30. KAPITEL
Willow
Die Sonne ist schon untergegangen, als ich in meine Straße einbiege.
Ich bin total erschöpft. Die Müdigkeit sitzt mir sogar in den Knochen.
Nachdem ich den Friedhof verlassen hatte, musste ich die Medikamente meiner Mutter für den nächsten Monat organisieren, auf der Post die Briefe einer ganzen Woche abholen und für Mom und mich ein paar Einkäufe erledigen.
Jetzt ist es nach acht Uhr abends und ich erwäge, Shaw anzurufen, weil ich mir verzweifelt wünsche, seine Stimme zu hören, doch ich weiß, dass er darauf bestehen wird, mich zu sehen, und ich brauche noch einen Tag, um meine wirren Gedanken zu ordnen. Nach nur wenigen Stunden unruhigen Schlafs gestern Nacht freue ich mich auf ein Bad, ein Glas Wein und mein Bett.
Dieser Plan geht jedoch den Bach runter, als ich an der Straße direkt vor meinem Haus einen Wagen mit laufendem Motor stehen sehe.
Ich fahre langsamer und erwäge meine Optionen. Er sieht in meine Richtung. Wenn ich wende und davonrase, wird er mich wahrscheinlich verfolgen. Auch gut, denke ich.
Es ist an der Zeit.
Es ist an der Zeit, alle Probleme frontal anzugehen .
Ich bin zum Leben bereit, auch wenn es schmerzt.
Unsere Blicke treffen sich, als ich links abbiege und in meiner Einfahrt parke, wobei ich darauf achte, mich links zu halten, damit Sierra auch noch Platz hat, wenn sie von der Arbeit kommt. Ich schnappe mir das Bündel Briefe, das von einem dicken Gummiband zusammengehalten wird, und hieve meine Handtasche auf meine Schulter. Als ich die Tür aufstoße, steht er schon wartend vor mir und strahlt eine Mischung aus Entschlossenheit und Verlegenheit aus.
»Hol die Einkäufe aus dem Kofferraum«, weise ich ihn an und gehe zum Haus. Ich schließe die Seitentür auf. Fünf Sekunden später folgt er mir. Ich werfe alles auf den Küchentisch. Dann schnappe ich mir ein Glas aus dem Schrank, fülle es mit lauwarmem Wasser und schütte den gesamten Inhalt hinunter, bevor ich es nachfülle. Ich drehe ihm noch ein paar Augenblicke den Rücken zu, bevor ich zu ihm herumwirbele.
Er steht nicht mal dreißig Zentimeter entfernt … am Rand meiner Komfortzone.
Und das weiß er auch.
»Was willst du, Reid?«
Ich lege die linke Hand auf meinen rechten Oberarm und halte das Glas wie eine Barriere vor meine Brust. Er registriert die Bewegung und sieht mir ins Gesicht. Er presst die Lippen zusammen und schluckt, während er die Hände in seine Vordertaschen schiebt und dabei seine verwaschene Jeans tief auf seine Hüften zieht.
»Ich wollte mal nachsehen, ob es dir gut geht.« Er zieht die Mundwinkel nach oben, fixiert mich jedoch weiter.
Er ist nervös. Der rachsüchtige Teil von mir freut sich darüber.
Ich stelle mein Glas auf die Theke hinter mir und gehe um ihn herum. »Tja, jetzt hast du ja nachgesehen. «
Aber das heißt nicht, dass ich nicht mehr sauer auf ihn bin, und ich habe auch nicht vor, ihm dieses Gespräch zu leicht zu machen. Ich habe eine Menge Fragen, die er mir beantworten wird. Die erste lautet, wie er von der Sache mit meinem Vater erfahren hat, die zweite, warum er diese Information als Druckmittel benutzt hat, statt sie an mich weiterzugeben, wie er es hätte tun sollen. Egal, was sein Motiv war, das war falsch.
Shaw hat ebenfalls falsch gehandelt, indem er es mir verheimlichte, doch ich verstehe jetzt, dass er es aus Liebe und Sorge getan hat. Seine starke Zuneigung zu seiner Familie ist eine seiner attraktivsten und liebenswertesten Eigenschaften, und während ich mich in den letzten Wochen durch die gesamte Bandbreite von Gefühlen gekämpft habe, ist mir klar geworden, dass er meine Vergebung verdient. Er hat gesagt, er sei egoistisch gewesen, doch ich glaube, es war das komplette Gegenteil.
