Kapitel 43

Jack nahm am Bettrand Platz und strich Dorothy über das Haar. »Sollten wir uns anziehen und etwas unternehmen? Irgendwie habe ich das Gefühl, wir müssen hinaus, andererseits möchte ich dieses Zimmer am liebsten nie wieder verlassen.«

Dorothy ergriff seine Hand. »Meinst du das metaphorisch?«

»Sowohl als auch, denke ich.«

»In der Realität erwartet uns momentan niemand. Dein Bruder und Laurie bereiten in der ›Tavern‹ wie üblich alles für den Abend vor, Molly und Nat arbeiten ebenfalls. Solange uns der Hunger nicht übermannt, läuft uns nichts davon.«

»Und im übertragenen Sinn?«

Dorothy setzte sich auf. »Im Augenblick bin ich so erfüllt von Glück, dass ich nicht daran denken möchte, was in einem Monat sein wird. Aber die Zeit vergeht rasch, und schon bald werden wir darüber sprechen müssen, was dann mit uns passiert – sofern wir beide überhaupt wollen, dass es ein Danach gibt. Jetzt ist alles unbeschwert und einfach, später hätten wir wohl einige Hürden hinter uns zu bringen.«

»Ich will es. Mit uns ist etwas Besonderes geschehen, und das werde ich nicht wegen einiger Hindernisse beiseiteschieben. Es mag vielleicht alles überstürzt erscheinen, aber ich möchte die Chance auf ein Leben mit dir ergreifen. Wie denkst du darüber?«

Dorothy lächelte. »Als ersten Schritt könnten wir unseren Urlaub etwas ausdehnen. Was meinst du? Ich muss nicht zu einem bestimmten Stichtag nach New York zurück. Das Einzige, was ich tun sollte, ist, erste Überlegungen für ein neues Buch anzustellen, und das kann ich hier genauso wie in New York. In Maple Creek womöglich sogar noch besser als sonst irgendwo.«

»Nach der Abwicklung dieses großen Bauprojekts, von dem ich dir erzählt habe, hatte ich sowieso vor, mir eine längere Auszeit zu gönnen. Aktuell habe ich nur zwei Baustellen, die ich als externer Berater betreue. Dafür brauche ich grundsätzlich nicht vor Ort zu sein. Es geht hierbei ausschließlich um die Koordination und Feinheiten bei der Planung. Und sollte ich deshalb kurzfristig für zwei oder drei Tage nach Toronto müssen, nehme ich dich einfach mit. Die Stadt hat einiges zu bieten, es würde dir gefallen.«

»Wie lange könntest du deine Auszeit denn in die Länge ziehen?«, fragte Dorothy.

»Realistisch betrachtet bis Ende September. Und du?«

»Im Oktober beginnt der Rummel für das Weihnachtsgeschäft. Der Verlag plant einige Specials und ein Best of meiner Bücher. Das vermarkten sie wie ein neues Werk.«

»Dann verlängern wir bis Ende September! Und für die Zeit danach werden wir Pläne erstellen. Es ist wunderbar, in den Tag hineinzuleben und zu sehen, was geschieht. So einfach verhält es sich bei uns aber nicht.«

»Es stört mich nicht, eine Struktur zu entwerfen. Immerhin geht es um dich, um uns. Ich fliege zu dir nach Toronto, du kommst nach New York, außerdem haben wir Maple Creek.«

»Wir müssen nur Pamela rechtzeitig Bescheid geben, dass wir die Zimmer länger in Anspruch nehmen werden. Wie sie mir erzählt hat, könnte es sein, dass bereits im September die erste Reisebusgruppe ankommt.« Jack zog die Mundwinkel hoch. »Im Grunde bräuchten wir nur ein Zimmer. Zwei kosten unnötig Geld.«

»Hast du … diesbezüglich Probleme?«

»Überhaupt nicht. Meine finanzielle Lage ist mehr als stabil. Es war nur so dahingesagt. Geht es dir gut? Unsere Liebe wird allein wegen der Entfernung einiges an Flugkosten verschlingen. Solltest du je einen Engpass haben, musst du es mir mitteilen, dann springe ich ein. Du brauchst dir darüber keine Gedanken zu machen.«

Dorothy schmunzelte. »Mein Bankkonto ist prall gefüllt. Ich muss nur immer für Büchernachschub sorgen.« Sie zeigte zur Decke. »Schade, dass Pamela übergangsweise in diese größere Einheit unter dem Dachboden gezogen ist. Sie wäre perfekt für uns.«

»Ist Molly nicht längst dabei, ihre Sachen bei Nat unterzubringen?«

»Ja, aber sie wollen sich aufgrund ihrer vielen Arbeit nicht hetzen. Wiederum können es beide kaum erwarten. Vielleicht klappt es ja doch, dass wir zumindest unsere letzten Tage in Maple Creek da oben verbringen.«

»Selbst wenn es bei Molly und Nat schneller gehen sollte, muss Pamela erst in das Häuschen umziehen. Du vergisst, dass der September schon vor der Tür steht. Und um ganz ehrlich zu sein, ist es mir total egal, ob wir in diesem Zimmer bleiben oder ein wenig mehr Platz zur Verfügung haben. Ohnehin benötigen wir nur das Bad und … das Bett.«

Jack beugte sich über Dorothy und küsste sie.

Sofort schlang sie die Arme um seinen Hals und flüsterte: »Meinst du, wir könnten das Thema Verlängerung auf mehrere Bereiche ausdehnen?«

Jack grinste verwegen. »Fragst du mich das ernsthaft? Ich glaube, ich muss da etwas unter Beweis stellen.«

Abermals presste er seine Lippen auf ihre.