NIGGA-TAG
Wie von einer plötzlichen Sturmböe erfasst, implodieren die Buntglasfenster an der Ostseite der St. Anne's Cathedral.
Im selben Augenblick, diesem eingefrorenen Moment, angefüllt mit dem Klingeln Tausender klitzekleiner Glöckchen, bevor auch die Fenster auf der anderen Seite in einem Scherbenregen zerbersten und bevor ich die eigentliche Explosion hören kann, fängt das Gekreische an. Ein Ruck geht durch das Dach, dann bröckelt die östliche Wand nach innen, Ziegel und herausgerissene Brocken aus Wandverkleidung und Putz fallen herab, und durch die zerstörten Löcher, wo vorher noch die Buntglasfenster Geschichten von den Heiligen und den Märtyrern erzählten, ist jetzt ein neues Bild zu sehen, eine neue Geschichte. Es ist die Geschichte eines schwarzen Himmels, dessen helle Wolken gelb und rot glühen. Zornige Schlangen aus Feuer lodern auf und verschlingen einen gesamten Häuserblock von Old Town Alexandria – das Lagerhaus, das Hauptquartier von UniArms
, Beton und Holz und Plastik und Metall und Waffen, Waffen und noch mal Waffen – und dann dröhnt er heran, der Paukenschlag von einem Donner, aber ein Donner, wie ich ihn noch nie zuvor gehört habe. Ein Donner, der ankündigt, dass es Blut regnen wird.
Und dann fängt natürlich die Schießerei an.
Ich weiß nicht, welcher Idiot den ersten Schuss abfeuert. Ich bin es nicht, und CK ist es auch nicht, aber man bräuchte schon eine sehr genau arbeitende Stoppuhr, um das herauszufinden. Wahrscheinlich ist es einer von den Amateuren, einer von den Sicherheitskräften weiter hinten in der Kirche, aber nach dem ersten Schuss spielt das keine Rolle mehr. Dieser unterbelichtete Blödmann da hinten kracht mit irgendeiner Vollautomatischen los, die U-Street-Crew beantwortet es gleichermaßen, und im nächsten Augenblick befinden wir uns mitten in einer Schießerei in einer katholischen Kirche mit ein paar Hundert Zivilisten dazwischen, hier und dort und überall.
Ich sehe, wie CK's Magnum zurückzuckt, und als ich den Abzug durchziehe, trifft mich ein Schlag am linken Arm, also gebe ich einen lausigen Schuss ab, aber ich denke, ich habe ihn getroffen, und dann starre ich plötzlich in eine ganz andere Richtung, obwohl ich den Kopf überhaupt nicht gedreht habe, und ich weiß nicht, wie mir geschieht, und dann liege ich auf dem Boden und weiß, dass ich wieder aufstehen werde. Daran, wo genau ich getroffen wurde, verschwende ich gar nicht erst einen Gedanken, ich rappele mich einfach wieder auf und stütze mich für das Gleichgewicht auf den Rand der ersten Kirchenbank.
Ich richte meine Pistole wieder auf CK, versuche ihn ins Schussfeld zu bekommen. Ich will den Kerl fertigmachen, aber er ist bereits den Gang hinunter und ebenfalls getroffen. Dann gerät der verschwommene Fleck um ihn herum in Bewegung, und aus dem Fleck werden Menschen, und diese Menschen sind Zivilisten, und diese Zivilisten sind in heller Panik. Sie rennen vor ihm und hinter ihm umher – eine regelrechte Flucht ist das. Um mich herum höre ich überall das Brüllen von Gewehrfeuer, und ich sehe die Menschen herumwirbeln, die Smokings und Anzüge und Kleider, und alle haben Gesichter, verängstigte und entsetzte und wütende Gesichter, und ich kann es nicht, ich kann nicht abdrücken.
CK hastet davon. Er hat eine Eintrittswunde von der Größe einer Münze in seinem rechten Oberschenkel. Kaum Blut. Bis jetzt zumindest. Er zerrt sich seinen Gürtel aus dem Bund seiner Anzugshose und bindet ihn um sein Bein, die ganze Zeit über sieht er mich dabei an, und es ist dieser Blick, der töten könnte, aber dafür wird er mindestens noch einen weiteren Schuss brauchen.
