Lied besteht.

FRÖHLICHE ZUVERSICHT

NUN ist die Blütenzeit vorbei, Die grüne Wiese gilbt sich schon. Vergangen ist der Mai.

Im Busch ein kleiner Vogel singt Ein lautes Lied vom Glück, vom Glück, Das nun der Sommer bringt:

Die Blütenfrucht, die junge Brut, Das stille Reifen überall, Des Segens schwere Flut.

Vom Nachbarbusch, antwortet fein Das Weibchen seinem Glücksgesang; Nun singen sie zu Zwei'n.

Zu Zwei*n zu Zwei'n! Das war im Mai, Da mir das Glück zu Zwei'n bescheert. bnell ging das Glück vorbei.

-

Es schwand im Blütenüberschwang, Es hallte leise, leise aus, Wie ferner Mädchensang.

In meinem Herzen lind und warm Verglimmt's wie Abendsonnenschein; Mein Herz ist ohne Harm.

Mit Lachen flog mir fort das Glück, Ich aber weiss: im nächsten Mai Kehrt's lachend mir zurück.

I

EIN PFINGSTLIED

DEN Maien führ ich an meiner Hand,

Den Degen an der Seiten,

Pfingstjunker bin ich zubenannt

Und will in das gelobte Land

Auf einem Schimmel reiten.

===== 22 ========

Auf einem Schimmel blührieselweiss

Mit seidenen Schabracken. Der Mai ihn wohl zu führen weiss Mit einem Apfelblütenreiss.

Stolz trägt er seinen Nacken.

Doch nicht allein ich reiten mag,

Mag nicht alleine reiten, Mich soll durch Tag und Nacht und Tag, Mich soll durch Feld und Wald und Hag

Ein Mädel jung begleiten.

Ein Mädel jung, das soll mit mir Auf meinem Schimmel schacken.

Hui da, du helle Maien zier! Durchs Grüne galoppieren wir,

Der Wind bläht die Schabracken.

Nun gehe, Mai, und klopfe an,

Wo liebe Mädel hausen, Und sag, ich bin ein rischer Mann, Der seinen Schimmel reiten kann

Und im Galoppe sausen.

Führ her zu mir an deiner Hand

Die lieb mich will begleiten. Der Schimmel scharrt schon in den Sand, Ich muss in das gelobte Land

Mit einer Holden reiten.

:

SCHWUR IM KORN

OT der Rock und das Mieder blau; Madei, du bist meine liebe Frau,

Schau doch in Runde und Weite: Grün ist der Haber, das Korn wie Gold, Hurrah, uns Zwei'n ist die Liebe hold,

Madei, ich komme zur Freite.

Madei, ich komm' mit dem Erntekranz, Madei, ich komme zum Hochzeitstanz,

Hörst du den Finken schlagen? Komm, komm, komm in das goldene Korn, Hinten dort, hinter dem Heckendorn

Will ich ein Wort dir sagen.

Nur ein Wort, o du Meine du, Nur ein Wort, mach' die Augen zu,

Glaube mir blind, was ich schwöre. Horch wie das Korn leis rauscht im Rund, Horch, es segnet unsern Bund,

Dass ich dir ganz gehöre.

TRINKE WEIN MEIN KIND

TRINKE Wein, mein Kind, und freue dich. Lenzlustig ist die Welt. Siehst du denn nicht, wie jeder Baum

===== 24 ===============

Tausend helle Becher voll Duft und Schaum Zum hohen Himmel hält?

Trinke Wein, mein Kind, und freue dich,

Der grosse Pan ist da. Er sprach zu mir: Die Welt wird jung; Wir kommen wieder mit Thyrsusschwung;

Sic crescit gloria!

WAS

DAS

DOCH WAR

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FUND

WAS das doch war? In einem alten

Iotizbuch windig hingekritzelt fand ich ies schnurrige Versvolk: „Im gelben Schlafrock mit roten Quasten Kommt mir entgegen die Kleine mit Würde. Und sie klappert mit blauen Pantö ff eichen, Die mit Silber und Golde gestickt sind. Aber trotz dieser höchst kostspieligen Ausstattung und trotz meines schäbigen Exterieurs fällt mir um den Hals gleich Diese seidene Schönheitskönigin"

Ie Verse sind so verzweifelt schlecht, tss es mir scheint: Das Ding ist echt, as es nur war . . . ? ^ GIGERLETTE Fräulein Gigeriette Lud mich ein zum Thee. Ihre Toilette „,„,,

— 28 =====

Ganz wie Pierrette War sie angethan.

Selbst ein Mönch, ich wette.

Sähe Gigerlette Wohlgefällig an.

War ein rotes Zimmer, Drin sie mich empfing,

Gelber Kerzenschimmer In dem Räume hing.

Und sie war wie immer Leben und Esprit

Nie vergess ichs, nimmer Weinrot war das Zimmer,

Blütenweiss war sie.

Und im Trab mit Vieren Fuhren wir zu zweit

In das Land spazieren, Das heisst HEITERKEIT.

Dass wir nicht verlieren Zügel, Ziel und Lauf,

Sass bei dem Kutschieren

Mit den heissen Vieren Amor hinten auf.

= 29 =

ALTER GLÜCKSZETTEL

ZWISCHEN Hetzen und Hasten, In Lärmen und Lasten,

Ion Zeit zu Zeit ag gerne ich rasten l Nachdenklichkeit.

Fliege, fliege, mein Denken, zurück, Suche, suche: in heimlichen Ecken Dämmerbrauner Vergangenheit Mag wohl von verklungenem Glück Blinkend ein Blättchen stecken.

id ich suche in meinem Andenkenkasten.

dschen Bändern und Briefen, )ie lange schliefen,

is trockenen Blumen und blassen Schleifen 'ill ich mir was Liebes greifen.

fand einen Zettel ich, bleistiftbeschrieben, hat mir die Wärme ins Herz getrieben. r as stand denn da? )n meiner Hand:

I mag Di gern leid'n; Du: Magst Du

mi aa?, In schmächtigen Zügen darunter stand: Ja.

In Lärm und Last,

In zager Zeit

War mir ein Gast

Aus Glückseligkeit

Dies kleine Ja der Vergangenheit.

^ DURCH DUNKLE GASSEN MIT HUNDERT KÜSSEN

IM Heidenlärm der Tanzmusik, Im Tabaksqualme, schwer und dick, Warf zu das Glück mir einen Blick, Einen goldenen Blick aus zwei heissen Sonnen. Du warst an meiner Seite.

Der laute Lärm verschwamm, verrann; Nun hüben erst ihr Leuchten an Die Sonnen, da die Nacht begann, Die himmlischen Sonnen deiner Braunaugen. Du warst an meiner Seite.

Heil uns: die Nacht, die finstre Nacht! Nun schnell uns auf den Weg gemacht! Ich habe Dich nach Haus gebracht Durch dunkle Gassen mit hundert Küssen. Warm nah Du mir zur Seite.

===== 31 ============

Leis klirrend schlug dein Hausthor zu. Am Fenster Licht. Dann Nacht und Ruh. Bald lagst in Schlaf und Träumen Du; Ich aber ging weiter durch nächtige Felder, Die Liebe ging mir zur Seite.

ZWEI PRINZESSEN

DIE Prinzessin fährt zum Hochzeitsfest,

Vier Schimmel am Wagen,

Mit rotem Kragen Die Kutscher und silberbetresst.

Trara! Hell schmettern Trompeten und Trompetinen. Prinzesslein sitzt da mit süssen Mienen

In Galatoilette und Gloria.

Menge verneigt sich und hebt den Hut;

Wie prunkt die Carosse!

Wir stehn in der Gosse . . . „Ach Gott, so eine hats gut ..."

Trara! Hell schmettern Trompeten und Trompetinen, Eine Kleine sagts mit sauren Mienen

Und glänzt doch in Schönheit und Gloria.

— 32 •

Die Prinzessin hab' ich nicht mehr gesehn,

Ich sah nur die feine,

Die liebe Kleine Im wollenen Röckchen stehn.

Trara! Hell schmettern Trompeten und Trompetinen, Doch alles hat golden tiberschienen

Der armen Schönheit Gloria.

^ JEANETTE*)

WAS ist mein Schatz? Eine Plättmamsell.

Wo wohnt sie? Unten am Gries,

Wo die Isar rauscht, wo die Brücke steht, Wo die Wiese von flatternden Hemden weht:

Da liegt mein Paradies.

Im allerkleinsten Hause drin,

Mit den Fensterläden grün,

Da steht mein Schatz am Bügeibret, Hoiho, wie sie hurtig den Bügelstahl dreht,

Gott, wie die Backen glüh'n !

: ) Aus den „Studentenbeichten".

Im weissen Röckchen steht sie da,

Ihre Bluse ist blumig bunt;

Kein Mieder schnürt, was d'runter sich regt, Sich wellenwohlig weich bewegt,

Der Brüste knospendes Rund.

