UND GOTT SPRACH ZU KAIN
Ich hab über diese Gewehre schon was gelesen, hab Geschichten gehört, Fotos gesehen, hab sie sogar schon in Trophäenschränken gesehen, aber noch nie direkt vor mir, in den Händen eines Schützen. Bis jetzt.
In dem Raum herrscht Schweigen. So still, dass man eine verdammte Stecknadel fallen hören könnte. Wie in einer Kathedrale. Mit einer gewissen Ehrfurcht hebt CK vorsichtig das erste Gewehr aus der Kiste und reicht es Daddy Big, dem Bravo-Warlord. Ein Angebot. Und jetzt ist auch endlich er bewegt. Er erhebt sich und nimmt den Malteser Falken der modernen Waffentechnik entgegen:
Die Van Doekken Longbore.
Das begehrteste Sportgewehr der Welt. Eines dieser Dinge, von denen die Leute bis ins Totenbett hinein behaupten, dass sie ein Mythos wären, ein Produkt der Fantasie, ein Märchen. Aber die hier ist echt.
Es gibt nur ein paar Hundert Longbores. Niemand weiß genau, wie viele, außer vielleicht Van Doekken selbst, aber der ist tot. Eine Waffe, wie sie nur die überaus Reichen besitzen, seien es Könige oder Königinnen, Film- oder Rockstars. In den Siebzigern in Südafrika hergestellt, handgefertigt, graviert und mit weltmeisterlicher Treffsicherheit ist sie das Lieblingsspielzeug der Millionäre und gut bezahlter Söldner. Meine erste Longbore sah ich in Mittelamerika. Damals gehörte sie dem gerade angesagten CIA-Mann da unten. Das zweite Mal begegnete ich einer in einer mit Seide ausgelegten Kiste in der südafrikanischen Botschaft in D.C. Diese hier, in den kräftigen Händen der Bravos, ist meine dritte, und so wie es aussieht, wird Juan E die vierte bekommen.
Ich frage mich, ob er überhaupt weiß, was er da bekommt, aber seine Augen werden immer größer, als CK ihm den Preis überreicht. Innerlich tanzt er herum wie ein Kind, das an Weihnachten richtig fett abgeräumt hat.
Die Longbore ist riesig, bestimmt über einen Meter zwanzig lang. Wenigstens einen Meter davon nimmt der Lauf ein. Insgesamt wiegt sie knapp sechs Kilo. Ein Zentralfeuer-Repetiergewehr, das beim Abfeuern wahrscheinlich singt.
Diese Ausgaben hier sind für den Einsatz in der Savanne angepasst worden. Auf dem titaniumblauen Lauf sitzen ein Nikon-Sucher und ein Laser-Zielsystem. Der Schaft ist aus Seidenholz, Bayrische Backe, mit vergoldetem Abzugsmechanismus. Alles handgemacht, vom Kolben bis zum Lauf, von den Einlegearbeiten ganz zu schweigen. Was für ein wunderschönes Schießeisen, und was für eine verdammte Schande. So etwas gehört ins Museum, nicht in die Hände von Ganoven.
Und ganz egal, ob Juan E und der Bravo nun wissen, was sie da in Händen halten oder nicht, das ist falsch. Das ist definitiv falsch.
In einem Raum voller verrückter Typen mit Waffen, Geld und Drogen gibt es allerdings nicht viele Optionen. Deshalb halte ich meine Klappe, aber ich lege mir die Hand an den Gürtel und finde dort den Griff meiner Glock. Wenn die Hölle losbricht, werde ich nicht mit untergehen.
Sehen Sie mal hindurch, Gentlemen, animiert sie CK. Werfen Sie mal einen Blick durch den Sucher.
Juan E hält sich die Longbore an die Schulter und späht durch das Zielsuchsystem wie Davy Crockett.
Der Bravo, Daddy Big, ist hin und weg. Seine Hand fährt über den Kolben, und sein Finger tänzelt über den Abzugsbügel. Es juckt ihn förmlich.
Mackie sieht wieder aus dem Fenster, und als der Bravo die Longbore in seine Richtung schwenkt und durch den Sucher bis nach Albany blicken kann, kippt der ganze Raum ein klein wenig nach rechts.
Boss, sagt Mackie. Er nimmt den Blick vom Fenster, sieht den Bravo und das riesige Gewehr an und muss noch nicht einmal blinzeln.
Boss, sagt er noch einmal. Wir müssen los.
