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Die klimatisierte Bar war sehr angenehm. Die eisgekühlten Gläser waren beschlagen, und der Whisky Soda darin konnte mit jeder anderen Bar der Welt konkurrieren. Zumindest in den internationalen Hotels in Dubai gab es alkoholische Getränke, auch wenn die Nachbarn in Saudi-Arabien so etwas nicht gern sahen.
„Fassen wir doch einmal zusammen, was wir bisher wissen“, sagte Diana Lester und blickte Steve McCoy an.
„Einen Moment noch“, unterbrach er und blätterte weiter in dem Telefonbuch, das er sich hatte bringen lassen.
„Was suchen Sie eigentlich darin?“, erkundigte sich seine Partnerin.
„Der Offizier im Polizeihauptquartier hat telefoniert, wie Sie sich erinnern. Er hatte eine Nummer gewählt. Ich bin trainiert, die Nummer herauszufinden, wenn die Wählscheibe abläuft. Das ist eine relativ einfache Übung. Hier sind die Nummern – fünfstellig. Es war 27171, und ich möchte herausfinden, wem diese Nummer gehört.“
Diana lächelte. „Das dürfte etwas schwierig sein, aber Sie brauchen dennoch nicht weiter zu suchen. Die Nummer gehört zum Hotel Intercontinental. Ich weiß es, denn ich habe dort schon gewohnt, und die Nummer ist leicht zu behalten.“
Steve klappte das Telefonbuch zu. „Sie überraschen mich immer wieder. Aber gut, das hilft uns vielleicht einen Schritt weiter.“
Sie wiegte den Kopf. „Das Intercontinental hat über dreihundert Zimmer. Wir können unmöglich alle überprüfen.“
Jetzt lächelte Steve. „Das brauchen wir auch nicht. Aber davon verstehe ich wiederum etwas. Ich werde nachher hinfahren. Eventuell habe ich Glück und erfahre, wer nach uns angekommen ist.“
„Wer sagt Ihnen, dass der betreffende Kontaktmann erst nach uns angekommen ist? Ich glaube vielmehr, dass wir es mit einer größeren Organisation zu tun haben. Wenn die Drahtzieher tatsächlich in den Staaten sitzen, wie Sie vermuten, müssen sie vor Ort einige Leute haben.“
„Möglich“, meinte Steve und nippte an seinem Drink. „Reden wir über Washington. Wobei es natürlich auch jede andere Stadt sein kann. Wer in den Staaten hat ein Interesse daran, der Mexcal Oil Schwierigkeiten zu machen?“
„Die Konkurrenz natürlich!“, platzte Diana heraus. „Das ist ganz normal. Öl ist ein gewaltiges Geschäft, dirigiert von einigen gigantischen multinationalen Unternehmen.“
„Ich weiß, darüber kann man jeden Tag etwas in der Zeitung lesen.“
„Sicher, aber ich weiß etwas mehr darüber. Vergessen Sie nicht, dass ich Gesellschafterin bei Mexcal bin. Die kleinen Unternehmen haben es nicht leicht gegen die erdrückende Übermacht der Multis. Wenn wir zu viele Misserfolge haben, sind wir pleite. Wir brauchen jede einzelne Konzession und jedes Bohrloch, das wir kriegen können. Hier in den Vereinigten Arabischen Emiraten schwimmt der Sand auf Öl. Alle wollen im Geschäft sein, aber die Araber sind schwierige Verhandlungspartner. Sie machen nicht mit jedem ihre Geschäfte.“
„Aber mit Mexcal Oil haben sie sich arrangiert“, stellte Steve fest.
Diana nickte. „Ja, wir bohren hier zu äußerst günstigen Konditionen, und das ist anderen ein ziemlicher Dorn im Auge. Vor allen Dingen können wir nicht darauf verzichten, denn hier läuft der einzige profitable Geschäftszweig der Mexcal. Wenn wir hier schließen müssen, können wir gleich ganz dicht machen. In Dubai liegt die letzte Chance des Unternehmens. Wir können noch nicht einmal weitere Probebohrungen niederbringen, weil uns das notwendige Kapital fehlt. Wenn alles gut läuft, geht es der Firma in ein bis zwei Jahren wieder besser.“
„Und wenn nicht“, ergänzte Steve, „können Sie den Laden verkaufen, und der Preis dafür wird nicht sonderlich hoch sein.“
„Ja. Das wäre das Schlimmste, was Nick passieren könnte. Er hat sich geschworen, das Unternehmen nach oben zu bringen, doch es sieht ganz so aus, als sollte es ihm nicht gelingen.“
Steve nahm einen langen Schluck. „Abwarten. Wir kommen der Sache jetzt näher. Irgendjemand ist also daran interessiert, die Mexcal so weit zu ruinieren, dass die Inhaber die Lust verlieren und verkaufen.“
„Genau. Vor allen Dingen bekommt der Käufer dabei die Bohrkonzessionen. Es gibt Interessenten. Wir hatten vor einiger Zeit bereits Angebote, aber wir haben sie natürlich ausgeschlagen.“
Steve beugte sich vor. „Wer waren diese Leute?“
Diana überlegte einen Augenblick. „Eigentlich nur zwei“, sagte sie schließlich. „Das eine war die Exxon, die können wir in diesem Zusammenhang aber vergessen. Sie haben selbst Konzessionen und brauchen unsere wirklich nicht. Gegen diesen Giganten sind wir nur Fliegendreck. Der andere Interessent jedoch würde mit unserer Firma einen guten Kauf tätigen. Es ist die American Middle East Oil Company.“
„Erzählen Sie mir mehr darüber“, sagte Steve McCoy. Sein Instinkt verriet ihm, dass er auf der richtigen Spur war. Die Inszenierung mit den Söhnen Allahs war eine Tarnung, um die Hintermänner abzuschirmen. Und wenn die Verantwortlichen bei einer Konkurrenzfirma saßen, mussten sie für eine verdammt gute Tarnung sorgen.
„Die American Middle East Oil ist ebenso wie wir ein kleines Unternehmen. Sie gehört einem einzelnen Mann, Robert Wilson, der seine Firma aus kleinsten Anfängen aufgebaut hat. Seine Interessen liegen hier am Persischen Golf, und er wollte seinerzeit die Mexcal kaufen, weil sie hervorragend in sein Imperium gepasst hätte. Ich will Sie nicht mit den Einzelheiten über Konzessionen, Lizenzen, Bohrungen, Transportwege und Verkaufsorganisationen langweilen, aber Sie können davon ausgehen, dass eine Verschmelzung der Mexcal mit American Middle East Oil für Wilson eine schlagartige Verbesserung seiner Situation bedeutet hätte.“
„Gilt das auch heute noch?“, fragte Steve.
„Sicher. Er würde uns zu gerne in die Finger kriegen.“
„Trauen Sie diesem Mann zu, dass er zu solchen Mitteln greift, um die Mexcal Oil in die Hand zu bekommen?“
Diana hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Nur eines ist klar. Wenn die Anschläge weitergehen und wenn mein Bruder nicht gefunden wird, dann müssen wir Mexcal verkaufen. Und wenn dann Wilson noch der einzige Interessent ist – dann müssen wir auch an ihn verkaufen.“
„Ich verstehe. Dann werden wir uns wohl um diesen Mister Wilson kümmern müssen. Aber zunächst ist die Bruderschaft der gefährlichere Gegner.“