Je weiter ich mich von zu Hause entfernte, desto mehr verlor ich das Gefühl von Bedrohung, das mich dort in den letzten Wochen stets begleitet hatte. Es war ein strahlender Frühsommertag, und als mein Zug die Schweizer Grenze überquert hatte, fühlte ich mich endlich wieder einmal frei und unbeschwert.

Julian hatte mir auf der Fahrt zum Bahnhof hoch und heilig versprochen, alle zwei, spätestens drei Tage zum Schließfach am Bahnhof zu fahren, um Geld nachzuwerfen. Und sich ansonsten gut um Haus, Futterdose und Garten zu kümmern.

Pablo lag unter meinem Sitz und schnarchte leise. Ich hatte seine Lieblingsdecke und Hundefutter für mehrere Tage eingepackt, in der Hoffnung, dass es im Tal einen Supermarkt gab, der seine Lieblingssorte führte. Entsprechend schwer war mein Rucksack nun.

Frau Stocker hatte sich damit einverstanden erklärt, dass der Hund mitkam, auch wenn sie nicht unbedingt begeistert gewesen war. Ich hatte ihr jedoch versichert, dass Pablo ein lieber Hund sei, in der Hoffnung, dass Herr Stocker kein Unsympath war, auf den er sich stürzen würde. Vom Postboten hatte ich bisher nichts gehört und hoffte, dass er die Angelegenheit auf sich beruhen lassen würde.

So konnte ich mich entspannt zurücklehnen und durch das Zugfenster verfolgen, wie die Orte immer schmucker und die Berge immer höher wurden, bis die Gegend dem idealen Postkartenbild einer Schweizer Alpenlandschaft glich. Man konnte sich bei diesem Anblick einfach nicht vorstellen, dass es hier Verbrechen gab oder irgendwelche andere Unbill, und tatsächlich gilt die Schweiz als eines der sichersten Länder der Welt. Allerdings macht das eidgenössische Land mit seinen sechsundzwanzig Kantonen es Verbrechern auch recht leicht, da es keine nationale Polizei gibt und die kantonsübergreifende Verbrechensbekämpfung daher mühsame Kleinarbeit darstellt. Bis ein Polizeibeamter herausfindet, ob ein Einbrecher auch schon in anderen Kantonen sein Unwesen getrieben hat, ist dieser vielleicht schon sprichwörtlich über alle Berge.

Aber vielleicht fühlte ich mich auch gerade deshalb so sicher. Schließlich war ich in den letzten Monaten, auch wenn es mir schwerfiel, das einzugestehen, selbst in die Kategorie der Kriminellen gewechselt. Wenn ich jedoch daran dachte, wie aufreibend diese Zeit gewesen waren, freute ich mich umso mehr darauf, einen Monat in absoluter Ruhe und Abgeschiedenheit zu verbringen. Und die Arbeit an der frischen Luft würde mir sicher guttun. Zu sehr war ich durch die jahrelange Büro- und Galeriearbeit körperlich eingerostet und durch die giftigen Materialien der Kunstwerke belastet.

Als der Zug der Schweizerischen Bundesbahn schließlich im beschaulichen Reichenbach eintraf, war ich voller Überzeugung, das absolut Richtige getan zu haben.

Pablo und ich sprangen bester Laune aus dem Zug und sahen uns erwartungsvoll auf dem Bahnsteig um. Nur wenige Leute waren mit uns ausgestiegen, die meisten davon trugen einen Wanderrucksack. Kurz beneidete ich sie ein bisschen, dass sie einfach nur für einen Urlaub hierhergekommen waren und nicht für einen Arbeitseinsatz. Dann jedoch sagte ich mir, dass ich eine sinnvolle Tätigkeit ausüben würde, indem ich eine Bauernfamilie unterstützte, und ohnehin in einer privilegierten Lage war, da ich derzeit nicht arbeiten musste, während diese Menschen sicher alle aus anstrengenden Berufen kamen. Auch wenn ich mich manchmal leise fragte, ob die Galeriearbeit nicht vielleicht weniger anstrengend gewesen war als das, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte, nervige Künstler hin oder her.