Ich gehe hinter der ersten Bank in Deckung, dann bemerke ich meinen alten Kumpel Jinx, der neben mir hockt und die Sachlage treffend zusammenfasst:
Scheiße.
Das war nicht, was ich vorhatte. Das sollte nicht passieren. Es sollte mit Worten enden. Jules sollte vor all diesen Leuten seine Sünden gestehen, CK's Sünden, und danach sollte Doctor D das Lagerhaus hochjagen, seine Revanche haben, und dann Lichter aus und den Typen, die mit dieser Schweinerei angefangen haben, dabei zusehen, wie sie versuchen, aus dieser Schweinerei wieder herauszukommen.
Keine Schießerei. Nicht noch mehr Schießereien. Und schon gar nicht hier. Aber irgendwie endet alles in Blut, was ich anpacke.
Leute rennen in alle Richtungen davon, versuchen, von dem Altar wegzukommen, aber es gibt keinen Ausweg. Hotpoint und Tiny haben mittlerweile sicher die Kontrolle über die Vorhalle und die riesigen Doppeltüren abgeriegelt oder blockiert und sperren damit die bösen Jungs draußen aus, während sie die ganzen guten Menschen drin halten. Einer von den Pistoleros in einem Smoking muss das auf die harte Tour lernen, als er versucht, sich seinen Weg aus der Kathedrale und in die Vorhalle freizuschießen und von einem Dutzend Kugeln wieder zurückgetrieben wird.
Die Säulen hinter dem Altar verschwinden in einem Konfettiregen aus Holzspänen, Putz und Ziegelstaub. Einer von Doctor D's Homies, Khalid, taucht aus dem Rauch auf und erwidert mit seiner AK das Feuer. Bevor sie sich auf ihn einschießen können, taucht er wieder ab – und dann mit einem neuen Magazin in der Waffe wieder auf.
Um uns herum erblühen Blumen in Rosa und Rot, als die Kugeln durch die Kathedrale schwirren, durch die hölzernen Bänke schlagen und durch jeden, der zwischen uns steht. Sich durch diese armen Leute bohren, Stücke aus ihnen herausreißen und Geysire aus Blut versprühen. Ich sehe Blumen aus Fleisch, Blumen aus Blut, und irgendwo in der Ferne höre ich die schwachen Schreie sterbender Engel.
Mein Gott!
Das ist Jules Berenger, und er sagt: Mein Gott, aufhören! Kann irgendjemand dafür sorgen, dass das aufhört!
Aber Gott ist im Moment nicht zu sprechen.
Ich drehe mich etwas nach hinten und sehe Ray-Ban, der irgendein Handzeichen gibt, woraufhin sich ein paar von seinen Jungs in den rechten Gang hineinbewegen, die AK's schussbereit. Aber sie schießen nicht, sondern rufen stattdessen in die Menge: Runter! Runter mit euch, verdammt! Dann ein weiteres Handzeichen. Und dann stehen zwei der Gangster auf und entladen ihre AK's in den hinteren Bereich der Kathedrale, feuern über die Menschenmenge und zerfetzen die hintere Wand und ein paar von CK's Schützen wie ein verdammtes Stoßkommando.
Ein paar Schritte von mir entfernt schwingt sich QP Green auf die erste Kirchenbank und steht dort wie John Wayne in Alamo
. Aus der Hüfte rattert er sein Magazin über die Köpfe der wogenden Menge hinweg leer.
Runter!, kreischt QP Green. Runter auf den Boden mit euch!
Niemand scheint ihn zu hören. Stattdessen branden nur noch mehr Schreie auf, noch mehr tierische Verwirrtheit und schließlich noch mehr Schüsse. Für seine Mühen fängt sich QP Green einen Treffer ein. Der obere Teil seiner Schulter verschwindet in einer roten Wolke, und die Wucht des Einschlags dreht ihn herum und macht damit Platz für noch mehr Kugeln. Jinx zieht den Kopf ein und kriecht auf den Körper zu, der auf den Boden stürzt, aber das ist nicht mehr als eine Geste. Wir haben einen weiteren toten Mann.
McCarty! Das ist CK. Er versucht, seine Männer zusammenzutrommeln, aber dafür herrscht zu viel von allem: zu viel Lärm, zu viele Menschen, zu viele Kanonen.
