12

Ar’alani hatte General Ba’kif nur selten wütend erlebt. Oder zumindest hatte seine Wut nur selten ihr gegolten.

Doch nun bekam sie seinen ganzen Zorn zu spüren.

»Was zur Hölle haben Sie sich gedacht?«, schnappte er und starrte sie an, als wollte er ihren Körper mit seinem lodernden Blick zu Schlacke schmelzen. »Zuzulassen, dass eine Himmelsläuferin von ihrer Hüterin getrennt wird, wäre schon schlimm genug – aber sie absichtlich zu trennen? Das ist eine ganz neue Stufe von Regelverstoß.«

»Nur Lappalien«, schnaubte Syndic Zistalmu, der sein Bestes tat, Ba’kifs Blick noch an Zerstörungskraft zu übertreffen. Doch anders als beim General war Ar’alani bereits an seinen Zorn gewöhnt. »Das sind kleinere militärische Angelegenheiten. Syndic Thurfian und ich sind aus einem ganz anderen Grund hier. Wir würden gerne wissen, warum Sie zugelassen haben, dass sich Senior-Captain Thrawn – schon wieder  – in die Politik der Garwia einmischt!«

»Ja«, brummte Thurfian. Im Gegensatz zu der feurigen Wut, die die beiden anderen Fragesteller abstrahlten, waren sein Tonfall und seine Miene so eisig wie die gefrorene Oberfläche von Csilla. »Hat sich die Aristokra denn nicht klar genug ausgedrückt?«

»Captain Thrawn hat sich nicht in ihre Politik eingemischt«, sagte sie mit gleichförmiger Stimme. Ihrer Erfahrung nach war nicht viel dran an dem alten Sprichwort, dass sanfte Worte den härtesten Stein aushöhlten, aber zumindest wollte sie verhindern, dass Ba’kif und Zistalmu noch wütender auf sie wurden.

Insbesondere Zistalmu schien nur eine Nanosekunde davon entfernt, ihr vom gesamten Syndicure den Prozess machen zu lassen. Und im Gegensatz zu ihrer Ersten Offizierin hatte Ar’alani keine einflussreiche Familie, die sie aus der Schusslinie ziehen könnte.

»Ach so?« Zistalmus Stimme troff vor Sarkasmus. »Er reist an Bord eines garwianischen Diplomatenschiffes, in der Gesellschaft garwianischer Abgesandter, und sein Ziel ist eine Welt, zu der die Aszendenz keinerlei politische Verbindungen hat. Das soll nichts mit Politik zu tun haben? Haben die Garwia ihr diplomatisches Korps etwa in einen Urlaubsverein umgewandelt?«

»Es ist eine Aufklärungsmission«, beharrte Ar’alani. »Captain Thrawn versucht herauszufinden, wo die Nikardun sonst noch Fuß gefasst haben …«

»Haben diese Nikardun die Aszendenz angegriffen?«, fuhr ihr Thurfian ins Wort. »Haben sie irgendwie zu erkennen gegeben, dass sie die Aszendenz auch nur angreifen wollen

»Sie haben innerhalb unseres Territoriums ein Flüchtlingsschiff zerstört.«

»Behaupten Sie«, entgegnete Zistalmu. »Das Syndicure hat noch keine handfesten Beweise dafür gesehen, dass die Nikardun die Verantwortlichen sind.«

»Was aber ohnehin irrelevant ist«, fügte Thurfian an. »Denn falls es keinen Angriff gab und auch keinen bevorstehenden Angriff gibt, dann ist das keine militärische Angelegenheit, sondern – wie Syndic Zistalmu bereits erklärte – eine politische.« Er richtete seinen stechenden Blick auf Ba’kif. »Es sei denn, General Ba’kif hat diese Mission persönlich autorisiert.«

