6

Klopf klopf.

Was war das?

Klopf klopf.

Wo war sie?

»Ich komme rein!«, sagte eine Stimme. Abigail rieb sich die Augen und blickte sich um. Flauschige Daunendecke. Kissen. Eigenes Badezimmer. Blümchengardinen, noch aufgezogen. Dunkelheit draußen. Richtig, erinnerte sie sich. Ich bin jetzt auf einem anderen Planeten. Sie lächelte schlaftrunken.

»Zeit fürs Abendessen.« Die Stimme gehörte Becky, die im Badezimmer war und die Dusche andrehte. »Spring schnell drunter und zieh dich an. Brauchst du was zum Anziehen?«

»Ja, danke.«

Die Dusche war (wie alles andere auch) vom Teuersten, die Mutter aller Duschen, vom Planet der teuren Duschen hier heruntergebracht, um hellhäutigen Schotten wehzutun, die bisher nur ein schwaches Tröpfeln kannten. Verdammt, Amerikaner machten keine halben Sachen!

»Klamotten liegen auf dem Bett!«, schrie Becky. »Wir sehen uns unten!«

Als Abigail sich mit dem unglaublich flauschigen Handtuch abgetrocknet hatte, zog sie die hochgeschnittenen Jeansshorts an, die Becky ihr rausgelegt hatte, und wagte dann einen weiteren Blick in den Spiegel. Shorts hatte sie noch nie getragen. Ihre Beine waren blendend weiß. Das T-Shirt war schwarz, und auf der Vorderseite war ein Bild von ein paar gesichtslosen Teenagern, die aussahen wie Zombies. Am unteren Rand des Bildes war der Buchstabe »G« zu sehen. Die Marke oder die Signatur des Künstlers, vermutete sie. Egal.

Das Esszimmer grenzte an die große Wohnküche im hinteren Teil des Hauses. Dort saß ihre neue Familie und wartete auf sie, Wein aus runden Gläsern trinkend, die so groß waren, dass in jedes der Inhalt einer ganzen Flasche gepasst hätte. Melanie und Grahame hatten sich umgezogen und trugen jetzt elegante Abendkleidung. Becky hatte ihr knappes Top gegen dasselbe T-Shirt getauscht, das Abigail jetzt trug. Irgendwie sah es an Becky viel besser aus. Eine Woge der Verlegenheit überkam sie, als sie mit ihren nassen Haaren, den nackten Beinen und barfuß zu ihnen ging. »Tut mir leid, ich bin eingeschlafen, und ich habe nur diese dicken Stiefel.«

»Du musst dich nicht entschuldigen.« Grahame entfaltete seine Leinenserviette und legte sie sich über den Schoß. »Der Jetlag setzt einem ganz schön zu.«

Melanie hatte Hühnchen Tikka Masala gemacht, »damit du dich wie zu Hause fühlst!«.

»Ist das nicht indisch?« Becky schnappte nach Luft, offenbar brannte ihr der Chili in der Kehle.

»Das stimmt, aber es ist das beliebteste Gericht des Landes. Es gibt eine Menge Inder und Pakistani in Schottland.« Abigail unterdrückte ein Husten. Melanie musste mindestens ein Dutzend der scharfen Biester in das Curry geschnippelt haben. Sie holte Luft, wischte sich den Schweiß von der Stirn und schluckte ein großes Stück ledriges Hühnchen. »Das war sehr aufmerksam, danke, Melanie.«

»Wie bitte?«

Abigail blinzelte nervös. Hatte sie etwas Falsches gesagt? »Ich sagte, das war sehr aufmerksam von dir, das Curry und so.«

Melanie klopfte sich mit der Hand auf die Brust und lachte. »Es ist dein Akzent! Na ja, so Gott will, verliert sich das nach einer Weile. Ich höre ihn zu gern, er ist entzückend!«

Abigail nahm sich vor, an einem amerikanischen Akzent zu arbeiten. Je eher sie die grobe, schottische Sprechweise loswurde, desto besser. Nachdem sie sich durch den Hauptgang gequält hatte, wurde Karamell-Buttergebäck serviert, ebenfalls von Melanie gebacken, »damit du dich wie zu Hause fühlst!«. Die Unterhaltung war höflich und drehte sich nur um die Party. Melanie hatte den ganzen Tag mit der Organisation verbracht. Morgen Abend würde sie stattfinden, und das Motto war Schottland.

