6. KAPITEL
Willow
Meine Glieder sind schlaff, als Shaw mich erst durchs Haus und dann die Treppe hinauf trägt. Mir bleibt kaum Zeit, seine starken Arme oder seine Muskeln zu würdigen, während er zwei Stufen auf einmal nimmt und meine Schlafzimmertür zutritt. Ich bin immer noch erfüllt von dem Orgasmus, den er mir vor weniger als dreißig Sekunden beschert hat, als er mich auf mein zerwühltes, ungemachtes Bett wirft.
Er sieht mich intensiv an und sagt unverblümt mit rauer Stimme: »Ich muss in dir sein, Willow.«
Er zerrt an seiner Krawatte, bis sie ihm locker um den Hals hängt, reißt die Knöpfe seines Anzughemds brutal auseinander und entledigt sich geschickt seiner Anzughose. Nachdem er die Klamotten achtlos über meinen Toilettentisch geworfen hat, steht er mit nichts als seinen engen marineblauen Retropants vor mir, die ich sündhaft sexy finde. Als er hineingreift und sich streichelt, schmelze ich dahin.
Heiliger Bimbam, er ist ein männliches Prachtexemplar. Er verfügt über Arroganz. Ausstrahlung. Gutes Aussehen. Kantige Linien. Elan. Eine innere Gelassenheit, die angeboren ist, nicht erlernt. Er hat das alles. Und er sieht mich an, als sei ich die Königin, die er braucht, um seine königliche Herrschaft, seinen rechtmäßigen Platz auf dem Thron zu sichern. Als sei ich sein nächster und einziger Atemzug .
Ich schlucke einen dicken Kloß aus Verlangen, während er über jeden Zentimeter meines noch bekleideten Körpers herfällt. Bei jeder Berührung flammen meine Nervenenden auf. Meine Haut fühlt sich empfindlicher an.
»Zieh dich aus. Alles.«
Oh, wie gerne ich zurückschießen und eigene Forderungen stellen würde: Beende den Satz, den du eben abgebrochen hast. Du gehst jeden Tag Risiken ein. Geh jetzt eins mit mir ein. Riskier dein Herz, denn meins ist schon da und wartet auf dich. Ich will glauben, dass es Liebe und Eifersucht waren, die in seinen Augen miteinander rangen, und nicht rasende Besitzgier.
»Ich warte«, sagt er pikiert zu mir.
An seinen Augenbrauen, die fast bis zum Haaransatz hochgezogen sind, erkenne ich, dass ich mit einem roten Tuch vor einem Stier wedele, indem ich nicht gehorche. Ich sollte tun, was er sagt – ich will es sogar –, doch diese kleine innere Schlacht, die ich kämpfe, wenn er mich herumkommandiert, beginnt zu toben. Das Verlangen, ihn zu provozieren, schreit so laut, dass ich es genauso wenig ignorieren kann, wie ich mich dagegen wehren konnte, mich in ihn zu verlieben.
So ticken wir. Deshalb funktioniert es mit uns.
Ich stütze mich auf die Ellbogen und beginne, ihm mit unbewegter Miene Nadelstiche zu versetzen. »Du kannst nicht einfach hier reinspazieren, dich aufführen wie ein Arsch, mich herumkommandieren, als würde ich dir gehören, und erwarten, dass ich mich auf Kommando ausziehe.«
Das Lächeln, das jetzt langsam seine Lippen verzieht, verspricht mir sündhafte Stunden.
»Ich hatte andere Pläne mit dir, Goldlöckchen. Zum Beispiel dir eine schöne Tracht Prügel zu versetzen, bis dein Hintern so rot ist, dass du den Rest des Tages nicht mehr drauf sitzen kannst. Aber ich glaube, stattdessen braucht deine große Klappe eine Weile Beschäftigung.«
Gott aller Götter. Er bringt mich zum Siedepunkt .
Mir ist am ganzen Körper heiß. Glühende Flammen züngeln an meiner Haut, liebkosen süß jeden Zentimeter, erwecken alle Nervenenden zum Leben. Wecken die schlummernde erotische Frau, die seine schmutzigen Spiele mitspielen will.