»Hat er nicht«, sagte Ar’alani hastig. Sie kannte diese Taktik: Zistalmu warf ein weites Netz aus, damit sich möglichst viele Personen in den Maschen verhedderten, wenn er die Schlinge zuzog. Sie und Thrawn steckten bereits fest, und sie hatte nicht vor, Ba’kif ebenfalls in diese Sache mit hineinzuziehen. »Aber wie Sie sicher wissen, Syndic, gibt es manchmal Situationen, in denen man keine Zeit hat, sich mit seinen Vorgesetzten zu besprechen, sondern sofort handeln muss.«

»Ein interessantes Argument.« Die Temperatur von Thurfians Stimme fiel um paar weitere Grad. »Verraten Sie mir: Hat Solitair etwa all seine Kommtriaden verloren? Oder sind womöglich all unsere Triaden ausgefallen? Ein Schiff im tiefen Raum mag nur begrenzte Kommunikationsmöglichkeiten haben, aber diese Ausrede wurde in dem Moment ungültig, als Thrawn auf Solitair landete. Er hat Csilla und Naporar nicht kontaktiert – weil er uns nicht kontaktieren wollte

»Oder weil die Garwia ihn nicht gelassen haben«, warf Ba’kif ein. Er war noch immer wütend, das konnte Ar’alani sehen, aber er hatte erkannt, dass diese beiden Syndics sich in militärische Angelegenheiten einmischen wollten, und er hatte nicht vor, sie einfach so gewähren zu lassen. »Es steht dem Syndicure zu, Captain Thrawns Entscheidung infrage zu stellen, aber …«

»Sie infrage stellen ?«, presste Zistalmu hervor.

»… aber diese Diskussion kann warten, bis er zurück ist und seine Sicht der Dinge dargelegt hat«, fuhr Ba’kif ungerührt fort. »Im Augenblick ist unsere oberste Priorität, ihn sicher von seiner Aufklärungsmission zurückzuholen.«

»Warum sollten wir?«, schnappte Zistalmu. »Thrawn handelt ohne jegliche Autorisierung. Er hat sich selbst in diese Lage gebracht. Soll er allein einen Ausweg finden.«

»Ist das wirklich Ihr Ernst, Syndic?«, fragte Ba’kif.

»Wieso?«

»Weil wir hier über Thrawn sprechen«, warf Thurfian in säuerlichem Ton ein. »Was der General meint, ist, dass die politischen und diplomatischen Konsequenzen verheerender sein könnten, wenn wir ihn einfach gewähren lassen, statt ihn dort rauszuholen.«

»Nun, zumindest würde er die Aszendenz nicht weiter beschämen«, grollte Zistalmu.

»Seien Sie sich da nicht so sicher«, murmelte Thurfian, dann richtete er den Blick auf Ar’alani. »Wie würden Sie vorgehen, Admiral?«

»Ganz direkt«, antwortete sie. »Ich fliege mit der Vigilant ins Primea-System, kontaktiere sie und vereinbare einen Abholpunkt. Falls ich sofort aufbreche, sollte ich innerhalb des von ihm angegebenen Zeitrahmens dort sein.«

»Und falls sie sich weigern, ihn gehen zu lassen?«

»Warum sollten sie?«, konterte Ba’kif. »Wir haben keinen Streit mit den Vaks.«

Ar’alani wahrte eine ausdruckslose Miene. Was Ba’kif sagte, stimmte … es sei denn, die Vaks standen bereits unter der Kontrolle der Nikardun. In dem Fall könnte die simple Abholmission, die sie vorgeschlagen hatte, ganz schnell zu einem Kampfeinsatz eskalieren.

»Das heißt aber nicht, dass sie kooperativ sein werden«, gab Zistalmu zu bedenken. »Vor allem, falls sie Thrawn für einen Spion halten. Oder mehr noch, falls diese Nikardun die Kon­trolle übernommen haben.«

»Wir wissen, dass sie noch nicht bereit sind, die Aszendenz herauszufordern«, erinnerte Ar’alani ihn.