»Morgen früh besorge ich dir ein Kleid für die Party und noch andere Kleidung.« Melanie warf einen bösen Blick auf Abigails T-Shirt. »Ich sehe, Becky hat dir eins von denen gegeben. Wissen wir mittlerweile, ob das etwas zu bedeuten hat?«

»Wie bitte?«, fragte Abigail verwirrt.

Grahame übernahm die Erklärung. »Sicher weißt du nichts darüber, Abigail, da du von einem zivilisierteren Kontinent kommst.« (Sie konnte nicht erkennen, ob er Spaß machte oder nicht.) »Seit einem Monat gibt es hier in L. A. eine Graffiti-Kampagne. Die Bilder sind dieselben wie auf deinem T-Shirt. Es heißt, es fehlt nur noch ein Buchstabe. Mittlerweile ist das fast schon Kult geworden. Und traurigerweise sind es die leicht beeinflussbaren Teenager in L. A., wie Becky hier, die ihn betreiben.« Er warf seiner Tochter einen Blick aus den Augenwinkeln zu. »Die Presse nennt es das Graffiti-Rätsel. Für mich sieht es nach einer Werbekampagne aus – wahrscheinlich, um einen von ein paar Jugendlichen gedrehten Zombiefilm oder so etwas zu launchen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, halte ich es für reinen Vandalismus, schlicht und einfach.«

Zum ersten Mal sah Abigail ein wenig Leidenschaft im Gesicht ihres Vaters. Das Thema Graffiti hatte seine Zurückhaltung erschüttert. Es gefiel ihr, dass ihn etwas aus der Fassung brachte. Dadurch wurde er realer.

»Das ist freie Meinungsäußerung«, sagte Becky und erwiderte seinen Blick.

Auf einmal wünschte Abigail, sie hätte stattdessen ihr »Scheiß auf die Monarchie«-T-Shirt angezogen. Sie wollte hier unsichtbar bleiben. Es schien so, als wäre politischer Protest in England ein weniger strittiges Thema als Vandalismus in L. A. Kein Problem. Sie hatte keinerlei politische Überzeugungen.

»Ich besorge dir morgen neue Kleidung«, wiederholte Melanie, wie immer die Friedensstifterin.

»Ich habe genug Klamotten für Abigail«, sagte Becky. »Wir sind doch Schwestern. Wahrscheinlich passen ihr meine Sachen.« Ihr Ton war ausdruckslos.

Grahame und Melanie sahen sich an.

»Ich hoffe, es macht dir nichts aus«, sagte Grahame. Er wischte sich den Mund mit der Serviette ab, faltete sie ordentlich und legte sie neben seine leere Dessertschale. »Wir trinken heute Abend mit unseren guten Freunden, den Howards. Das war schon lange geplant. Wir würden dich ja mitnehmen, aber «

»Du würdest dich zu Tode langweilen«, endete Becky.

Er lächelte süffisant. »Nun, ehrlich gesagt, ja. Becky ist für dich da.«

»Aber ich gehe auch aus. Das habe ich schon lange geplant«, protestierte Becky.

»Nimm Abigail mit. Sie begleitet dich bestimmt gern.«

»Das macht ihr keinen Spaß.«

Abigail schluckte. Plötzlich redeten sie über sie, als wäre sie nicht im Raum. Schlechtes Zeichen. Dasselbe taten Sozialarbeiter immer, wenn sie wieder umziehen musste.

»Becky, dies ist der erste Abend deiner Schwester hier.« Grahames Stimme wurde hart. »Entweder du gehst nicht aus oder du nimmst sie mit.«

»Es ist der erste Abend deiner Tochter hier«, fauchte Becky, packte wütend Teller und Besteck und stürmte in die Küche.

