27

»Früher war auf dich noch Verlass!«, fauchte eine helle Stimme aus dem Dunkel, als Guillaume und Delphine auf dem Platz vor dem Heimatmuseum ankamen. Sie hatte sich netterweise bereit erklärt, ihn mit ihrem Twingo abzuholen, wobei sie sogar schon eine gute halbe Stunde früher vorbeigekommen war als ausgemacht. Deswegen hatten sie noch etwas getrunken und sich ein wenig verplaudert. Aber ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es gerade mal elf Minuten nach eins war. Kein Grund also für Paul, ihn mitten in der Nacht so anzupampen.

»Alles gut, jetzt beruhig dich mal wieder«, zischte er daher in die Dunkelheit zurück, denn vom Belgier war nichts zu sehen.

»Wo ist sie denn hin, deine geliebte Pünktlichkeit, die du uns immer predigst, hm?«, hörten sie ihn weiterschimpfen. Wie ein Schachtelteufel tauchte er auf einmal aus dem Dunkel hinter dem Springbrunnen auf. Er war gänzlich schwarz gekleidet und hatte sich das Gesicht mit Tarnfarbe beschmiert. Diese Marotte kannten sie ja bereits von früheren Nachteinsätzen ihrer Gruppe.

»Wo sind denn die anderen alle?«, wollte Guillaume wissen.

»Keine Ahnung. Ich hab nur Lizzy noch im Transporter sitzen. Hab ihr gesagt, dass wir sie holen, wenn’s richtig losgeht. Sie kann ja draußen aufpassen. Und Karim und Jacky werden schon noch kommen, denk ich mal.«

»Ach, bei denen macht es dir wohl nichts aus?«

»Bei denen bin ich es gewohnt, bei dir nicht.«

»Ich war schuld, ich habe ihn aufgehalten«, entschuldigte sich Delphine.

Doch noch immer war der Belgier mit seiner Moralpredigt nicht am Ende. »Eine solche Aufgabe verlangt nach Präzision, putain

In dem Moment bog Karim mit seinem kleinen Elektroroller – wie gewohnt ohne jegliche Beleuchtung – auf den Dorfplatz ein und stellte sein Gefährt am Brunnen ab. »Wartet ihr schon lange?«

»Schlechtes Thema im Moment«, raunte Lipaire dem Jungen zu und verdrehte die Augen in Richtung Paul. »Hast du eine Ahnung, was mit Jacky los ist?«

»Hab ich, allerdings«, sagte er strahlend. »Ich hab extra vorher noch mal bei ihr angerufen, alles durchgesprochen und gefragt, ob alles okay ist. Für alle Fälle, wisst ihr?«

»Klar. Guter Vorwand, um ihre Stimme zu hören, stimmt’s?«, flüsterte Lipaire ihm mit einem Augenzwinkern zu.

Karim lächelte ertappt und zuckte die Achseln.

Guillaume nickte ihm zu. »Passt schon. Halt dich ran, Kleiner! Mach dich unentbehrlich bei ihr. Ach, da ist sie ja.«

Jacquelines Motorroller knatterte auf den Platz. Als sie den Helm abnahm und abstieg, sagte sie: »Mann, ich komm mir vor wie Larry Daley!«

Sie sahen sie ahnungslos an.

»Nachts im Museum , nie gesehen? Absoluter Filmklassiker. Mit Ben Stiller als Nachtwächter Larry Daley.«

»Doch, den kenn ich!«, vermeldete Karim erfreut. »Mit dem Pharao und Präsident Washington auf dem Pferd, stimmt’s? Könnten wir ja mal zusammen anschauen, wenn du magst.«

»Roosevelt, Karim. Es war Theodore Roosevelt«, korrigierte Jacky.

»Könnte jemand noch schnell Madame Lizzy holen?«, bat Lipaire.

»Klar, kann ich machen, wo ist sie denn?«, fragte Karim, und Paul zeigte auf den Transporter, der direkt um die Ecke am Straßenrand parkte.

»Aber der Hund bleibt diesmal im Auto, bitte sorg dafür, d’accord ?«, rief Guillaume dem Jungen noch hinterher.

Der reckte den Daumen nach oben und verschwand in der Dunkelheit.