Vorüber geh ich allmorgens früh,

Schau tief ihr ins Auge hinein.

Da liegt meine Lust, meine Liebe, mein Glück, Die lachende Kunde: Komm Abends zurück,

Das Waschermadl ist dein!

IL

EIN Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein Schrank, Und mittendrin ein Mädel schlank,

Meine lustige, liebe Jeanette. Braune Augen hat sie, wunderbar, In wilden Ringeln hellbraunes Haar, Kirschroter Lippen ein schwellend Paar. Jeanette! Jeanette!

Am Fensterbret ein Epheu steht, Durchs grüne Geranke die Liebe späht,

Meine lustige, liebe Jeanette. Thüre auf: Da liegt mir am Hals das Kind. Alleine wir beiden, es singt der Wind Das Lied von Zweien, die selig sind. Jeanette! Jeanette!

3

a JOSEPHINE I.

DER Himmel ist blau, das Wetter ist schön,

Madame, wir wollen spazieren geh'n!

Da ist sie dabei!

In den blühenden Mai

Aussegeln wie Frühlingsfregatten wir Zwei.

Wie Blütenschnee ihr Kleid so klar,

Ein Blumengarten ihr Strohhut war,

Ein moosgrünen Band vom Hute hing,

Wie Wimpelwurf im Winde ging.

Recht wie ein schwarzer Würdebär

Ging neben der Fee mein Leibrock her.

Wie wunderbar Der Maitag war!

So frisch, so hell, so kühn, so jung, Wie Kinderglückserinnerung; Und. so voll Liebe und Heiligkeit; Ach, kranke Welt, wie bist du weit, Weit von uns fern mit deiner Gier, Mit deinem Hass, mit deinem Streit, Wir seligen, seligen Kinder wir!

II.

UND es senkt sich die Nacht. Kühle Winde, blasse Sterne.

35

.Du, hast Du mich gerne?" Und sie küsst mich und lacht.

Und wir gehen nach Haus. Alle Menschen schon schlafen, Die Fregatten im Hafen . .

Und die Lampe löscht aus

TRAUM DURCH DIE DÄMMERUNG

WEITE Wiesen im Dämmergrau;

Die Sonne verglomm, die Sterne ziehn Nun geh' ich zu der schönsten Frau, Weit über Wiesen im Dämmergrau,

Tief in den Busch von Jasmin.

Durch Dämmergrau in der Liebe Land;

Ich gehe nicht schnell, ich eile nicht; Mich zieht ein weiches, sammtenes Band Durch Dämmergrau in der Liebe Land,

In ein blaues, mildes Licht.

DU SOLLST ES NIEMAND SAGEN

MIR fuhr vorbei ein schönes Kind

In einem schnellen Wagen; Herüber trug ein Wort der Wind:

,,Du sollst es Niemand sagen!"

,,Du sollst es Niemand sagen!" und Zwei Augen sah ich leuchten,

Und wie auf einen frischen Mund Zwei Lippen leis sich beugten.

Vorüber wie ein Traumgesicht

Das Kind, der Kuss, der Wagen, —

Mein Lebelang vergess ich's nicht: „Du sollst es Niemand sagen!"

SCHLAGENDE HERZEN

ÜEBER Wiesen und Felder ein Knabe ging;

Kling-klang schlug ihm das Herz, Es glänzt ihm am Finger von Golde ein Ring.

Kling-klang schlug ihm das Herz.

„Oh Wiesen, oh Felder,

Wie seid ihr schön!

Oh Berge, oh Wälder,

Wie seid ihr schön!

ie bist du gut, wie bist du schön,

goldene Sonne in Himmelshöh'n!" Kling-klang schlug ihm das Herz.

inell eilte der Knabe mit fröhlichem Schritt, [ling-klang schlug ihm das Herz, ihm manche lachende Blume mit, Kling-klang schlug ihm das Herz. ,Ueber Wiesen und Felder Weht Frühlingswind, Ueber Berge und Wälder Weht Frühlings wind. Herzen mir innen weht Frühlingswind, treibt zu Dir mich leise, lind!'' Kling-klang schlug ihm das Herz.

ischen Wiesen und Feldern ein Mädel stand,

ling-klang schlug ihr das Herz, elt über die Augen zum Schauen die Hand,

ling-klang schlug ihr das Herz. .,Ueber Wiesen und Felder Schnell kommt er her. Ueber Berge und Wälder

chnell kommt er her.

mir, zu mir schnell kommt er her! Oh, wenn er bei mir nur, bei mir schon war'!',

,•

Kling-klang schlug ihr das Herz.

US DEM ROSENSTOCKE

VOM GRABE

DES CHRIST

DIE SCHWARZE LAUTE

AUS dem Rosenstocke

Vom Grabe des Christ Eine schwarze Laute

Gebauet ist; Der wurden grüne Reben

Zu Saiten

Gegeben. Oh wehe Du, wie selig sang, So erossüss, so jesusbang,

Die schwarze Rosenlaute.

Ich hörte sie singen

In mailichter Nacht, Da bin ich zur Liebe

In Schmerzen erwacht, Da wurde meinem Leben

Die Sehnsucht

Gegeben. Oh wehe Du, wie selig sang, So jesussüss, so erosbang,

Die schwarze Rosenlaute.

f GESICHT

ICH sah das Kreuz, daran der Heiland hing; Nacht wars, und Mondenschein; doch bleiern

fahl War dieses Licht; ein Riesenschmetterling Sass auf des blutumronnenen Hauptes Qual.

Der Falter rührte seine schwarzen Schwingen

leis, Als wie von Seide waren sie starr und kalt; Nicht eine Stimme klang im weiten Kreis; Es ward mein Herz von diesem Anblick alt.

Mir wars, als hinge ich selber am Marterpfahl, Und Todesfrost durchkröche meinen Leib; Da kam herauf aus einem Frühlingsthal Zum Berg der Nacht ein jugendliches Weib.

Weiss war ihr Kleid, doch ihre Wangen rot. Hell war ihr Auge, adelig ihr Gang; Der Schmetterling flog auf, von Gold umloht Gleisste der Stamm, als ihn das Weib umschlang.

-

43

Doch nur ein Augenblick wars. Schwarz und

kalt Fiel Finsternis auf Kreuz und Weib und Land, Und grüne Schlangen kamen tausendfalt, Die hornigen Schädel auf das Kreuz gewandt.

LIEBE UND TOD

ZWISCHEN Rosenranken steht der kleine

Gott, Nackt im Fleische seiner süssen Lust Vor dem Haus, dem er sein Glück beschert.

Kommt die Todesgöttin, grünlich weiss Ueberschleiert, lakeneingehüllt, Hebt den Arm zum Thor und will hinein. ,,Ach, in meine Rosen schreite nicht!'' Wehrt der Gott, „ich rankte sie um's Haus, Denn es heimt jungheisse Liebe drin."

ch die Göttin mit gesenktem Haupt Hebt den starken Arm . .. Die Thüre kreischt, Und die Rosen, eben aufgeblüht, Fallen ab vom Stamm.

Die Stille klagt.

die nackten Rosenranken weint der Gott.

I

=====^_^=== 44 ======

ODER TOD KRÖNT DIE UNSCHULD

KIND, ich schenke dir den Reif der Reine, Kind, ich kröne dich mit goldenem Scheine, Kind, ich nehme dich in meinen Schos. Deine Mutter muss dich mir^verlassen, Meine Fittiche wollen dich umfassen, Meine Fittiche sind weich und gross.

Ruhst darin wie unterm Mutterherzen Schlafumfangen, ledig aller Schmerzen; Deine Seele bleibt vom Leben rein. Linde bin ich, eine gute Amme, Tränke dich mit Träumen, — kleine Flamme,

AUS EINEM HERBSTE

DIE Flocken fielen federsanft, Mit weichem Flaume deckten sie Die müde, müde Erde zu.

Es hing am Baume noch das Laub, Das falbe, sterbekranke Laub, Das kranke, kranke Laub.

~ 45

In meinem Herzen stach ein Schmerz, Ein tiefer, dunkler, stummer Schmerz, Ein stummer Schmerz.

Da ging ich in die Nacht hinaus, ie sternenlose kalte Nacht, Die kalte Nacht.

Da klang aus kleinem Haus ein Lied, Ein schüchtern Lied von Kindermund, Ein Lied von Kindermund.

Und weinend ging ich still nach Haus

IUnd sang für mich, und sang für mich Ein leises Kinderlied.

Und ward gesund.

GOLDENE HOCHZEIT

Er:

WAS hat mir Frieden gebracht,

Mein Leben eingehürdet?

Was hat mich froh gemacht,

Mein Herz unrastentbürdet ? Was hat meinen Herbst, meinen harten Herbst Zu hellem Lenz gelichtet?