Thurfian schnaubte. »Sie könnten einfach das Garwia-Schiff zerstören, mit dem Thrawn reist, und behaupten, es wäre ein Unfall gewesen.«

»Ein Grund mehr, warum die Vigilant schnellstmöglich aufbrechen sollte«, sagte Ba’kif grimmig. »Falls Sie uns jetzt entschuldigen würden? Wir haben eine Mission vorzubereiten.«

»Natürlich«, erwiderte Thurfian. »Aber erst müssen wir noch über die Himmelsläuferin der Vigilant sprechen.«

Ar’alani verzog die Mundwinkel. Sie hatte gehofft, dass die Syndics diesen Punkt vergessen hätten. »Ich habe Che’ris Hüterin versprochen, auf das Mädchen aufzupassen«, erklärte sie. »Ich sehe keinen Grund, warum wir es nicht bei diesem Arrangement belassen können.«

»Wirklich nicht?«, fragte Thurfian. »Wie wäre es damit, dass Sie ein Admiral und Kommandantin eines Schlachtkreuzers sind? Glauben Sie wirklich, dass Sie nebenbei noch Zeit haben, sich um die Bedürfnisse eines Kindes zu kümmern?« Er schüttelte den Kopf. »Nein. Wir brauchen eine neue Hüterin für Ihre Himmelsläuferin, bevor Sie Csilla verlassen.«

»Ich fürchte, das ist unmöglich«, brummte Ba’kif. »Alle Himmelsläuferinnen und Hüterinnen sind aktuell anderen Schiffen zugeteilt.«

»Wie wäre es dann damit?«, schlug Zistalmu vor. »Meine Frau diente zwei Jahre lang als Hüterin, bevor wir heirateten. Ihre Leistung während dieser Zeit war makellos. Wir versetzen sie für die Dauer dieser Mission wieder in den aktiven Dienst.«

»Thalias hat mich zu Che’ris Aufsichtsperson bestimmt«, sagte Ar’alani mit Nachdruck. »Als offizielle Hüterin des Mädchens hat sie das letzte Wort, solange sie an Bord meines Schiffes ist.«

»Aber sie ist nicht mehr an Bord Ihres Schiffes, oder?«, hielt Zistalmu dagegen.

»Sie war an Bord, als sie ihren Ersatz bestimmte. Ich habe nicht vor, diese Aufgabe abzugeben, und Sie haben kein Recht, sie mir zu entziehen.«

»Oh, und ob ich das Recht habe …«

»Genug«, fuhr Ba’kif dazwischen. »Syndic Zistalmu, wann könnte Ihre Frau hier sein?«

»Mmh … in zwei Stunden.«

»Dann holen Sie sie«, befahl der General. »Admiral, ich weiß, dass das Regelwerk Ihre Position stützt, aber Syndic Thurfian hat recht: Sie haben während dieser Mission schon genug andere Verpflichtungen. Darum werden Sie sich die Aufsicht über die Himmelsläuferin mit Syndic Zistalmus Frau teilen. Wann immer Sie anderweitig beschäftigt sind, soll sie sich um das Kind kümmern. Gibt es noch Fragen?«

Ar’alani unterdrückte ein Stöhnen. Che’ri mit einer weiteren Fremden zu konfrontieren, war das Letzte, was sie wollte. Das Mädchen hatte schon genug Probleme, Vertrauen zu anderen zu fassen, ohne dass man ihr ständig neue Aufsichtspersonen aufzwang.

Und erst recht wollte Ar’alani keine Syndic auf ihrer Brücke, die jede ihrer Bewegungen beobachtete und zweifelsohne Informationen sammelte, die man irgendwann später gegen sie verwenden könnte. Verstand Ba’kif denn nicht, dass dies nur ein weiterer Versuch des Syndicure war, die Autorität der Flotte zu untergraben?

»Nein, General«, sagte sie steif.