Als er mit der alten Dame zurückkam, verkündete Paul in militärischem Tonfall: »Ich übernehme heute die Leitung des Einsatzes.«

Guillaume ließ ihn gewähren.

»Dich brauchen wir, um Schmiere zu stehen, Lizzy. Setz dich hier auf die Bank, und gib uns sofort auf dem Handy Bescheid, wenn sich was Verdächtiges tut, okay?«

»Aber du hast doch gar kein Handy«, merkte Lizzy an.

Der Belgier schürzte die Lippen. »Das ist … richtig. Ich nicht, aber die anderen. Und bitte: Du darfst deinen Posten auf keinen Fall verlassen, klar?«

»Eh klar.« Lizzy nahm auf der Bank Platz.

»Guillaume, ich brauche den Schlüsselbund.« Paul streckte seine Hand aus, und Guillaume legte ihn seufzend hinein. Dann sah der Belgier von einem zum anderen, um schließlich mit wichtiger Miene zu verkünden: »Wir machen jetzt noch einen Uhrenvergleich.«

»Wer hat denn heut noch ’ne Uhr?« Karim zückte sein Handy.

»Gut, dann … eben Handyvergleich.«

Delphine seufzte. »Das sind Funkuhren. Auf all unseren Handys wird also immer dieselbe Zeit angezeigt. Ist nur die Frage, ob deine Kinderuhr da richtig geht.«

»Kinderuhr?« Quenot schob den Ärmel seines Overalls nach oben, wodurch seine große olivfarbene Armee-Uhr sichtbar wurde. »Das ist eine Tactical Watch, vom Marktführer für solche Präzisionsdinger. Damit kann man im Dschungel und in der Wüste überleben. Und im ewigen Eis.«

»Echt? Kann man damit auch Popcorn zubereiten und Cola zapfen, wenn man Hunger und Durst bekommt, und noch ein wärmendes Feuerchen machen, oder wie?«, ätzte Delphine.

»Bei mir ist es 1.22 Uhr«, ging Guillaume dazwischen.

Die anderen nickten. Paul drehte an der Krone seiner Uhr herum und nickte schließlich auch. Dann gab er ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen.

Nachdem sie fast alle Schlüssel am Bund durchprobiert hatten, öffnete sich tatsächlich die Tür zum Museum. Lipaire wollte gerade an Paul vorbei ins Innere treten, da wurde er von dessen muskulösem Arm daran gehindert.

»Stopp«, flüsterte der Belgier. »Wir müssen erst die Lage sondieren.«

»Gute Idee«, fand Delphine, holte ihr Handy aus der Handtasche und schaltete die Lampe an.

»Bist du irre? Sofort ausmachen!«, rief Paul entsetzt.

Erschrocken ließ Delphine das Telefon wieder zurück in die Tasche gleiten.

Quenot deutete in den Korridor, an dessen Wand einige winzige rote Lichtlein leuchteten.

»Bewegungs- und lichtsensible Sensoren«, erklärte er bestimmt.

»Wow«, merkte Jacky begeistert an. »Das ist ja wie in den ganzen Heist -Filmen.«

»Welcher Film heißt wie?«, fragte Delphine verwirrt.

»Nicht heißt. Heist. Filme über geniale Einbrüche. In Oceans Twelve , da tanzt der Meisterdieb durch ein Gewirr von solchen Sensoren durch, zu richtig cooler Musik.«

»Hab ich auch gesehen«, bekräftigte Karim begeistert.

»Also, wenn ich noch was dazu sagen dürfte …«, setzte Lipaire an, doch ein »Pssst!« von Paul ließ ihn innehalten.

»Ich will doch nur sagen, dass …«

»Alles hört auf mein Kommando, klar?«

Lipaire wollte noch etwas einwenden, aber Pauls erhobener Zeigefinger ließ ihn verstummen. Sollte der Belgier doch ein bisschen an der Wand vorbeitänzeln. Er würde derweil schweigen und ihm dabei zusehen, wie er sich lächerlich machte.