===== 46 __

Was hat meines Lebens keuchenden Kampf Zum leisen Lied gedichtet?

Das hat dein hold reich Herz gethan,

Und deine süssen Augen, die

Mein Leben übersonnten, —

Sieh, sieh mich mit den Augen an,

Die solche Wunder konnten!

Sie: Was hat mich stolz gemacht, Meinem Leben Stand gegeben? —: Dass ich bei Tag und Nacht Für dich, dich durfte leben!

Was hat mein Herz, mein ängstliches Herz

Mit fröhlicher Kraft umschmeidet?

Was hat mich alte, schwache Frau

Bis heute froh begleitet?

Das thaten die starken Hände dein Und deine guten Augen, die Aus Liebe stumm mir dankten, — Schliess mich in deine Arme ein, Die mich mit Glück umrankten!

Beide: Es kommt die Nacht, es nahet an Mit leisem Schritt der bleiche Mann. Der Keinen je vergisst.

Wir

47

ir nehmen beid' ihn an der Hand Führ uns, oh Tod, in jenes Land. Wo uns'res Kindes Seele ist.

LETZTER WUNSCH

DASS Deine Hand auf meiner Stirne liegt, Wenn mich das Sterben in der Wiege wiegt. Die leis hinüber ins Vergessen schaukelt, Von schwarzen Schmetterlingen schwer umgaukelt. Ein letzter Blick in Deine braunen Sonnen: Vorüber strömen alle uns're Wonnen In einer bitter-süssen Letztsekunde; Ein letzter Kuss von Deinem warmen Munde, Ein letztes Wort von Dir, so liebeweich: Dann hab" ich, eh' ich tot, das Himmelreich, Und tauche selig in den grossen Frieden: Erde holdestes war mir beschieden.

SCHMIED SCHMERZ

DER Schmerz ist ein Schmied Sein Hammer ist hart; Von fliegenden Flammen Ist heiss sein Herd;

Seinen Blasebalg bläht

Ein stossender Sturm

Von wilden Gewalten.

Er hämmert die Herzen

Und schweisst sie mit schweren

Und harten Hieben

Zu festem Gefüge.

Gut, gut schmiedet der Schmerz.

Kein Frost zerfrisst,

Kein Rost zerreist,

Was der Schmerz geschmiedet.

y WENN WIR ALT SEIN WERDEN

WENN wir alt sein werden, Wenn der Ruhe Dämmerung Leis in immergleichem Athemzuge uns im

Herzen haucht, Wenn das Auge matt und milde blickt, Kältre Farben sieht und flockigen Umriss, Wenn der Hände Drücke, Altersfaltenweich,

Immer abschiednehmender, zag sich fühlen, Wenn das Hirn.

-

49

Von Erkenntnis starr, immer kälter wird, Und der Hoffnung warmer Taubenflügelschlag Nicht mehr linde Glücksgedankenwellen

schlägt, Wenn an Rosen-Statt Herbstzeitlose blasst . . . : Sonne, Sonne!

Du auch wirst mir dann verbleichen, Die ich kindlich und anbetend liebe; Eine Wärme nur, Eine Liebe nur, Nur einen Glauben dann Werd' ich mir wahren: Dich,

Du Traumvergangene, Heilige.

k*

M KAMIN

DRAUSSEN bläst der Wind und fegt Flocken an die Fensterscheiben. Mürrisch patrouillirt der Mond Hinter dicken Wolkenwällen.

Am Kamin sitz ich und stütze Meine Füsse auf das Gitter;

i 50 , i. i =====

Und ich starre in die Gluthen, In das heisse helle Sterben.

Wie die Flammenzungen zucken, Diese roten Schlangenzungen; Kleine blaue FlackerfLämmchen Beben wie erschrockene Seelen, Und gluthgoldene Flammenschwerter Stossen unablässig blitzend In die leere Luft.

Hinter mir auf eichenem Tische Singt der Samovar sein leises Seufzerlied; auf dem Gesimse Des Kamins tickt silbertönig Die Pendüle; wie in Aengsten Fegt die golder e Pendelscheibe Hin und her.

Sinkt mir auf die Brust der Kopf, Bebt's im Herzen mir wie Traum:

„Mai und Blüthen, Mai und Blüthen. Erster Sang der Nachtigallen, Zwischen duftenden Syringen Haben wir die Nacht durchküsst . . M Haben . . wir . . die Nacht. . durchküsst

-

51 '■

Aus dem tiefsten Herzen tauchen Mir die Verse wie ein Träumen. Aber glaub' ich diesem Traume?

War es denn, das warme Leben Mit den heissen, nahen Lippen? War es denn?

Eis ist in mein Herz gefrostet, Hartes Eis, hell wie Erfahrung, Undurchdringlich harte Kruste, Die kein Hoffen mehr durchbricht. Schnee ist auf mein Haupt gefallen, Schnee, den keine Sonne schmelzen, Den kein Lenz verjagen wird. Kalt und leer und stumm und farblos Ist die ganze Welt mir worden, Seit ich ihres Herzens Wärme Nicht an meiner Brust mehr fühle, Seit mir ihres Herzens Fülle Nicht mehr lebt in tiefer Liebe, Seit ihr Mund verstummt, Der so innig sprach, Seit ihr braunes Auge Stier im Tode brach.

In den Flammen nur ist Leben. Und dies Leben ist das heisse, jache, ungestüme Sterben.

Mr

LETZTE BITTE

LASS mich noch einmal Dir ins schwarze

Auge sehn, Lass mich noch einmal tief ins heisse Dunkel

senken Den trunkenen Blick, dann will ich weiter-

gehn Und dich vergessen . . . Nur in harter Zeit, Wenn sich der Sehnsucht Augen rückwärts

lenken, Wenn meine Seele nach Vergangenem schreit, Dann will ich jenes einen Blicks gedenken, Des liebeheissen, gütereichen Blicks, Der mir im Bann versagenden Geschicks Das Herz zu einem schmerzentiefen Glück

geweiht.

NACHTGANG

WIR gingen durch die dunkle, milde Nacht,

Dein Arm in meinem,

Dein Auge in meinem.

Der Mond goss silbernes Licht

Ueber dein Angesicht;

Wie auf Goldgrund ruhte dein schönes Haupt.

Und du erschienst mir wie eine Heilige: mild,

Mild und gross

Und seelenübervoll,

Heilig und rein wie die liebe Sonne.

Und in die Augen schwoll mir ein warmer

Drang Wie Thränenahnung. Fester fasst ich dich Und küsste, Küsstc dich Ganz leise.

Meine Seele Weinte.

ER MELANCHOLISCHE NARR

;

AUS einer jungen Linde hab Geschnitzt ich meinen Narrenstab; Mein eigener Schädel wackelt drauf Zwischen Schellen und Bändern als bunter

Knauf.

Lacht er? Küss mich, küss mich, Klingelstock mein, Sei mein Lieb, und ich bin Dein.

Ach, ich armer Narre!

54

Pst, pst, der Junker Lenz ist drauss', Die ganze Welt sieht frohsam aus. Du, Schellenschädel, rühr dich, sag: Lacht er uns auch, der Frühlingstag?

Er schüttelt. Küss mich, küss mich, Klingelstock mein, Sei mein Lieb, und ich bin Dein.

Ach, ich armer Narre!

Weg! Alle Fenster dichte zu! Wir zwei alleine, ich und Du, Wir wissen doch das Glück gewiss; Du, glöckle in der Finsternis

Und griQse! Küss mich, küss mich, Klingelstock mein, Sei mein Lieb, und ich bin Dein.

Ach, ich armer Narre!

I

^ DIE NONNE

IN einer Nacht, schwülheiss, da ich schlief,

Da meine Seele nach Liebe rief

In Träumen,

Da ist Einer gekommen;

Hat mich bei der Hand genommen

Und ist fort mit mir gangen:

Zwischen schwarzen Bäumen Tief [n einen Wald voller Rauschen und Bangen.

[ch sah ihn nicht an )en fremden Mann, lusste an ihm hangen, ils wie im Bann Ind mit ihm gehn.

Er war ganz stumm.

Aber Flüstern ringsum

Und in den Büschen ein schaurig Wehn

Und Stimmengesumm.

Unter einer Linden im Walde tiefinnen, Da blieb er stehn und Hess mich los.

)a sah ich zwei Thränen gross

im aus den Augen rinnen.

fnd sah, wie sein Antlitz war.

)as war wie der Tag so klar, iber voll Trauern.

Und es kam ein Erschauern Ueber mich kalt,

, 56 =====

Und in mir eine Gewalt Zwang mich in die Kniee Vor den stummen Mann: ,,Herr, Herr, siehe, Siehe mich an, —: Was ist dein Wehe?"

Da fühl' ich seine Hand Und sehe,

Indessen ER verschwand, Leuchten die heiligen Wunden.

