Als Che’ris das Vierte Auge schloss, waren ihre beiden eigenen Augen verquollen, ein Gefühl schrecklicher Müdigkeit lag auf ihr, und sie hatte grässliche Kopfschmerzen. Es fühlte sich an wie die Vorboten einer plötzlichen Überlastung.
Sie hoffte verzweifelt, dass es keine war.
»Wir sind da«, sagte jemand.
Che’ri drehte den Kopf, ganz vorsichtig und langsam. Senior-Captain Thrawn saß auf dem Kommandosessel, eingerahmt von Mid-Captain Samakro zu seiner Linken und Thalias zu seiner Rechten.
Das war ungewohnt. Die meisten von Che’ris Mamisches hatten sie nur bis zur Brücke begleitet und dann wieder von dort abgeholt, wenn ihre Dienste nicht länger gebraucht wurden. Sie war stets davon ausgegangen, dass Hüterinnen keinen Zutritt zur Kommandozentrale hatten.
Vielleicht hätten sie alle bleiben können, und sie hatten es nur nicht gewollt. Vielleicht war Thalias aber auch eine Ausnahme, weil sie selbst eine Himmelsläuferin gewesen war.
Thrawn und Samakro betrachteten den Planeten, der in der Mitte des Aussichtsfensters prangte.
Thalias blickte Che’ri an.
Rasch wandte sich das Mädchen wieder zu ihren Kontrollen um. Die plötzliche Bewegung ließ einen stechenden Schmerz durch ihren Kopf schießen. Du darfst niemals Schwäche zeigen , hatte man ihr immer wieder eingebläut. Eine Himmelsläuferin zeigt niemals Schwäche. Sie ist stets bereit weiterzumachen, mit Entschlossenheit und Effizienz den nächsten Sprung in Angriff zu nehmen und danach noch einen und noch einen … bis ihr Captain ihr gestattet, sich auszuruhen .
»Keine Energieemissionen«, rief die Frau an der Sensorstation. »Keine größeren Ansammlungen veredelten Metalls, keine Spuren von Aktivität. Der Planet scheint leblos zu sein.«
»Nicht wirklich überraschend, wenn man sich die Oberfläche ansieht«, kommentierte Samakro. »Damit können wir einen weiteren Namen von der Liste streichen. Weiter zum nächsten System?«
Thrawn antwortete nicht sofort. Che’ri behielt die Augen auf die Kontrollen vor ihr gerichtet und hoffte, dass er Nein sagen würde.
Aber sie wusste, dass er Ja sagen würde. Niemand hatte ihr erklärt, worum es bei dieser Reise ging, aber sie schienen nach etwas Wichtigem zu suchen. Andernfalls würde ein Captain wie Thrawn nicht so seine Zeit verschwenden.
Könnte Che’ri das Schiff weiter steuern, falls sie einen Überlastungsanfall hatte? Sie hatte es noch nie versucht. Aber sie hatte eine Aufgabe zu erledigen, und es gab niemanden an Bord, der sie ihr abnehmen könnte. Falls Thrawn den Befehl zum Weiterfliegen gab …
»Noch nicht«, sagte Thrawn. »Das Schiff und die Krieger könnten ein paar Stunden Ruhe vertragen.«
Che’ris Sicht verschwamm, als ihr Tränen in die Augen stiegen. Tränen der Erleichterung, dass sie sich ausruhen konnte. Tränen der Scham, weil sie zu erschöpft war, um weiterzumachen.
Thrawn wusste es. Sie konnte es in seiner Stimme hören. Er sagte zwar, dass die anderen Ruhe brauchten, aber er meinte sie. Sie allein. Sie war der Grund, warum sie nicht weiterfliegen konnten.
»Steuermann, bringen Sie uns in einen hohen Orbit über dem Planeten«, befahl der Captain.
»Ja, Sir«, bestätigte der Mann an der Konsole neben Che’ri.
Sie beobachtete, wie seine Finger über die Kontrollen tanzten, und trotz der Kopfschmerzen und ihrer verquollenen Augen war es ein faszinierender Anblick. Sie hatte einen Flugsimulator auf ihrem Questis installiert, aber zu sehen, wie jemand ein richtiges Schiff steuerte, war viel interessanter.
»Sensorstation, weiten Sie den Erfassungsbereich während des Flugs aus«, fuhr Thrawn fort. »Sobald wir im Orbit sind, beginnen sie mit einer konzentrierten Abtastung des Planeten.«
»Jawohl, Sir«, sagte die Frau.
»Was erwarten Sie, dort zu finden?«, fragte Samakro.
»Ich erwarte gar nichts«, korrigierte Thrawn. »Ich spekuliere lediglich.«
Che’ri runzelte die Stirn. Was spekulierte er? Sie lauschte weiter und hoffte, dass Samakro dieselbe Frage stellen würde.
Doch stattdessen sagte er nur: »Ja, Sir.« Che’ri hörte seine Schritte, als er davonmarschierte.
»Danke«, sagte Thalias leise.