Er wusste genau, was ich vorhatte, und hat mich ausgekontert. Als ich nicht antworte, weiß er, dass er mich genau da hat, wo er mich haben will.
»Es läuft folgendermaßen, Willow«, verkündet er, während er seine Unterhose über seine muskulösen Beine zieht. Als er sich wieder aufrichtet, steht sein Schwanz stolz und aufrecht, auf der Eichel ein Tropfen aus Verlangen. »Sieh mich an«, blafft er, doch ich kann meinen Blick nicht von der langsamen Auf-und-Ab-Bewegung seiner Hand wenden, mit der er seinen Schwanz liebkost, als hätte er auf der Welt keine andere Sorge, als mich um den Verstand zu bringen. Was er im Übrigen großartig hinkriegt.
»Willow.« Seine Stimme ist leise, autoritär. Unwiderstehlich.
Ich hebe den Blick und fange angesichts der Gier in seinem Gesicht Feuer. Sein Verlangen ist drängend und intensiv. Er spaßt nicht. Und ich liebe es. Gott, wie sehr ich es liebe .
»Du wirst jetzt diese kurze Hose ausziehen und mir zeigen, wie feucht du bist.«
Er hat recht. Meine Hände gehorchen ihm schon.
»Du wirst das Shirt, den BH und deine große Klappe ablegen und mir den Schwanz lutschen, bis ich so weit bin, mich in dir zu versenken und dich zu nehmen, bis du an nichts anderes mehr denkst als an das gute Gefühl, wenn ich dich ausfülle und dehne. «
Oh ja. Ich ziehe mein Shirt über den Kopf. Mein aufgehakter BH gleitet an meinen Armen herab.
Beim Gedanken daran, wie ich ihn am Donnerstagabend im Hotelzimmer mit meinem Mund verwöhnt und ihn dann einfach stehen gelassen habe, schlägt mein Magen Kapriolen. Ich will ihn. Ihn vor Lust in die Knie zwingen. Ihn zum Orgasmus bringen, bis er auch den letzten Rest dieser großspurigen Selbstbeherrschung verliert, an der er sich festklammert. Ich drücke meine Schenkel zusammen, um den feuchten Film zu verbergen, der sie jetzt überzieht. Shaw entgeht das nicht, denn sein verschmitztes Grinsen wird selbstgefällig.
»Leg dich auf den Rücken.«
Ich gehorche. Meine Widerworte habe ich mit meinen Klamotten abgelegt. Ich will all das, was er mir gerade in Aussicht gestellt hat.
Er dreht mich um, sodass ich quer auf dem Bett liege, schnappt sich ein Kissen und stopft es unter meine Hüften. Er stellt meine Füße an den Rand der Matratze und drückt meine Knie auseinander. Sie sind weit gespreizt, sodass er den Anblick genießen kann. Er tritt einen Schritt zurück und lässt den Blick über meinen Körper schweifen, bis ich mich voll und ganz entblößt, aber wie eine Göttin fühle.
Als sich unsere Blicke treffen, vibriert mein ganzer Körper vor Lust. Bitte, bitte, bitte liegt mir auf der Zunge – ich bin bereit zum freien Fall. Er streckt die Hand aus und zieht einen Finger durch die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen, bevor er nur die Spitze eintaucht, und alles, was mir über die Lippen kommt, ist ein langer, gebrochener Seufzer.
»So bereit für mich«, sagt er im Flüsterton, mehr zu sich selbst als zu mir.
Meine Hüften heben sich unwillkürlich und laden ihn unverhohlen ein. Ich brauche so viel mehr, als Shaw mir gibt, aber er kniet schon auf dem Bett. Als er zwischen meine Beine taucht, zucke ich bei der ersten Berührung seiner Zunge auf meinem geschwollenen Geschlecht. Ein anerkennendes Stöhnen grollt aus ihm, als er mich viel zu kurz schmeckt, bevor er sich leckend weiter nach oben vorarbeitet. Er wandert nach links, um an meiner Brustwarze zu knabbern, schmeckt die zarte Haut hinter meinem Ohr und lässt dann die Zunge in meiner Halsgrube kreisen. Ich kann kaum atmen, als er sich mit kleinen erotischen Bissen über meine Schulter und am empfindlichen inneren Teil meines Armes wieder herunterarbeitet, bevor er sich wie ein Gott über mich erhebt. Er strahlt Macht und nackten, reinen Sexappeal aus.