Und habe IHN erkannt, Und habe mich heimgefunden Aus Wald und Welt, Darinnen Begehren rief, In einen Frieden tief, Von IHM erhellt.

AUS DER

HERRGOTTS

PERSPECTIVE

O AUS DER

HERRGOTTSPERSPECTIVE

GST trieb michs auf eine Kirchthurmplatte, Weil ich genug des Winkelwerks hatte Da unten in den staubigen Strassen. Genug für Aug* und Ohr und Nasen. Ich wollte mirs mal von oben besehn, Wo frei und rein die Winde wehn. Auch heisst es, man sei dort oben näher Dem Herrgott, dem stummen Herunterspäher, Und wunderlich blicke sichs in die Tiefe \ Aus der himmlischen Herrgottsperspective.

So macht ich mich ans Steigen keck,

Hub wacker die stadtmüden Füsse vom Fleck,

Und stieg und stieg.

Nicht eben lang: Es mündete der Wendelgang In ein Gemach, so nett und rein,

===== 6o ========================

Als heimte drin ein Mädel fein, Dess' zarte Patschhand froh und frisch Gern regt den Federfiederwisch. Blank Tisch und Diele, weiss das Bett, Ein Epheustock am Fensterbrett; Von dem kroch friedsam das Gerank Um einen Wanduhrkasten schlank, Aus dem es feierlich ticktackte.

Auf der Kommode die gezackte

Schneeweisse Decke sonder Tadel

Verrieth die fleissige Häkelnadel.

Auch Vasen viel und bunte Gläser.

Darinnen graue Raschelgräser

Aus Feldblumsträussen, längst verdorrten;

Nippssächelchen von allen Sorten,

In einem Glasschrank schön plaziert;

Ein Bücherbrettchen, braun poliert;

Die Bücher drauf in Goldschnitt fein; —

Mocht' wohl „Die deutsche Jungfrau" sein,

Kochbücher auch und auch Tractätchen.

Sag' Eins: was wohnt hier für ein Mädchen?

Ich sah mich um: Kam Niemand her, War, wie wenns ausgestorben war' Und war doch Jemand in der Nähe.

IUnd wie ich durch die Thüre spähe, Die in ein Nebenstübchen führt, Werd ich von hinten angerührt, Und bis zum Tod vergess ich nicht Des alten Jüngferchens Gesicht, Das plötzlich in der Stube stund.

Ein wenig schmerzlich schien der Mund, So säuerlich und lippenschmal; Stand drauf geschrieben manche Qual, Doch Liebe auch und Gütigkeit. Zur Nase wars ein wenig weit, Schien mirs, von diesem Lippenbogen. Streng war und länglich sie gezogen Von einer Stirne gross und klar. Still, wie ein graues Taubenpaar, Die Augen unter dünnen Brauen.

ISie träumten in gelassenem Schauen, Als sähen sie nichts um sich her, Als sähen weiter sie und mehr —: Ein reiches Land voll Friedensglanz. Vom Scheitel fiel, ein loser Kranz, Aschblondes Haar zur Schulter weich. Die Kleidung war nicht arm, nicht reich. Aus keiner Mode kam sie her, Wie wenn aus keiner Zeit sie war'.

Ganz wunderlich! Antik beinah, Wie eine Gürteltunika, Doch ärmellang und gar zu glatt. Von Farbe war sie bläulich matt, Wie ausgewaschen.

Wortelos Stand ich und schaute, schaute bloss. Gewöhnlich Alles, ganz und gar, Und doch im Tiefsten — Wunder war. Ein zarter Glanz, ein dünner Duft Lag wie vibrirend in der Luft, Und aus dem leeren Weben höre Aus alter Zeit ich leise Chöre, Uralt, urfern und urvertraut . . . Da hat sie gross mich angeschaut, Als fragte sie: Was willtu hier, Du Mensch von Unten, im Revier Der hohen Stille. . ? . . Doch ihr Mund That Frage nicht und Deutung kund.

Als war' er stumm. — Mir wurde bang.

Da, plötzlich, von den Lippen klang Es lind: „Der Vater kommt.'' Und, weiss Von Haar und Bart, stand still ein Greis Im Thürgevierte. — Wundersam:

63 i ■ r

wieder Staunen überkam, wars, als kennt' ich lange ihn, hätt' ich einst auf seinen Knien sessen in der Kindheit Jahren, saust ihn in den weissen Haaren, less er tiefe Worte sprach, ie klangen lang im Herzen nach, Gassenlärm sie draus vertrieb; O, Worte heimlich, heilig, lieb . . ! .

Kannt' ich den Thürmer? Wie ich sann, Kam näher her, gebückt, der Mann Und fragte mich, was mein Begehr Und meines Kommens Ursach' war'.

,,Von Oben sah' ich gern die Stadt, Der ich in innrer Seele satt!" Sprach ich. Da lächelte er eigen: „„Ich will Dir Alles, Alles zeigen. Doch bist Du auch von Schwindel frei?"' „Meint' nicht, dass gar so hoch ich sei." Erwidert' ich. „„Nun, eben g'nung; Es hüben schnell dich Beine jung. Ich brauchte viele tausend Jahr, Bis ich hier angekommen war. Altherrgottsruh heisst dieser Thurm, Hoch steht er über Staub und Sturm. Hoch steht er steinern aufgericht,

Die Menschen sehn den Thürmer nicht.

Sie haben hier zu guterletzt

Hübsch hoch und weit mich weggesetzt,

Dieweil sie meiner überdrüssig;

Auch war ich wirklich überflüssig;

Und schliesslich, grad wie Du, mein Sohn

Recht satt hatt' ich den Trubel schon.

Von oben lässt sichs noch besehn,

Muss man nicht mitten drinnen stehn."*

Da fasste mich ein Ahnen an:

„Wer bist Du denn, Du alter Mann?"

„Ich? O, nichts, das der Frage werth,

Ein weisses Haupt, höchst ungeehrt.

Wie sagt Ihr doch . . ? . . Na . . . ein Rentie

Mit Sorgen stuhl und Kanapee

Und einer alten Wärterin,

(Er strich dem Jüngferchen das Kinn)

Im Austragsstüberl recht gemüthlich,

Und thu mir an Erinnrung gütlich.

Gell, meine gute Gabriele,

Du liebe, letztgetreue Seele ..?.."

Das alte Mädchen nickte leis

Und beugte tief ihr Haupt dem Greis,

Der seine Hände auf sie legte.

Mir war's, als ob sich's sachte regte

An ihrer Schulter zitterzart

Wie Flügelschlag verborgener Art.

Dann sah er scharf mir ins Gesicht: „Du, höre Sohn, verrath' mich nicht ! Dass sie mich nicht noch einmal stören Mit Opferdünsten, Bittechören In ihrer neuen Qual und Noth: Ich bin unauf erstehlich todt!"

Jetzt war sein Auge sturmseegrau, Und seine Worte klangen rauh, Und ich erschrak im Herzen tief, Und wusste, wer die Worte rief, Und wollte gehn und wandte mich; Da klang es wieder sänftiglich:

„Bleib nur, mein Sohn, und sieh' die Stadt, An der Dein junges Herz schon satt; Bleib nur bei mir ganz ohne Scheu, Ich bin euch Deutschen heut noch treu, Wenn ihr auch derb mir zugesetzt Und furchtbar gründlich mich gehetzt Durch eure graue Philosophie. Die wilde Jagd vergess' ich nie!"

Er schob mich sanft zur Thür hinaus. Still war und hell die Luft da drauss'.

66 =====

Doch über uns die schwarze Leere. Zu Füssen tiefst die Sternenheere.

„Wo ist der Thurm denn festgesetzt?" „Mein' Seel! Der Deutsche fragt noch jetzt! Könnt' ihr denn nie das Fragen lassen? Du wirst den ganzen Blick verpassen. Pass auf! Schau dort: im rechten Eck, Siehst Du den gelben Flammefleck?"

Er deutet aus. Ich folge: „Wohl!" „Siehst Du! Lateinisch heisst ihr's Sol; Die Sonne das. Es spritzt herum Wie Bienenschwarm mit Bienensumm Bunt eine Funkenglitzerherde; Das weisse Glitzchen nennt ihr Erde. Du sollst sie Dir genau besehn, Wir wollen etwas näher gehn."

Und wie im Fahrstuhl sanken wir Gemächlich durch das Weltrevier, Von Surresumm allwegs begleitet, Bis unten sich die Erde breitet.

Die Erde?

Meine Blicke spähten Und sahen einen Fetzen Tuch, Den bunte Flicken übersäten;

Tnd spöttisch sprach der Alte: „Su >uch* Deine Stadt, an der Du satt.

r as sie für eine Farbe hat [n dieser bunten Narrenjacke. )enn wisse: Eine reine Schlacke >t jeder Stern; der Menschen Hand 'irft über sie das Buntgewand Und meint, sie mache damit Staat Im grossen Weltenhohenrat. Koketterie und Mummenschanz Ist dieser ganze Tummeltanz. Mir wenigstens will's also scheinen, Wenn ich einmal herunter seh" Auf dieses bunte Zeug von meinem Blassblaugeblümten Kanapee."

