Auch ein Papst braucht Ferien – selbst wenn die sich nur auf einen vorübergehenden Tapetenwechsel beschränken. Was das Ziel der Urlaubsreise angeht, blieb den Päpsten die Qual der Wahl lange Zeit erspart: Sie pflegten ihre Ferien ausschließlich in Castel Gandolfo zu verbringen, einem kleinen, keine 30 Kilometer von Rom entferntem Ort in den Albaner Bergen. Dort steht seit knapp 400 Jahren die von Urban VIII. erbaute Villa Barberini, in der nicht nur der Papst, sondern ebenso sein vatikanischer Mitarbeiterstab regelmäßig Zuflucht vor der römischen Sommerhitze suchen.
Die päpstliche Ferienresidenz ist staatsrechtlich gesehen Teil des Kirchenstaats. Doch auch wenn ihre Grundfläche mit Parks und Nebengebäuden 55 Hektar und damit elf Hektar mehr als die des Vatikans beträgt, sollte man sich von Begriffen wie »Residenz« und »Castel« nicht in die Irre führen lassen. Residenz bedeutet in diesem Fall nicht mehr als Aufenthaltsort. Und die Sommervilla selbst hat trotz ihrer einigermaßen stattlichen Ausmaße nichts mit einem schloss- oder gar burgähnlichen Kastell gemein. Vielmehr bezeichnet das italienische Wort castel – ähnlich wie das französische château – in diesem Zusammenhang einfach einen Weinbauort. Castel Gandolfo ist eines der 13 alten Winzerdörfer, die zusammen das durch ein eigenes Herkunftsprädikat geschützte Anbaugebiet der Castelli Romani bilden.
Das geologische Zentrum des Gebiets bildet der riesige, aber als erloschen geltende Vulkan Monte Cavo, in dessen Kratern sich zwei idyllische Seen gebildet haben: der Lago di Nemi und der doppelt so große Lago di Albano. Der vulkanische Boden – verwitterter Basalt und tuffhaltiger Lehm – bringt neben dem berühmten weißen Frascati auch jene Weiß-, Rot- und Roséweine hervor, die unter der Herkunftsbezeichnung Colli Albani firmieren.
Mit anderen Worten: Um dem Gebiet der Albaner Berge einen Besuch abzustatten, muss man sich nicht ausschließlich für den Papst interessieren. Bereits die alten Römer haben den Naherholungswert entdeckt und dort Sommerhäuser errichtet. Zwei von ihnen, die Villa des Clodius und die des Kaisers Domitian, wurden in die Papstresidenz von Castel Gandolfo integriert.
Begünstigt wurde der römische Freizeittourismus durch den Bau der durch die Albaner Berge nach Süden führenden Via Appia. Deren ursprünglichem Verlauf folgt noch heute eine der beiden Weinstraßen, die die Römer vor allem an Wochenenden massenhaft für Familienausflüge nützen, getreu der in Italien besonders beliebten Devise: Am schönsten ist es da, wo alle anderen sind. Die aus diesem Grund hochentwickelte touristische Infrastruktur der Albaner Berge – zahllose enoteche (Vinotheken) und Trattorien offerieren jungen Wein zu herzhaften Regionalspezialitäten wie porchetta (am Spieß gegrilltes Halbwildschwein) – lässt sich natürlich genauso an Werktagen nützen. Dann findet man auch die Muße, sich mit den kulturellen Highlights im Süden von Rom vertraut zu machen.
Die Albaner Berge sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar: Man nimmt entweder die U-Bahn-Linie A bis zur Station Anagnina und von dort die blauen Cotral-Busse (die mit »Direzione Via Appia–Via Nettunense« beschrifteten fahren bis Castel Gandolfo), oder man fährt von der Stazione Termini, dem römischen Hauptbahnhof, mit dem Nahverkehrszug nach Frascati, von wo es dann ebenfalls mit Cotral-Bussen weitergeht.