Abigail hatte überhaupt keine Lust auszugehen. Sie wollte Becky nicht hinterherlaufen müssen. Viel lieber hätte sie sich im Haus umgesehen, allein. Aber sie fand es schrecklich, dass sie schon jetzt eine Last war. Es war offensichtlich, dass Becky sie nicht mochte. Das war ja auch verständlich. Eine nagelneue Schwester, ein verrückter Straßenpunk mit einem blöden Akzent, der ohne Vorwarnung in Beckys behagliches Leben geplatzt war. Ihr ganzes Leben lang hatte sich Abigail bemüht, niemandem im Weg zu sein, niemanden zu brauchen, und nun war sie schon an ihrem ersten Tag eine Nervensäge, die auf Hilfe angewiesen war.

Sofort nachdem Melanie und Grahame sie beide allein gelassen hatten – nicht ohne Abigail noch einmal zu umarmen (sie hoffte, dass ihnen diese Gefühlsdemonstrationen irgendwann vergehen würden) –, rannte Becky nach oben. Abigail ging ihr nach und fand sie im Flur, wo sie eine Leiter aus einer Falltür in der Decke zog.

»Hör mal, ich bleibe hier«, sagte Abigail ihr. »Das geht schon in Ordnung.«

»Nein. Er hat es mir befohlen.« Becky kletterte die Leiter hoch und verschwand im Dachboden.

Der schroffe Märtyrerton war echt zu viel. »Ich will nicht mitgehen«, fauchte Abigail.

Ihre Schwester erschien in der Falltür. »Komm rauf und pack unten an.«

Abigail wusste, dass sie nicht widersprechen konnte. Es war zu früh. Und Beckys Lächeln sagte ihr, dass auch Becky wusste, dass sie die Kontrolle über die Situation hatte. Abigail kletterte nach oben, wo ihre neue Schwester den Rand einer großen Truhe umklammert hielt, um sie nach unten zu schaffen.

»Nimm das andere Ende. Kannst du sie nach unten gleiten lassen? Sie ist nicht schwer.«

»Kein Problem«, murmelte Abigail.

Die Truhe fühlte sich an, als wäre sie leer. Nichts klapperte darin. Sie rumste gegen die Leitersprossen, als sie langsam rückwärts nach unten und zu Boden rutschte.

»Ich habe sie letzte Woche hier oben gefunden«, sagte Becky, als sie wieder im Flur stand. »Vielleicht breche ich sie auf und nutze sie als Stauraum.«

»Was ist da oben?«

»Nur altes Gerümpel. Sentimentales Zeug, das er versteckt.«

»Ist er wirklich so sentimental?«

»Okay, das war das falsche Wort. Ich würde Dad als … fehlgeleitet beschreiben. Ha! Das sagt er immer über mich.« Becky schob die Leiter wieder zurück. »Was heute Abend angeht: Kannst du den Mund halten?«

»Kommt drauf an.«

»Du musst es mir versprechen.«

Abigail spürte, wie sie in sich zusammensackte. Bedeutete das, dass sie ihren Dad und Melanie verärgern musste? Oder etwas Illegales tun, das sie zurück nach Glasgow bringen könnte? »Wie ich schon sagte, ich würde lieber hierbleiben. Ich bleibe in meinem Zimmer und sage ihnen, dass du mich mitgenommen hast.«

»Nein. Komm schon.« Becky seufzte. »Hör zu, es tut mir leid, dass ich so zickig war. Aber du musst mir versprechen, dass du den Mund hältst.«

»Nicht, wenn durch dein Geheimnis irgendjemand zu Schaden kommt.«

Beckys Augen flackerten, als wäre sie gekränkt. »Echt?«

»Ja, echt.«

»Niemand wird zu Schaden kommen.«

»Und ich bekomme keine Schwierigkeiten?«

»Keine Sorge.« Becky zögerte. »Abigail, ich bin froh, dass du hier bist. Ich meine es ernst. Ich möchte, dass du das mit mir gemeinsam tust.«

Abigail dachte einen Moment nach. »In Ordnung.« Um ehrlich zu sein, war sie neugierig, was um Himmels willen ihre Schwester vorhatte, das strenge Geheimhaltung und eine leere Truhe erforderte. Sie half ihrer Schwester, sie nach unten zu tragen. Im Flur blieben sie stehen, um eine Pause zu machen.