Aus unerfindlichen Gründen hatte ich am Bahnhof eine ältere Frau in traditioneller Tracht erwartet, doch natürlich befand sich niemand in solch einem Aufzug am Gleis. Genauer gesagt, es war überhaupt niemand zu sehen, der oder die auf mich zu warten schien. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung, und allmählich leerte sich der Bahnsteig, ohne dass jemand freudig auf mich zukam.

»Haben wir vielleicht das falsche Reichenbach als Ziel gewählt«, wandte ich mich verunsichert an Pablo, der mich aber nur verzagt ansah. Die Stimmung schien sich tatsächlich von Menschen auf ihre Tiere zu übertragen. Ich sah auf das Schild über dem Bahnhofsausgang, holte einen Zettel aus meiner Jackentasche und glich die Notizen damit ab: Reichenbach im Kandertal. Nein, wir waren vollkommen richtig.

Vielleicht hatte die Bäuerin sich verspätet, weil eine Kuh gekalbt hatte oder ein Kind krank geworden war? Ich wurde noch nervöser, als mir klar wurde, dass ich mir weder die Telefonnummer von Familie Stocker noch die Adresse der Alm notiert hatte.

Womöglich gab es aber irgendwo eine Auskunft oder jemanden, der die Familie kannte und mir sagen konnte, wo ich hinmusste. In einem so kleinen Ort kannte doch sicherlich jeder jeden. Auf den naheliegenden Gedanken, dass Rosa die Telefonnummer der Stockers hatte, kam ich seltsamerweise nicht.

Seufzend schulterte ich meinen schweren Rucksack und ging mit Pablo durch den Bahnhof auf die Straße hinaus.

Vor dem Eingang stand eine jüngere Frau in einer weiten Latzhose aus Jeansstoff, die gerade telefonierte. Vielleicht konnte sie mir weiterhelfen. Bevor ich auf sie zugehen konnte, blickte sie jedoch auf, beendete das Gespräch und rief: »Grüezi, Frau van den Broek!«

»Frau Stocker?«, fragte ich ungläubig. Vor lauter Aufregung entschlüpfte mir ein kch in der Mitte des Namens. Rosa hatte mich gewarnt, dass die Schweizer es nicht mochten, wenn man ihren Dialekt nachahmte. Doch das schien die Frau nicht zu stören, denn sie strahlte mich nur erfreut an.

Anhand der Stimme am Telefon hatte ich mir nicht nur eine ältere Dame vorgestellt, sondern in gewisser Weise auch eine verhärmte, von der Arbeit gebeugte Landfrau. Diese Person aber sprühte vor Energie und Lebensfreude. Ein Widerspruch, der sich aber gleich darauf aufklärte.

»Frau Stocker hat mich gebeten, Sie abzuholen, weil ich eh auf dem Weg nach oben bin. Ich bin Sanne, die Käserin.« Die Frau streckte mir gut gelaunt ihre Hand entgegen.

Ich erwiderte ihren Händedruck, stellte mich mit dem Vornamen vor und zeigte dann auf meinen Hund: »Das ist Pablo.«

»Kommen Sie«, meinte Sanne. »Meine Schüssel parkiert da drüben.«

Wir gingen zu einem alten Renault, der so aussah, als ob er jederzeit in seine Einzelteile zerfallen könnte. Sanne verstaute meinen Rucksack im Kofferraum, versuchte drei Mal, die Tür zuzuschlagen, bis es endlich gelang, und ließ mich dann auf dem Beifahrersitz einsteigen. Pablo durfte sich hinter meinen Sitz legen.

»Zum Glück gibt es einen Fahrweg auf die Alp, sonst müssten Sie Ihren Rucksack hochschleppen«, meinte sie lachend. Ich nickte und machte ein Gesicht, von dem ich hoffte, dass es anerkennend aussah. Aber Sanne schien zu ihrem Glück ohnehin keinerlei Bestätigung von außen zu brauchen. Beneidenswert. Wenn das an der guten Bergluft lag, hatte ich die absolut richtige Entscheidung getroffen.