Che’ri kämpfte mit geschlossenen Augen gegen Schmerz und Scham an, und die Tränen rannen über ihre Wangen. Thalias wusste es also auch. Hatte Samakro es womöglich ebenfalls bemerkt?
Wusste es vielleicht die gesamte Mannschaft ?
Ein Atemzug auf Che’ris Wange wärmte ihre Tränen. »Alles in Ordnung?«, flüsterte Thalias ihr ins Ohr. »Soll ich dir helfen, zurück zur Suite zu gehen?«
»Kann ich noch ein wenig bleiben?«, fragte Che’ri. »Ich kann nicht … Ich will nicht, dass mich jemand trägt.«
»Ist alles in Ordnung, Hüterin?«, erkundigte sich Thrawn.
»Ja«, antwortete Thalias, wobei sie die Hand auf Che’ris Stirn legte. Die Kühle und der Druck fühlten sich gut an. »Manchmal leiden Himmelsläuferinnen an einer Sinnesüberlastung, wenn sie das Vierte Auge benutzen. Das äußert sich in Kopfschmerzen und eingeschränkter Sicht. Sollte daraus ein ausgewachsener Überlastungsanfall werden, könnte es eine Weile dauern, bis sie sich erholt.«
»Ein Grund mehr, eine Pause einzulegen«, sagte Thrawn.
»Absolut«, stimmte Thalias ihm zu. »Ich würde Che’ri gern ein paar Minuten geben, damit sie sich vom Schlimmsten erholen kann, bevor wir uns in unser Quartier zurückziehen.«
Ein hoffnungsvoller Lichtschimmer brach durch den Schmerz. Keine von Che’ris anderen Mamisches hatte ihre Anfälle je wirklich verstanden. Eine von ihnen hatte sie deswegen sogar ausgeschimpft. Es war schön, jemanden zu haben, der wusste, wie sie sich fühlte und was sie jetzt brauchte.
»Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen«, sagte Thrawn. »Angesichts der Parameter dieses Systems ist es kein Wunder, dass sie so mitgenommen ist.«
Che’ri öffnete die Augen und blickte stirnrunzelnd zu dem Planeten unter der Springhawk hinab. Sie konnte keinen Unterschied zu all den anderen Planeten erkennen, die sie während ihrer Reise bereits besucht hatten. Was sollte daran so besonders sein?
»Es ist nicht der Planet selbst«, erklärte Thrawn.
Sie zuckte zusammen, und die Bewegung ließ eine Woge des Schmerzes durch ihren Schädel und ihre Schultern rasen. Die Stimme des Captains war direkt hinter ihr erklungen.
Es war nicht üblich, dass sich andere Offiziere einer Himmelsläuferin so weit näherten. Sie wusste nicht, ob es dafür eine Vorschrift gab oder ob sie es einfach aus Gewohnheit nicht taten. Aber Thrawn stand nun direkt neben Thalias, nahe genug, dass er nur die Hand ausstrecken müsste, um Che’ri zu berühren.
»Sieh dir die taktischen Anzeigen an«, fuhr Thrawn fort, wobei er auf einen der großen Schirme neben dem Aussichtsfenster deutete. »Das gibt dir einen Eindruck von dem System als Ganzem.«
Che’ri blickte aus zusammengekniffenen Augen zu dem Display hoch und versuchte, die Linien, Kurven und Zahlen zu enträtseln.
Dann begriff sie plötzlich, und ihre Augen wurden weit.
Dieses System hatte nicht nur einen Stern, fuhr es ihr durch den Kopf, sondern vier .
»Vierlingssysteme sind überaus selten«, erklärte Thrawn. »Ich kann mir gut vorstellen, dass die Navigation in einem solchen System für das Vierte Auge besonders anstrengend ist.«
»Ja, ich mir auch«, sagte Thalias. Sie legte die andere, kühlere Hand auf Che’ris Stirn. »Warum sind wir hier? Ich meine, hier ?«
»Möchten Sie das wirklich wissen, Hüterin?«, fragte Thrawn.
Die Hand auf Che’ris Stirn versteifte sich plötzlich. »Ja, Sir«, antwortete Thalias.
Thrawn trat um die Hüterin herum. »Wir entdeckten ein Flüchtlingsschiff, das antriebslos durch eines der äußeren Systeme der Aszendenz trieb«, begann er mit gesenkter Stimme. Vielleicht sollte Che’ri diesen Teil nicht hören. »Wir haben den wahrscheinlichsten Flugvektor des Schiffes zurückverfolgt, um die Herkunft der Flüchtlinge an Bord zu ermitteln. Haben Sie eine Frage, Lieutenant-Commander Azmordi?«
»Nein, Sir«, erwiderte der Lieutenant-Commander steif. »Aber darf ich den Captain daran erinnern, dass gewisse Informationen den Kreis der leitenden Offiziere nicht verlassen sollten?« Als Che’ri unter Thalias’ Hand den Kopf drehte, sah sie, dass der Mann auf sie deutete.