Quenot reichte Delphine seinen riesigen Rucksack, der offenbar ziemlich schwer war, wie man an ihrer Reaktion erkennen konnte. Dann atmete er tief ein, schloss die Augen, pustete die Luft hörbar aus, faltete die Hände, um seine Finger knacken zu lassen, und machte sich ans Werk. Den Blick immer auf die kleinen Lämpchen gerichtet, arbeitete er sich zentimeterweise vor, wobei er manchmal die Beine stark anwinkelte, als steige er über ein unsichtbares Hindernis, nur um sich im nächsten Moment wieder zu bücken und sich kriechend fortzubewegen. Lipaire dachte an das, was Jacky eben von dem Film erzählt hatte, und versuchte, sich eine passende Melodie zu dem vorzustellen, was ihr Freund da gerade aufführte. Er landete in Gedanken jedoch immer wieder bei der Einlassmusik, zu der Elefanten und Clowns in der Zirkusmanege begrüßt wurden.

Dabei musste er anerkennen, dass sein belgischer Freund gelenkiger war, als er gedacht hätte. Nur wirkte er durch seine schiere Muskelmasse eben auch plump wie ein Grizzlybär. Man merkte ihm zudem die Anstrengung deutlich an, über sein Gesicht rannen Bäche von Schweiß. Doch schließlich hatte er es geschafft und stand auf der anderen Seite der Lämpchen. »Ich muss jetzt nur noch den elektrischen Schaltkasten für die Lasersicherung finden, dann könnt ihr nachkommen.«

»Ich helf dir.« Ohne ein weiteres Wort lief Guillaume hinterher.

Paul zuckte zusammen. »Nein, bist du verrückt? Bleib stehen!«, fiepte er aufgeregt und legte die Hände auf die Ohren, als erwarte er jeden Moment eine dröhnende Sirene, doch da hatte ihn Guillaume schon erreicht. Mit weit aufgerissenen Augen und offen stehendem Mund starrte Quenot ihn an. »Was … hast du … getan?«

»Ich bin zu dir gelaufen, und nichts ist passiert.«

»Du hast vielleicht einen stummen Alarm ausgelöst. Mit den Lichtsensoren!«

»Kommt schon! Worauf wartet ihr?«, rief Guillaume den anderen zu, die sich nicht vom Fleck rührten. »Es gibt keine Lichtsensoren! Und ich habe mitgezählt: In die Lichtschranken oder Laser-Was-weiß-ich wärst du eben mindestens viermal reingelatscht.« Er zog sein Handy und leuchtete an die Wand, auf der sich das Höhenprofil der Berge in der Provence abzeichnete. Die roten Punkte waren nichts als kleine Lämpchen, die die jeweils höchsten Erhebungen markierten, und nicht wie von Paul angenommen irgendwelche Sicherheitssensoren.

Jetzt setzten sich die anderen zögerlich in Bewegung.

»Hättest du ja gleich sagen können«, maulte Quenot und ließ sich von Delphine seinen Rucksack zurückgeben.

»Du hast mich ja nicht ausreden lassen«, gab Lipaire schulterzuckend zurück.

Dann machten sie sich auf den Weg nach oben, wo, wie sie wussten, der Tresor stand. Lipaire war froh, dass er nicht allein im Schein der Taschenlämpchen durch die Räume schleichen musste, die ihm im Zwielicht vorkamen wie eine Geisterbahn: Immer wieder erschrak er, wenn irgendwo eine der seltsamen Puppen aus dem Dunkel auftauchte. Als er auf der knarzenden Holztreppe gegen eine Ritterrüstung auf dem Zwischenabsatz stieß und diese laut scheppernd gegen die Wand kippte, setzte sein Herz einen Schlag aus, und die anderen warfen ihm tadelnde Blicke zu. Nun begann er selbst, vor Anspannung heftig zu schwitzen, schließlich waren sie unterm Strich nichts anderes als Einbrecher, die sich mit gestohlenem Schlüssel Zugang zu einem Museum verschafft hatten. Die Aktion konnte sie allesamt in Teufels Küche bringen. Respektive hinter Gitter. Er hoffte inständig, dass Madame Lizzy ihre Aufgabe mit dem Schmierestehen ernst nahm.