CK ignoriert ihn. Sie können mit diesem Baby einen Elefanten aus tausend Yards Entfernung umlegen, erklärt er seinem dankbaren Publikum. Aber mit diesem Sucher und so wie sie in der Hand liegt, verdammt, damit können Sie auch eine Ameise umlegen, wenn Sie das wollen.
Juan E schwenkt das Gewehr herum.
Vorsichtig, sagt CK und lacht.
Mu'fuck, sagt Juan E. Verdammt.
Der Bravo schweigt noch immer. Er sieht durch den Sucher, dann zieht er den Kopf zurück, kneift die Augen zusammen und sieht mit seinen eigenen Augen in die gleiche Richtung. Dann geht er in Rührt-Euch-Stellung und wiegt das Heft in seinen Händen.
Wie wäre es mit etwas Zielschießen?, fragt CK. Aus seiner Jackentasche zaubert er ein glänzendes Magazin. Mit dem Magazin wedelt er vor Juan E herum. Ich zeige Ihnen, wie man es macht.
Er drückt das Magazin in Juan E's rechte Hand. Dann wühlt er in seiner Jackentasche herum und kramt ein weiteres Magazin heraus, das er dem Bravo zuwirft.
Okay, sagt CK. Drei-Schuss-Magazin, .557er Magnum-Kaliber. Das sind Monster. Winchester FailSafes, eine Kreuzung aus den zwei besten Patronen der Welt, der Nostler Partition und den Barnes X. Damit können Sie durch einen Mercedes schießen, wenn es sein muss. Allerdings etwas hakelig zu laden. Sie können die Babys nicht einfach so einlegen. Man muss sie leicht schräg halten und nach vorn drücken, okay?
Juan E schiebt das Magazin in die Longbore und schlägt von unten dagegen. Trés chic, sagt er mit diesem goldenen Lächeln.
Boss, sagt Mackie. Wir müssen wirklich los und zwar sofort.
Okay, okay, sagt CK. Aber er spricht mit Juan E und dem Bravo. Jetzt kommt der schwere Teil. Wir haben es hier mit einem dreistufigen Sicherheitssystem zu tun. Ich zeige Ihnen, wie es funktioniert. Werfen Sie mir doch mal für eine Minute das Baby rüber.
Juan E wirft CK das Gewehr zu. Das Gewehr dreht sich wie in Zeitlupe in der Luft, das Sonnenlicht fängt sich funkelnd in dem Gold und blendet mich, und ich weiß nicht warum, ich weiß wirklich nicht warum, aber ich rufe:
Nein
.
Und dann passiert es.
Mackie verlässt seinen Platz am Fenster, seine Hand schnellt unter seiner Jacke hervor, um Juan E die schallgedämpfte Pistole in den Hinterkopf zu bohren, der mit einem plötzlichen roten Zischen explodiert.
Dawkins holt mit seinem Unterarm gegen den Bravo-Warlord aus, der ihn gegen die Wand prallen und sein Gewehr auf den Boden fallen lässt.
Django und die anderen Bravos zucken zusammen und fallen um, als Quillen seine schallgedämpfte Pistole in ihre Torsos leert.
Und CK bewegt sich mit selbstgerechter Sicherheit auf das hintere Fenster zu, die Longbore in seinen Händen, die in den Latexhandschuhen stecken, während Dawkins die zweite Longbore vom Boden angelt und das Magazin aus der Hand des gefallenen Bravos windet, und ich sehe, dass Dawkins' Hände auch in Handschuhen stecken, diesen weißen Latexhandschuhen, und er rammt das Magazin in die Waffe und bewegt sich mit der gleichen selbstgerechten Sicherheit zu dem anderen Fenster.
Ich drehe mich um und sehe hinaus, drehe mich um und sehe hinunter, über die Straße, zur Free African Methodist Church, dorthin, wo sich die Brandung aus Pink und Blau und Gelb und Weiß um die mächtige Freitreppe zum Eingang der Kirche verteilt, wo Mikrofone aufgebaut, die Anzüge schwarz und die Uniformen blau sind, wo der Pastor in der roten Robe den Weg für seinen Kollegen in der weißen Robe aus dem Süden freimacht, den Mann in der weißen Robe, den ich aus dem Fernsehen kenne, aus den Magazinen und Zeitungen, den Mann in der weißen Robe namens Gideon Parks, Reverend Gideon Parks, der seine Gefolgschaft, diese Leute da unten, aus ihrer langen Gefangenschaft in diesem modernen Ägypten führt, heraus aus der Sklaverei und in die Erlösung.