Wenn er immer noch eine Zukunft mit mir will, will ich sehen, wohin uns das führen könnte.
Fast mein ganzes Leben lang habe ich mich gefragt, ob es besser ist, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt zu haben. Nach dem Verlust meines Vaters gehörte ich fest zum »Besser niemals geliebt haben«-Lager, doch seit ich Shaw kenne, sehe ich den Fehler in dieser Logik.
Ich nehme meine Post in die Hand, ziehe das Gummiband ab und fluche, als es kracht und schmerzhaft an meine Finger schnappt. Ich trenne die Werbung von den Rechnungen und bin besorgt, als der Stapel mit den Rechnungen höher wird als der mit dem Schrott. Mein Blick fällt auf das Kuvert mit meinen monatlichen Kontoauszügen. Ich habe Angst, es zu öffnen. Ich mache es wie Scarlett O’Hara und werfe es beiseite.
Morgen ist schließlich auch noch ein Tag .
Reid stellt sich so dicht hinter mich, dass ich seine Körperwärme spüre. Ich hatte fast vergessen, dass er hier ist. »Dir scheint es aber nicht gut zu gehen.«
Ich wirbele zu ihm herum. »Ach wirklich? Wie kommst du darauf, Reid? Sind die dunklen Ringe unter meinen Augen dein erstes Indiz?«
Er tritt einen Schritt zurück. »Willow …«
»Sag nicht Willow zu mir. Du wirst mir alles sagen, was du weißt, und dann wirst du gehen und nie zurückkommen.«
Er sieht geknickt aus. Es gibt keine andere Beschreibung dafür. Seine Augenlider hängen herunter, seine Mundwinkel sind nach unten gezogen, seine Schultern zusammengesackt. Normalerweise würde er mir leidtun, doch das tut er nicht, weil ich jetzt die Bestätigung habe, dass er die Hoffnung gehegt hat, Shaws leeren Platz einzunehmen. Nur dass er nicht leer ist. Das war er nie.
»Es gibt keinen guten Grund dafür, dass du mir das verschwiegen hast, Reid. Nicht einen.« Ich lehne mich mit dem Hintern an den Tisch hinter mir.
»Und er hat einen?«, höhnt er, während er die Arme verschränkt und sich breitbeiniger hinstellt. Das ist so typisch Mann. Es muss in jedem dämlichen Chromosom eingebrannt sein.
»Wir sprechen nicht über Shaw. Wir sprechen über dich.«
Und ja, er hat einen , füge ich nicht hinzu.
Nachdem wir uns fünf Sekunden wütend angestarrt haben, schnaubt er verächtlich und rauft sich die Haare. Er wendet sich von mir ab und geht zur Theke, auf der ich mein Glas abgestellt habe. Er dreht sich wieder zu mir und hält sich mit beiden Händen an der Kante fest, die Ellbogen nach hinten. Es ist, als würde er sich mit aller Kraft von mir fernhalten. Vielleicht tut er das auch .
»Vor mehreren Monaten gab es eine Drohung gegen Preston, dass all das an die Medien weitergegeben würde. Deshalb wurde ich überhaupt mit an Bord geholt.«
»Was?« Meine Knie fühlen sich plötzlich weich an, weshalb ich nach einem Stuhl greife und mich setze. Ich denke an unser Gespräch vor ein paar Wochen über die Geliebte des Gouverneurs von Minnesota, darüber, dass Reid Informationen ausgegraben hatte, die gegen sie verwendet wurden, damit die Geschichte nicht ans Licht käme.
»Preston wusste davon?«
»Nein«, sagt er schnell. »Ich meine, zuerst war es nur eine vage Forderung, aber ausreichend, um besorgniserregend zu sein, wenn man Annabelles Vorgeschichte kennt. Der Wahlkampfmanager, den Preston ursprünglich eingestellt hatte, war jung und unerfahren. Es war seine erste große Kampagne, und er hatte den Weitblick zu erkennen, dass es seine Möglichkeiten überstieg, doch er hatte von mir und meinen … Fähigkeiten gehört.«
Er verstummt, um zu sehen, ob ich etwas sagen will. Das will ich nicht.