Den brennenden Blick fest auf mich gerichtet, platziert er seine Knie rechts und links von meinem Kopf. Ich stöhne, als er die Hand um seine dicke Länge bewegt und mit dem Daumen über die Spitze streicht, um die Lusttropfen fortzuwischen, die sich gebildet haben. Er fährt mit dem Schwanz über meine Lippen, bis ich den Mund weit öffne und ihn schweigend dränge, sein gnadenloses Hinhalten zu beenden. Er quält mich mit seiner Zuschaustellung von Dominanz, bis ich nur noch aus starkem Verlangen bestehe. Und als er seinen Schwanz hineingleiten lässt, spüre ich, wie die Macht, die er innehatte, sich auf mich überträgt.
»Mein Gott, du siehst so gut unter mir aus, wenn deine Lippen mich umschließen«, schwärmt er mit zusammengebissenen Zähnen und bringt die Energie in mir zum Pulsieren und Branden. Ich kralle mich in die Laken und widerstehe dem Drang, ihn an der Wurzel zu packen und ihn tiefer in mich zu ziehen.
Er fixiert mich mit wildem Blick, packt mich an den Haaren und stößt gemächlich in meinen Mund. Die andere Hand umfasst sanft meine Kehle, hält mich so, dass er so weit in mich stoßen kann, wie ich damit umgehen kann .
Er fahndet nach Angst und Zögern in meinem Gesicht, vor allem wenn sich seine Fingernägel in meine empfindliche Haut bohren. Da er nur Einverständnis sieht, stößt er mit jedem Mal ein wenig weiter vor, bis er hinten gegen meine Kehle stößt. Ich gerate nicht aus dem Takt und versuche, meine Muskeln zu entspannen, obwohl ich auf diese Art noch nie einen Blowjob gegeben habe.
Wie sich seine Augen bei meiner Unterwerfung verdunkeln, ist berauschend. »Oh ja, wunderbar. Genau so. Mach’s mir genau so.«
Während er langsam und regelmäßig und wahnsinnig tief in mich stößt, schwillt er bei jedem Mal mehr an. Er prüft, wie weit er mich treiben kann, sinkt so tief, dass ich einmal sogar spüre, wie meine Kehle sich unter seiner Hand wölbt. Ich ermutige ihn nur, weiterzumachen.
»Um diesen Mund würden Männer Kriege führen«, sagt er zu mir, während ihm seine Beherrschung entgleitet.
Ekstase macht seine Lider schwer. Er kämpft dagegen an, doch ich kämpfe härter. Nur mit dem Mund und aus purer Entschlossenheit, ihn die Beherrschung verlieren zu lassen, berühre ich jedes Mal, wenn er sich zurückzieht, seinen Schlitz. Ich massiere ihn mit der flachen Zunge und schabe jedes Mal, wenn er wieder hineinsinkt, ganz leicht mit den Zähnen darüber.
»Du willst mich zum Kommen bringen«, beschuldigt er mich in der knurrenden Stimmlage, die mir zeigt, dass er kurz davor ist, die Kontrolle zu verlieren.
Ich kann nicht lächeln, weil mein Mund beschäftigt ist, so wie er es wollte, aber ich weiß, dass mir meine Genugtuung anzusehen ist, denn seine Finger krampfen sich fester in mein Haar, sodass meine Kopfhaut brennt. »Wenn ich in deiner Kehle kommen soll, Willow, will ich eine Gegenleistung. «
Na klar kriegst du was zurück, Verkehrsrowdy . Einen überwältigenden Orgasmus, der deinen Willen zersetzen und deine Herrschaft zerbröckeln lassen wird.