Das Geräusch gleicht einem brachialen Donner. Der Rückstoß der Longbore rüttelt CK durch, und das Glas der Fensterscheibe splittert und schickt funkelndes Licht in alle Richtungen. Dann kann man das leise Klingeln der Patronenhülsen hören, die auf dem Holzboden auftreffen, und dann ertönt ein weiteres Donnern, dieses Mal links von mir, aus Dawkins Gewehr, und das zweite Fenster splittert, und dann wieder von rechts, und dann noch einmal von links, und nach sechs Schüssen, drei von jedem, sind sie fertig, sind fertig mit der Schießerei, aber nicht mit dem, was sie geplant haben.
CK wirbelt herum, kniet sich hin, lässt die Longbore auf den Boden fallen und drückt den Kolben in Juan E's flache, leblose rechte Hand. Dawkins wirft sein Gewehr in die Ecke des Zimmers. Wie bei Oswald
, schießt es mir durch den Kopf, genau wie bei Oswald.
Okay, sagt CK, der wieder aufgestanden ist und einen kurzen Blick auf seine Uhr wirft. Fünf Minuten. Dawkins, Quillen. Los.
Genau in dem Moment, als sich die Türen öffnen und Rudy Martinez hereinschaut, anerkennend pfeift und sagt: Party Time. Mit einem Klaps gegen dessen Unterseite lässt er das Magazin in seine Maschinenpistole einrasten und macht sich auf den Weg durch den Korridor. Dawkins und Quillen folgen ihm nach, und ich höre, wie Martinez herumbrüllt:
Die haben Juan E umgelegt. Die verdammten Bravos haben Juan E umgelegt.
Ich sehe CK an.
CK sieht mich an.
Was tust du hier, verdammt noch mal?, frage ich.
Nichts, sagt CK. Absolut gar nichts. Herrgott, Lane, ich bin doch noch nicht einmal hier. Mackie, Dawkins, Quillen … die sind auch nicht hier. Du
bist nicht hier.
Irgendwo, ein paar Räume weiter, brüllen wilde Tiere. Automatikwaffen, Schnellfeuersalven. Dann Stimmen. Schreie. Noch mehr Gewehrfeuer.
Lausche der Musik, sagt CK. Diese Nigger machen so einen tollen Job. Und es ist immer die gleiche Arbeit. Die haben sogar einen Ausdruck dafür: Verbrechen unter Schwarzen. Die bringen sich gegenseitig um.
Oh, ja, sage ich. Schön. Wirklich schön. Lass mich raten, wie morgen die Schlagzeilen lauten werden. Irgendwas über eine Straßengang, die einen Bürgerrechtler ermordet hat.
Nah dran, sagt CK. Für Regierungsarbeit. Denn Waffen und Drogen reimt sich auf Attentäter. Das sind die perfekten bösen Jungs. Zuerst bringen sie Reverend Gideon Parks um und dann sich selbst.
Dann sagt er zu Mackie: Los geht's.
CK greift unter seine Lederjacke und zieht eine .44er Magnum aus seinem Schulterholster.
Dachte, ich hätte dir gesagt, dass du aus der Schusslinie bleiben sollst, sagt er.
Seine Augen wandern zu meiner Schläfe, seine Knöchel bewegen sich, und ich weiche zur Seite aus, als er abdrückt, und dann ist da dieses Kreischen in meinem linken Ohr, dieser großmäulige Schrei, und ich umklammere mein Ohr, während ich hinter mich blicke, und ich sehe den Bravo-Warlord, Daddy Big, der versucht hat aufzustehen, und dann wieder zu Boden geht wie ein Kind, das auf glattem Eis ausrutscht. Zuerst verlieren die Beine die Kontrolle, dann rudert er mit den Armen, und dann prallt er – Zack! – flach mit dem Rücken auf dem Boden auf. Nur dass dieses Kind nicht wieder aufsteht, um weiterzuspielen.
CK sieht an der silbernen Schnauze seiner Kanone entlang und sagt:
Ich hab dir gerade das Leben gerettet.
Ich kann ihn kaum verstehen, aber ich lasse ihn sofort wissen:
Das denke ich nicht. Ich denke, das war nur vorübergehend. Ich denke, ich bin bereits ein toter Mann, und es ist nur noch eine Frage, wo es am Ende passiert. Willst du mir verraten, wieso?
Wenn du getan hättest, was ich dir gesagt habe–
Wenn ich getan hätte, was du mir gesagt hast, was dann? Was?
Dann wärest du auf dem Weg nach Hause. Nach Hause.
Als ob es mich interessiert, dass du mich dort umlegst, anstatt … na ja, sagen wir gleich hier?
Ich hab keine Zeit für so was, Lane.