»Ich hatte nur Gutes über Preston Mercer gehört, deshalb habe ich den Job angenommen.«
Fragen über Fragen wirbeln mir durch den Kopf, alle davon schnell wie der Blitz. »Womit wurde ihm gedroht?«
»Mit Erpressung natürlich.«
Er senkt den Blick kurz zu Boden, bevor er unter seinen langen Wimpern, die ich früher immer bewundert habe, wenn er schlief, wieder zu mir aufsieht. »Ich gebe zu, dass du mir in den Sinn kamst, als ich annahm. Ich dachte … na ja, du weißt ja, was ich dachte.«
Das ist so traurig für ihn.
Ich presse die Lippen zusammen .
»Jedenfalls tauchte CJs Name erst auf, als ich schon hier war und diese Drohung gründlicher unter die Lupe nahm, und da wusste ich, dass ich aus einem bestimmten Grund hierher gerufen worden war, Willow.«
Ich bin bestürzt. Das alles zu verarbeiten, ist eine ziemliche Herausforderung.
»Von wem kam diese Drohung? War es …« Ich schlucke. Könnte es sein? »Paul Graber?«
»Das ist vertrau –«
»Ach, spar dir die Ausreden, Reid. Darüber sind wir längst hinaus.«
Seine Mundwinkel heben sich ein wenig, als sei er belustigt über mich. »Nein, es war nicht Graber. Es war Annabelles Kotzbrocken von Ex, Eddie Lettie.«
Mir rutscht das Herz in die Hose. Ihr Ex. Ist das derselbe Typ, der versucht hat, sie zu vergewaltigen? Der es vielleicht auch geschafft hat?
Ich kann kaum schlucken, so sehr schnürt mir die Angst die Brust zu.
»Ich verstehe nichts von alledem. Woher wusste er, was in jener Nacht passiert ist? War er dabei?«
Reid kommt zurück und setzt sich neben mich. Die Stuhlbeine kratzen über den Boden. Er beugt sich zu mir, legt die Ellbogen auf seine Knie und spreizt die Oberschenkel weit. Seine verschränkten Hände lässt er nach unten baumeln. »Nein. Die Hälfte der Geschichte hat er eines Abends von einer ihrer Junkie-Freundinnen, die dabei gewesen war, erfahren und sah darin eine Möglichkeit, Geld zu machen. Der blöde Wichser dachte, Preston würde sich einfach geschlagen geben und bezahlen, um ihm das Maul zu stopfen.«
Ich atme wieder und merke erst jetzt, dass mir aus Sauerstoffmangel schon schwindlig wurde .
»Wann hast du das alles erfahren?«, frage ich mit rauer Stimme und schwerem Herzen.
Er wartet einen Moment, bevor er antwortet. »Ironischerweise an dem Tag, an dem ich dich bei Preston zu Hause wiedersah.«
Ich weiß nicht, warum es mich schmerzt, dass noch jemand in dieses Geheimnis eingeweiht war. »Dann wusste es Preston die ganze Zeit.«
Ich bemerke gar nicht, dass ich es laut ausgesprochen habe, bis Reid sich einschaltet: »Nein, das wusste er nicht.«
Das überrascht mich. »Aber –«
»Ich habe niemals deinen oder CJs Namen genannt. Er wusste nichts davon. Ich sagte ihm nur, dass die Bedrohung neutralisiert wurde. Es ist besser für den Kandidaten, wenn er keine Details kennt.«
»Damit er sich dumm stellen kann.«
Er lächelt sanft. »So was in der Art.«
»Ist er noch immer eine Bedrohung?« Es macht mich krank, dass dieser Typ frei herumläuft und auf seine nächste Chance wartet, Annabelle oder den Mercers Schwierigkeiten zu bereiten.
»Sagen wir einfach, dumm gelaufen.« Er hebt das kaputte Gummiband auf und fängt an, es um seinen Zeigefinger zu wickeln. »Eine Anklage wegen Drogenhandels bringt eine lange Gefängnisstrafe mit sich.«
»Drogenhandel?« Ich erinnere mich an unser Gespräch, als er mir erzählte, wie er Drohungen gegen seinen Kandidaten entschärft. »Hast du …?«
»Ich wünschte, ich könnte den Ruhm dafür einheimsen, aber ich fürchte, das kann ich nicht.«
Ich lächele matt, erleichtert, dass ein gefährlicher Krimineller hinter Gittern sitzt, egal wie es dazu gekommen ist. Wir sehen einander lange schweigend an, während ich alles, was er mir gesagt hat, zu verstehen versuche. Sein Blick ist traurig und zärtlich. Meiner wahrscheinlich auch.