»Abgemacht?«, fragt er, doch es klingt schwach und heiser. Dass ich ihn dazu bringe, erfüllt mich mit Stolz. Dass ich ihn dazu kriegen kann, seine Bedürfnisse aufzugeben und mir meine zu erfüllen. Ich ziehe die Wangen ein, bis ich spüre, dass sie gegen ihn reiben, während seine Stöße an Tempo gewinnen.
»Oh Scheiße. Scheiiiße .« Seine Stöße kommen jetzt schneller und weniger raffiniert. Er packt mich so fest am Hals, dass ich würge. Er lässt mich los, aber nur kurz. »Blinzle zweimal, wenn das ein Ja ist«, krächzt er.
In fünf Sekunden gehört er mir, ob ich zustimme oder nicht. Aber mir ist egal, was er will. Was er fragt. Ich will ihn nur für jede andere verderben. Ich brauche seine Überlegenheit. Ich brauche, wie er sich mir hingibt, wie er mich einatmet, als sei ich seine Luft zum Leben. Ich will, dass der Blick, mit dem er mich jetzt anschaut, so als würde er mich lieben, eine weitere Erinnerung ist, die ich für meine Gedächtnisbank gestohlen habe.
Deshalb blinzele ich zweimal … und es funktioniert.
Sein ganzer Körper spannt sich an, und ich sehe zu, wie seine Entschlossenheit unter der Kraft meiner zusammenfällt.
Er kommt.
Heiß.
Heftig.
So mächtig, so umfangreich, so schnell, dass ich kaum mithalten kann.
Ich lasse ihn nicht aus den Augen, während er sich vollkommen gehen lässt. Die Anspannung um seine Lippen und Augen ist schmerzhaft. Atemberaubend. Er ist wunderschön, doch selbst in seinem verletzlichsten Zustand wirkt er immer noch respekteinflößend und souverän. Es ist nicht zu übersehen, dass er nicht nur seine, sondern jetzt auch meine Welt regiert. Ich aale mich noch ein wenig länger in der Machtverschiebung, weil ich weiß, dass sie von kurzer Dauer sein wird. Und stelle fest, dass mir auch das recht ist.
Während er darum kämpft, wieder zu Atem zu kommen, pulsiert er immer noch leicht, ist immer noch so hart, dass ich überzeugt bin, dass er sofort noch einmal von vorne anfangen könnte. Und als der Blick, der mich jedes Mal packt und als Geisel hält, wieder meinem begegnet, schmelze ich dahin.
Ich will, dass alles, was ich darin sehe, wahr ist. Oh, wie sehr ich mir das wünsche.
»Hey«, sagt er süß und legt sanft die Hand an meine Wange, bevor er sich zurückzieht.
»Hey«, gebe ich zurück und frage mich, wie gedehnt mein Mund aussieht.
»Habe ich dir wehgetan?« Er wischt mir mit dem Daumen die Mundwinkel sauber. Sein Blick fällt auf meinen Hals, der sich bis zu dem Zeitpunkt nicht wund angefühlt hat. Nicht, dass ich ihm das auf die Nase binden würde.
Ich gebe mir alle Mühe, meine Stimme normal klingen zu lassen, als ich antworte: »Nicht sehr. Ich meine, du drückst mir mit deinem massiven Gewicht zwar die Luft aus den Lungen, aber kein Ding.«
Er reagiert so schnell, dass es schon komisch ist. Es stimmt – ein Stück weit –, aber ich hätte den ganzen Tag flach durch einen lädierten Hals geatmet, wenn es bedeutet hätte, dass ich mehr von seiner weicheren Seite zu sehen bekomme, die er so selten zeigt. Als er mit den Händen über meinen Körper fährt und ihn nach Verletzungen absucht, muss ich lachen. Als er sieht, dass ich ihn nur veralbert habe, funkeln seine Augen. Er kriegt mich zu fassen und kitzelt mich durch, bis ich kreische und ihn anflehe, damit aufzuhören.
»Sag, dass es dir leidtut, mich so erschreckt zu haben.«
»Tut es nicht, tut es nicht«, werde ich nicht müde zu rufen.
