Epilog

Sam
Zwei Jahre Später

»Mr. President«, sage ich und nicke ehrerbietig, als Ian mir das Popcorn reicht.

»Madam Secretary«, antwortet er genauso aufrichtig.

»Ähem, die Sprecherin des Repräsentantenhauses braucht Nachschub für ihr Fläschchen.«

»Wa-wa-wa-wa.«

Wir sehen beide Violet an, die sich an der Sofakante zum Stehen hochzieht. Ihr pausbäckiges Grinsen zerreißt mir glatt das Herz.

»Ian, ist es zu fassen, dass wir ein solches Genie großziehen?«

»Nicht mal anderthalb, und spricht schon in ganzen Sätzen.«

Als Antwort darauf brabbelt sie: »Ma, ma, ma, Hund, Hund.«

Offenbar spricht sie in einem hochentwickelten Code. Jeder Roboter könnte ihre Sprache entschlüsseln und daraus Lösungen für die größten Krisen der Welt entwickeln.

Dann macht sie ein Bäuerchen und wird von einem Fussel auf dem Fußboden abgelenkt.

»Superklug.« Ich nicke und nehme das Glas Wein entgegen, das er mir hinhält, bevor er sich umdreht und Violets Fläschchen in die Hand nimmt. »Was dachtest du denn, Columbia, Princeton oder Harvard?«

Ian zuckt mit den Achseln. »Sie wird sich eine der Elite-Unis aussuchen können, aber wer weiß, vielleicht geht sie einfach zum Friedenskorps – oder reist mit einem Wanderzirkus.«

»Sprechen wir nicht darüber. Das macht mich traurig.«

»Dass sie zum Zirkus gehen wird? Das bezweifele ich sehr.«

Ich hebe Violet hoch. Ich will sie nur mal richtig knuddeln, aber sie ist in dem Alter, in dem sie Freiheit will, Platz zum Erkunden. Sie entwindet sich mir und spielt weiter auf dem Fußboden. »Es ist nur … Ich denke nicht gern daran, dass sie einmal erwachsen wird. Sie ist zu klein, um zum Zirkus zu gehen.«

Ian setzt sich neben mich aufs Sofa und zieht mich an sich. Ich schmiege mich an seine Brust und schließe die Augen. Ich höre meine tiefen Atemzüge, den regelmäßigen Herzschlag meines Mannes, das spielerische Geplapper meiner Tochter – alles Geräusche eines Lebens, von dem ich vor ein paar Jahren nicht einmal hätte träumen können, hauptsächlich weil ich zu sehr damit beschäftigt war, davon zu fantasieren, wie Lieutenant Ian mich in einer Kaserne fickt.

»Du schießt dich ein bisschen zu sehr auf diese Zirkussache ein.«

Ich ignoriere ihn. »Heute brabbelt sie zu unseren Füßen, und morgen schwingt sie an Trapezstangen und bereist das Land in einem Zirkuszug.«

»Auch das wird wahrscheinlich nicht passieren.«

»Versprich mir, dass sie immer so klein bleibt.« Ich klinge verzweifelt.

Er massiert beruhigend mit dem Daumen meine Schulter. »Geht nicht.«

»Versprich mir, dass sie immer Mommys Mädchen sein wird.«

»Ähm, ist sie das denn?«, zieht er mich auf. »Ihr erstes Wort war Dada – das kann kein Zufall sein.«

Ich empfinde ein aufrichtiges, lächerliches Bedürfnis, zu weinen.

»Was kannst du mir denn versprechen? Himmel, es bricht mir das Herz.«

Schmunzelnd hebt er mein Kinn an, damit er mir ins Gesicht sehen kann.

»Sam … Samwich … Sam and cheese …«

Ich blinzele zu ihm auf. Seine Augen sind Zentimeter von meinen entfernt.

»Die großen Dinge kann ich dir nicht versprechen, nur dass wir mittwochs immer West Wing gucken werden.«

»Na klar.«

»Ich kann dir versprechen, dass ich, solange du Chefin der Oak Hill Gazette bist, jede einzelne Ausgabe lesen werde.«

Ich packe ihn ungestüm am Hemd und flehe: »Das musst du auch – du bist unser treuster Leser.«

»Ich verspreche dir außerdem, dass ich dir am Valentinstag die meisten Teddybären schicke, die eine Lehrerin an der Schule bekommt.«

Unsere Tradition hat Bestand. »Danke. Ich weiß es zu schätzen.«

»Der Chorleiter auch. Ich glaube, wir machen mit unseren Mätzchen die Hälfte seiner jährlichen Spendeneinnahmen aus.«

Ich grinse, werde aber ernst, als mir etwas klar wird.

»Eins hast du ausgelassen«, hake ich nach.

Er runzelt die Stirn. »Was denn?« Dann fällt es ihm ein. »Ach ja: Ich werde dich immer lieben. Wolltest du das hören?«

Ich seufze mit gespielter Verzweiflung, als wollte ich sagen: Du Blödmann. »Nein. Geh mir weg mit Liebe – das ist mir egal. Versprich mir, dass du immer mein bester Freund sein wirst.«

Er lacht, senkt den Kopf und küsst mich auf die Wange.

»Ich dachte, das wäre offensichtlich, Hot Lips. Beste Freunde, für immer.«

ENDE