»Warum hast du mir das nicht gesagt, als du davon erfahren hast?«
Er rutscht von mir weg und lehnt sich an die Rückenlehne seines Stuhls. Er legt einen Ellbogen auf die Ecke des Tisches und lässt die Hand über den Rand baumeln. »Du weißt, warum.« Er zieht einen Mundwinkel nach oben. »Ich behaupte nicht, dass es die richtige Entscheidung war, Willow. Aber ich war …«
»Eifersüchtig«, ergänze ich, als er verstummt.
»Ja. Unglaublich eifersüchtig. Er hatte dich und ich nicht. Ich wollte dich immer, Willow. Selbst als du mir das Herz gebrochen hast, wollte ich dich noch.«
Ich weiß, und es tut mir leid .
»Und du dachtest was? Dass Shaw mich fallen lassen würde wie eine heiße Kartoffel, wenn du damit drohtest, mir all das zu sagen?«
Er weicht meinem Blick aus. Ja, genau das hat er gedacht.
»Weißt du, dass Annabelle in der Nacht, als mein Vater verunglückt ist, fast vergewaltigt worden wäre? Wahrscheinlich von diesem Typen. Ich weiß nicht, vielleicht wurde sie es sogar.«
Die Farbe weicht aus seinen Wangen, doch ich rede weiter und werde immer wütender.
»Wusstest du, dass sie sich nicht daran erinnert, dass sie springen wollte, dass ein Unfall passiert ist und dass mein Vater überhaupt da war? Dass sie das zur selben Zeit erfahren hat wie ich? Kannst du dir vorstellen, wie das für sie war?«
Sein Adamsapfel hüpft, als er schluckt. »Nein. Ich wusste nichts von alldem. «
Und genau das ist das Problem.
»Natürlich wusstest du das nicht, weil du diese Drohung entschärft hast, ohne sie in ihrer Gänze zu verstehen, und weil du eine halbe Story als Druckmittel gegen den Mann, den ich liebe, verwendet hast. Du hast doch gesehen, was ich durchgemacht habe, Reid. Du hast gehört, wie ich mich monatelang in den Schlaf geweint habe. Du wusstest , dass ich mich für den Tod meines Vaters verantwortlich fühlte. Was du getan hast, war schlimmer als das, was Shaw gemacht hat, denn er hat überlegt, wie er seiner Schwester dabei helfen könnte, damit klarzukommen, ohne dass sie wieder Drogen nimmt oder noch einmal versucht sich umzubringen. Warum hast du das getan?«
»Es tut mir leid. Ich habe es nicht bis zum Ende durchdacht. Alles, was ich im Kopf hatte, warst du.«
Bevor ich antworten kann, kniet er sich vor mir hin und legt seine warmen Handflächen an meine Wangen. Seine Finger in meinem Nacken fühlen sich stark an. Es ist derselbe besitzergreifende Griff, den Shaw hat, nur dass ich, wenn Shaw das tut, formbar werde wie warmer Lehm. Es ist, als könnten ganz allein seine Hände mich modelieren, jede einzelne meiner Ecken und Kanten ausstreichen.
»Was ich getan habe, war falsch, und meine einzige Entschuldigung ist, dass mich mein verzweifelter Wunsch, dich zurückzugewinnen, blind gemacht hat. Ich liebe dich, Willow. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Keine Sekunde, keine Minute, keine Stunde und keinen Tag.«
»Ich …« Das ist brutal. »Ich weiß.«
Sein Blick fällt auf meinen Mund, und im Handumdrehen zieht er mich zu sich und legt die Lippen sanft auf meine. Sie sind warm und schmecken vertraut. Der Kuss ist kurz und keusch. Falsch und endgültig.