»So viele Bestrafungen, die auf dich zukommen, Goldlöckchen«, flüstert er mir irgendwann ins Ohr. »Mit jeder Lüge reitest du dich nur noch tiefer rein.«
Ich liebe diese unbeschwerte Seite an ihm, doch schließlich ertrage ich es nicht mehr und gebe auf. »Es tut mir leid«, schreie ich.
Ich bin außer Atem und schnappe immer noch nach Luft, als er sich neben mir ausstreckt. Er keucht, und wir liegen einen Moment regungslos da, um zu Atem zu kommen. Dann schiebt er den Arm unter meinen schlaffen Körper und zieht mich fest an sich.
»Du bist sehr kitzlig.«
»Du bist sehr gemein«, kontere ich und schlage ihn gegen die Brust. Er schnappt sich meine Hand, legt sie auf sein Herz und hält sie dort fest. Die Geste ist süß und kommt unerwartet. Mir stehen vor Rührung Tränen in den Augen.
»Ich wollte dir nicht wehtun. Das weißt du, oder?«
Ich hebe den Kopf. Er wartet gespannt. Seine Sorge ist echt und unnötig, macht ihn in meinen Augen aber nur noch liebenswerter. Er liebt mich. Ich weiß es. Er kann es mir vielleicht nicht sagen, aber ich sehe es. Ich fühle es. Er hat genauso viel Angst, es laut auszusprechen, wie ich.
»Es war unglaublich«, sage ich ehrlich zu ihm.
Er lächelt schief. Zuerst halte ich es für sein typisches großspuriges Grinsen, doch mir wird rasch klar, dass es das nicht ist. Sondern Erleichterung. Meine Worte scheinen seine Muskeln zu massieren und ihren Schmerz zu lindern, während er sich langsam entspannt. Er stößt kurz die Luft aus und flüstert: »Gut.«
Ich kann mir das Grinsen nicht verkneifen. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht. Ich bin am helllichten Tag überglücklich. Der Sonnenschein, den Reid mir gestohlen hat, ist wieder da und scheint mild und warm. Ich bin mir sicher, dass ich glühe.
So ungern ich dieses Gefühl auch dämpfe, ich frage mich, was zum Teufel Shaw hier macht. Es ist nicht einmal zwei Uhr nachmittags. Gestern Abend hat er mir gesagt, er habe den ganzen Tag zu tun, vor allem weil er sich schon drei Tage hintereinander freigenommen habe, um sich ganz auf mich zu konzentrieren.
Ich drehe mich zur Seite und stütze mich mit der Hand an der Wange auf den Ellbogen, während er mich mit eifrigem Interesse betrachtet. Ich ziehe auf seiner harten flachen Brust kleine Kreise und bemühe mich um einen unbeschwerten Ton, als ich frage: »Also, Verkehrsrowdy … Machst du wieder blau? Das wird zu einer üblen Angewohnheit.«
Sein Gesicht verdunkelt sich, als sei eine Gewitterwolke herangerauscht.
»Ich will mich nicht beschweren«, füge ich rasch hinzu und beuge mich vor, sodass unsere Lippen sich fast berühren. »An solche Nachmittagsvergnügungen könnte ich mich gewöhnen.«
Mir wird klar, dass er seit fast fünfundvierzig Minuten hier ist und ich zwei Orgasmen später immer noch nicht seinen Mund auf meinem gespürt habe. Bevor er reagieren kann, sorge ich für Abhilfe.
Ich lege meine Lippen auf seine, und unser Kuss beginnt zögernd, wobei ich die Aktive bin. Seine Lippen sind steif, sogar widerständig, doch ich lasse nicht zu, dass er sich mir verweigert. Ich klemme seine Unterlippe zwischen meine Zähne, beiße zu und ziehe mich zurück, öffne ihn für mich. Er schmeckt nach Macht mit einem Hauch Verzweiflung.
Doch als sich unsere Zungen berühren, übernimmt er die Initiative.