Wer den Ausflug nach Castel Gandolfo von Rom aus im eigenen Auto unternimmt, tut gut daran, die moderne Via Appia Nuova zunächst einmal zu meiden. Zum einen ist sie als direkte Verbindung zwischen dem Stadtzentrum und dem Flughafen Ciampino häufig überlastet, und zum anderen ließe man dabei die altrömische Via Appia Antica zwar nicht links, aber (aus der Fahrtrichtung gesehen) rechts liegen.
Dass der Vatikan und die zweite päpstliche Residenz in Castel Gandolfo ausgerechnet durch jene Via Appia Antica miteinander verbunden sind, ist gewiss ein Zufall: Die Päpste hätten sich ja ebenso gut einen anderen Ort im damaligen Kirchenstaat als Sommersitz aussuchen können. Aber immerhin wirkt dieser Zufall außerordentlich sinnreich: Die Via Appia selbst – zugleich Marschroute der römischen Heeresaufgebote und Hauptstraße des größten und wichtigsten Katakombenareals – ist ja ihrerseits nicht nur ein Symbol, sondern ein real erhalten gebliebenes Teilstück der gemeinsamen römisch-christlichen Geschichte.
Die originale Via Appia weist streckenweise noch die altrömische Pflasterung auf und ist, außer an Sonntagen, dennoch als Staatsstraße SS 7 für den allgemeinen Verkehr freigegeben. Erreichen lässt sie sich am besten von der hinter dem Circus Maximus gelegenen Porta Capena aus über die große Viale delle Terme di Caracalla, die bereits auf der Trasse der Appia Antica verläuft, nach 500 Metern in die Via di Porta San Sebastiano und dann in die endlich auch offiziell so benannte Via Appia Antica übergeht.
Was das alles mit dem Vatikan zu tun hat? Genau diese Frage stellte sich, einer frommen Legende nach, Jesus Christus, als er dem vor den Schrecken der Christenverfolgung aus Rom fliehenden Petrus auf der Via Appia entgegentrat. »Quo vadis, Domine?« soll ihn der erstaunte Petrus da gefragt haben: »Wohin gehst du, Herr?« – »Das siehst du doch«, erhielt er zur Antwort, »ich gehe nach Rom, um mich ein zweites Mal kreuzigen zu lassen.« Worauf der so auf seine mangelnde Zivilcourage hingewiesene Petrus – schließlich war er der erste Papst – beschämt kehrtgemacht und zu seiner Gemeinde nach Rom zurückgekehrt sein soll. Zur Erinnerung an diese Begegnung, ohne die (selbst wenn sie nur eine innere Begegnung des Petrus mit seinem Gewissen gewesen sein sollte) es vielleicht keine römisch-katholische Kirche, mit Sicherheit aber kein römisches Petrusgrab, keinen Petersdom und keinen Vatikan gäbe, wurde im neunten Jahrhundert die Kirche »Domine, Quo vadis« (sie steht heute links der Via Appia an einer Straßengabelung) erbaut, und zwar genau über dem bis heute sorgfältig konservierten Fußabdruck, den Jesus damals angeblich im Straßenpflaster hinterließ.
Abgesehen davon, dass in der »Quo vadis«-Kirche merkwürdigerweise nur ein Duplikat ausgestellt ist (das »Original« wird einen guten Straßenkilometer weiter in der Kirche San Sebastiano aufbewahrt) – an die Echtheit dieses steinernen Fußabdrucks zu glauben fällt einem, milde ausgedrückt, einigermaßen schwer. Allenfalls bewundert man, während man ihn besichtigt, die glaubensstarke Detailverliebtheit seiner Hersteller: Sie vergaßen nicht einmal die Löcher in den Fußsohlen (es sind beide Füße zu sehen), die auf die bei der Kreuzigung verwandten Nägel hinweisen.
