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Karim hatte die Fahrt von der Gärtnerei in den Jachthafen von Marines de Cogolin sehr genossen, auch wenn die Strecke nicht einmal drei Kilometer betrug. Aber er war als Sozius auf Jackys Motorroller unterwegs gewesen – und sie selbst hatte ihn dazu aufgefordert, er solle sich besonders gut festhalten, da er keinen Helm aufhatte. Er hatte sich natürlich nicht zweimal bitten lassen und sich eng an sie geschmiegt.

Nun stiegen sie ab und sahen auf das Hafenbecken der neben Port Grimaud gelegenen Marina. Im direkten Vergleich zu ihrem eigenen Lagunenstädtchen wirkte sie wie ein hässliches Entlein. Das war auch einer der Gründe, wieso Karim bislang fast nie hier gewesen war. Hatte man sich einmal für Port Grimaud entschieden, gab es letztlich keine Notwendigkeit mehr, nach Marines de Cogolin zu kommen. Objektiv gesehen jedoch war es hier wirklich nicht schlecht, musste er zugeben, ein geruhsamer Jachthafen im Golf von Saint-Tropez. Nur eben anders: Die Marina wurde statt der kleinen bunten Häuschen von einem großen Appartementkomplex dominiert, der terrassenförmig anstieg und sich im Halbkreis entlang des Hafenbeckens erstreckte.

»Okay, also hier wird wohl die Comtesse anlegen«, mutmaßte Karim, während er auf einen Bereich an der Kaimauer zeigte, der bereits mit Flatterbändern abgesperrt war und in etwa die Ausmaße der mondänen Holzjacht der Vicomtes besaß.

»Genau.« Jacky nickte. »Das heißt, wir müssen uns um die Parkplätze in diesem Bereich hier kümmern. Lass mich mal zählen …«

»Neun«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Karim.

Jacky zwinkerte ihm zu. »He, Blitzmerker, oder wie?«

Der Junge zuckte die Achseln. »Und schau mal hier, ideal für uns, oder?« Er deutete auf den runden Kanaldeckel, der sich im Zentrum des mittleren Stellplatzes befand. Jacky hielt ihre rechte Hand hoch, Karim klatschte mit ihr ab. Dann machte er zur Sicherheit ein paar Fotos von der Szenerie.

»Fragt sich nur, ob wir wirklich genügend Fahrzeuge zur Verfügung haben«, sagte Jacky und kratzte sich am Kopf.

»Delphines Twingo, dein Roller, und den Rest wird Guillaume schon auftreiben. Notfalls muss ich mal bei unseren Nachbarn im Haus rumfragen, ob ich mir was leihen kann.«

Jacky nickte und setzte sich auf die Lehne einer Bank, von der aus man aufs Hafenbecken sah.

Karim nahm neben ihr Platz. »Sag mal, das mit der Mütze«, begann er nach einer Weile zögerlich, »wie hast du die denn jetzt eigentlich von dem Sicherheitstypen bekommen?«

»Hm, wieso?«, gab sich Jacky überrascht.

»Weil Paul so eine Andeutung gemacht hat, du hättest alles gegeben dafür.«

Sie grinste ihn an. »Das kann man wohl sagen.«

»Echt? Und was heißt das?«

»Voller Einsatz eben.« Ihr Lächeln wurde noch breiter.

»Wie jetzt, Einsatz, also, ich mein …«

»Körpereinsatz.«

»Körper … soll das heißen«, stammelte er ein wenig schockiert.

»Warum willst du das eigentlich so genau wissen, hm?«

»Weil ich … eben interessiert bin.«

Jacqueline zwinkerte ihm zu. »An wem?«

»An meiner Umwelt.«

»Na sag schon!«, hakte sie nach.

»Auf jeden Fall schon mal nicht an den Wachleuten!«, sagte er und rutschte ein Stück näher zu ihr.