»Ihre Bedenken sind zur Kenntnis genommen, Lieutenant-Commander«, sagte Thrawn. »Aber es könnte sein, dass diese Mission außergewöhnliche Anforderungen an Himmelsläuferin Che’ri und Hüterin Thalias stellt. Darum ist es wichtig, dass das Team mental vorbereitet ist und weiß, was auf dem Spiel steht.«
Che’ri runzelte die Stirn. Das Team? Niemand hatte sie je als Teil eines Teams bezeichnet, und sie selbst hatte auch nie so von sich gedacht. Sie war die Himmelsläuferin, und die Hüterin war ihre Mamisch. Sie leitete das Schiff an sein Ziel, die Hüterin bereitete ihre Mahlzeiten zu und brachte sie abends ins Bett. Das war’s. Sie waren kein Team.
Oder doch?
»Ja, Sir«, sagte Azmordi. Che’ri hatte genug unzufriedene Offiziere gehört, um zu wissen, dass der Lieutenant-Commander alles andere als glücklich war.
Doch er protestierte nicht.
»Ich hielt es für wahrscheinlich, dass die Flüchtlinge ihren Feinden die Verfolgung so schwierig wie möglich machen wollten«, fuhr Thrawn fort. »Die Art, wie die Familien an Bord des zerstörten Schiffes zusammengedrängt waren, ließ außerdem den Schluss zu, dass Kameradschaft bei ihrem Volk eine wichtige Rolle spielt. Ich schlussfolgerte, dass ein solches Volk falls möglich in Gruppen reist. Oder wenn schon nicht in einer Gruppe, dann zumindest mit einem Begleitschiff.«
Er machte eine Pause, als würde er einen Einwurf erwarten. Che’ri blickte erneut zu den vier Sternen hoch und versuchte sich trotz ihrer Kopfschmerzen zu konzentrieren.
Und dann erkannte sie es schlagartig. »Ich weiß!«, rief sie, die Hand hochgereckt. »Die vier Sterne. Es ist schwer hierherzukommen.«
»Richtig«, nickte Thrawn. »Und das bedeutet …?«
Che’ris Schultern sackten nach unten. Sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete.
»Es bedeutet, dass dieser Ort ein perfekter Treffpunkt für zwei Schiffe ist«, sagte Thalias. »Ein Ort, an dem ihre Verfolger nicht nach ihnen suchen würden. Glauben Sie, wir werden das andere Schiff hier finden?«
»Es ist möglich.« Thrawn machte eine weitere Pause, und Che’ri hatte das Gefühl, als würde er sie anblicken. »Himmelsläuferin Che’ri, fühlst du dich jetzt bereit, zu deiner Unterkunft zurückzugehen?«
Der Moment der Aufregung war verflogen. Che’ri gehörte nicht länger zum Team. Einmal mehr war sie nur das Kind, das das Schiff durch den Hyperraum steuerte. »Ich denke, schon«, sagte sie mit einem Seufzer.
»Lass mich dir helfen.« Thalias legte eine Hand um ihren Arm und löste mit der anderen ihre Sicherheitsgurte. »Kannst du aufstehen?«
»Ja«, nickte das Mädchen. Sie stemmte sich hoch, dann hielt sie inne, als ein heftiges Schwindelgefühl über sie hereinbrach. Nach ein paar Sekunden hörte das Universum wieder auf, sich im Kreis zu drehen, und Che’ri nickte. »Ist gut«, sagte sie dann und ging um den Stuhl herum. Thalias’ Hand blieb auf ihrem Arm, während sie die Brücke verließen.
Einen Moment später waren sie draußen auf dem Korridor. »Hast du Hunger?«, fragt Thalias, als sie sich der Tür ihrer Suite näherten. »Oder wäre dir ein heißes Bad lieber?«
»Ein Bad«, sagte Che’ri. »Hattest du früher auch solche Zusammenbrüche?«
»Manchmal«, erklärte Thalias. »Vor allem am Anfang und dann ein paarmal kurz vor dem Ende. Aber vermutlich war nichts davon so schlimm wie das, was du gerade durchmachst.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein System mit vier Sternen. Ich hatte es nie mit mehr als zwei Sternen zu tun. Du musst ja richtig gut sein, Che’ri.«
Sie zog die Nase kraus. »Nicht wirklich.«
Aber die Worte fühlten sich gut an. Und dass Captain Thrawn sich die Zeit genommen hatte, mit ihr zu reden, das hatte sich auch gut angefühlt.
Und am besten von allem würde sich ein heißes Bad anfühlen.
»Doch, doch, das bist du«, beharrte Thalias, als sie die Suite betraten. »Jetzt setz dich erst mal hin, und ich lass dir das Bad ein. Möchtest du auf deinem Questis malen, solange du wartest?«
Drei Stunden später, nachdem Che’ri gebadet, gegessen und sich schlafen gelegt hatte, kehrte Thalias auf die Brücke zurück.
Nur um festzustellen, dass die Springhawk nicht länger allein im Orbit war. Ein fremdes Schiff mit deaktivierten Positionslichtern schwebte einen halben Kilometer vor dem Aussichtsfenster.