Die Käserin startete den Wagen und fuhr los. Die Fahrt ging durch den Ort, an schönen alten Holzhäusern vorbei, und ließ mir Zeit, meinen Gedanken nachzuhängen. Die Alm hieß also in der Schweiz Alp, und statt parken sagte man hier parkieren. Sicherlich würde ich in der nächsten Zeit noch einige neue Vokabeln hinzulernen.

Bald darauf hatte ich jedoch keine Muße mehr, über sprachliche Unterschiede nachzusinnen, denn die Käserin steuerte den Wagen in einem halsbrecherischen Tempo in die Höhe. Diese Rumpelpiste mit ihren zahlreichen Schlaglöchern und engen Kurven als Fahrweg zu bezeichnen war sehr optimistisch von ihr gewesen.

Verstohlen tastete ich nach dem Haltegriff über dem Fenster, doch dieser war auf der einen Seite abgerissen und baumelte lose neben mir. Vermutlich war ich nicht die Erste in diesem Wagen, die sich hier festklammern wollte.

Während ihrer tollkühnen Fahrt erzählte mir Sanne, dass hier vor ein paar Jahren ein schlimmes Hochwasser gewesen sei, das schwere Schäden angerichtet hatte. Ich nickte nur und kämpfte gegen aufsteigendes Unwohlsein. Leider hatte ich auf der Bahnfahrt ein Brötchen mit Avocadocreme gegessen, dessen Knoblauchbestandteil mir nun mehrfach aufstieß, was meine Übelkeit nicht gerade verbesserte.

Eine bewirtschaftete Alp wurde in der Ferne sichtbar, die, wie meine Fahrerin mir berichtete, an der steilsten Postautostrecke Europas liege. Und das eindrucksvolle Bergmassiv mit seinen weißen Gipfeln sei die Bluemlisalp, die sie natürlich schon einmal bestiegen habe.

Ich hatte keine Augen für die Schönheit der Gegend, sondern war hauptsächlich damit beschäftigt, mich in den gewagt angefahrenen Haarnadelkurven an irgendetwas festzuklammern und zugleich Pablo zu beruhigen, der hinter dem Sitz begonnen hatte, leise zu wimmern. Außerdem wollte ich die Aufmerksamkeit meiner furchtlosen Fahrerin auch nicht zu sehr auf die Umgebung lenken, da es neben dem schmaler werdenden Weg zuweilen steil bergab ging. Ich schloss ermattet die Augen und hoffte einfach nur, dass es schnell vorüberging, während ich gegen die immer stärker werdende Übelkeit ankämpfte.

So bemerkte ich auch nicht, dass wir uns nach einer Zeit des gefühlten Überlebenskampfes einem großen, dunklen Holzhaus näherten, vor dem Sanne den Wagen in einer rasanten Kurve auf einem Schotterplatz parkte. Pardon, parkierte.

»Da wären wir«, verkündete sie gut gelaunt.

Sollte die Höhenluft tatsächlich Quell ihrer guten Laune sein, freute ich mich darauf, bald selbst von diesem Naturereignis zu profitieren.

Jetzt allerdings verließ ich mit zitternden Knien den Wagen, verspürte einen stark aufsteigenden Brechreiz und übergab mich als Erstes auf den Schotter meiner zukünftigen Einsatzstätte.

Kein gutes Omen für einen gelungenen Arbeitseinsatz!

Nachsichtig reichte Sanne mir ein Taschentuch. »Das geht den meisten so. Aber mit der Zeit wird es besser.«

Ich nickte schwach, atmete ein paarmal tief durch und sah mir zur Ablenkung zunächst einmal das Haus etwas genauer an, um mich zu sammeln, bevor ich wie ein Häufchen Elend der Bauersfamilie entgegentrat.

