Ich hatte einen Riesenstreit mit meiner besten Freundin.

 

Mari, die mir so lieb und teuer war. Seit der Grundschule waren wir unzertrennlich.

Kennengelernt hatte ich sie in der vierten Klasse. Da sie wegen einer schweren Krankheit ein Jahr in der Schule pausiert hatte, war sie ein Jahr älter als ich, aber das machte uns überhaupt nichts aus.

»Als ich dich kennenlernte, dachte ich, dass du genauso bist wie ich.«

Das erzählte Mari mir später. Da ich ganz genauso dachte, war ich überglücklich.

Sowohl in der Schule als auch zu Hause hockten wir ständig zusammen, und es dauerte nicht lange, da waren auch unsere Familien miteinander befreundet. Ich war ein Einzelkind, aber Mari war für mich wie eine richtige Schwester. Oder

Vielleicht, weil wir beide immer zusammen waren, wurden wir uns sowohl äußerlich als auch charakterlich immer ähnlicher, was so weit ging, dass sowohl unsere Lehrer als auch unsere Eltern erklärten, sie könnten uns nicht mehr auseinanderhalten. Wir waren Zwillinge im Geist.

Wir hatten auch dieselben Lieblingsfächer (Kunst und Werken) und dieselbe Lieblingsfernsehsendung, bevorzugten dieselben Beilagen zum Reis und schwärmten für denselben Sänger, in nichts unterschieden wir uns. Es passierten aber auch Dinge, die selbst uns überraschten: Ein Musikstück, das Mari zufällig vor sich hin summte, hatte schon die ganze Zeit als Ohrwurm in meinem Kopf seine Runden gedreht. Warum ausgerechnet dieses Stück in Moll uns beiden in den Sinn kam? Wir lachten uns kringelig darüber.

Wir verliebten uns sogar in denselben Mann.

Dass wir uns trotzdem weiterhin gut verstanden, lag daran, dass der junge Mann, in den wir beide uns ernsthaft verliebt hatten, der Held in einem Manga war.

Begeistert erzählten wir uns gegenseitig,

Das machte Spaß, und so erlebten wir beide unsere Pubertät in einer Welt, die wir uns selbst geschaffen hatten.

Wir zeichneten auch gemeinsam Bilder für dieses Manga, in dessen Held wir uns verliebt hatten, denn auch dieses Hobby teilten wir, und wir schickten Fanbriefe an den Manga-Künstler. Als (sogar zwei!) Neujahrskarten von ihm eintrafen, sprangen wir vor Freude in die Luft.

Zuerst zeichneten wir einfach nur für den Manga-Künstler oder für unsere Eltern, denen wir unsere Manga-Bilder zeigten, aber mit der Zeit packte uns der Ehrgeiz und wir wollten immer bessere Bilder in immer perfekterer Qualität erschaffen. Wir zeichneten nun nicht mehr einfach nur die von anderen entworfenen Manga-Figuren ab, sondern begannen, unsere eigenen Figuren zu entwerfen.

Irgendwann begann Mari, sich Geschichten auszudenken, zu denen ich die Bilder zeichnete.

Einmal kopierten wir ein gemeinsam produziertes Manga in einem rund um die Uhr geöffneten Supermarkt, hefteten die Seiten mit einem Tacker zusammen und versuchten, das Buch dann auf speziellen Manga-Events zu verkaufen. Es gab nämlich Events, auf denen man solche Bücher mitbringen und verkaufen konnte. Wir fanden zwar keinen Käufer, hatten aber viel Spaß.

Unser Berufsleben begannen wir dann allerdings in zwei unterschiedlichen Unternehmen. Mari kam jedoch nach wie vor jeden Tag zu mir nach Hause und wir sprachen über unsere Mangas und unsere Welt.

Das Buch, das wir im Supermarkt kopiert und gebunden hatten, gaben wir in eine Druckerei und ließen uns eine kleine Auflage herstellen, so dass wir nun noch mehr Bücher hatten, die wir verkaufen konnten.