Hinter San Sebastiano verlassen wir allmählich das Gebiet der Katakomben. Das heißt nicht, dass es von nun an keine kulturgeschichtlichen Attraktionen mehr zu sehen gäbe, im Gegenteil: Die gesamte Via Appia Antica ist ein einziges antikes Freilichtmuseum. Nur, mit dem Gegenstand unseres Buches haben die weiteren entlang der Straße aufgereihten Grabdenkmäler (besonders prominent: das Grab der Cecilia Metella) oder Landhäuser bei bestem Willen nichts zu tun. Wir nehmen das als willkommenen Anlass, uns statt auf klassische Ruinen und unterirdische Höhlen wenigstens vorübergehend auf die immer noch von alten römischen Meilensteinen markierte Straße selbst zu konzentrieren. Die ist zwar im Lauf der Zeiten ganz schön heruntergekommen; eine Zeit lang feierte der römische Vorstadtstraßenstrich entlang der alten Appia mehr oder weniger fröhliche Urstände, und nachts kommt es einem hier immer noch nicht recht geheuer vor. Tagsüber aber, vor allem in den späten Nachmittagsstunden, spürt man entlang der Straße immer noch jenes faszinierend melancholische Flair, das so viele Landschaftsmaler des 18. und frühen 19. Jahrhunderts in ihren Bildern festzuhalten versuchten: hier eine Schafherde auf einer mit Steintrümmern übersäten Wiese, dort eine in leicht zerzauster Würde erstarrte Piniengruppe und hinten, ganz am Horizont, die Bögen eines antiken Viadukts.
Am dichtesten vermittelt sich einem diese seltsame Stimmung zwischen dem dritten und dem sechsten Meilenstein. Danach wird’s dann zunehmend schwieriger, den Schnellstraßenlärm der weiter links verlaufenden Via Appia Nuova zu ignorieren, in die, nach ungefähr 15 Kilometern, die alte Via Appia einmündet. Von dort sind es nur noch wenige Autominuten bis zur Abzweigung an den Albaner See und nach dem eindrucksvoll steil über dem See aufragenden Castel Gandolfo – vorausgesetzt, man bleibt nicht noch kurz vor dem Ziel im gern sehr zäh fl ießenden Verkehr der Via Appia Nuova stecken. Um eben das zu vermeiden, lässt sich der Papst meist im Hubschrauber in seine Sommerresidenz fliegen.
Doch nur kein Neid! Uns erwartet schließlich, nachdem wir den Hügel zum Castel hinaufgekurvt sind, das kleine Dorf Castel Gandolfo mit seiner wunderschönen Marktplatzidylle direkt vor dem Schloss – ein Anblick, der dem Papst selbst stets vorenthalten wird. Dessen Landeplatz liegt nämlich in der äußersten südlichen Ecke des Geländes. Wenn der Papst dort aussteigt, bekommt er als Erstes statt seiner Sommervilla ein paar Gemüsefelder und einen kleinen Bauernhof zu sehen. Die Hälfte des päpstlichen Landsitzes wird bis heute landwirtschaftlich genutzt; die – streng nach den Regeln der Biolandwirtschaft – erzeugten Produkte kommen der Küche des Papstes, derjenigen der Schweizergarde und anderen Kantinen des Vatikans zugute.
Was dann noch übrig bleibt an Obst, Gemüse, Olivenöl oder Honig (es gibt auch einen päpstlichen Bienenstock), wird entweder in der Annona, dem vatikanischen Supermarkt, oder öffentlich auf dem Wochenmarkt von Castel Gandolfo verkauft.
Auch die Milch von Castel Gandolfo fand früher viele Liebhaber, als sie noch in der Annona verkauft wurde. Doch die Zeiten, in denen veritable Nutztierhaltung betrieben wurde, sind schlicht deswegen vorbei, weil von zumindest finanziellem Nutzen keine Rede mehr sein kann. 2003 war der vatikanische Agrarbetrieb sogar ganz eingestellt worden; es musste wohl erst ein Papst aus Bayern kommen, um ihn neu zu installieren. Heute ist der von dem jungen Landwirt Emiliano Arciero liebevoll bewirtschaftete Bauernhof von Castel Gandolfo sozusagen ein kleines Mustergut, das vor allem aus Freude an der Sache betrieben wird. Immerhin, für den Tisch des Papstes fällt dabei genug ab; Milch von den gerade mal acht gefl eckten Kühen, die hier gehalten werden, Eier von zwei Dutzend frei über die Wege und Wiesen des Parks laufenden Hühnern, Oliven von den Bäumen und Honig von den Bienen.