!r lachte, stiess mich in die Seite: ,Was meinst Du von dem Erdenkleide, [ein Staunekindchen? Schau nur, schau: lier schwarz, hier grün, hier rot, hier grau, Her weiss, hier gelb, hier blau, hier braun; >t das nicht lustig anzuschau'n? hir bitt' ich: Schau' mir nicht hinein. Sonst fliegt davon der schöne Schein, Und eine Wahrheit liegt am Grund, Die für Euch Menschen nicht gesund/'

5*

Ich hörte nicht des Alten Spruch.

Ich sah aufs bunte Erdentuch.

Oh blutig Rot, wie Flammenwut!

Oh giftig gelbe Giereglut!

Oh kaltes Weiss! oh Gramesgrau!

Oh Schwarz, wie steiniger Acker rauh!

Das Blau verblasst, das Grün verdrängt.

Von bösen Farben eingeengt . . .

Da ward mein Blick mir müd und matt. Der Alte nur gelächelt hat Und schob mir unter seinen Arm Und führte mich in die Stube warm Und sah mir ernsthaft ins Gesicht: „Du höre, Sohn, verrat' mich nicht! Ich sah dem Ding zu lange zu, Nun will ich endlich meine Ruh'.

Doch Du, wenn Du heruntersteigst, Dass Du mir nun nicht Wehmut geigst, Weil Du geseh'n die Narrenjacke: Nein, Junge, hoch das Herz und packe Die Flinte fest und gehe kühn Ins Zeug für's arme Blau und Grün; Und geht Dir's bös in diesem Kampfe, So denke still im Pulverdampfe An Herrgottsruh und den Rentier Im blaugeblümten Kanapee."

6o . . '

GOTT ZEIGT ADAM DAS PARADIES

X T HRT der gütestille Herr der Welten, Avig jung in seinem blonden Barte, Vor das Blüheland der jungen Erde Adam hin, den nackten braunen Knaben.

Zeigt ihm all die moosblühbunten Steine,

All die schönen Vögel, stillen Tiere,

All die weiten saftig^rünen Wiesen,

Berg und Thal und Busch und Baum und

Wasser. Alles liegt in frischer, keuscher Reine Unterm silbergrauen hohen Himmel.

Und er spricht mit leisen Deuteworten, r ie der Vater spricht zum kleinen Kinde, (nd er legt den Vaterarm um Adam. ingstlich vor dem Reichtum steht der Knabe, [albgebeugt vor dieser schönen Erde.

tielf ihn nicht der Gottesarm, der linde, Sank er nieder auf den Schos der Keime.

Ahnung- senkte ihm ins Herz der Vater.

========= 70 =====

SOMMERGLÜCKSMUSIK

O Mond der Ernte des goldenen Korns! O Sichelrauschen durch reife Frucht! O Segensang des Sensenschwungs!

Sonne spielt in schweren, satten Farben ein Strahlenlied der Macht, Goldkorngarbenüberdacht

Sitzt der grosse Pan im Schatten.

Gelb ist des Liedes Tiefton; breit Flutet es unter dem Klanggewelle ;

Fanfaren in Rot; das Blau schalmeit; Ein lustiges Grün schwillt flötenhelle.

Mit dem Haupt, dem hörnerschweren, Nickt den Takt der grosse Pan: Langsam kommt die Zeit heran,

Da die Götter wiederkehren.

O Mond der Ernte des goldenen Korns! O Sichelrauschen durch reife Frucht! O Segensang des Sensenschwungs!

= 71

SONNENAUFGANG

RAUCH über Acker und Moor; Über das ganze Land Ist, aus Nebeln gerafft, Riesig ein Netz gespannt.

Wird Leviathan gejagt. Da er entstiegen dem Meer? Hui, wie tobt er im Netz, Schleppt es und schleift es umher.

Sieh! Da blendets im Ost. Offen der Himmel, es schiesst Goldene Speere der Tag, Und der Wurm zerfliesst.

Hoch seinen goldenen Schild Über den Wolkenwall Hebt der siegende Tag; Licht lacht über das All.

FAUNSMONOLOG

BIN ein alter Faun mit langem, weissem

Bocksbart,

Lobe Pan und blase meine grüne Bündelflöte, Die so süss singt wie der Maienwind im Schilfe

======================= 72 =====

Sah schon viele, viele hohe Säulen fallen, Schöne, schlanke Säulen, buntbekapitälte, Zwischen denen Wein und rote Rosen rankten.

unter Weingerank und roten Schlingerosen Liegen nun die glatten, weissen Steinbaum-

stämme; Menschenhand erhob sie, Menschenhand zerschlug sie.

Sinne nach, ich alter Faun am braunen Wasser, Sinne nach, wozu dies wirre Menschgewimmel Immerfort beklebt, befleckt die bunte Erde, Immerfort bewegt mit Armen, Beinen, Mäulern Ewig baut und bildet, schreit und zankt, —

und wütig Niederreisst Gebautes und Geschaffenes.

Besser Dünkt es mir, die leise Flöte blasen, träumen, Aus dem grünen Gras zum blauen Himmel

blicken.

Aber keine Ruhe mehr auf dieser Erde. Über-überallhin dringt ihr wüstes Schrei'n. Wäre nicht die laute Menschenarbeitsherde, War' es wonnevoll, ein alter Faun zu sein.

= 73

A DIE BIRKE

DIE junge Frühlings sonne Mit zarten Strahlenfädchen Flirrt um die Jungfer Birke Mattgoldenes Filigran.

Wie eine Braut im Schmucke, So schämig schön, jungfräulich, Steht zwischen schwarzen Tannen Die schlanke junge Birke.

Könnt' ich ein Bildchen malen Mit zartgehauchten Farben, Ich malte meine Birke In junger Frühlingssonne.

Der Himmel sollte sie küssen, Der heiter helle Himmel, Und eine weisse Wolke Schwömme über sie hin.

Das Gras zu ihren Füssen,

Halb hoch im Halm, durchflockt' ich

Mit zarten Rosakelchen

Und blassen Margeriten.

= 74 =====

Die sollten still wie Kinder Aufblicken mit hellen Augen Zur holden Jungfer Birke In junger Frühlingssonne.

& ALEXANDRINER

DORT lag der See gewellt, ein blauer Schimmerplan,

Wie weisse Möven drauf manch schneller Segelkahn;

Das Ufer drüben hell, der Himmel drüber klar.

Wie das doch wundersam, gar heilig heiter war.

Es tuschte noch der Herbst mit feiner Künstlerhand

In Sammetbraun und -Rot Wald, Wiese. Berg und Land.

Unendlich weit der Blick, und umrissreinlich, fein,

Fiel Alles, fern und nah, dem satten Auge ein.

Die Zacken des Gebirgs scharf vor dem Himmelsblau;

Ich sah der Schroffen Grat, der Schrunde Spalt genau,

ld wenn zur Dämmerzeit der Mondkahn

drüber schwamm, ir silberüberblitzt der blaue Höhenkamm, fernsten Dächer Rot, der weit'sten Wälder

Braun, sah, wie weit es war, und könnt' es nahe schau'n.

Selbst kleinster Bäche Band, wie Silber, eingestickt Dem Sammetdunkelrot, hab deutlich ich erblickt.

Und heute. Eingebannt bin ich in kleinen Raum;

Das nahe Dorfgehölz seh' ich als Schleier kaum.

Es fällt ein schneller Schnee, breiflockig, dicht gedrängt,

Und hat in leeres Grau mich drückend eingeengt.

Wo ist der See, der Wald, der blaue Höhenkamm,

Darauf der Silberkahn des halben Mondes schwamm?

Wie bin ich plötzlich arm. Ein König im

IExil, über Nacht vom Haupt die golden

Er legt von sich den Prunk, die Pracht, die Macht, den Tand,

Und in sich selbst entdeckt er tief ein neues Land,

Das nie er noch geschaut, das, unveräusserlich,

Ein reiches Königreich: staunend entdeckt er — sich.

Mein Auge ward beraubt, mein Herz ward reich beschenkt,

Das in sich selber sich mit stiller Kraft versenkt.

ERNTE

SONNENGIESSEN durch den Tag, Wellenhoch im fröhlichen Schlag Geht mein Herz, es schaukelt leise Eine Wiener Walzerweise. Sensenschwung und Sichelschnitt, Grün und gelb fällt Gras und Aehre, Meine Freude erntet mit: Segenschwere! Segenschwere!

Unter einem Lindenbaum,

Auf des weissen Kirchleins Hügel.