Auf einem der Events, auf denen wir mit unserem Buch teilnahmen, sprach uns ein Verlagsmitarbeiter an. Er arbeitete in der Redaktion einer bekannten Manga-Zeitschrift.

Es hatte uns jemand entdeckt!

Wir freuten uns genauso wie damals, als wir

Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, veränderten wir uns von jenem Zeitpunkt an auf eine befremdliche Weise.

Wir vereinbarten mit dem Verlagsmitarbeiter, ein Manga zu zeichnen, das wir dann der Redaktion der Manga-Zeitschrift vorlegen sollten. Aber dieses Manga wurde letzten Endes niemals fertig.

Eines Tages saßen Mari und ich in einem Chicken-Fastfood-Shop einander gegenüber.

»Es tut mir leid, Aoi«, entschuldigte sich Mari.

Ich aß schweigend und schlecht gelaunt weiter. Meine Finger trieften vom Fett des Hühnchens.

Mari hatte sich auf einmal außerstande gesehen, eine Geschichte zu schreiben. Weder zu der von mir festgesetzten Frist noch zur Deadline des Redaktionsmitarbeiters hatte sie eine neue Geschichte geliefert.

Ohne eine Geschichte konnte ich aber nichts zeichnen.

Bisher hatte Mari immer die Geschichten für mich geschrieben. Jetzt aber sollte sie eine Geschichte für unbekannte Leser, das heißt für jemanden, der vage und gesichtslos blieb, verfassen.

Auch ihre Entschuldigung, dass es ihr nicht gut ginge, hielt ich lediglich für eine Ausrede.

Als Mari sich nicht mehr hatte blicken lassen, war ich unruhig und nervös geworden, weil ich spürte, wie uns die einmalige Chance eines Debüts zwischen den Fingern zerrann.

Mit leiser Stimme brachte Mari nun ihre Gründe vor und bat mich um Verzeihung, doch zum ersten Mal in meinem Leben war ich richtig wütend auf sie.

»Ich wünschte, du wärst tot!«

So schreckliche Worte warf ich ihr an den Kopf.

Mari hörte sie sich schweigend an. Ihr blasses Gesicht in diesem Moment werde ich niemals vergessen.

Denn am nächsten Tag wurden meine Worte wahr.

*

Im Winter starben die Schwächeren zuerst.

Wie oft hatte Kuro diese Jahreszeit wohl schon überstanden? Er wusste es nicht mehr.

Als er langsam und schwerfällig loslief, wogte das durch sein dichtes Fell geschützte dicke Fett unter seiner Haut. Egal, was für eine Figur er damit machte, es bewahrte ihn vor der Kälte.

Er erinnerte sich nicht mehr daran, welche Farbe sein Fell ursprünglich einmal gehabt hatte. Jetzt war es eine Mischung aus vielen Nuancen zwischen Schwarz und Tiefbraun.

Bei dieser Kälte waren auch die Streifzüge durch das Revier eine beschwerliche Angelegenheit.

»Ich bin alt geworden …«, grummelte er in seinen Bart, aber es war keine Katze in der Nähe, die ihm hätte zuhören können. Seit dem Tod von Schlüsselschwanz war Kuro in dieser Gegend der stärkste streunende Kater. Es gab auch keine Katzen mehr, die sich mit ihm paaren wollten.

Als Boss war man einsam. Andere Katzen

Kuros Gesicht war narbenübersät, doch sowohl sein Hinterteil als auch sein Schwanz waren unversehrt wie bei einer zahmen Katze. Noch nie hatte er einem Gegner seinen Rücken zugewandt.

Sein Revier war weitläufig. Darüber hinaus musste er auch in den Revieren anderer Katzen nach dem Rechten sehen. Darum hatte ihn der Hund John gebeten. Ihm war Kuro zu großem Dank verpflichtet.