CK richtet sich auf, seine Männer richten sich auf, stoßen ein paar der Gäste zur Seite und zu Boden und bahnen sich zusammen ihren Weg durch die Menge. Manche von ihnen feuern auf die U-Street-Crew. CK ruft den anderen etwas zu, versucht das Kommando zu übernehmen, aber die Dinge geraten einfach immer weiter außer Kontrolle, bis diese Stimme wieder ertönt:
Es reicht
.
Doctor D. Seine verstärkte Stimme überlagert das Chaos. Es reicht, sagt er, und die Waffen der U Street verstummen, und ich sehe Jules Berenger, der mit erhobenen Händen den Mittelgang entlang auf CK und seine Männer zutaumelt, dabei über die angsterfüllt am Boden kauernden Menschen hinwegsteigt, und Jules sagt etwas und seine Arme wedeln dabei wie wild herum. Ich höre ihn rufen:
Stop. Stop. Stop!
Grundgütiger!, kreischt er. Seine Stimme klingt heiser und panisch. Stop!
Da erst nimmt CK den Lauf seiner Magnum herunter. Er blinzelt durch den Rauch und zu Jules Berenger, blinzelt zu dem zerstörten Altar und bellt: Feuer einstellen!
Andere Stimmen tragen den Befehl weiter. Und mehr braucht es nicht. Aus und vorbei, außer für die Amateure. Hinter CK ballert einer von diesen Clowns weiter mit seiner beknackten Maschinenpistole herum, doch als schließlich nur noch das leere Klicken zu hören ist, schlendert CK zu ihm hinüber, hebt die Magnum und bläst ihm sein jämmerliches Spatzenhirn seitlich aus dem Schädel.
Feuer einstellen, lässt er die Leiche des Mannes noch einmal wissen. Damit endet es. Nur die zerrissene Stimme von Jules Berenger ruft:
Mein Gott–
Dafür erntet er nur Schweigen und er lässt die Arme in einer Art verzweifelter Ohnmacht fallen. Er dreht sich zu dem Altar um, wo ein Kruzifix, das sich von seinen Halterungen gerissen hat, wie eine Sense durch die rauchgeschwängerte Luft schwingt und in einem schrägen Winkel auf den Boden und in die erste Bankreihe kracht. Dort, wo der Priester hinter einer Ecke des marmornen Altars kauert und sicherer ist als im Schoße seines Herrn. Wo eine der Brautjungfern, deren pinkfarbenes Kleid tiefrote Flecken verunstalten, ein Kind in einem Smoking umklammert, dessen Beine nur noch zerfetzte Reste aus Stoff und Fleisch und Knochen sind …
Und wo Doctor D steht, Hohepriester des Ordens des Todes, der seinen linken Arm um sein weiß-verschleiertes Opfer gelegt hat. Es ist Meredith Berenger. Seine verchromte Pistole, diese hell funkelnde .45er, ist an ihren hübschen blonden Kopf gepresst. Neben ihr steht Ray-Ban wie eine Art unheiliger Brautführer. Um sie herum die meisten anderen der U-Street-Crew, ohne Skrupel, mit ihren AK's im Anschlag.
Bitte, sagt Jules, der plötzlich sehr alt wirkt und am ganzen Körper bis hinunter zu seinen überteuerten Schuhen zittert.
Er wankt auf den Altar zu. Auf uns. Ich halte meine Glock auf ihn gerichtet. Jinx steht neben mir. Der Kerl hat noch immer nicht seine Kanone gezückt.
Bitte, sagt Jules. Zu mir, zu Doctor D, zu jedem, der es hören will.
Ich lasse ihn vorbei und richte meine Waffe stattdessen auf CK und den Rest von ihnen. Die Zivilisten sehen aus wie die Überlebenden eines Flugzeugabsturzes, mit leeren Augen und einem Blick voller Zweifel, ob das alles Wirklichkeit sein kann.
Bitte, sagt Jules, und dieses Mal bekommt er auch eine Antwort.
Das Wort kenne ich nicht, sagt Doctor D. Seine Hand schließt sich fester um den Griff der .45er, und dann sagt er:
Du hast versucht, mich zu verarschen, Boss Man, und du hast verloren.
Doctor D zieht den Hahn zurück.
Und wenn man verliert, sagt er, hat man seinen Einsatz zu bezahlen.
Das Wort ist da, direkt hinten in meiner Kehle, und es ist wahrscheinlich eines der kürzesten Worte überhaupt. Nur vier Buchstaben. Das Wort, das keiner mehr zu sagen in der Lage ist. Aber ich sage es, ich sage es.