Samakro saß auf dem Kommandosessel und unterhielt sich gedämpft mit einem seiner Offiziere. Als er die Hüterin bemerkte, murmelte er einen letzten Kommentar, woraufhin der Offizier zu seiner Konsole zurückging, und Samakro winkte Thalias zu sich. »Wie geht es Che’ri?«, wollte er wissen.
»Sie schläft«, antwortete sie, den Blick noch immer auf das fremde Schiff gerichtet. Seine klobige Form ließ es wie einen Frachter aussehen, nicht wie ein Schlachtschiff. »Wo ist Senior-Captain Thrawn?«
»Er ging mit einem Beobachtungsteam an Bord.« Samakro schüttelte den Kopf. »Es ist schon unheimlich.«
»Was, das Schiff?«
»Nein, der Captain«, sagte Samakro. »Woher wusste er, dass es hier sein würde?«
Thalias wollte ihn an Thrawns Analyse von vorhin erinnern, aber dann fiel ihr ein, dass Samakro ja gar nicht dabei gewesen war. »Er hat seine Methoden«, murmelte sie nur. »Wo hat es gesteckt?«
»Im Orbit auf der anderen Seite des Planeten«, antwortete er. »Es kam erst in Sicht, nachdem Sie die Brücke verlassen hatten.«
Thalias verzog das Gesicht. Ein totes Schiff, wahrscheinlich mit einer toten Mannschaft an Bord. Hatte Thrawn gewusst oder vermutet, wann es in Sensorreichweite kommen würde? Hatte er es deswegen plötzlich so eilig gehabt, Che’ri von der Brücke zu schicken?
Falls ja, konnte sie es ihm nicht verdenken. Es gab Dinge, die sollte eine Himmelsläuferin besser nicht wissen.
»Wie passen Sie in diese Geschichte?«, fragte Samakro unvermittelt.
»Verzeihung?« Thalias zog die Brauen zusammen.
»Kommen Sie schon«, schnaubte er ungeduldig. »Eine ehemalige Himmelsläuferin, die jetzt als Hüterin fungiert? So etwas gibt es nicht mehr. Nach dem, was ich gehört habe, versuchen Himmelsläuferinnen nach ihrer aktiven Zeit, so weit wie möglich Abstand von der Flotte zu bekommen.«
»Vielleicht waren meine Erfahrungen nicht so schlimm«, sagte Thalias. Was nicht direkt eine Lüge war.
»Sicher«, brummte Samakro. »Aber Sie sind auch eine Mitth, und Sie sind an Bord von Thrawns Schiff. Das kann doch eigentlich kein Zufall sein.«
Die Erinnerung an ihre kurze Unterhaltung mit Syndic Thurfian zuckte durch ihren Kopf. Samakro hatte ja keine Ahnung. Eine Bewegung jenseits des Aussichtsfensters erregte Thalias’ Aufmerksamkeit: Ein Shuttle der Springhawk löste sich von dem fremden Schiff und kehrte zu ihnen zurück. »Falls Sie eine Frage haben, kommen Sie zum Punkt«, sagte sie. »Der Captain ist auf dem Weg hierher.«
»Die Mitth haben Sie geschickt, um uns zu überwachen«, erwiderte Samakro. »Versuchen Sie gar nicht erst, es zu leugnen. Der Offizier, der Sie der Springhawk zuteilte, hat mir erzählt, dass Sie zuerst als Beobachterin an Bord wollten. Und als das nicht funktionierte, ist in letzter Minute ein Mitth-Syndic aufgetaucht, um Ihnen zu helfen.«
Thalias’ Miene blieb unbewegt. »Und weiter?«
»Ich habe gesehen, welchen Schaden Beobachter auf einem Kriegsschiff anrichten können«, erklärte Samakro. »Sie stehen im Weg herum, sie wissen nie, wo sie sich aufhalten sollen, und sie bringen mehr Familienpolitik an Bord, als gut ist.«
»Ich bin nicht hier, um Schwierigkeiten zu machen.«
»Das ist egal«, entgegnete Samakro. »Sie werden trotzdem welche machen.« Er deutete auf das Schiff, das vor ihnen trieb. »Alle dort drüben sind tot. Und auf dem Schiff, das bei Dioya angegriffen wurde, sind auch alle tot. Jemand hat sie ermordet – jemand, dem wir vermutlich noch nie begegnet sind. Und früher oder später müssen wir vermutlich gegen diesen Feind kämpfen.«
Sein ausgestreckter Finger richtete sich auf Thalias. »Ich will nicht sterben, weil meine Offiziere in einem kritischen Moment über die Schulter blicken, um zu sehen, ob die Mitth-Beobachterin ihnen gerade auf die Finger schaut.«
»Dann haben wir etwas gemein, ich möchte nämlich auch nicht sterben«, sagte Thalias steif. »Wie wäre es damit: Ich werde versuchen, keine Schwierigkeiten zu verursachen, und Sie lassen mich wissen, falls ich doch welche mache. Abgemacht?«
»Das ist hoffentlich nicht nur so dahergesagt«, warnte Samakro. »Wir haben Arrestzellen an Bord, wissen Sie?«
»Wir wissen beide, dass das eine leere Drohung ist, Mid-Captain«, erklärte Thalias. »Ich bin die Einzige, die sich um unsere Himmelsläuferin kümmern kann, schon vergessen?«
»Wirklich?«, konterte er. »Sie machen ihr Suppe, wenn es ihr schlecht geht, Sie nehmen sie in den Arm, wenn sie weint, und Sie sorgen dafür, dass keiner von unseren Furcht einflößenden Kriegern ihr Angst macht. Ich glaube, das würde auch jemand anderes hinkriegen.«
»Vertrauen Sie mir, meine Aufgabe beinhaltet viel, viel mehr.« Thalias versuchte, ihre reflexhafte Wut zu unterdrücken. Falls Samakro wollte, dass sie Ärger machte, damit er einen Vorwand hatte, sie einzusperren … Nun, dann musste er sich schon etwas Besseres einfallen lassen. »Also, was wissen wir über dieses Schiff? Sie sagten, alle an Bord wären tot. Wie sind sie gestorben?«
Samakro atmete tief ein. »Bislang wissen wir nur, dass der Hyperantrieb ausgefallen ist. Deswegen sind sie hier gestrandet. Und die Mannschaft wurde nicht auf dieselbe Weise ermordet wie die andere – es sieht eher so aus, als wären sie erstickt.« Kurz presste er die Lippen zusammen. »Nicht angenehm, aber es gibt schlimmere Arten zu sterben.«
»Dann sind das Schiff und die Leichen also intakt?«, hakte Thalias nach.