Die Tiere, erzählt Emiliano stolz, würden hier fast so liebevoll wie Menschen betreut – fast, denn ab und an gerät schon einmal ein Kalbsbraten oder ein Stück Lammfl eisch auf die Teller der Papst-WG. Zu Emilianos Ehre: Wenn er einen seiner Schützlinge zur Schlachtbank führen muss, bricht ihm jedes Mal fast das Herz. Und es gibt Tiere, denen er das um keinen Preis antäte, zum Beispiel ein Lamm, das eine Besuchergruppe dem Papst als originell gemeintes Ostergeschenk überreichte und das Emiliano wochenlang mit der Flasche aufpäppeln musste – wie ein Menschenkind eben.
Maschinen setzt der Bauer des Papstes für seine Arbeit so gut wie nicht ein, nach Möglichkeit nicht einmal seinen netten kleinen Traktor. Für den öffentlichen Verkehr, und nicht nur für den motorisierten, ist das gesamte Areal ohnehin strikt gesperrt. Schließlich kommen die Päpste hierher, um wenigstens für kurze Zeitspannen ihre Ruhe zu haben. Wirklich Urlaub machen sie hier aber kaum. Benedikt XVI. etwa nützt die päpstliche »Ferienwohnung« – sie befindet sich im zweiten Stock des westlichen Flügels der Villa Barberini – mit Vorliebe, um seine Bücher zu schreiben und um private Besucher zu empfangen. Neben denen sagen sich freilich auch immer wieder offizielle Gäste wie die deutsche Bundeskanzlerin oder der Präsident der Vereinigten Staaten in Castel Gandolfo an – und dann geht es dem Papst vermutlich nicht anders als vielen anderen Ferienhausbesitzern, in deren Sommerfrische mehr oder weniger liebe Besucher hereinplatzen: Er macht halt gute Miene zum bösen Spiel.
Wer es als Privatmensch darauf anlegt, sich unter jene Ruhestörer einzureihen, muss über gute kirchliche Beziehungen verfügen: Zu Besucheraudienzen werden in Castel Gandolfo nur kleinere Gruppen zugelassen. Die großen Mittwochsaudienzen dagegen, zu denen nach Voranmeldung jeder Zutritt hat, finden auch im Sommer grundsätzlich im Vatikan statt – der Hubschrauber macht’s möglich.
Sonntags jedoch bleibt der Papst in Castel Gandolfo. Und statt, wie sonst, vom Fenster seiner Wohnung über dem Petersplatz aus zelebriert er dann das (meist mit einer kurzen Ansprache verbundene) Angelusgebet auf der Loggia seiner Residenz. Für Castel-Gandolfo-Touristen ist das die einzige Chance, den Papst hier persönlich zu sehen – und zugleich wenigstens bis in den Innenhof des Palastes vorzudringen, über dem jene Loggia liegt.
Übrigens ist es nicht der Papst allein, der hier die Gelegenheit zur Sommerfrische oder zu einem Kurzurlaub in den Albaner Bergen nützt. Das vatikaneigene Grundstück von Castel Gandolfo ist im Lauf der Zeit immer wieder durch Zukäufe vergrößert und ausgebaut worden. Zum einheitlichen »Feriendorf« wurde die Anlage erst vor gut 70 Jahren. Seit damals verbinden Straßenbrücken und Galerien die bis dahin getrennt voneinander liegenden drei größeren Landhäuser. Außer der eigentlichen Papstresidenz, der Villa Barberini, sind das der sogenannte Giardino del Moro und die Villa Cybo. Vor allem in Letzterer halten sich gern Kardinäle aus aller Welt auf. Einer von ihnen war im Herbst 1978 der polnische Kardinal Wojtyla. Der suchte hier Ruhe vor dem durch die damals bevorstehende Papstwahl ausgelösten vatikanischen Stress – und wurde eine Woche später selbst zum Papst gewählt.