Ba’kif nickte. »Gut. Syndics, ich danke Ihnen für Ihr Interesse und Ihren Beitrag. Syndic Zistalmu, Sie und Ihre Frau werden sich in drei Stunden bei Admiral Ar’alanis Shuttle melden, damit man Sie an Bord der Vigilant bringen kann. Admiral, falls Sie noch einen Moment Zeit haben?«

Ar’alani blieb, wo sie war, den Blick fest auf Ba’kif gerichtet, während Zistalmu und Thurfian das Büro verließen. Sie wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte …

»Kein Wort«, knurrte Ba’kif, bevor sie auch nur den Mund öffnen konnte. »Ich weiß, es ist nicht ideal. Um die Wahrheit zu sagen, ist es das genaue Gegenteil von ideal.«

»Warum haben Sie dem Ganzen dann zugestimmt?«

»Weil ich keine Wahl hatte«, sagte Ba’kif. »Hätte ich versucht, Zistalmu abzublocken, hätte er die Mission torpediert, und Thrawn wäre an Altersschwäche gestorben, bevor wir uns aus dem politischen Treibsand freigeschaufelt hätten.« Er machte eine Pause. »Außerdem hat Thalias’ Entscheidung kein Gewicht, weil sie keine offizielle Hüterin ist.«

Ar’alanis Augen wurden schmal. »Wie bitte?«

»Sie hat sich einen Weg an Bord der Vigilant ergaunert«, klärte Ba’kif sie auf. »Sie war früher selbst eine Himmelsläuferin, das hat ihr die Sache leichter gemacht, aber Fakt bleibt, sie ist keine offiziell zugelassene Hüterin.«

»Aber sie ist eine Mitth«, sagte Ar’alani, während sie das Gehörte noch verarbeitete. »Hätte jemand mit Thurfians Verbindungen – und seinem Misstrauen – das nicht sofort herausfinden müssen?«

»Sie haben ja keine Ahnung!« Ba’kif zog finster die Brauen zusammen. »Angeblich hat er ihr geholfen, die Position an Bord überhaupt zu ergattern.«

»Oh«, machte Ar’alani. »Und was hat er im Gegenzug von ihr verlangt?«

»Das weiß ich nicht«, antwortete Ba’kif. »Aber irgendetwas hat er ganz sicher gefordert – oder er wird es noch fordern, wenn es ihm von Nutzen sein kann. Ich hoffe, Sie verstehen jetzt. Er hätte dieses Detail nur erwähnen müssen, und Sie hätten jeg­liche Aufsicht über das Kind verloren. Jetzt frage ich mich natürlich, warum er es nicht getan hat.«

»Vielleicht möchte er nicht, dass unsere Himmelsläuferin ganz unter die Kontrolle eines Irizi-Syndics und seiner Frau gestellt wird.«

»Normalerweise wäre das auch mein Verdacht«, brummte Ba’kif. »Aber Ihnen ist sicher aufgefallen, dass er und Zistalmu in ihrem Feldzug gegen Thrawn eine geschlossene Front gebildet haben. Ihn aus der Flotte zu jagen – oder ihm zumindest jeglichen Einfluss zu rauben – scheint ihnen wichtiger zu sein als selbst die Rivalität zwischen ihren Familien. Warum also sollte Thurfian ein Problem damit haben, wenn Zistalmus Frau die ­alleinige Aufsicht über die Himmelsläuferin bekommt?«

»Nicht zu vergessen, dass sich ihr Problem von ganz allein gelöst hätte, hätten sie uns davon abgehalten, Thrawn von Primea zurückzuholen.«

»Richtig«, bestätigte Ba’kif. »Ich glaube, Thurfian will nicht, dass Thalias ihre Autorität verliert, wenn sie zurückkehrt. Er braucht sie noch für etwas. Darum hat er überhaupt erst dafür gesorgt, dass sie an Bord der Springhawk kommt. Sie ist eine Investition für ihn.« Er winkte ab. »Aber das kann warten. Zunächst einmal müssen wir Thrawn von Primea fortholen, bevor die Situation sich weiter verschärft.«