Die Alp bestand genau genommen aus drei Häusern: einem großen, zweistöckigen Holzhaus mit Schieferdach, einem kleineren Steinhaus und einem vorgelagerten Holzhaus, auf das Sanne zeigte, während sie mit einem gewissen Stolz in der Stimme erklärte: »Das ist meine Käserei.«

Um das kleinere Haus herum gackerten ein paar Hühner, ansonsten war aber kein Lebewesen zu entdecken. Vor dem großen Wohnhaus plätscherte ein Brunnen, der offenbar von einer Bergquelle gespeist wurde. Dort spülte ich meinen Mund aus und trank ein paar Schlucke des herrlich frischen Wassers. Danach ging es mir deutlich besser.

Umgeben waren die Gebäude nur von struppigem Gewächs und karstigen Felsen, zumindest erschien mir die Landschaft geradezu kümmerlich, hatte ich doch von saftigen Almweiden geträumt. Aber vielleicht war dies auch nur meinem aktuellen Befinden zuzuschreiben. Ich brauchte jetzt dringend einen Kaffee.

Doch als wir ins Innere des großen Hauses kamen, war es dort vollkommen verlassen und still. Zwei Fliegen summten durch die Küche und suchten offenbar den Ausgang in die Freiheit. Eine nicht abgeräumte Müslischale auf dem Holztisch hatte sie wohl angelockt.

»Die sind alle grade im Stall«, meinte Sanne. »Ich gehe sie mal holen.«

Nachdem sie verschwunden war, legte ich meinen Rucksack auf einem Stuhl ab und sah mich neugierig um. Die gesamte Einrichtung war sehr einfach und bestand komplett aus Holz. In einer Ecke stand ein schwerer Emailleherd, der mit Brennholz beheizt wurde, außerdem gab es eine Spüle und einen einfachen Schrank für das wenige Geschirr, das die Bauersfamilie hier oben besaß. Ich hatte nicht erwartet, in einer Luxusunterkunft zu landen, doch die Kargheit dieser Behausung, in der immerhin Kinder aufwuchsen, gab mir einen Stich ins Herz. Ich tröstete mich damit, dass die Familie ja nur über den Sommer hier war und den Rest der Zeit unten im Ort sicher in einem viel schöneren Haus wohnte.

Ich öffnete ein Fenster und ließ zumindest die beiden Fliegen entkommen.

Gerade als ich mich fragte, wo hier wohl Bad und Toilette waren, kam der Senner Herr Stocker in die Stube. Beziehungsweise, er humpelte mühselig an zwei Krücken herein. Nun kannte ich also auch den Grund, warum seine Frau mich ohne weitere Umschweife eingestellt hatte.

Hinter ihm strömten drei Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren herein, gefolgt von Sanne und der Bauersfrau. Sie und ihr Mann waren tatsächlich viel jünger, als ich gedacht hatte, ich schätzte sie auf Mitte bis Ende dreißig. Man konnte beiden ansehen, dass sie zeit ihres Lebens schwer gearbeitet hatten und sich viel an der frischen Luft aufhielten.

Ich gab allen die Hand und stellte mich und Pablo vor. Die Kinder stürzten sich gleich auf den Hund und streichelten ihn, was dieser sich zum Glück großmütig gefallen ließ. Kaum zu glauben, dass er ein Problemhund sein sollte. Wir hatten aber bei unserem Hundetrainer eine Therapiestunde absolviert, in der es um Vertrauen zu fremden Menschen gegangen war. Und offenbar hatte diese gewirkt. Herr Stocker schien jedenfalls kein böser Mensch zu sein, denn Pablo begrüßte ihn ganz entspannt, wenn er auch vor seinen Krücken etwas Respekt hatte.

»Jetzt machen wir erst mal das Vesper«, meinte Frau Stocker dann. »Sicher sind Sie hungrig.« Sie ging zu einem alten Kühlschrank, den ich in der Ecke zunächst gar nicht bemerkt hatte, und holte Butter, Käse, Rettiche und eine Hartwurst heraus. Außerdem stellte sie Brot, Besteck und Teller auf den Tisch. Ich wagte es nicht, um einen Kaffee zu bitten, den ich eigentlich gebraucht hätte.