Niemals Ferienstimmung herrscht im gegenüber der päpstlichen Wohnung liegenden Ostflügel der Villa Barberini, im Gegenteil: Dort wird das ganze Jahr über buchstäblich Tag und Nacht gearbeitet. Hier nämlich ist die specola untergebracht. Hinter diesem Namen steckt eine Institution, die in den Augen vieler ungefähr so gut zum Kirchenstaat zu passen scheint wie die Faust aufs Auge: die vatikanische Sternwarte, von Spöttern zuweilen auch »Galileis Rache« genannt.
1633 hatte die katholische Kirche Galileo Galilei wegen seiner Verteidigung des kopernikanischen Weltbilds (»Die Erde dreht sich mit den anderen Planeten um die Sonne«) verurteilt und zum Widerruf gezwungen. Dass sie sich den Erkenntnissen des großen Astronomen später beugen musste, ist ebenso bekannt wie die Erklärung, in der Papst Johannes Paul II. – spät, aber immerhin – jenes Verdammungsurteil öffentlich widerrief. In Wahrheit freilich hat sich der Vatikan von Anfang an ziemlich unwohl mit seiner Entscheidung gefühlt. Gut und schön, die Bibel bezeichnete ganz eindeutig die Erde als den Mittelpunkt des Kosmos. Gegen astronomische Erkenntnisse, die in eine andere Richtung wiesen, hatten die Päpste lange Zeit kirchliche Gegengutachter ins Rennen geschickt, die beunruhigende Befunde über Planetenbahnen, merkwürdige Schwerkraftphänomene und dergleichen irgendwie ins traditionelle Weltbild der Kirche einzufügen versuchten.
Diese Zeiten sind längst passé. Der Glaube fängt da an, wo die Wissenschaft aufhört, sagt der gegenwärtige Papst. Das bedeutet aber letztlich, dass man nicht versuchen sollte, die Wissenschaft durch den Glauben zu ersetzen. Dass der auch naturphilosophisch exzellent gebildete Benedikt XVI. immer wieder und klarer als all seine Vorgänger die Bedeutung der modernen Naturwissenschaften hervorhebt, freut das kleine, von dem amerikanischen Astronomen Richard Murphy geleitete und ausschließlich aus Jesuiten bestehende Team ganz besonders.
»Nein, Gott sehe ich da oben nicht«, sagt Murphys Stellvertreter Sabino Maffeo lächelnd, während er aus der Kuppel der Sternwarte durch ein reichlich bejahrtes, trotzdem immer noch eindrucksvolles deutsches Teleskop in den Himmel guckt. Aber irgendwie, fügt er hinzu, suche man gerade auch dann nach Gott, wenn man überholte Welt- und Gottesbilder widerlege und die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis ins noch nicht Bekannte ausdehne – seien das nun Sterne oder neue Theorien über die Entstehung des Weltalls. Wer für jedes unerklärliche Phänomen immer gleich den lieben Gott verantwortlich macht, davon sind die päpstlichen Astronomen fest überzeugt, dient nicht der Sache des Glaubens, sondern schadet ihr eher, schon weil wir das meiste von dem, was uns heute wie ein Rätsel oder ein Wunder erscheint, ziemlich sicher eines Tages natürlich werden erklären können.
»Andererseits«, setzt Pater Maffeo leise hinzu (und das ist der einzige fromme Satz, den wir von ihm hören), »wird uns bei alledem niemals die Frage nach dem Warum loslassen.« Darf man also die specola wirklich als »Galileis Rache« bezeichnen? Der Astronom antwortet mit dem berühmtesten Satz Galileis, der noch auf dem Sterbebett darauf bestanden haben soll, dass sich trotz seines erzwungenen Widerrufs die Erde um die Sonne drehe. »Eppur si muove« (»Und sie bewegt sich doch«) – und fügt trocken hinzu: »la Santa Chiesa«: Auch die heilige Kirche bewegt sich.
Ein schöneres Schlusswort, fällt uns auf der Rückfahrt von Castel Gandolfo nach Rom ein, hätten wir zu unserer Gebrauchsanweisung für den Vatikan nirgends finden können.