»Um Thrawn würde ich mir keine Sorgen machen«, erwiderte Ar’alani. »Er erwartet mich, aber ich bin sicher, er hat ein halbes Dutzend Notfallpläne in petto, um auch ohne meine Hilfe zurückzukehren.«

»Meine Sorge gilt nicht Thrawn«, entgegnete Ba’kif schroff, »sondern der Aszendenz, sollte diese Sache außer Kontrolle geraten.«

Ar’alani presste die Lippen zusammen. »Ich verstehe, Sir. Wutroow überwacht bereits die Startvorbereitungen. Wir sollten abflugbereit sein, wenn Zistalmu und seine Frau eintreffen.«

»Gut«, sagte Ba’kif. »Behalten Sie ihn im Auge, Ar’alani. Ich kenne Zistalmu, und er würde sich nicht in eine potenziell gefährliche Situation begeben, wenn er keinen Vorteil für sich und seine Familie wittern würde.«

»Keine Sorge, Sir«, versicherte Ar’alani ihm. »Was für ein Spiel er auch spielt, er wird feststellen, dass seine Karten nicht halb so gut sind, wie er denkt.«

Es gab für alles eine richtige Methode, dachte Qilori wütend, während er zur Brücke eilte, und es gab für alles tausend falsche Methoden. In diesem Fall wäre es das Richtige gewesen, sich an den Zeitplan zu halten, die entsprechenden Startvorbereitungen zu treffen und sicherzugehen, dass der Captain, die Mannschaft und insbesondere der Navigator entspannt und vorbereitet waren.

Was gerade geschah, war leider das genaue Gegenteil von alldem.

»Pfadfinder?«, rief jemand auf dem Korridor vor ihm. »Pfadfinder?«

»Ich komme ja schon«, rief Qilori zurück, bevor er einen leisen Fluch ausstieß. Yivs Plan würde nur funktionieren, falls das garwianische Schiff im richtigen Moment genau dort war, wo es sein sollte. Und es war Qiloris Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Voraussetzung erfüllt wurde.

Doch nicht mal er konnte die Abreise einen ganzen Tag hinauszögern, nachdem einer der garwianischen Abgesandten plötzlich beschlossen hatte, die Verhandlungen zu beenden und frühzeitig nach Hause zurückzukehren.

Was sollte er nur tun?

Als er schließlich die Brücke erreichte, bot sich ihm wie zu erwarten ein chaotischer Anblick. Der Captain blaffte Befehle, die Offiziere und Techniker fuhren ihre Konsolen hoch, und in der Ecke …

Qiloris Wangenlappen pressten sich flach an sein Gesicht, während er zum Sessel des Pfadfinders hinüberging. In der Ecke stand der Garwia, den die anderen nur Offizier Frangelic nannten. Wortlos beobachtete er das Durcheinander wie ein Regisseur bei der Generalprobe seines Bühnenstücks.

»Da sind Sie ja«, grollte der Captain, kaum dass Qilori auf seinem Sessel Platz genommen hatte. »Wie schnell können Sie bereit sein?«

Qilori linste zu den Statusanzeigen hinüber. Sie befanden sich noch immer tief in Primeas Gravitationsfeld. Es würde mehrere Minuten dauern, ehe sie in den Hyperraum springen konnten, vielleicht eine Viertelstunde, falls sie es langsam angehen ließen. Und noch etwas länger, falls er auf einer zusätzlichen Überprüfung des Hyperantriebs und der anderen wichtigen Schiffssysteme bestand.

Seine Wangenlappen versteiften sich vor Frustration. Das wäre trotzdem nicht genug Zeit. Sofern Yivs Spione die Startvorbereitungen nicht bemerkt hatten, würde der Wohlwollende auf eine weitere Chance warten müssen, um Thrawn aus dem Weg zu räumen.