»Richtig«, nickte Samakro. »Hoffentlich finden wir die nötigen Hinweise, um ihre Reise bis zu ihrem Heimatsystem zurückzuverfolgen.«
»Mid-Captain Samakro, hier spricht der Captain«, dröhnte Thrawns Stimme aus den Brückenlautsprechern. »Ist der Untersuchungsraum bereit?«
Samakro aktivierte das Mikrofon an seinem Sessel. »Jawohl, Sir. Wir haben vier Obduktionstische in Raum zwei aufgebaut. Ärzte und Ausrüstung stehen bereit.«
»Ausgezeichnet«, lobte Thrawn. »Wir treffen uns dort.«
»Schon unterwegs, Sir.«
Er hatte bereits drei Schritte auf den Ausgang der Brücke zugemacht, als er bemerkte, dass Thalias ihm folgte. »Wo wollen Sie denn hin?«, fragte Samakro mit zusammengezogenen Brauen.
»Untersuchungsraum zwei«, antwortete sie. »Was immer der Captain gefunden hat, könnte Auswirkungen darauf haben, wohin wir fliegen, und das wiederum könnte Einfluss darauf haben, welche Anforderungen an Che’ri gestellt werden. Ich muss alles wissen, damit ich sie entsprechend vorbereiten kann.«
»Natürlich«, schnaubte Samakro. »Aber bitte. Gehen Sie voran.«
»Gut.« Thalias zögerte. »Äh …«
»Sie wissen nicht, wo es langgeht, oder?«
Sie stieß geräuschvoll den Atem aus. »Nein.«
»Das hatte ich auch nicht erwartet«, erwiderte Samakro. »Also folgen Sie mir. Und wenn wir dort sind, stehen Sie nicht im Weg herum, verstanden? Und machen Sie keine Schwierigkeiten.«
Der Untersuchungsraum war kleiner, als Thalias erwartet hatte, und neben den vier Tischen und dem medizinischen Team war kaum noch Platz, als sie und Samakro dort eintrafen.
Die Ärzte wichen zurück, um dem Ersten Offizier der Springhawk zumindest etwas Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Thalias hingegen musste sich zwischen ihnen hindurchschieben und finsteren Blicken und Ellbogen ausweichen, bis sie eine leere Ecke erreichte.
Sie war noch immer dabei, den besten Blickwinkel auf die Tische zu finden, als Thrawn mit den Leichen eintraf.
Es waren vier, wie Thrawn bereits angedeutet hatte. Drei von ihnen gehörten derselben Spezies an; mittlere Größe, mit vorstehenden Brustkörben und Hüften, ihre Haut von einem hellen Rosa, mit dunklen violetten Flecken um die Augen und einem Kranz aus Federn anstelle von Haaren. Ihre Arme und Beine waren spindeldürr und von sehnigen Muskeln durchzogen. Sie trugen fremdartige Kleidung, die Thalias aufgrund des Schnitts und der Muster aber instinktiv für edel und vornehm hielt.
Die vierte Leiche hingegen war hochgewachsen und dünn mit breiten Schultern und knorrigen Ellbogen, Handgelenken, Knien und Köcheln. Ihre Haut war blassgrau mit einem Netz von grünen, roten und blauen Tätowierungsnarben an den Schläfen. Gekleidet war sie in einen dunkelroten zweckmäßigen Overall.