Nein, gebe ich zu. Sie kommen. Selbst wenn du an den Bravos und den U-Street-Typen vorbeikommst, dann sind da immer noch die Typen, die von unten heraufkommen. Cops. Feds. Sie kommen, CK, sie kommen.
Er wirft einen weiteren Blick auf seine Uhr. Scheint sich ein Gähnen zu unterdrücken.
Ja, sagt er. Läuft alles nach Plan.
Das ist der Moment, wo ich die Glock ziehe, denn etwas anderes bleibt mir nicht mehr übrig. Ich ziehe die Glock aus meinem Gürtel und richte sie auf ihn, während ich mich an den Leichen vorbeidränge, und er lächelt, steht einfach nur da und lächelt.
Wo willst du hin, Lane? Wo willst du hin?
Ich habe keine Ahnung, CK, sage ich. Vielleicht in die Hölle.
Ich drücke einmal ab. Putz platzt aus der Wand neben ihm.
Ich hab dir gerade das Leben gerettet, sage ich zu ihm. Also sind wir quitt.
Dann bin ich hinaus, draußen im Gang, und links von mir sehe ich Gesichter, ich sehe schwarze Gesichter, und die Gesichter tragen Waffen bei sich, und sie kommen den Gang hinauf, und ich drehe mich nach rechts und sehe weiße Gesichter, und diese Gesichter haben Waffen, und mir bleibt nichts anderes übrig, als über den Gang zu hechten, denn da ist eine andere Tür, aber dort ist bereits Martinez und deckt den Raum daneben mit seiner Maschinenpistole ein, und als sein Magazin leer ist, tritt Crimso mit seiner AK hinzu, Flammen schießen aus der Mündung, und ich weiß, dass in dem Zimmer nichts mehr zu retten ist. Dann wird es still, und die beiden fangen an zu lachen.
Dann ist da eine Stimme auf dem Gang, vielleicht ist das Mackie: Los geht's.
Dann hört man es knallen, Bang Bang Bang
, und dann wieder diese Stimme – ja, es ist Mackie –, die sagt: Der ist hinüber. Und dann noch mehr Gelächter, und ich weiß, dass ich zu meiner Reisetasche muss.
Ich höre, wie sie über den Gang hetzen. Fünf, sagt jemand. Fünf Tote. Nein, nein, vier, sagt jemand anderes. Dann höre ich CK:
Zählt sie, sagt er. Elf kamen rein, und ich will, dass zehn bleiben. Kümmert euch darum.
Quillen geht vorüber und schleift die Leiche von Daddy Big hinter sich her.
Passt auf! Passt auf! Und ihn kann ich sehen, dieses Kid, das aus seinem Versteck spurtet, einem Wandschrank, und mit einer abgesägten Schrotflinte genau zwischen sie springt.
Gangsta!, brüllt er und feuert beide Läufe ab, aber CK bringt ihn mit einem klassischen Mozambique zur Strecke: Zwei Schüsse in die Brust, einen in den Kopf. Bläst den Jungen regelrecht aus den Schuhen. Der Schwachkopf hat sein Leben riskiert, um eine Ladung Schrot in die Decke zu ballern.
Das hier ist kein Wettkampf. Diese Kerle sind Drive-By-Shootings gewöhnt oder rennen einfach herum und nieten irgendeinen Witzbold auf der Straße um. CK's Jungs hingegen sind bereit für den Dritten Weltkrieg.
Ich rolle mich aus der Tür und krieche den Flur entlang, gebe mir währenddessen selbst Feuerschutz, indem ich hoch über mich hinwegschieße. Noch fünfzehn Meter bis zum Treppenhaus, meiner Reisetasche und vielleicht der Freiheit.
Komm schon, sage ich zu niemand anderem als mir selbst, komm schon. Die Worte kann ich nicht hören, nur das Klingeln in meinem Ohr, und dann das Rattern irgendeiner Maschinenpistole. Kugeln fressen sich in die Wand hinter mir und spucken große, fette Stücke Putz und Trockenbauwand heraus.
Ich verballere den Rest meines Magazins und falle ins Treppenhaus. Ein blauer Anzug kommt die Stufen hinauf, zielt mit einer Pistole auf mich, und mir bleibt keine Zeit, nachzuladen. Ich ziehe die andere Glock unter meinem Mantel hervor und schieße mit links. Ich bin aus dem Gleichgewicht und ziele viel zu hoch, die Schüsse schlagen weit über der Körpermitte ein, aber sie treffen. Hochrot platzt es aus seinem Kopf und seiner Schulter, und er taumelt zurück und außer Sicht, noch bevor ich richtig realisiere, was ich da eben getan habe. Oh mein Gott, ein toter Cop. Jetzt könnt ihr mich auch CK rufen.