Dann liege ich auf dem Rücken, während er meinen Kopf zwischen seinen starken Händen hält. Seine festen Lippen pressen sich auf meine, seine Zunge sucht fieberhaft. Seine Länge wird an meinem Bauch so schnell hart, dass die Lust erneut in mir erwacht. Er ist dominierend und kontrollierend, und mein ganzes Wesen seufzt, als ein warmes Gefühl es durchflutet.
Ich winde mich unter ihm und versuche ihn dahin auszurichten, wo ich ihn brauche, als er unseren Kuss unterbricht und den Kopf hebt. Ich greife instinktiv nach ihm, doch er hält mich fest, und ich weiß, es ist an der Zeit, das Versprechen einzulösen, das ich erst vor wenigen Minuten gegeben habe. Mein Herzschlag, der schon in die Höhe geschnellt war, verlangsamt sich widerwillig wieder. Er öffnet die Lippen, um etwas zu sagen, doch bevor die Frage aus seinem Mund dringt, weiß ich schon, wie sie lautet.
»Was hat er hier gemacht?«
Am liebsten würde ich lachen, weil er Reids Namen nie ausspricht, aber er versteht eben nicht – weil ich es ihm nie gesagt habe –, dass die Gefühle, die ich für Reid hatte, im Vergleich zu dem, was ich für ihn empfinde, verblassen. Er hat keine Veranlassung zur Sorge, auch wenn ich an seiner Stelle dasselbe empfinden würde.
»Wollen wir dieses Gespräch führen, während du mich festhältst?«
»Müssen wir das?«
»Shaw.« Ich seufze. »Es ist nicht so, wie du denkst. «
»Wirklich nicht? Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass es genau das ist, was ich denke.«
»Und das wäre?«
Er presst die Lippen zu einem Strich zusammen, und als er wieder spricht, fühlen sich seine Atemzüge, als sie auf mich treffen, wie spitze, wütende Pfeile an. »Hör auf mit dem Scheiß, Willow. Ich will wissen, warum er hier war, und zwar jetzt gleich.«
Ich kann nicht anders. Es ist falsch, es zu tun, weil ich sehe, wie schnell sein Geduldsfaden reißt, aber er sieht so düster und ernst aus, und ich hatte es noch nie mit einer solch überwältigenden Ausstrahlung zu tun wie mit seiner … dass mir ein Kichern entfährt. Zuerst nur eins. Dann noch eins. Je hitziger sein Gesicht wird, umso heftiger lache ich.
»Beantworte die Frage«, fordert er.
Ich brülle vor Lachen. Sein Griff um meine Handgelenke verstärkt sich warnend, was den gegenteiligen Effekt hat, den er erzielen wollte.
»Ich –« Ich schnappe nach Luft und versuche mich zu beruhigen. Ich schaffe es nicht.
»Was ist so verdammt lustig?«
»Du«, stoße ich mit Mühe zwischen meinen Kicheranfällen hervor.
Kopfschüttelnd knurrt er: »Gott, du bist echt frustrierend.«
Es dauert noch ein paar Sekunden, aber ich finde ein gewisses Maß an Fassung wieder. »Du findest mich nur frustrierend, weil ich mir für dich kein Bein ausreiße wie alle anderen.«
Er sieht mich kurz an. »Du hast so unrecht, Willow.« Er sagt das mit solchem Ernst, dass mir ganz schwer zumute wird. Er senkt den Kopf tief und streicht mit der Nase über meine Wange. Er legt die Lippen an mein Ohr, und sein schlichter Satz bringt mich fast um. »Das finde ich an dir faszinierend. «
Glibbermasse.
Ich fühle mich wie ein Berg klebriger Glibbermasse.
Ich drehe den Kopf leicht, lege die Lippen an seine Wange und lasse sie kurz dort liegen. »Du hast recht. Er will mich wirklich zurück«, gestehe ich leise, obwohl ich weiß, dass es ihn wütend machen wird. Ich weiß aber auch, dass ich es nicht vor ihm verheimlichen kann. Schließlich ist er nicht blind. Oder dumm. Er bleibt ganz still liegen, als ich fortfahre. »Aber ich will ihn nicht zurück. Selbst wenn ich nicht mit dir zusammen wäre. Es gab einen Grund, warum wir es nicht geschafft haben. Und dieser Grund existiert nach wie vor.«
»Hast du ihm das gesagt?«
»Ja. Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass ich mit dir zusammen bin.«
»Es macht mich rasend«, murmelt er an meinem Hals und verteilt feuchte Küsse auf meinem Schlüsselbein.