Ruht ich aus; da hub mein Traum Surrend die Libellenflügel:

Steht ein Feld im Korne schwer, Schwankt in goldnem Ueberschwange, Früchtefroh und reifebange, Trocken rauschend hin und her. An des Segens goldnem Rand, Wo des Himmels Blau sich breitet, Eine Sense in der Hand, Eine Bauerndirne schreitet. Weit aus, wuchtig ist ihr Schritt, Ueberhäupten ihr der Stahl Lacht in huschig hellem Glitzen; Schnell im Schwung mit einem Mal Seh' ich's durch die Bläue blitzen, Und die Magd beginnt den Schnitt. Bogenhalb dreht sich ihr Leib, Bogenweit greift aus das Eisen, Näher, näher kommt das Weib Hinter breitem Messerkreisen. Langsam rührt mit steter Kraft Sie der schweren Sense Schaft. Brach schon dehnt sich Stoppelleere. Wo rauschgolden sich die Aehre In des Windes Wehn gewiegt, Sterbestarr das Leben liegt,

Näher, näher kommt sie her,

Auf die Seele fällt mirs schwer.

Augen zu. Ich höre den Schnitt,

Und ein Klagen hör' ich mit

Von Millionen Sterbequalen.

Stille dann. Scheu schau ich hin:

Ruhend steht die Schnitterin

Unter Abendsonnenstrahlen.

Von des vollen Goldes Rot

Einen Augenschein umloht,

Dann im letzten, hellen Licht,

Umrissschwarz . . . Bist Du der Tod! ?

Klar blickt sie mir ins Gesicht,

Gütig, gross und mütterlich,

Wendet in die Helle sich;

Geht. Sie überwächst den Schein,

Dunkel bricht von ihr herein.

Wo rauschgolden sich die Aehre In des Windes Wehn gewiegt, Sterbestarr das Leben liegt. Allhin dehnt sich Stoppelleere.

SPÄTSOMMER

HELLSTER, grellster Sommertag, Sonnenglutdurchschwelte Luft,

Schwüler, Müd verhaltener Finkenschlag.

Satte Reife weit und breit,

Leis schon übergilbt der Wald; Bunt in Herbst verraschelt bald

Sommertraumstrosteinsamkeit.

SEHNSÜCHTIGE MELODIE

ROSENINSEL, schwanumschwommen, Roseninsel im grünen Meere, Roseninsel, düfteschwere,

Sonnenheisse,

Felsenweisse, Heckenheimliche Roseninsel . . .

Rote Rosen, rankenwilde, Rote Rosen, herzenheisse, Rote Rosen auf Säulenweisse,

Stengelhohe,

Schönheitfrohe, Glutensammelnde rote Rosen . . .

Tempelhallen, marmorhelle, Tempelhallen in heiligem Schweigen, Tempelhallen, von Lorbeerzweigen

Eingeschlossene, Sonnübergossene, Lautlose, leuchtende Tempelhallen

Weisse Leiber, heisse, nackte, Weisse Leiber, rosenumrötet, Weisse Leiber, tanzumflötet, —

Schlanke, hohe,

Schönheitfrohe, Glutenhauchende weisse Leiber . .

DIE MAUER ENTLANG

DIE Mauer entlang,

Wo das Wässerchen rinnt,

Wo die Rosablüthe des Apfelbaums

Das ernste, dunkle Baumgrün grüsst,

Da stehen die schönsten Blumen.

Von jeglicher Art,

Vielfarbenhell,

Leis duftgewiegt und schattengeschützt

Lachen sie her aus grünem Gras;

Ach, wollen sie sterben im Frühlingsglanz?

Ich breche die flammglührote.

>ir, Liebe, geb' ich sie, die du still schwarzen Kleide traurig gehst dschen Lautenschlag und blühender Pracht, deiner Brust aufprange sie hell, dein Herz lohe ihr Lebensrot,

singe ihr Duft aus tiefem Kelch: *h, dir auch lacht die Au!

PANS FLUCHT

GRÜN umbuscht und bunt umblüht, Mittagsonnenüberglüht,

Inselheckensicher sitzt

Pan und schnitzt.

Schnitzt aus Fliederholze sich Eine Flöte meisterlich;

Und er setzt sie an den Bart

Fliederzart.

Zierlich, sacht,

Und er lacht: Blas ich damit auf dem See

In der Nacht, Wird den wackern Dichtern weh

In der Nacht.

Blas ich damit süss am Tage,

Ach! Weck ich ihnen Dichterklage,

Ach! Wehe, weh mir armem Pan, Was ich thu' ist missgethan, Denn, dieweil ich schlief, indessen Haben sie es ganz vergessen,

Wie sichs lacht.

Leise flötet er. Das klingt,

Wie wenn zwischen frischem Moose Über Kiesel, glatte, grosse.

Eine helle Quelle springt.

Wie des blauen Flieders Duft Schwebt dies Tönen durch die Luft,

Voll und lind.

Und die Flöte hört ein Kind, Das im Busche Blumen brach. Und es geht dem Klange nach,

Herzgeschwind.

Dachte hier sich ganz allein, Und nun flötet Einer. Wer mag dieser FJöter sein? So wie der kanns Keiner,

83 =

Keiner, den sie je gehört, Ach, sie ist ganz tonbethört, Und ihr Herz schlägt schnelle. Sicher, gar ein schöner Mann Ist, der also flöten kann, Und ein junger Geselle.

Und sie schürzt sich hoch den Rock, Folgt dem Klange immer zu, Busch durch über Stein und Stock; Nein doch, hu!: Der da flötet ist ein Bock!

Himmel, ach, wie sieht der aus! Braune Haare, dick und kraus,

Um und um; Und die Nase, und die Beine,

Die sind krumm! Hat ein Wackelschwänzchen gar Und zwei Hörner, wunderbar!

Aber Kleider keine.

Und sie lacht und lacht und lacht, Bis ihr Thränen rinnen.

Pan ist aus dem Lied erwacht, Und er flieht von hinnen. Flieht in tiefste Einsamkeit, Menschensicher, menschenweit.

= 84 = GLAUBE NUR

WENN im Sommer der rote Mohn

Wieder glüht im gelben Korn, Wenn des Finken süsser Ton

Wieder lockt im Hagedorn, Wenn es wieder weit und breit

Feierklar und fruchstill ist, Dann erfüllt sich uns die Zeit,

Die mit vollen Massen misst, Dann verebbt, was uns bedroht,

Dann verweht, was uns bedrückt, Über dem Schlangenkopf der Not

Ist das Sonnenschwert gezückt. Glaube nur! Es wird geschehn!

Wende nicht den Blick zurück! Wenn die Sommerwinde wehn, Werden wir in Rosen gehn,

Und die Sonne lacht uns Glück.

IN DER

STILLEN

NACHT

I

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<*

OFT IN DER STILLEN NACHT

OFT in der stillen Nacht, Wenn zag der Athem geht Und sichelblank der Mond Am schwarzen Himmel steht,

Wenn alles ruhig ist Und kein Begehren schreit, Führt meine Seele mich In Kindeslande weit.

Dann seh ich, wie ich schritt Unfest mit Füssen klein, Und seh mein Kindesaug Und seh die Hände mein,

Und höre meinen Mund, Wie lauter klar er sprach, Und senke meinen Kopf Und denk mein Leben nach:

Bist du, bist du allweg Gegangen also rein, Wie du gegangen bist Auf Kindes Füssen klein?

Hast du, hast du allweg Gesprochen also klar, Wie einsten deines Munds Lautleise Stimme war?

Sahst du, sahst du allweg So klar ins Augesicht Der Sonne, wie dereinst Der Kindesaugen Licht?

Ich blicke, Sichel, auf Zu deiner weissen Pracht; Tief, tief bin ich betrübt Oft in der stillen Nacht.

AN DIE NACHT

DÜFTESCHWÜLE, feuchteschwere, Rauschende, raunende, sterneleere,

Schwarze, samtene Sommernacht! Mein Herz lauscht an deines bange, Nimm von mir, was mich so lange

Müde hat gemacht.

Müde mich, der froh gerungen, Müde mich, der hell gesungen,

Siegesgläubig in den Tag, Der ich trank am Lebensbronne, Dem ein Lustgebet zur Sonne

Jeder Herzensschlag.

Sieh, ich flüchte mich in deine Arme, siehe, Nacht, ich weine,

Und ich kenne mich nicht mehr. Stille Mutter, heilige, grosse, Sieh mein Haupt in deinem Schosse,

Banger Wehen schwer.

Nimm mich ein in deine Güte, Hürde mich in dein Gehüte,

Das der Müden Hafen ist: Küsse mild mich ins Vergehen, Die du aller Lebenswehen

Linde Löserin bist.

^ NICHT MOND NOCH STERN

NICHT Mond noch Stern; die Nacht steht

stumm In schwerem Schwarze da,

— 90 :

Ein stilles Glück gehl Ist jedem Herzen nah.

