16.

Und Lehrer Kikuchi? Er gab ihn fort, in die Welt, seinen Jungen. Nach einem knappen Jahr (seine Verhaftung wurde ignoriert) schickte man ihn in Pension, und ein Abgrund an Freizeit tat sich vor ihm auf, ein endloser Ozean des Nichtstuns.

Er erschrak, ging dann in sich und realisierte mit Genugtuung, er habe doch noch einiges zu erledigen. Zuallererst wollte er sich die unattraktiven Stahlzähne entfernen lassen, die man ihm einst in den Kiefer geschraubt hatte, weil er als Kind zu sehr dem Genuß von Süßigkeiten zugesprochen hatte.

Aus der ihn zermahlenden Angst vor der zu erwartenden Tortur und um seinen Körper und seinen Geist zu bändigen, begann er jeden Spätnachmittag, den Sportklub zu besuchen, um das Bogenschießen zu erlernen.

Man achtete ihn dort, und er bewies Talent und sportliche Eleganz, und wenn er den Bogen über die Stirn hob und sein Dasein leerte, es eins werden ließ mit Pfeil und Zielscheibe, gelang es ihm, nicht nur Masahikos Antlitz verschwinden zu lassen, sondern auch die pausenlosen monströsen Gedanken an seine Zähne und an die ihm bevorstehende Operation.

Nach den jeweils zwei abgeschossenen Pfeilen glitt er, den peniblen Regeln des Bogenschießens gemäß, geistergleich auf weißen Socken zurück in den Hinterraum, verneigte sich vor dem roten Sonnenrund der japanischen Flagge über ihm an der Wand, um sich die nächsten beiden Pfeile abzuholen, die dort auf einem Tisch für ihn bereitlagen.

Und wenn er sich spätabends auf den Heimweg machte, mit der Straßenbahn durch belebte Viertel fuhr, spürte er dank des Bogenschießens die Einsamkeit des Alters nicht mehr, die sich nach der Pensionierung um ihn gelegt hatte wie ein abgezogenes Hasenfell. Er wußte, er würde sich zu Hause Tee kochen können, etwas Reis essen und die Schatten beobachten.

Zaghaft, fast schüchtern, um die fragile Vorstellung nicht zu stören, dachte er über die Möglichkeit nach, sich ein Hobby zuzulegen. Dereinst, so stellte er es sich lächelnd vor, werde er porzellanerne Fingerhüte sammeln. Die Stahlzähne ließ er im Mund. Von den Deutschen, von Botschafter Solf hörte er nie wieder; einmal noch kam ein kleiner Geldbetrag, den er aufbewahrte, um sich zum letzten runden Geburtstag bevor er starb in einem gehobenen Restaurant der Hauptstadt ein wunderbares Abendessen zu leisten.