»Was ist da drin?« Abigail zeigte auf eine geschlossene Tür und fragte sich, welche Regeln in einer Familie wie dieser wohl galten. Bedeutete eine geschlossene Tür, dass man draußen bleiben sollte oder dass man vor dem Eintreten anklopfen musste? (Becky hatte ihr Zimmer betreten, ohne auf ein »Herein« zu warten.) Als sie sich umsah, ging Abigail auf, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine genaue Adresse hatte. Wenn jemand ihr schrieb, konnte er den Brief hierhin adressieren, nicht an »c/o Friedenscamp« oder »c/o Glasgow Stadtrat«. Es war kein Wohnwagen. Und es war kein Drecksloch, das sie sich mit anderen teilte. In Ersterem hatte es nur eine Tür gegeben, die immer unverschlossen war und an die sie, soweit sie sich erinnerte, nie geklopft hatte. In Letzterem waren alle Türen feuerfest gewesen, mit rechteckigen Sicherheitsscheiben. Um dort hindurchzugehen, brauchte man eine Erlaubnis, und es geschah stets mit einer gewissen Beklommenheit. Hier gab es Dutzende Türen, alle sicher und offen und einladend, und vor allem: Es waren ihre. Außer bei zwei Zimmern: Beckys und diesem hier, den Flur hinunter.

»Das ist sein Arbeitszimmer«, sagte Becky endlich. »Die Folterkammer! Machen wir, dass wir wegkommen.«

Nach einigem weiteren Grunzen und Stöhnen schaffte es Abigail, die Truhe in den Kofferraum des Vans ihrer Schwester zu hieven, zwischen haufenweise anderem Zeug – was, wusste sie nicht, denn es war alles mit Decken verhüllt. Sie zog die Beifahrertür zu, und Becky rammte den Schlüssel ins Zündschloss. Ein kleines Papptäfelchen in Form einer Reklametafel baumelte vom Rückspiegel. Graffiti-Rätsel: Was hat es zu bedeuten? Der Van stank nach dem überquellenden Aschenbecher.

»Wo fahren wir hin?«, fragte Abigail.

»Wir, kleine Schwester, werden den Himmel bomben.«

»Bist du bei al-Qaida oder so?«

»Ha! Du bist witzig. Wenn ich sage Himmel, meine Liebe, meine ich die Rückseite eines Autobahnschildes.«

Abigail hatte keine Ahnung, wovon Becky sprach. Wieder fragte sie sich, ob Becky es darauf anlegte, sie in Schwierigkeiten zu bringen. Vielleicht würde ihr Vater sie dann zurückschicken, sich ihrer entledigen, sodass Becky wieder ganz allein ihr Leben leben konnte, so wie es ihr gefiel.

»Keine Sorge!« Becky kicherte. »Nicht mit einer richtigen Bombe.«

Becky Johnstone war eine selbstbewusste, forsche Fahrerin. Abigail überprüfte wiederholt ihren Sicherheitsgurt, als der Van die Hügel hinunter und auf den Freeway röhrte. Sie klammerte sich an den Griff über der Tür und fragte sich, ob sie sie wohl bitten könnte, langsamer zu fahren, ohne sich lächerlich zu machen. Sich vor ihrer neuen Schwester vom schottischen Punk zum jämmerlichen Waschlappen zu wandeln, wäre schlechter Stil. Komisch, dachte sie, hätte sie Becky in Glasgow getroffen, hätte sie ihr nicht mal die Uhrzeit gesagt. Die Angst der Reichen – was für ein egozentrischer Schwachsinn.