»Wir haben keinerlei Aufzeichnungen über diese Spezies«, sagte Thrawn, wobei er auf die drei rosahäutigen Wesen deutete. »Aber der Vierte … Kommt er Ihnen bekannt vor, Mid-Captain?«
»Ja.« Samakro trat näher heran und betrachtete die Leiche mit steinerner Miene. »Ich weiß nicht, zu welcher Spezies er gehört, aber diese Narben an den Schläfen weisen ihn als Fährmann der Leere aus.«
Mit einem Blick Richtung Thalias fügte er an: »Das ist eine Gruppe von Wesen, die sich als Navigatoren für Langstreckenflüge durch das Chaos verdingen.«
»Ich weiß«, sagte Thalias. Eines der Schiffe, auf denen sie gedient hatte, war einmal für eine diplomatische Mission ausgewählt worden, und der Kommandant hatte Fremdweltler aus der Navigatorengilde angeheuert, um die Illusion aufrechtzuerhalten, dass die Chiss keine eigenen Navigatoren hatten. Thalias und ihre Hüterin hatten ihre Unterkunft während der Mission nicht verlassen dürfen, aber sie hatte ein paar Vids von diesen Navigatoren gesehen.
Soweit sie sich erinnern konnte, hatten diese Wesen keinerlei Ähnlichkeit mit dem toten Fährmann vor ihr gehabt. Andererseits bestand die Gilde aber bekanntermaßen aus vielen verschiedenen Gruppen und Spezies.
»Um ehrlich zu sein, hätte es mich überrascht, wenn Ihnen dieses Wesen bekannt gewesen wäre«, sagte Thrawn. »Die Navigatorengilde gibt sich große Mühe, die Spezies und die Heimatsysteme ihrer Mitglieder geheim zu halten. Aber wie auch immer, die Präsenz dieser Leiche ist ein Glücksfall für uns.«
»Warum?«, fragte Thalias.
»Weil einige Aufzeichnungen von der Brücke intakt geblieben sind«, antwortete Thrawn. »Und natürlich sind diese Aufzeichnungen in der Sprache der Mannschaft aufgenommen.«
»Die wir nicht kennen, wenn ich richtig vermute«, sagte Samakro.
»Korrekt«, nickte Thrawn. »Die Analysegeräte könnten vielleicht ein paar Informationen liefern, aber ohne eine linguistische Grundlage werden wir vermutlich keine großen Fortschritte machen.«
»Aber sie mussten sich mit ihrem Navigator verständigen«, warf Thalias ein, als ihr klar wurde, worauf Thrawn hinauswollte. »Und sofern der Navigator ihre Muttersprache nicht beherrschte, hätten sie auf eine Handelssprache zurückgreifen müssen.«
»Exakt.« Thrawn neigte anerkennend den Kopf. »Und weil diese Navigatoren größtenteils in den Regionen unterwegs sind, die auch wir bereisen, besteht eine reelle Chance, dass wir diese Handelssprache kennen.«
»Sie meinten, einige Aufzeichnungen hätten überlebt«, sagte Samakro. »Waren auch Navigationsdaten darunter?«
»Eine ausgezeichnete Frage, Mid-Captain«, lobte Thrawn. Sein Tonfall wurde grimmig. »Die Antwort lautet Nein. Wie es scheint, ist der Navigator als Letzter gestorben, und er hat vor seinem Ende so viele Daten gelöscht, wie er nur konnte. Die Audioaufzeichnungen waren nicht auf denselben Konsolen abgespeichert wie der Rest. Vermutlich hat der Navigator sie nur deswegen übersehen.«
Thalias starrte die Leiche des Fährmanns an, und ein unbehagliches Gefühl breitete sich in ihr aus. »Er wollte nicht, dass irgendjemand erfährt, woher sie kamen«, murmelte sie. »Er hat mit ihren Feinden zusammengearbeitet.«
»Oder er wollte verhindern, dass ihre Feinde die Flugroute zurückverfolgen«, mutmaßte Samakro.
»Nein«, sagte Thrawn. »In dem Fall hätte der Kommandant die Daten selbst gelöscht. Der Zeitstempel belegt aber, dass das nicht der Fall war.«
Er drehte sich zu Samakro herum. »Ich werde ein paar Stunden mit der Obduktion beschäftigt sein. Fertigen Sie bitte zwei Kopien der Audioaufzeichnungen an: eine für die Analysesysteme und eine für mich.«
»Ja, Sir«, bestätigte Samakro. »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich auch gerne eine Kopie für mich selbst anfertigen. Senior-Commander Kharill übernimmt in einer halben Stunde die Brücke, und ich könnte mir die Aufzeichnungen schon mal anhören, während Sie die Obduktion überwachen.«
»Eine ausgezeichnete Idee, Mid-Captain«, erwiderte Thrawn. »Danke.«
Er richtete den Blick wieder auf die Leiche des Fährmanns. »Mit seinen letzten Atemzügen hat er versucht, die Identität und die Heimat dieser Wesen zu verbergen. Mal sehen, was wir trotzdem herausfinden können.«
Thalias blieb noch eine Weile und beobachtete, wie Thrawn die Leichen untersuchte, insbesondere ihre Kleidung und ihren Schmuck. Doch als die Ärzte mit ihren chirurgischen Instrumenten vortraten, beschloss sie, dass sie genug gesehen hatte.