Nein, sage ich. Nein
.
Und das rechtzeitig, um vielleicht Schlimmeres zu verhindern.
Ich drehe mich um und richte meine Glock auf Doctor D.
Nein, sage ich noch einmal.
Ray-Ban zielt auf mich, und in diesem Moment beschließe ich, dass das niemand noch einmal mit mir machen wird. Dass ich den nächsten Typen einfach umlegen werde, der meint, seine Waffe auf mich richten zu müssen.
Gottseidank, sagt Jules, und es klingt wie ein geflüstertes Gebet. Gottseidank, Lane.
An Doctor D gewandt sage ich:
Du hast, was du wolltest. Du hast ihm das genommen, was er am meisten liebte. Glaubst du etwa, das da sei die große Liebe seines Lebens?
Keine Chance, sage ich.
Ich deute aus dem zersplitterten Fenster an der Ostseite auf den brennenden Himmel über Alexandria.
Das ist sein Fleisch. Sein Blut. Und es ist vorbei. Aus und vorbei.
Es dauert nur einen Augenblick, aber der fühlt sich wie jene Ewigkeit an, bevor der Zahnarzt den Bohrer ansetzt. Der Moment, bis Doctor D sagt:
Du hast recht.
Er lässt den Hahn zurückschnappen und die .45er langsam sinken. Meredith Berenger bekommt von alldem nichts mit. Sie ist ein Reh mit verheulten, weit aufgerissenen Augen, das regungslos in die Scheinwerfer der Realität starrt.
Aber, sagt Doctor D und richtet seine Pistole auf Jules. Irgendjemand muss bezahlen.
Und da hat er recht, irgendjemand muss bezahlen, und irgendjemand wird auch bezahlen, aber das war nicht der Deal. Das war nicht der verdammte Deal.
Die Stimme neben mir sagt:
Nein.
Es ist Jinx, und Jinx hat endlich seine Waffe gezogen und zielt mit der Pistole, einer .38er Ruger, auf Doctor D.
Es ist vorbei, sagt Jinx. Es endet hier.
Ich höre, wie sich hinter uns Schritte nähern, und ich drehe mich um, und wer sonst sollte sich uns nähern als CK und ein paar seiner Fanatiker, doch meine Glock bringt sie zum Stehen.
CK will seine Magnum hochnehmen, aber vielleicht denke ich das auch nur. Er überlegt es sich, und dann lässt er es bleiben.
So wie ich das sehe, sagt Jinx, sind die Toten bereits tot. Und das gilt auch für diesen Mann. Sieh ihn dir doch an, D. Er ist weiß … und er ist alt … und er trägt nichts anderes mehr in sich als Fäulnis. Es ist noch nicht mal eine Frage der Zeit. Der Mann ist schon tot.
Jinx breitet die Arme aus wie ein Priester. Als wollte er die Luft umarmen.
Wir haben die Wahl, sagt er. Wir können wie er sein. Wir können töten und töten und brauchen uns keine Gedanken darüber zu machen. Ob schuldig oder nicht, es spielt keine Rolle. Wir töten und töten, weiter und weiter. So wie er. Wie sie.
Oder, sagt Jinx, wir können versuchen, so zu sein, wie Reverend Parks es predigte: Wir können so sein wie wir sind. Wir können ihnen zeigen, dass wir keine Angst davor haben, aufzuhören. Die Waffen abzulegen. Besser als er zu sein. Besser als sie. Wir müssen unser Leben nicht auf deren Art führen. Wir müssen niemanden umbringen, um zu bekommen, was wir wollen.
Doctor D sieht Jinx nicht an, aber er hört ihm zu. Während er mit der funkelnden .45er immer noch auf Jules Berenger zielt, sagt er:
Der Mann hat recht, weißt du. Diese Scheiße muss aufhören, und sie wird hier aufhören. Ich werde deine Tochter nicht umbringen, Mothafucka. Und ich werde dich nicht umbringen. Dafür bin ich nicht hierhergekommen.
Er lässt die Hand mit der .45er an seine Hüfte hinabsinken.
Ich sollte dich umlegen, aber ich werde es nicht tun. Das kann jemand anderes übernehmen. Die Regierung zum Beispiel. Darin sind die ziemlich gut.