Ich bin bereit für den nächsten, seinen Partner, aber im Treppenhaus regt sich nichts. Also ist der Cop allein. Mein linkes Ohr pulsiert, und der Schmerz kommt wellenförmig mit. Noch mehr Gewehrfeuer. Irgendwo weiter unten ist die Party in vollem Gange: maximaler Rock 'n' Roll. Was von den U-Street-Kids noch übrig ist, liefert sich Feuergefechte mit den 9 Bravos und CK's kleiner Privatarmee. Der reinste Affenzirkus. Ein Wahnsinn.
Ich bleibe, wo ich bin, denn das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um weiterzugehen. Entweder kommen sie hier rauf oder nicht. Ich würde eher sagen nicht, aber ich gehe kein Risiko ein. Ich lasse das Magazin aus der Glock in meiner rechten Hand herausfallen, krame ein frisches aus meinem Anzug und lasse es einschnappen.
Schritte.
Zuerst sehe ich nur einen Schatten, dann einen Typen in einem Atlanta-Braves
-Sweatshirt und Tarnklamotten und dann ein Kid in einem viel zu großen T-Shirt und herunterhängenden Jeans. Zwei Bravos. Wahrscheinlich die einzigen, die noch stehen. Sie wedeln mit ihren Uzis herum und setzen den Korridor ganz hübsch unter Dauerfeuer, bis es den Typen im Sweatshirt von den Beinen holt und nach hinten reißt, außer Sicht. Das wahrscheinlich schwere Geschoss, das er sich eingefangen hat, reißt ihm dabei einen Großteil seiner rechten Körperhälfte auseinander. Der Typ mit den Schlabberhosen scheint davon kaum Notiz zu nehmen. Er lässt einfach sein Magazin durchrattern, dann wirft er die Uzi auf den Boden und hastet den Gang hinunter.
Ich höre nur, wie er sich fünf Schüsse in den Rücken einfängt und seinen letzten Tanz tanzt.
Die Zeit, Gentlemen.
Das ist CK, und zwar ein ziemlich angefressener CK.
Die Zeit ist um. Los geht's.
Ich presse mich gegen die Wand im Treppenhaus, und sie rauschen an mir vorüber, den Gang entlang. Dabei ziehen sie die Leiche des Bravo-Warlords und einen Verwundeten von uns hinter sich her.
Ich versuche das Ganze zu durchdenken, versuche mir vorzustellen, was als Nächstes passieren wird, versuche dahinterzukommen, versuche rauszukriegen, was CK weiß, und während ich versuche dahinterzukommen, wünschte ich, ich würde es nicht wissen, denn ich will diese Worte nicht hören, aber sie kommen, sie kommen, sie kommen:
Feuer frei!
Ich kann Mackie nicht hören und auch kaum sehen, wie er geduckt von Türrahmen zu Türrahmen huscht, direkt auf mich zu, und verdammt, wenn der nicht so was von bereit ist mit seiner Benelli Black Eagle Schrotflinte.
Vor seinen Füßen liegt ein Körper, einer von diesen Gang-Typen, und er stößt ihn mit dem Fuß an und dann noch einmal. Er seufzt und lässt die Schultern sinken. Die Benelli schwingt hinunter, zeigt direkt auf den Kopf des Kids, und als die Schrotflinte losgeht, explodiert ein Klumpen Hirnmasse vom Teppich hoch und klatscht gegen die gegenüberliegende Wand.
Yeah!, fängt er an zu jubeln, als wäre das hier irgendein Football-Spiel. Yeah, yeah, yeah! Er wedelt mit der Schrotflinte den Gang entlang. Los jetzt! Los!
Ich sehe wahrscheinlich aus wie ein Gespenst, als ich mich im Treppenhaus aufrichte, komplett mit Mörtelstaub bedeckt, in beiden Händen eine Pistole haltend. Aber niemand sieht zu, niemand außer dem toten Kid und dem toten Cop kann mich sehen. Mackie dreht mir den Rücken zu und macht einen großen Schritt über die Schweinerei, die einmal der Kopf des Jungen gewesen ist.
Mackie.
Es genügt, einfach nur seinen Namen zu rufen, damit er sich in meine Schusslinie zurückdreht.
Mackie.
Und als er sich umdreht und eigentlich nicht sehen will, was er da sieht, sind das die letzten zwei Worte, die er in seinem Leben zu hören bekommt:
Fick dich.
Denn dann schieße ich ihm ins Gesicht.