Die Suite war dunkel und still, als sie durch die Tür schlüpfte und sie hinter sich wieder versiegelte. Anschließend huschte sie auf Zehenspitzen durch den Aufenthaltsraum und überlegte, ob sie noch die Energie hatte, sich ein warmes Bad einzulassen, oder ob sie gleich ins Bett fallen und …
»Thalias?«, ertönte eine zögerliche Stimme aus Che’ris Zimmer.
»Ich bin hier«, rief sie leise, während sie zu der halb offenen Tür hinüberging. »Habe ich dich geweckt?«
»Nein, ich war schon wach«, antwortete Che’ri.
»Oh«, machte Thalias. »Hast du Hunger? Soll ich dir was machen?«
»Nein.« Che’ri hielt inne. »Ich hatte einen Albtraum.«
»Das tut mir leid.« Sie schob die Tür ganz auf und trat hindurch. Die Leuchtstreifen, die den Weg zur nächsten Rettungskapsel markierten, leuchteten schwach, und ihr Schein reichte gerade aus, damit sie Che’ri erkennen konnte. Das Mädchen hatte sich aufgesetzt, das Kissen mit beiden Armen an die Brust gepresst. So viel also zu einem heißen Bad, dachte Thalias. »Möchtest du darüber sprechen?«
»Nein, schon gut«, murmelte das Mädchen.
Aber sie hielt immer noch ihr Kissen umklammert. »Komm schon«, ermutigte Thalias sie, nachdem sie sich auf den Bettrand gesetzt hatte. »Erzähl mir davon, und ich erzähl dir von meinen bösen Träumen.«
»Du hattest auch Albträume?«
»Die hatten wir alle«, erklärte Thalias. »Genauso wie Überlastungsanfälle. Ich weiß nicht, ob es direkt mit dem Vierten Auge zu tun hat oder einfach nur mit dem Druck, unter dem Himmelsläuferinnen immerzu stehen. Aber wir hatten alle Albträume.« Sie tätschelte Che’ris Knie unter der Decke. »Lass mich raten. Du wusstest nicht, wo du bist, und alle waren wütend auf dich?«
»Fast«, erwiderte das Mädchen. »Ich wusste nicht, wo ich bin, aber niemand war wütend. Oder zumindest hat niemand etwas gesagt. Aber sie haben mich angestarrt. Einfach nur … angestarrt.«
»Ja, den Traum hatte ich auch mal«, seufzte Thalias reuevoll. »Niemand hat mit mir geredet, niemand hat mir zugehört. Ich glaube, sie konnten mich nicht mal hören.«
»Ich dachte, ich wäre in einer riesigen Seifenblase eingeschlossen«, murmelte Che’ri.
Thalias lächelte. »Nun, das kommt von deinem Bad.«
»Was?«
»Dein Bad«, wiederholte sie. »Der Beruhigungsschaum. Dein Gehirn hat die Erinnerung abgespeichert und in deinen Traum projiziert.«
»Wirklich? Warum tut mein Gehirn so was?«
»Das tut jedes Gehirn«, erklärte Thalias. »In deinem Fall waren es eben die Seifenblasen, kombiniert mit der Angst, dein Ziel nicht zu finden, und dem Gefühl, dass keiner der Erwachsenen auf der Brücke dir Beachtung schenkt. Das Ganze gut verrühren, und du hast deinen Albtraum.«
»Oh.« Che’ri überlegte kurz. »Wenn du das so sagst, klingt es gar nicht mehr unheimlich.«
»Nein«, pflichtete Thalias ihr bei. »Eher albern. Vor allem, wenn das Licht an ist. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht unheimlich sein kann, wenn man mittendrin steckt. Aber es hilft einem, danach herauszufinden, warum man den Traum hatte. Es ist nur dein Gehirn, das dir einen Streich spielt.«
»Schon gut.« Che’ri drückte das Kissen noch ein wenig fester an ihre Brust. »Thalias … Hast du jemals dein Ziel nicht gefunden?«
Thalias zögerte. Wie sollte sie darauf antworten? »Nicht in deinem Alter«, sagte sie schließlich. »Ich wette, du hast dich auch nie verirrt, oder?«
»Aber später schon?«
»Ein- oder zweimal«, gestand sie. »Aber da wusste ich bereits, dass mein Viertes Auge sich schließt, und man nahm mich auf Testflüge innerhalb der Aszendenz mit. Das tun sie, weil es dann nicht so gefährlich ist, wenn eine Himmelsläuferin vom Weg abkommt.«
»Und danach haben sie dich nicht mehr fliegen lassen«, murmelte Che’ri.
»Ich dachte, mein Leben wäre vorbei.« Thalias lächelte. »Aber wie du sehen kannst, war es nicht das Ende. Und für dich wird es auch nicht das Ende sein.«
»Aber was, falls ich hier draußen vom Weg abkomme …?«
»Wirst du nicht«, erklärte Thalias mit Nachdruck.