Doctor D fängt an zu lachen. Und das Lachen führt zu einem Lächeln, aber es ist kein gutes Lächeln. Es ist das Jinx-Lächeln, das Wolfslächeln, das Lächeln eines Jägers. Und genauso schnell ist es auch wieder verschwunden.
Aber, sagt der Doctor, es ist noch nicht vorbei.
Du solltest das wissen, sagt er. Zu mir.
Es ist niemals vorbei, sagt er zu mir. Und dann fragt er mich:
Wer?
Meine Augen wandern über die Gemeinde, und dann sehe ich den Ersten von ihnen. Von denen, die er will. Die Schützen. Diejenigen, die Gideon Parks töteten.
Mit einem Kopfnicken deute ich auf Quillen.
Er, sage ich.
Doctor D schwenkt die .45er auf Quillen, und CK's Leute fangen an, unruhig zu werden, aber CK ruft: Niemand rührt sich.
Eines muss ich Quillen lassen – der Kerl setzt ein angepisstes Gesicht auf, aber er zuckt keinen Millimeter, blinzelt nicht. Ein Profi, ganz bis zum Schluss.
Der eine Sekunde später eintritt, denn dann legt Doctor D Quillen um. Peng.
Irgendwo in den hinteren Reihen schreit eine Frau auf. Quillen fällt der Länge nach um, aber der Schuss saß, und der Typ ist tot, noch bevor er in den Teppich beißen kann. Meredith Berenger zuckt zusammen. Ob wegen des Knalls der Waffe oder des plötzlichen Gewaltausbruchs ist nicht klar zu sagen. Ihre tränennassen Augen sind leer. Vielleicht hat sie ja am Ende einen Blick auf die Wahrheit werfen können.
Wer noch?, fragt mich Doctor D.
Ich suche Dawkins, und es dauert einen Moment, bis ich ihn finde, da drüben, verdreht in einer kaputten Bank hängend, mit schlaffem Körper und Gliedmaßen. Dawkins bevorzugte immer die Action aus der Distanz. Jetzt hatte ihn jemand aus der Nähe erwischt und das so richtig.
Er, sage ich.
Doctor D richtet seine .45er auf Dawkins Leiche.
Sehr viel toter wird der nicht mehr. Aber was soll's.
Peng. Er schießt auf die Leiche. Dann:
Wer noch?
Ich nehme mir besonders viel Zeit, die Überreste der Kathedrale abzusuchen, jeden anzusehen, nur nicht CK. Und danach wandern meine Augen zu CK. Und dann sage ich:
Niemand.
Sie sind tot, erkläre ich dem Doctor, ohne meinen Blick von CK abzuwenden. Und dann sage ich dem Doctor das Gleiche, was ich Renny Two Hand erzählte:
Sie sind alle tot.
Verstehe, sagt Doctor D, und es ist eine faule Art von Verstehe
, und ich weiß nicht, ob er mir glaubt, aber im Moment ist es egal, ob er mir glaubt, und ich bin mir auch gar nicht sicher, ob es ihn kümmert. Seine Arbeit hier ist getan, und die Cops suchen nach ihm, jetzt noch viel intensiver.
Kommt, sagt er zu seinen Leuten. Sehen wir zu, dass wir aus Dodge verschwinden.
Mit ihren Waffen auf die Menge gerichtet, verschwindet einer nach dem anderen der U-Street-Crew nach draußen, weg von dem Altar und zur Tür der Kathedrale hinaus. Sie tragen ihre Verwundeten hinaus und QP Green, ihren Toten. Kurze Zeit später sind nur noch Doctor D und Ray-Ban übrig, und Doctor D hat noch ein paar letzte Worte für Jules Berenger und die ganze Hochzeitsgesellschaft:
Vielleicht habt ihr es alle bereits selbst herausgefunden, sagt er. Aber ich verrate es euch trotzdem. Ihr habt einen verdammt schweren Fehler begangen, denn ihr habt den falschen Nigga umgebracht.
Und dann: Leben oder sterben.
Doctor D verschwindet im Schatten der Sakristei, und dann ist da dieser fragile Moment, bevor Ray-Ban Jinx zuruft:
Yo, Bruder. Verschwinden wir hier.
Jinx steckt seine Pistole zurück in seinen Gürtel. Ohne mich anzusehen, sagt er im Gehen zu mir:
Peace.