Da Kuro keinen festen Futter- und Schlafplatz hatte, war das ganze Viertel sein Zuhause.

»Womit könnte ich heute Mittag meinen Hunger stillen …?«

In seiner Vorstellung reihten sich diverse Menüs aneinander: Futter aus der Dose, das eine betagte Katzenliebhaberin im Park anbot, das China-Restaurant mit dem offenen Durchgang, die verbeulte Mülltonne hinter dem italienischen Restaurant … Oder sollte er sich heute seit längerem einmal wieder für das knusprige Trockenfutter bei den beiden jungen Frauen entschließen?

 

Je weiter Kuro sich vom Bahnhof entfernte, desto breiter wurden die Straßen. Auch gab es immer weniger hohe Gebäude. Er lief zwischen Bäumen hindurch, deren Laub bereits vollständig herabgefallen war. Ein schintoistischer Schrein kam in Sicht.

Dahinter standen reihenweise unzählige Fertighäuser völlig gleichen Aussehens. Um welche Ecke man auch bog, welche Straße man auch überquerte, überall bot sich einem der gleiche Anblick, so dass einem schwindlig werden konnte. ›Deshalb also kommen keine anderen Katzen hierher‹, überlegte Kuro.

Zu einem dieser Fertighäuser kam er hin und wieder.

Allerdings war er zum letzten Mal im Sommer hier gewesen. Das lag also schon länger zurück. Er war immer seltener gekommen, weil er die Revierkämpfe der jungen Katzen nicht aus den Augen lassen durfte.

Beim letzten Mal war der Rasen noch grün gewesen, jetzt war er völlig verdorrt. Das Laufen über das knisternde Gras war jedoch eine viel

Nachdem Kuro dieses Gefühl unter seinen Pfoten ausgiebig genossen hatte, kletterte er auf die Kunststeinmauer zwischen zwei Häusern und wechselte mit einem Sprung auf das Plastikdach des Carports. Von dort gelangte er auf den Balkon im Obergeschoss.

Dort lagen leere Blumentöpfe, verrostete Gartenscheren und Geräte für die Gartenarbeit herum. Zwischen einer verschrumpelten Sukkulente und dem Außengerät einer Klimaanlage stand eine Aluminiumschale.

Kuro sprang auf das Gerät und versuchte, ins Zimmer zu spähen. Der Vorhang mit einem Muster aus großen Blumen war zugezogen. Als Kuro sich an das Fenster lehnte, stellte er fest, dass die Scheibe ungemütlich kalt war.

»Miau! Miau!«, versuchte er es mit schmeichelnder Stimme. Wenn andere Katzen das mitbekamen, war sein Ruf als Boss ruiniert, doch die Wahrscheinlichkeit, dass jetzt auch nur eine in dieser Gegend aufkreuzte, ging gegen null.

Als er die in einen Metallrahmen gefasste Scheibe berührte, blieben Abdrücke seiner Ballen auf dem Glas zurück. In den Ecken des

»Nicht da …?«

Immer wenn er gekommen war, hatten die beiden jungen Frauen, die hier wohnten, ihm Futter gegeben …

Kra-krah, schrien die Krähen, als wollten sie sich über ihn lustig machen, was ihn zutiefst erboste. In der Aluminiumschale hatte sich schmutziges Regenwasser angesammelt. Es sah auch nicht danach aus, als sei jemand vor ihm hier gewesen.

Er gähnte herzhaft, und wartete dann noch eine Zeitlang, da er so schnell nicht aufgeben wollte. Nichts aber deutete darauf hin, dass die beiden jungen Frauen doch noch auftauchen würden. Nun war er seit so langer Zeit einmal wieder hierhergekommen, aber offenbar leider umsonst.

»Es ist ja auch nicht so, dass ich nichts zu tun hätte …«

Schließlich zog Kuro mit immer noch leerem Magen los, um durch das nächste Revier zu streifen.