Zweifelsohne war genau das der Grund für diesen plötzlichen Planwechsel. Thrawn, der Abgesandte, Frangelic – vermutlich sogar alle drei zusammen – sie wollten Thrawn von Primea fortbringen, bevor der Wohlwollende seinen Angriff starten konnte.

Eine Bewegung auf dem rückwärtigen Display erregte Qiloris Aufmerksamkeit. Yivs Flaggschiff, die Deathless , war hinter ihnen über dem Horizont erschienen und schob sich in einem niedrigen Orbit näher heran.

Seine Wangenlappen entspannten sich ein wenig. Yiv hatte sich also doch nicht allein auf ihn verlassen. Gut. Jetzt konnten die Garwia das Gravitationsfeld verlassen, so schnell sie wollten; alles, was er noch tun musste, war, den Hyperraumsprung hinauszuzögern, bis Yiv in Position war, um zuzuschlagen.

»Offizier Frangelic?«, rief der Garwia an der Kommunikationskonsole. »Die Vaks haben eine Antwort auf Ihre Anfrage geschickt. Sie durchsuchten die diplomatischen Büros und Gastquartiere, aber weder der Kunstgelehrte Svorno noch seine Begleiterin waren irgendwo zu finden.«

»Sagen Sie ihnen, dass Sie sich irren müssen«, rief Frangelic zurück. Er klang angespannt. »Wenn die beiden nicht an Bord sind, dann müssen sie dort sein!«

Qiloris Wangenlappen erstarrten. Thrawn war nicht an Bord? Nein … das konnte nicht sein. Er musste hier sein. Denn falls nicht …

Dann wäre Yivs Angriff auf das garwianische Schiff – und dessen sichere Zerstörung – vollkommen sinnlos.

»Die Vaks beharren auf ihrer Antwort«, meldete der Komm­offizier. »Sie haben überall gesucht, wo die Chiss sein könnten, aber sie haben keine Spur der beiden gefunden.«

Qilori starrte zu dem Display, zu dem nikardunischen Schlachtkreuzer, der schon fast bis auf Feuerreichweite heran war. Er musste Yiv schnellstmöglich eine Nachricht zukommen lassen.

Die Frage war nur, wie? Bei all den Garwia, die auf der Brücke umherwuselten, konnte er nicht einfach unbemerkt eine der Kommstationen benutzen. Aber er brauchte ein Komm, um die Deathless zu kontaktieren.

Es sei denn … jemand anderes kontaktierte die Deathless .

»Offizier Frangelic?«, rief er, wobei er sich zu dem Mann he­rumdrehte. »Verzeihung, aber ich habe gesehen, dass sich Meister Svorno bei dem Empfang nach unserer Ankunft ausgiebig mit General Yiv dem Wohlwollenden unterhalten hat. Und falls ich mich nicht irre, haben sie unter anderem die Kunst der Vaks besprochen. Vielleicht weiß der Wohlwollende ja, wo die Chiss sein könnten?«

»Möglich«, brummte Frangelic. »Kommoffizier, haben Sie das gehört?«

»Ja, Offizier Frangelic?«

»Kontaktieren Sie General Yiv«, befahl Frangelic. »Leiten Sie die Frage an ihn weiter.«

Qilori atmete tief durch, und seine Wangenlappen entspannten sich wieder. Thrawn mochte vielleicht aus Yivs Falle geschlüpft sein, aber im Grunde hatte er sein Ende nur hinausgezögert. Sicher, die Vaks standen noch nicht ganz unter der Kontrolle der Nikardun, aber Yiv hatte genug Truppen in der ­Region, um Primea abzuriegeln und den Chiss jeden Fluchtweg abzuschneiden. Solange sie auf der Oberfläche festsaßen, war es nur eine Frage der Zeit, ehe Yiv oder die Vaks sie entdeckten.

Und mal ehrlich, wie lange konnten sich zwei Blauhäute schon auf einem Planeten voller fremder Wesen verstecken?