»Du gehst zurück zu ihm. «
Obwohl ich wütend auf ihn bin, tut sein Schmerz mir weh. Ich halte die Augen geschlossen und flüstere: »Daran bestand nie ein Zweifel.« Und als ich es sage, wird mir klar, dass es stimmt. Bei allem quälenden Schmerz wusste ich, dass ich nicht ohne ihn leben kann. »Er ist mehr als ich. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.«
Er drückt die Wange an meine und legt die Lippen an mein Ohr. »Das brauchst du nicht.« Seine Stimme ist bekümmert, niedergeschlagen. Er zieht das Gesicht zurück und wartet, bis ich die Augen öffne. Als ich es tue, schnüren mir meine Gefühle die Kehle zu. Die erste Träne kullert über sein Lid, als er heiser flüstert: »Genauso empfinde ich für dich.«
Worte sind Waffen, selbst wenn man es nicht beabsichtigt. Manchmal verwunden sie, und manchmal töten sie.
»Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dir damals wehgetan habe. Es tut mir leid, dass ich dir jetzt wehtue.«
»Das muss es nicht. Du hast endlich jemanden deine Seele sehen lassen. Entschuldige dich nicht dafür.«
Ich kann nur nicken und mir hart auf die Lippen beißen, um nicht völlig die Beherrschung zu verlieren.
Er steht auf. Er hält inne und sieht nachdenklich auf mich herab. Dann streckt er die Hand aus und streichelt mit dem Daumen an meiner Kieferpartie entlang. Als er die Hand sinken lässt, nimmt sie unsere Vergangenheit mit.
»Wenn du je etwas brauchst, musst du mich nur anrufen, okay?«
»Gehst du aus Seattle weg?«
»Ich halte es für das Beste.« Ohne ein Wort des Abschieds geht er zur Tür. Als er die Hand nach der Klinke ausstreckt, stürze ich zu ihm und umarme ihn fest. Sein Atem geht schwer, während sein verzweifelter Griff um mich vor Liebe und Endgültigkeit überfließt .
»Du bist anders mit ihm, als du es je mit mir warst. Ich will dich nicht anlügen, ich dachte wirklich, aufgrund seiner anrüchigen Vergangenheit und seiner Bindungsunfähigkeit könnte ich dich zurückgewinnen, doch sobald ich sah, dass du ihn so ansiehst, wie du mich noch nie angesehen hast, wusste ich, dass es vorbei war. Es fiel mir nur schwer, es zu akzeptieren.« Er streicht durch meine Haare. »Werde glücklich, Willow.«
Ich nicke an seiner Brust. »Danke.«
Er küsst mich auf den Scheitel, lässt mich los und geht. Er geht mit sicheren Schritten zu seinem Wagen und lässt sich hineingleiten. Das Klappen der Tür dringt fast sofort an meine Ohren.
Während ich zusehe, wie er aus meinem Blickfeld und aus meinem Leben verschwindet, ist ein Teil von mir unglaublich traurig. Aber gleichzeitig bin ich auch unglaublich stolz. In den letzten zwei Tagen habe ich mich verletzlicher gemacht als in meinem ganzen Leben. Statt Probleme zu meiden, kläre ich sie. Es fühlt sich gut an. Befähigend. Befreiend.
Ich entscheide mich, lieber zu duschen als zu baden. Ich nehme einen kleinen Snack aus Kräckern mit Käse zu mir, bevor ich ohne das Glas Wein gegen halb zehn ins Bett falle. Ich schalte gerade das Licht aus, als mein Handy piepst.
Ich mache mir nicht die Mühe, nachzusehen, weil ich weiß, wer es ist und wie die Nachricht lautet, und die Ruhe, die mir das bringt, ist unbeschreiblich.
Du bist es wert, um dich zu kämpfen .
Mehr als die Worte selbst durchbricht die Beständigkeit hinter ihnen meine Mauern. Es brauchte monatelange Wiederholung, doch seine zähen, geduldigen Bemühungen haben sich ausgezahlt.
Ich glaube es endlich.
Ich glaube an ihn .
An die Liebe nur um der Liebe willen.
Ich glaube endlich wieder an das Leben.
Ich glaube wirklich, dass ich es wert bin, um mich zu kämpfen.
Aber er ist es auch.
Und morgen, wenn er mich noch haben will, werde ich mir seine Hand schnappen und sie nie wieder loslassen.