*

Im ersten Augenblick hätte ich nicht sagen können, ob es Morgen oder Abend war. Im großen Wandspiegel sah ich mich, wie ich aus dem Bett kroch. In einem ausgeleierten Pyjama, von dem ich nicht mehr wusste, wie viele Tage ich ihn schon trug. Mein Haar war ungekämmt und in einem schrecklichen Zustand. Meine Eltern waren längst bei der Arbeit, und im ganzen Haus herrschte Ruhe.

Da ich Hunger verspürte, stieg ich ins Erdgeschoss hinab und betrat die Küche.

Auf dem Tisch fand ich ein in Zellophan eingewickeltes Sandwich vor, hatte aber keinen Appetit darauf und öffnete den Kühlschrank. Darin entdeckte ich eine Packung Eclairs.

Lecker war lediglich der erste Bissen. Das Eclair war so süß, dass mir schlecht davon wurde, weshalb ich schließlich über die Hälfte wegwarf.

Draußen krächzten noch immer nervend die Krähen. Es schien mir, als hätte ihre Zahl noch zugenommen. Ob sie wohl scharenweise im Müll nach Beute suchten? Vielleicht hatte ja jemand

Ich schleppte mich wieder die Treppe hoch.

Kaum hatte ich mich aufs Bett geworfen, zog ich mir die Decke über den Kopf und schlief wie ein Embryo mit angezogenen Armen und Beinen wieder ein.

 

Klingeling, läutete ein Glöckchen.

Mari als Grundschülerin war in meinem Zimmer.

An dem geflochtenen, farbenfrohen Armband, das sie um ihr Handgelenk gebunden hatte, hing ein Glöckchen. Richtig, Freundschaftsbänder hießen diese Bänder. Sie aus Stickgarn zu häkeln, war damals gerade in Mode. Mari war sehr geschickt darin, ich jedoch nicht. Trotzdem trug Mari gern das von mir gehäkelte Freundschaftsband. Es hieß, glaube ich, dass ein Wunsch in Erfüllung geht, wenn das Band reißt.

»Mari, verzeih mir!«

Ich griff nach ihrer kleinen Hand und bat sie um Vergebung. Klingeling, läutete das Glöckchen.

Mari lächelte mich liebevoll an.

Ich war erleichtert und bekam Durst. Unversehens änderte sich die Szenerie. Auf einmal befand ich mich in der Teeküche der Firma meiner ersten Arbeitsstelle und hielt eine Tasse in der Hand. Der hintere Teil des Raumes lag im Halbdunkel und ich wusste, dass sich dort lauernd etwas verbarg. Trotzdem schaffte ich es nicht, die Teeküche zu verlassen.

»Aoi!«

Die kleine Mari kam, um mir zu helfen.

»Mir passiert nichts! Lauf weg, Aoi!«

Mari sprang in das Halbdunkel. Vor lauter Angst rannte ich davon.

Ich ließ sie einfach im Stich.

Die Szenerie wandelte sich. Nun befand ich mich in einem ausgetrockneten Pool. Sein Boden war vollständig mit winzigen Badezimmerkacheln gefliest, spärlich tröpfelte Wasser, hier und da lagen aufgerissene Mülltüten herum, aus denen Küchenabfälle quollen.

Da ich Mari im Stich gelassen hatte, war ich schließlich an diesen Ort geraten.

»Vergib mir, Mari!«

»Aoi!«

Ich erblickte Mari, die auf einem Sprungbrett saß.

»Du kannst ruhig fliehen, Aoi«, sagte sie und lächelte.

»Mari, …«

Sie hatte mir vergeben. Doch während in mir das Gefühl aufkam, erlöst worden zu sein, ahnte ich auch schon, dass das alles gar nicht wahr sein konnte. Denn das war doch nicht wirklich das, was Mari dachte und fühlte! Nein, es war ein Traum, den mir mein Herz vorgaukelte, um mich zu schützen. Und ich wusste das.