Oben angekommen, stellte Quenot seinen Rucksack vor dem Tresor ab, und die anderen gruppierten sich um ihn herum, um ihm zu leuchten. Guillaume konnte kaum glauben, was der Belgier alles aus seiner olivgrünen Wundertüte herauszog und fein säuberlich auf den Boden vor sich legte: eine mächtige Akkubohrmaschine, einen batteriebetriebenen Winkelschleifer, dazu einen Schweißbrenner samt Schlauch und kleiner Gasflasche, eine Schutzbrille, ein Stethoskop, ein Paar weiße Baumwollhandschuhe, einen Hammer nebst Meißel, ein Brecheisen, zwei Stangen Dynamit, ein Feuerzeug, eine Flachbatterie und dünne Kabel sowie einen rechteckigen Block, der ein wenig wie Fensterkitt aussah und von dem Lipaire befürchtete, dass es sich um Plastiksprengstoff handelte. Kein Wunder, dass Delphine so geächzt hatte, als sie den Rucksack halten musste.

Quenot jedenfalls war in seinem Element. »So, Zeit für die Wahl der Waffen«, murmelte er und rieb sich die Hände.

»Ähm, kleiner Antrag, Paul!«, meldete sich Delphine zu Wort.

Der Belgier, der aus seinem Rucksack nun auch noch eine Stirnlampe geholt, auf seinem Kopf platziert und eingeschaltet hatte, wandte sich ihr mit fragendem Blick zu. »Was denn?«

Sie hielt schützend die Hand vor Augen. »Könnten wir es vielleicht als Erstes mit dem Stethoskop probieren, bevor wir hier alles auseinandernehmen oder uns selbst in die Luft jagen?«

Alle nickten eifrig. Quenot zuckte die Achseln. »Von mir aus okay.«

Damit schnappte er sich das Stethoskop, steckte sich die beiden Bügel in die Ohren, drückte das Vorderteil auf die Panzertür und drehte mit der anderen Hand wie wild am Einstellrad des Geldschranks. Dabei machte er ein verkniffenes Gesicht.

»Kann man dir irgendwie helfen?«, bot Guillaume nach einer Weile an, doch Quenot schüttelte energisch den Kopf und flüsterte: »Ihr müsst still sein, sonst höre ich nichts.«

Als sich auch nach mehreren Minuten noch nichts tat, meldete sich Delphine zu Wort. »Lass mich doch mal probieren. Meine Kinder sagen immer, ich hätte Ohren wie ein Luchs, vor allem, wenn sie nachts heimlich Youtube schauen.«

»Muss man nicht irgendeine Reihenfolge beachten, nach dem Motto dreimal rechts, zweimal links, einmal rechts oder so?«, fragte Jacky.

»Woher weißt du das denn?«, fragte Karim interessiert.

Sie lächelte ihn an. »Fernsehen bildet eben.«

»Wenn ihr’s sowieso alle besser wisst: bitte!« Verschnupft zog sich Quenot das Stethoskop aus den Ohren und hielt es Delphine hin.

Die nahm es und begann ebenfalls, am Rädchen zu drehen. Dann jedoch hielt sie inne. »Sag mal, Paul, worauf muss ich denn achten?«

»Hm?«

»Na, was würde ich im Stethoskop hören, wenn ich die richtige Zahl erwische?«

»Ein … Knacken. Denke ich.«

»Aha.« Delphine setzte ihren Versuch fort. »Da! Da war gerade ein Knacken, ich hab’s genau gehört«, rief sie nach einer Weile begeistert aus.

»Ich auch!«, schloss sich Karim an, Jacky stimmte ihm kopfnickend zu. Auch Guillaume war es gewesen, als hätte er etwas …

»Tut mir leid, wenn ich lange stehe, dann machen meine Gelenke immer Geräusche.«

Alle Köpfe wandten sich ruckartig um. Lipaire hielt seine Lampe in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Im Lichtschein stand Lizzy Schindler.

»Lizzy, du sollst doch draußen warten, falls jemand kommt«, zischte Paul.

Sie hob entschuldigend die Schultern. »Ich wollte ja nur wissen, was ihr gerade so macht. Außerdem sind draußen so Halbstarke mit ihren Motorrollern gekommen. Die haben mich angeschaut, als wären sie auf einen schnellen Aufriss aus, aber für so was bin ich nicht zu haben, wer glauben die denn, dass sie sind?«

Quenot seufzte, Lipaire hingegen grinste in sich hinein. Lizzy war einfach eine Klasse für sich.