»Ich weiß«, hauche ich. Ich will mich entschuldigen, aber es tut mir gar nicht leid. Kein bisschen. Ich bin froh, dass er eifersüchtig ist. Das wäre er nicht, wenn ich ihm gleichgültig wäre.
»Willow.« Seine Stimme klingt vor Sehnsucht belegt. »Ich will dich und das, was zwischen uns ist, nicht verlieren.«
Mein Herz weitet sich und stößt auf köstlichste schmerzhafte Art an mein Brustbein. Solche Unsicherheit sieht Shaw gar nicht ähnlich.
Eifersucht . Finde ich gut.
Ich schlinge die Arme um seine breiten Schultern, fahre mit den Fingernägeln über die Muskelstränge auf seinem Rücken und genieße es, wie sie wogen. »Das wirst du nicht«, füge ich hinzu. »Ich weiß, dass du es nicht hören willst, aber wenn er nicht wäre, wären wir jetzt nicht zusammen.«
Ich rechne damit, dass er es leugnet. Dass er behauptet, dass er auch ohne Reids Beteiligung einen Weg gefunden hätte, mit mir zusammen zu sein, aber das tut er nicht. Und ich liebe ihn nur noch mehr, weil er ehrlich ist, statt zu versuchen, mir etwas vorzumachen.
»Ich weiß. Ich hasse es und bin gleichzeitig glücklich darüber.«
Er bewegt sich rastlos auf mir, und seine Küsse werden hungrig und fiebrig. Seine Lippen wandern umher, saugen, lecken und beißen spielerisch, bis ich unruhig und vor Verlangen von Sinnen bin. Geschickte Finger ziehen an meinen Brustwarzen und spielen zwischen meinen Schenkeln, überprüfen, wie bereit ich bin, bevor er wieder auf mir liegt. Meine Beine spreizt. Sich in mich schiebt. Uns beide schnell in die Höhe treibt.
Wir sind stumm, fast geräuschlos, unsere Körper bewegen sich perfekt synchron, bis wir beide den Gipfel erreichen und gemeinsam zum Höhepunkt kommen. Während er sich bemüht, seinen verschleierten Blick weiter fest auf meinen zu heften, während wir unsere Fahrt durch die Lust navigieren, weiß ich, dass es zwischen uns keine Grauzonen gibt. Alles ist glasklar.
Ich gehöre ihm.
Er gehört mir.
Es gibt ein Wir.
Es ist Liebe, ohne jeden Zweifel, egal ob wir es aussprechen oder nicht.
Was als Job begonnen hat, eine Methode, um genug Geld für die Versorgung meiner kranken Mutter zu verdienen, hat mein Leben auf unvorhergesehene Weise vollkommen verändert.
Das ganze Wochenende über habe ich mich selbst und mein Tun infrage gestellt. Ich habe an mir gezweifelt, an ihm. Ich habe daran gezweifelt, dass wir eine echte Zukunft haben. Ich habe andere die Zweifel nähren lassen. Denn wie kann ein Fundament, das mit Lug und Trug zementiert ist, nicht irgendwann unter ihrer Macht rissig werden? Doch nach diesem Nachmittag zweifele ich nicht mehr. Wir haben unsere Beziehung in etwas verwandelt, das viel, viel mehr ist. Irgendwie haben wir in den vergangenen zwei Monaten unbewusst ein neues Fundament gelegt, diesmal auf Wahrheit und Aufrichtigkeit basierend.
Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie ich dieses fremde Land, in dem ich mich wiederfinde, navigieren soll, denn so sehr ich mir auch wünsche, dass das mit uns funktioniert, weiß ich auch, dass sich emotional splitternackt auszuziehen die größte Herausforderung sein wird, vor der ich je gestanden habe.