»Aber falls doch?«
»Wirst du nicht«, wiederholte sie. »Vertrau mir. Und vor allem, vertrau dir selbst.«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Du musst«, erwiderte Thalias. »Unsicherheit kann die beängstigendste aller Emotionen sein. Wenn du dich ständig fragst, wohin du gehen sollst, bleibst du am Ende einfach an Ort und Stelle stehen.«
Che’ri schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.«
»Nun, heute Nacht musst du nicht alles wissen«, sagte Thalias. »Heute Nacht reicht es, wenn du dich hinlegst und weiterschläfst. Bist du sicher, dass du nichts essen möchtest?«
»Nein, schon gut.« Che’ri blickte auf das Kissen unter ihrem Kinn hinab, dann legte sie es hinter sich. »Vielleicht male ich noch ein bisschen«, fügte sie hinzu, während sie sich zurücklehnte und ihren Questis von dem kleinen Nachttisch nahm.
»Klingt nach einem guten Plan«, lächelte Thalias. »Soll ich noch ein bisschen bei dir sitzen bleiben?«
»Nein, nicht nötig.« Che’ri blickte auf. »Danke.«
»Kein Problem«, erwiderte Thalias. Sie stand auf und ging zum Ausgang. »Ich lasse die Tür offen. Falls du irgendwas brauchst, ruf einfach, ja? Und versuch zu schlafen.«
»Mach ich«, versprach Che’ri. »Gute Nacht, Thalias.«
»Gute Nacht, Che’ri.«
Sie wartete noch eine Stunde, nur für den Fall, dass Che’ri es sich anders überlegte und doch noch etwas essen wollte. Aber in ihrem Zimmer blieb alles ruhig, also schaltete Thalias schließlich das Licht aus und legte sich ebenfalls schlafen.
Und nachdem sie darüber gesprochen hatte, kehrten ihre eigenen Himmelsläufer-Albträume zurück, um sie zu quälen.
»Das ist gerade reingekommen, Admiral«, sagte Wutroow, ihren Questis vorgestreckt. »Keine Ahnung, was es zu bedeuten hat.«
Ar’alani überflog die Nachricht. Treffen Sie mich schnellstmöglich bei den folgenden Koordinaten. Nur die Vigilant. Bringen Sie einen Navigator mit.
»Ich habe die Koordinaten überprüft«, fuhr Wutroow fort. »Ein ziemlich abgelegenes Fleckchen. Ohne Navigator werden wir fünf Tage brauchen, um dorthin zu gelangen.«
»Nicht gerade Thrawns übliche Definition von schnellstmöglich«, murmelte Ar’alani. »Also gut. Ich nehme an, Sie haben Naporar kontaktiert und darum gebeten, dass man uns kurzfristig eine Himmelsläuferin zuweist?«
Wutroow nickte. »In der Tat. Und …«
»Nein, nein, lassen Sie mich raten«, unterbrach Ar’alani sie. »Sie wurden von einer Stelle zur nächsten weitergeleitet, bis Ihnen schließlich jemand erklärt hat, dass wir mindestens einen Monat warten müssen, bis wieder eine Himmelsläuferin verfügbar ist.«
»Nicht ganz«, sagte Wutroow. Ihre Stimme nahm einen seltsamen Klang an. »Man hat mich direkt zu Supreme General Ba’kif durchgestellt.« Sie hob den Finger. »Nicht zu seinem Büro . Zum General persönlich.«
»Ba’kif hat Ihren Kommruf persönlich entgegengenommen?«
»Ich war selbst ziemlich erschrocken«, gestand Wutroow. »Erst recht, als er sagte, eine Himmelsläuferin würde bereitstehen, sobald wir Naporar erreichen.«
»Das ist ein Fall für die Geschichtsbücher.« Ar’alani runzelte die Stirn. »Keine Verzögerung, kein Hinhalten.«
»Zumindest nicht, was die Himmelsläuferin angeht«, erwiderte Wutroow. »Aber da war noch etwas. Wenn wir Thrawn treffen, sollen wir ihn nach der Hüterin seiner Navigatorin fragen. Offenbar gibt es da ein paar Unklarheiten, was ihre Identität und ihre Qualifikation angeht.«
»Wirklich?« Ar’alani blickte erneut auf den Questis. Was immer Thrawn dort draußen trieb, es war wichtig genug, um das persönliche Interesse eines hochrangigen Konzillars zu erregen. Aber gleichzeitig ging noch etwas vor sich, unter der Oberfläche – etwas, das mit seiner Himmelsläuferin und deren Hüterin zu tun hatte.
Und angesichts von Thrawns politischer Kurzsichtigkeit ahnte er vermutlich nichts, weder von dem einen noch von dem anderen. »Also gut«, sagte sie. »Kurs nach Naporar setzen. Maximalgeschwindigkeit.«
»Jawohl, Ma’am«, bestätigte Wutroow.
»Und sobald wir unterwegs sind«, fügte Ar’alani hinzu, während sie der anderen Frau den Questis zurückreichte, »sollen die Mannschaften sämtliche Waffensysteme überprüfen.«
»Glauben Sie, uns erwartet ein Kampfeinsatz?«
»Ich halte es für überaus wahrscheinlich«, antwortete Ar’alani. »Schließlich ist Thrawn dort.«