Auf dem Grund des Pools lag nasses Zeitungspapier, das sich raschelnd wie ein Lebewesen bewegte.

Aus seinem Innern drang Krähengekrächz, und ich wachte auf.

Draußen krächzten die Krähen.

Im Traum hatte ich Mari treffen können.

Sie war aber nicht mehr auf dieser Welt.

»Ich wünschte, du wärst tot!«

Einen Tag, nachdem ich ihr diese Worte entgegengeschleudert hatte, war Mari wegen akuten Herzversagens von dieser Welt gegangen.

Mari hatte schon immer ein schwaches Herz gehabt.

 

Aber das hatte ich gewusst. Bestimmt hatte ich sie umgebracht.

 

Sofort wollte ich zu ihr rennen, aber kaum hatte ich einen Schritt vor die Tür gesetzt, überfiel mich ein Gefühl, als drückte es mir das Herz ab, und die Luft blieb mir weg. Mir wurde schwarz vor Augen wie bei Blutarmut und ich konnte nicht wieder aufstehen.

Es hieß dann, ich habe eine weit verbreitete Krankheit, aber der Name der Krankheit war mir egal.

Seitdem konnte ich keinen einzigen Schritt mehr aus dem Haus gehen.

*

»Mama, guck mal!«, rief ich ihr zu, während sie auf der Decke herumrollte.

»Ich gucke doch, Cookie!«

Barthaare und Ohren aufgestellt, hatte sie mich fest im Blick.

Ich bin Mamas Kind und heiße Cookie. Mein weißes Fell hat schokoladenfarbene Streifen, und da das Muster an Marmor-Cookies erinnert, hatte Reina mir diesen Namen gegeben. Ich weiß zwar nicht, was ein Cookie ist, aber bestimmt etwas Hübsches.

»Ich springe jetzt!«

Trotz dieser Ankündigung musste ich mich doch erst einmal innerlich darauf vorbereiten.

Unter Aufbietung all meiner Kräfte sprang ich endlich.

Plumps!, landete ich neben Mama auf der Decke.

»Ich hab’s geschafft! Das macht Spaß!«

Mama freute sich.

»Super! Gut gemacht, Cookie!«

Mama packte mich und leckte und putzte mit ihrer Zunge meinen ganzen Körper. Das kitzelte und war höchst angenehm. Ich schnurrte wohlig.

»Bestimmt schaffe ich es irgendwann einmal, von noch viel höheren Stellen herunterzuspringen«, erklärte ich, während ich meinen Hinterkopf an Mama rieb.

»Klar schaffst du das!«

»Auch von einem ganz hohen Schrank oder vom Dach, von überall kann ich dann springen!«

Ich war mir absolut sicher, dass ich das meistern würde.

In diesem Zimmer gab es überall wunderbare Gelegenheiten zum Springen. Reinas

»Ja, das machen wir!«

Wieder leckte Mama mich ab.

Ich hatte vier Geschwister, alle hatten schon ein neues Zuhause gefunden. Nur ich war noch in Reinas Wohnung geblieben. Da ich die Kleinste und andauernd krank war, wollte niemand mich nehmen. Es stimmte mich zwar traurig zu hören, dass niemand mich haben wollte, aber andererseits war ich auch überglücklich, so lange bei Mama bleiben zu dürfen.

Als ich mit ihr zusammen Springen übte, blies auf einmal ein kalter Wind herein. Die Wohnungstür war aufgegangen.

»Ich bin wieder da!«

Es war Reina.

*

Als ich in meine Wohnung zurückkehrte, kam Cookie direkt hinter Mimi auf mich zu getapst.

Mimi schnupperte an mir und rieb ihren Hinterkopf an meinem Bein.

Cookie ahmte Mimi nach und schnupperte ebenfalls an mir.

Katzenkinder sind, ehrlich gesagt, einfach unwiderstehlich süß. Als ich Cookie sah, schwankte mein Entschluss, aber ich durfte diesem Gefühl nicht nachgeben.