»Vielleicht sollten wir eine der anderen Möglichkeiten aus deinem Zauberkasten ausprobieren?«, schlug Jacqueline vor.

Quenot nickte, zog sich eine Schutzbrille auf und setzte den Winkelschleifer an. Damit verursachte er nicht nur einen derartigen Lärm, dass sich die anderen die Ohren zuhielten, es stiegen auch blaue Rauchschwaden vom Panzerschrank auf, und glühende Funken sprühten kometengleich durch den Raum. Als er das Gerät stoppte, war lediglich der Lack an einigen Stellen abgeschliffen. Auch mit der Bohrmaschine hatte Paul nicht mehr Erfolg, Krach und Gestank hielten sich dafür aber immerhin in Grenzen. Das Problem beim Schweißbrenner schließlich stellte die leere Gasflasche dar.

»Okay, hilft nix, dann kommt jetzt der Plastiksprengstoff zum Einsatz. Ihr könnt schon mal aus dem Zimmer gehen, ich klebe noch das Päckchen an und ziehe die Kabel bis auf den Korridor. Von dort aus zünden wir dann.«

Mit einem Blick zu den anderen versicherte sich Guillaume, dass auch ihnen das etwas zu weit ging. »Meinst du wirklich, dass das nötig ist, kannst du nicht noch irgendwas …?«

»Was denn?«

»Ich weiß auch nicht. Etwas weniger … Martialisches.«

»Willst du das Ding mit ’ner Nagelfeile öffnen?«

Paul hatte wohl recht, und ein zweites Mal würden sie hier nicht so einfach reinspazieren können. Also lenkte Guillaume ein.

Sie gingen alle vor die Tür, kurz darauf folgte der Belgier, zwei Mini-Kupferkabel und die Flachbatterie in der Hand. »Okay, haltet euch die Ohren zu. Du zählst, Guillaume. Ich zünde bei drei. Und drückt uns die Daumen, dass ich die Menge richtig ausgerechnet habe.«

»Bitte was?«, rief Lipaire.

»Drei«, versetzte da Lizzy, Quenot schloss den Stromkreis, und nach Sekundenbruchteilen ertönte drinnen im Raum ein amtlicher Rums. Sie sahen sich an und nickten Paul beeindruckt zu. Alle schienen überrascht zu sein, dass sie noch lebten.

Im selben Moment hörte man von draußen gedämpft das Bellen eines Hundes.

Lizzy seufzte. »Das ist mein neuer Louis. Er hat sich wohl ein bisschen erschrocken, der Kleine.«

»Der wird uns noch alle verraten«, unkte Karim.

Delphine stellte sich vor die alte Dame. »Wenn der Knall nicht die Polizei alarmiert hat, dann sicher nicht das Hundegebell. Komm jetzt, wir holen uns die Urkunde, und dann nichts wie raus hier!«

»Das gibt’s doch nicht!« Jacqueline sprach aus, was alle dachten, als sie vor dem Tresor standen. Der Sprengsatz hatte für ordentliche Schmauchspuren gesorgt, das Schloss war jedoch noch immer intakt.

»Bleibt uns nur noch das Dynamit.« Quenot hielt frustriert die beiden Stangen hoch. »Aber das könnte Kollateralschäden geben.«

»Nein, das geht zu weit«, protestierte Guillaume.

»Merde, merde, merde!« Paul trat wütend gegen den Panzerschrank, und zwar so heftig, dass das Einstellrad gleich mehrere schnelle Umdrehungen auf einmal machte.

»Lass doch, Paul, das alles führt nur dazu, dass …« Delphine kam nicht dazu, ihren Satz zu Ende zu sprechen, denn wie in Zeitlupe schwang jetzt lautlos die Geldschranktür auf.

Lipaire konnte es kaum glauben. Er rieb sich die Augen, tat einen Schritt auf den Kasten zu – als mit einem Schlag das Licht anging.

»Wenn Sie bitte mitkommen würden, mesdames et messieurs! «