In jedem Herzen süss und sacht Die heilige Stille blüht:

Das ist die tiefe Weihenacht, In der der Glaube glüht.

NACHT ÜBERM MEERE

Sommermondnacht, wie mit drängenden Brüsten

Wirft das Meer sich über das dunkle Land;

Nebelgrau saugt Horizont und Küsten;

Lind ein Blinzellicht vom unsichtbaren Strand.

Wie der Schlange Schuppen schillern die breiten Wogen;

Steigen die phosphorglühen Tiefen des Meers empor ?

Auf den Wogenkämmen kommt ein Glanz gezogen,

Den die Sonne an die Nacht verlor.

===== 91 ===========

FRÜHLINGSABEND

DAS junge Feld vor mir. Es wächst in ihm, Die Säfte steigen stetig auf zum Halm, Kein Wind bewegt die stille, grüne Kraft.

Der Wald dahinter. Starr der Wipfel Wuchs; Es zeichnet sich ihr Zackenrand am Himmel, Tiefdunkel, schwarzgrün vor gestähltem Blau. Ein rosagelber Streifen, lang und schmal, Ruht segnend drüber, eine Heilandshand.

Das ist der Friede. Fruchten lebt in ihm. Ein einziger Vogel singt im tiefen Wald.

V

DIE NACHT

NUN will es Abend werden; Der rote Himmelsstrich. Den Eros mit dem Pfeilgefieder Gemalt zu haben schien, verblich.

Es überbräunt sich leis der Wald; Die zarten Birkenstämmchen blinken Nur graulich silbern noch; es Hess Der Tag die goldene Krone sinken.

Schnell hebt die neidische Nacht sie auf; Doch ihre kalten Hände eisen Das Gold zu Silber; durch das Schwarz Endlosen Raums hebt's an. zu gleissen.

Da rauscht sie feuchteschwer heran.

Von schwarzem Riesenschwangespann Wird durch das Luftmeer sie getragen. Sie lehnt in breitem Muschelwagen.

Erst hält sie, still, am Horizont,

Der purpurglüh sich ausgesonnt,

Dann breitet seinen Fittich weit

Der schwarze Schwan, schwimmflugbereit.

Und ihre Arme hebt die Nacht . . .

Das All ist dunkelüberdacht.

Nur noch das Schwanenfittigwehn, Das Brüsteaufundniedergehn Der stummen Riesin hört die Welt, Die müdebang den Atem hält.

0/ DIE HERBERGE

DU kaltes Haus voll müder Dunkelheit . . , Spinnwebenüberschleiert schläft in dir die Zeit;

.

93

Auf weichen Socken schleicht in dir der Tod; Stets um dich Dämmerung; das Morgenrot Trifft deine Schindeln nicht, die bleich wie Blei; In weiten Kreisen bangt das Leben dir vorbei.

Ich aber ging hinein und sass in dir zu Gast. . . O wie du mich so lieb und lind umfangen hast! Ich lehnte meinen Kopf an deine graue Wand, Mir streichelte das Kinn des Hausherrn harte

Hand. Sein Auge lud mich ein zu weisser Lagerstatt, Da sank ich federntief, von weichem Wehe

matt. Der Krankenwärter Tod sang in den Schlaf

mich ein, Da ward das stille Glück, das . . stille . .

Glück ward mein. Es hauchte um mich her ein Atem moderbang, Und eine Stimme dumpf aus Weltenweiten

sang: ,,Hinüber Seele nun, spann deine Flügel weit, Schwimm schwaneniittichstill in blaue Ewigkeit. Hörst du den leisen Ton? Das ist der letzte

Schlag Vom Thurm der Erdennacht, nun goldet dir

der Tag,

94

Der nie sein Blut vergiesst ins Abendröten-

meer ..." Da hob ich mich in Angst von meinem Pfühle

schwer. Fort! Fort! Von hier hinaus! Hinaus ins

helle Licht! Noch einmal sah ich in des Hausherrn bleich

Gesicht. Das lächelte. Mir war: Dies Lächeln legte

sich Ins Herz mir wie ein Wort, kalt: Unab-

änd erlich! Ich schritt auf schwankem Fuss, ich taumelte

hinaus, Ich wandte meinen Blick: Versunken war das

Haus. Urci eine Grube lag an seiner Stelle, tief... Mir war's, als ob's aus ihr leis meinen Namen

rief.

Y ABEND UND NACHT

DIE Sonne schickt den goldenen Scheidegruss, Des Lichtmeers letzten, leisen Wogenwurf Der müden Welt. Ein Schattenschleier schwebt Engmaschig über alles Leben her;

Aus seinen Falten schüttelt er den Schlaf, Den Sorgenloser, der Vergessen giebt. Langsam versinkt in stummes Glück die Welt. Die Vögel zirpen letztes Nestgeschwätz, Vom fernen Hofe "bellt ein lauter Hund, Ein letzter Wind rauscht durch das hohe

Gras. Dann Alles still . . . Den Athem hält die

Welt.

Nun übergraut den Himmel dichter Flor, Nun deckt sich alle Farbe müde zu, Nun weichen alle Formen in die Nacht.

Und Alles leer und schwarz, und Alles hohl

und kalt,

Und endlos Alles Raum, und Alles, Alles

Flucht,

In unermessnes Nichts ein Schweben ohne

Laut.

Der Tod stellt seinen schwarzen Spiegel auf, Dess' Bilder keines Lebenden Auge schaut. Doch wenn dein letzter Athem dir entfloh, Stellt eine dürre, kalte Hand dich leis Vor seinen Plan. Und siehe: du erkennst Zum ersten Male Dich . . .

Drum bebt dein Herz,

Wenn sich in schwarze Nacht dein Blick

verliert.

MYTHOLOGIE

SCHWAND der Frühlingstag, der frische Tummel-Junge,

Floh zum grauen Meer hin über die blauen Berge;

Hei, wie flatterten ihm die grünen Raschel-Kränze

Hell im Haar, wie wehten die lichten Locken!

Schau, da schwindet der Saum, der rote, gewirkt mit Golde,

Den seine kräftige Hand hob im brausenden Lauf.

Kommt die milde Magd, der bleiche Frühlings-Abend,

Kommt mit leisen Schritten über die Maienwiese,

Hat das Köpfchen weich links Überschulter geneigt.

Aschblond ist ihr Haar, wie überstäubt von Flocken

===== 97

Junger Frühlingsblüten, es fliesst ihr über den Rücken

Bis zur Beuge des Kniees, schmiegeweich wellt es hinab.

Ihre Augen suchen, ihre grauen Augen, Die so furchtsam blicken wie der Rehkuh

Lichter, Auf der Maienwiese die Spur des flüchtigen

Tages.

Suchen, suchen, suchen, die milden, grauen Augen,

Aber Dunkel webt, wohin die Arme schreitet,

Längst verschwand der golddurchwirkte, sonnenrote

Saum des Frühlingstags am tiberflorten Himmel.

,

nd es blinkt der erste blasse Stern am Himmel,

Blinzelt mitleidgütig auf die Suchebange.

Immer dunkler wirds, es kommen tausend Sterne.

Alles still. Kein Wind. Kein Athemwehen. Alles tot. Die Sterne blicken kalt.

===== 98

Tief ins Dunkel getaucht der Nacht, der

stummen Gebietrin, Schwand die suchende Magd. Silbern erhebt sich der Mond.

ALB

SO bebebange . . . Die schwarze Nacht Hat mit hohem Gewölbe die Welt überdacht.

Willst schlafen und träumen? Es geht nicht an. Dich knebelt und knechtet ein dumpfer

Bann.

Lieg stille und lausche In schweigenden Raum, Dich umschleiert kein Schlaf, dich tröstet

kein Traum.

Gedulde und warte: Es wird schon Licht, Und es hebt sich das schwere, das schwarze

Gewicht.

^r ABENDLIED

DIE Nacht ist nieder gangen, Die schwarzen Schleier hangen

Nun über Busch und Haus. Leis rauscht es in den Buchen, Die letzten Winde suchen

Die vollsten Wipfel sich zum Neste aus.

Noch einmal leis ein Wehen, Dann bleibt der Atem stehen

Der müden, müden Welt. Nur noch ein zages Beben Fühl durch die Nacht ich schweben,

Auf die der Friede seine Hände hält.

DER MOND WIRFT SEINEN SILBERSPEER

DER Mond wirft seinen Silberspeer

Nach dem Herzen der Erde,

Dass sie wie er

Ein spukender Leichenstern werde.

Seit Jahrmillionen ohn' Unterlass

Will er sie töten,

Aber sein Hass

7*

Muss fliehn,

Sieht er am Himmel ziehn

Das Purpurlebensmeer der Morgenröten.

Noch schlägt das Herz der Erde heiss

In Lieben und Gebären,

Noch dreht der alte Wandelkreis:

Samen, Blüten, Aehren;

Zeugen, Geburt und Tod:

Wann wird es stille ?