Mit Cookie und Mimi im Schlepptau setzte ich mich an den kotatsu.

»Ich habe ein Zuhause für Cookie gefunden.«

Sie würden es schon verstehen. Mimis Fell sträubte sich.

Vielleicht wollte Mimi sich ja für immer um die schwache und kleine Cookie kümmern. Aber als Alleinstehende zwei Katzen zu halten, war schon ziemlich schwierig. Tagsüber war ich in der Fachschule, demnächst standen die Aufnahmeprüfungen für die Kunsthochschule an, und manchmal musste ich übers Land fahren.

»Hör mal, Mimi! Es ist ganz in der Nähe, da kannst du Cookie jederzeit besuchen!«

Mimi ignorierte meine Worte, packte Cookie am Genick und kroch mit ihr unter den kotatsu.

»Miau«, erklang Cookies Stimme unter dem Tisch. Sie verstand sicher noch nicht, worum es ging.

Sie schien damit sagen zu wollen:

»Für dieses Kind ist es noch zu früh, um auf eigenen Pfoten zu stehen.«

 

Am Abend des nächsten Tages kam die Frau, die Cookie aufnehmen wollte, zu mir. Sie wohnte in der Nachbarschaft. Meine Großmutter, die mir wirklich immer half, hatte sie ausfindig gemacht.

Vom Alter her war die Frau zwischen meiner Mutter und meiner Großmutter. Sie war sehr geschmackvoll gekleidet.

Als ich ihr Mitbringsel sah, musste ich unwillkürlich lachen.

»Das Kätzchen heißt Cookie.«

»Tatsächlich?«

Die ältere Dame lächelte anmutig. Ihr Mitbringsel waren Cookies.

»Tja, dann werde ich es also auch Cookie rufen.«

»Nun, das steht Ihnen frei.«

»Der Name gefällt mir. Ist doch süß – Cookie.«

Ich war froh, dass sie ein so sympathischer Mensch war.

»Sie hatten schon einmal eine Katze, nicht

»Ja, als meine Tochter noch klein war … vor mittlerweile zehn, oder nein, schon fast zwanzig Jahren. Als die Katze starb, hat meine Tochter sehr geweint, weshalb ich dachte, wir würden nie wieder eine Katze halten, aber …«

»Das beruhigt mich sehr, dass es nicht Ihre erste Katze ist.«

In den nagelneuen Käfig, den die ältere Dame mitgebracht hatte, legte ich Cookies Lieblingsdecke und eine Plastiktüte mit Katzenstreu. Neugierig schnupperte Cookie am Käfig, um dann von sich aus hineinzukrabbeln. Es war ein pflegeleichtes Kätzchen.

Die ältere Dame ging in die Hocke und schaute Mimi ins Gesicht.

»Ich nehme deine Tochter mit, verstehst du?«

In Mimis Blick lag Feindseligkeit. Rasch nahm ich sie auf den Arm. Ihr Schwanz war aufgeplustert, was mir zeigte, dass sie ziemlich wütend war.

»Ich bin sehr froh darüber, dass du zu mir kommst«, sagte die Dame zu Cookie, die nun verblüfft im Käfig hockte.

Mimi sprang von meinen Armen, um sich auf

Nachdem die Dame die wichtigsten Informationen, was Lieblingsfutter und Sauberkeitserziehung betraf, erhalten hatte, verließ sie mit Cookie die Wohnung.

»Miau!«, rief Mimi.

»Ich werde dich besuchen, Cookie!«

»Miau, Miau«, antwortete Cookie mit trauriger Stimme.

»Ganz bestimmt, Mama! Versprochen, ja, Mama?«

Mir kam es so vor, als würden sie dies zueinander sagen.

Damit hatte das letzte Katzenkind meine Wohnung verlassen.

»Nun ist sie weg.«

Zärtlich streichelte ich Mimis Rücken.