Alle halfen beim Decken und setzten sich dann auf die ungepolsterte Eckbank. Ich stand zunächst etwas ratlos herum und nahm dann auf einem der beiden Stühle Platz.

Herr Stocker schmierte der Kleinen ein Brot, die beiden älteren Jungen bedienten sich selbst.

Erst jetzt merkte ich, wie hungrig ich war, und langte entsprechend kräftig zu. Obwohl die Mahlzeit einfach war, schmeckte sie köstlich.

»Das ist unser eigener Käse«, verkündete Sanne. »Echter Alpkäse!«

»Und das Brot backen wir auch selbst«, ergänzte Frau Stocker.

Ich lobte alles ausgiebig und wollte dann wissen, was in den nächsten Tagen meine Aufgaben sein würden.

»Alles, was auf einer Alp so anfällt«, meinte der Senner. »Also den Stall misten, Stroh einstreuen, den Käse wenden und abwaschen, die Kühe putzen. Zu Ihren Aufgaben gehört natürlich auch das Einheizen und Kochen und mal auf die Kleinen aufzupassen.«

»Die Kühe putzen?«, fragte ich verwundert.

»Ja, die legen sich immer in ihre Kacke«, meinte der mittlere Junge grinsend.

Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass das nicht die Aufgabe war, auf die ich mich am allermeisten freute.

»Nur das Melken machen wir selbst«, erklärte Frau Stocker zu meiner Erleichterung. Ich hatte nämlich großen Respekt vor den Huftritten der Kühe.

»Und beim Käsen darfst du mir auch nur zuarbeiten«, sagte Sanne streng und duzte mich einfach. »Sonst wird die Milch sauer.«

Alle lachten. Bald vergaßen die Stockers, dass ich mit am Tisch saß, und verfielen in einen für mich sehr schwer verständlichen Dialekt. Ich ließ die Gespräche wie ein Hintergrundrauschen an mir vorbeiziehen und versuchte, an den richtigen Stellen zu lächeln.

Zwar fühlte ich mich wohl im Kreis der Familie, merkte aber bald, dass ich von der Reise und all den neuen Eindrücken müde geworden war. Nachdem das Geschirr gespült war und ich Pablo etwas zu fressen gegeben hatte, verabschiedete ich mich und ließ mir vom Ältesten, einem hoch aufgeschossenen, schweigsamen Jungen, meine Kammer zeigen.

Sie war unter dem Dach, nur über eine schmale Holzstiege erreichbar und wirklich sehr klein. Außer mir passten gerade noch ein Schrank, ein Bett, ein kleiner Tisch mit einer Waschschüssel und einer Kanne hinein, die netterweise jemand mit frischem Bergquellenwasser gefüllt hatte. Ich legte Pablos Decke unter den Tisch, schlüpfte in meinen Schlafanzug und setzte mich mit dem Handy auf das Holzbett. Wie erwartet gab es hier oben keinen Empfang.

Durch das geöffnete kleine Holzfenster waren entfernt die Glocken der Kühe auf der Weide zu hören. Frau Stocker hatte mir erzählt, dass die Tiere derzeit nur nachts auf der Weide waren, weil es ihnen tagsüber dort zu heiß war. Tatsächlich brannte hier oben die Sonne stärker als unten im Tal.

Das hier würde also in den nächsten Wochen mein Zuhause sein. Ich spürte eine tiefe Zufriedenheit, die sich nur durch eine jahrhundertealte, ahnenübergreifende Verbindung mit einem bäuerlichen Leben erklären ließ. Und natürlich auch damit, dass ich alle Sorgen hinter mir gelassen hatte. Oder es zumindest in diesem Moment glaubte. Mit leichtem Sinn legte ich mich in das knarrende Holzbett und schlief sofort ein.