Wo glüht das Urgebot,

Wo wacht der Wille?

V ABEND

DIE grauen Geierfittiche der Nacht

Rauschen über den See.

In seinen erzenen Fängen hält der Riesenvogel

Die Leiche des Tages.

Eine Blutspur hinter ihm her

Wellt nach Westen.

Die schwarzen Augen des Waldes

Heben die Nadelwimpern

Und starren stumm

Dem Fluge des Räubers nach,

Dem eine Schaar verdrossener Schatten folgt.

lOl -

Vom Himmel herunter

In frostigen Winden

Haucht ein Gedanke:

Auf schwarzen Schwingen

Schwebt alles Leben

Schweigend

In das Thal des Todes.

DES NARREN REGENLIED Regenöde, regenöde

Himmel, Land und See; Alle Lust ist Last geworden, Und das Herz thut weh.

Graugespinstig hält ein Nebel Alles Sein in Haft, Weher Mut weint in die Weiten, Krank ist jede Kraft.

Die Prinzessin sitzt im Turme; Ihre Harfe klingt, Und ich hör', wie ihre Seele Müde Sehnsucht singt:

Regenöde, regenöde Himmel, Land und See; Alle Lust ist Last geworden Und das Herz thut weh.

DES NARREN NACHTLIED

IN der Nacht, in der Nacht, heidideldumdei! Sing, sing, süsse Geige und lache, Schalmei! In der Nacht giebts Wunderwerk mancherlei. Wollt ihr eins hören?

O SterDe, o Stille, o mondliche Pracht! Wer hat in den tieftiefen Wald mich gebracht? An den schwarzen See in der schaurigen Nacht? Kalt wehen die Winde.

Krank bin ich und müde, und hier steh ich nackt; Zwei Arme haben mich rauh gepackt; Es hämmern die Spechte in grässlichem Takt. Da lieg ich am Boden.

Zwei Männer in Larven sind über mich her. Sie graben mich ein. Die Erde ist schwer. Des Windes Wehen hör ich nicht mehr. All-alles ist stille.

I

103 =====55

Und leise dringt der Staub in mich ein. Verschlossen mein Mund, ach! könnte ich

schrein!

Ich werde zu Erde, ich werde zu Stein. Und muss doch fühlen.

Ich höre des Werdens Geraun und Gesumm. Es keimt und blüht um mich herum. Ich aber bin starr, ich aber bin stumm, Kann nicht einmal weinen.

Wer hat das gethan in der Nacht, in der Nacht ? Wer hat mich zum stummen Steine gemacht ? Wer hat das Wunderwerk fertig gebracht? Sing, Geig' und Schalmeie!

AUS DER FERNE IN DER NACHT

WENN im braunen Hafen

Alle Schiffe schlafen, Wach ich auf zu Dir.

Stille in der Runde,

Heilig diese Stunde, Denn sie bringt dich, atemhaltend, mir.

— 104 —

Stehst in Mondenhelle

"Wartend an der Schwelle, Und ich fühle dich;

Komm', dass ich dich halte,

Deine Seele walte Über meinen Träumen mütterlich.

EIN TRAUM

KOMMT her und seht, was in der Nacht ich

sah, Kommt und erlebt, was mir im Traum geschah:

Ich stand an einem weiten, grauen See; Feucht war die Luft und blass des Himmels

Blau, Wie flüssig Blei das Wasser, Und ein Kahn Lag unbewegt am Ufer, das ganz leer, Wie eine Wüste war. Kein Busch, kein Baum, Kein Schilf, kein Gras, nur knirschend grauer

Sand.

Da, leise, ging aus mir ich selber fort. Ich sah mich aus mir selber gehn. Leb wohl! Rief ich mir zu, ich, der ich schauend stand, Leb wohl, rief ich mir zu, ich, der ich ging.

—= 105

Der Schreiter, ich, das war ein junger Mann, Er -wiegte in den Hüften sich und warf Die Arme rüstig hin und her, sein Gang Sprach: Leben! Leben! Doch der Bleibende, Ich, der am Ufer stand, war matt und alt. Und auf den Boden sank er, ich, und starb.

Nun war ich risch im Kahn und ruderte Und schnitt die Wellen mit dem schwarzen

Kiel Und schoss durchs Grau des unbewegten Sees.

Voran! Voran! denn ich bin jung und stark, Ich fühle meine Kraft, ich freue mich Der Muskeln, wie sie mir gehorsam sind, Wie alles fest mir in den Händen ruht, Wie meiner Lungen Gleichmaass saugt und

stösst, Wie meine Blicke in die Weite gehn.

Doch nichts als Grau um mich und über mir. Der Himmel auch hat sich in Grau gethan, Und grauer Hauch weht von mir in die Luft.

Da werd ich mählich matt und willenlos. Die Ruder lass ich, lautlos sinken sie Rechts, links ins Wasser, und ich lege mich.

lOÖ =====

Wie eine Leiche lege ich mich lang, Als ob ein Sarg er wäre, in den Kahn.

Wer bin ich denn? Bin ich der Tote nun,

Der dorten in den Sand sank, bin ich nicht

Der junge Schreiter mehr?

Es treibt der Kahn

Lautlos, doch schnell, ich fühls. Ich wage nicht

Die Augen aufzuthun. Ich bin wohl tot.

Ein zischender Eisenklumpen auf grauem

Ambos, ruht Die Sonne auf Wolkenballen in dunkelroter

Glut. Langsam, von Riesenfäusten gehalten, ein

Hammer droht, Eine Krone aus ihr zu schmieden, eine Krone,

blutglührot. Eine Krone . . . und ich hebe hoch mich auf Und greife in den Himmel, und herab Hol ich die Krone mir und setze sie Aufs Haupt mir. Hei, ein Strahlenzucken

fährt Von meinem Haupt ringsum, und alles ist, Was mich umgiebt, erhellt und feierlich.

1

_________ 107 ____________

Und vorn am Buge meines Kaiserschiffs Steh' ich und fahre ein ins Himmelreich. Das liegt vor mir in lauter Schönheit da, So weit gedehnt, wie nie mein Blick vordem Etwas gesehn. Doch still und leer und tot Ist dieses Land, und wie mein Silberkiel Auf seines Hafens goldne Kiesel knirscht, Ist tiefe, schauerkalte Nacht um mich.

Nur ferne blinzt ein zages Zitterlicht, Und ferne klingt ein zager Glockenton, Und ferne, dort, weiss ich, ists warm und gut.

Ich geh zum Licht, ich geh zum Ton, ich geh Dahin, wo mein ein Herd, wo mein ein Herz Warm wartet. Ach, wie meilen-, meilenweit Ist Licht und Ton und Herd und Herz!

Ich geh Viel viele Jahre lang, und stets in Nacht.

Da endlich lichtet sichs, so wie im Mai

Es morgenrötet über jungem Grün,

Und zwischen Fliederbüschen wirbelt blau

Herdrauch aus rotem Schornstein, und ein Haus,

Ein kleines Bauernhaus mit moosigem Dach

Seh ich, und an der Thür:

. . . Du, du, o du!

===== io8 ============

Ein altes Weiblein in schlohweissem Haar Kommt auf mich zu mit leisen Schrittelchen Und legt mir an die Brust das alte Haupt Und blickt zu mir mit braunem Auge auf. O tiefes Glück: das ist der alte Blick, Der Kinderblick, der aus dem Herzen kommt, Und, oh, das ist die liebe Stimme auch, Die glockenleise: Komm, du, komm, du,

komm; So lange, lange fort! . . Da seh ich erst Im blauen Wasserspiegel, dass mir weiss So Haar wie Bart. Und zweisam, Arm in Arm, Gehn wir ins kleine Haus. Die Thüre fällt Leis zu . . .

Das Titelblatt ist nach

einer Zeichnung von

FRANZ STÜCK,

der Widmungsrahmen nach

einer Zeichnung von

HANS THOMA,

das Stirnbild nach einer Badirung

ALBEECHT DÜRERS

phototypisch hergestellt.

Der Druck des Buches geschah bei

GUSTAV SCHUHR

in Berlin SW.

und ward beendet am

einundzwanzigsten August

Eintausendachthundertvierundneunzig.

WERKE

VON

OTTO JULIUS BIERBAUM

ERLEBTE GEDICHTE

BERLIN BEI SCHUHE

STUDENTENBEICHTEN *

DIE ZWEITE

MÜNCHENER JAHRESAUSSTELLUNG *

FRITZ VON UHDE *

FRANZ STUCK

MÜNCHEN BEI DR. E. ALBERT UND CO.

AUS BEIDEN LAGERN

MÜNCHEN BEI KARL SCHÜLER

DETLEV VON LILIENCRON

LEIPZIG BEI WILHELM FRIEDRICH

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