Mit nur einer Hand am Steuer und nur ein Auge auf die Straße gerichtet, steckte Becky ihren iPod ein und ließ den Daumen rotieren. »Hör dir das mal an.«

Aus der Anlage dröhnte eine Nachrichtenmeldung. »Der Vandalismus in Los Angeles hat seit dem Beginn der berüchtigten Graffiti-Rätsel-Kampagne schlagartig zugenommen. Bisher hat sich weder ein Unternehmen noch ein Sponsor dazu bekannt. In einer Ansprache an seine Partei während einer Konferenz zum Thema Verbrechen in Washington gestern Abend berichtete der Vizegouverneur von Kalifornien, Dennis Howard, von seinem Vorhaben, das Problem der Jugendkriminalität zu seiner Priorität zu machen.«

Es wurde die Stimme eines Mannes eingeblendet: »Hier geht es nicht um Graffiti, sondern um den Mangel an Verantwortungsgefühl. Es ist noch nicht lange her, da waren die Nachrichten voll mit positiven Geschichten über Jugendliche, darüber, wie sie sich einbringen – durch Kommunikation, durch soziale Medien, durch den Einfluss ihrer Stimmen. Wir haben gehört, wie sie das Bewusstsein wecken für ihre Probleme, wie sie füreinander einstehen. Wir wurden inspiriert von jungen Menschen, die sich von den Fesseln ihrer schlechten Lebensumstände befreit hatten.

Doch was ist der Beweis? Der Vandalismus? Ich sehe mir nicht nur diese Graffitis an, ich sehe mir auch die Statistiken an. In ärmeren Stadtteilen hat sich die Zahl der Schwangerschaften im jugendlichen Alter verdoppelt. Drogen- und Alkoholmissbrauch grassiert weiter. Es wurde viel geredet, über Arbeitsplätze, über die Zukunft … doch nichts ist passiert. Wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, dass wir etwas bewirkt haben. Diese neueste Welle von Vandalismus ist ironischerweise das beste Beispiel für das, was mit unseren am meisten gefährdeten Jugendlichen geschieht.«

Der Sprecher übernahm: »Mr. Howard schloss mit dem Versprechen, das Problem anzugehen.«

Jetzt war wieder der Vizegouverneur zu hören: »Kein politisch korrekter Eiertanz mehr um das, was getan werden muss. Wir müssen entschlossen handeln. Und zwar jetzt. Dies ist unsere Zukunft. Nichts ist wichtiger als unsere Kinder.«

Becky stellte den iPod ab. Sie fasste herüber, zog einen großen, fertig gerollten Joint aus dem Handschuhfach und drückte den Zigarettenanzünder ein. »Mit diesem Typen, dem Vizegouverneur, und seiner Frau sind Dad und die Roboterfrau heute Abend zusammen. Er war letzte Woche im Radio. Was für ein Arschloch.« Sie zog den Anzünder heraus und zündete den Joint an.

Abigail war unsicher, was sie sagen sollte. Zum einen wusste sie nicht, warum Becky wollte, dass sie das hörte. Zum anderen hatte sich der Vizegouverneur nicht wirklich wie ein Arschloch angehört. Abigail kam aus einer im Verfall begriffenen Stadt – größtenteils dank Typen wie Billy, die ihre Karriere schon als Teenager begonnen hatten. Wenn der Typ im Radio es ernst gemeint hatte, wenn er wirklich glaubte, dass nichts wichtiger war als Kinder, dann war das doch toll. Probleme sollte man angehen.

Sie schwieg und starrte aus dem Fenster, während der Van eine steile Ausfahrt hinunterfuhr.

Ganz plötzlich, nach nur ein paar Ampeln, entdeckte sie, dass sie sich mitten in einer üblen Gegend befanden. An den Straßenecken standen Frauen, die Hälfte der Gebäude waren mit Brettern zugenagelt und mit Farbe besprüht, viele Fenster waren eingeschlagen, und schemenhafte Gestalten starrten ihren vorbeifahrenden Wagen an. Abigail vergewisserte sich, dass die Tür verschlossen war. Wenigstens hatte sie in Glasgow gelernt, eine Bedrohung zu erkennen, zu meistern und sogar ihre Schwere einzuschätzen. Eine Gruppe von Mädchen an einer Bushaltestelle um sechs Uhr abends an einem Montag bekam zum Beispiel eine Bedrohlichkeitsquote von 0/10. Während drei torkelnde Männer in wasserdichten Trainingsanzügen im Stadtzentrum an einem Freitag um zwei Uhr morgens eine 8/10 hatten.

Sie wich den Blicken einer Gruppe von Teenagern mit Kapuzen aus, die vor dem Eingang eines Supermarktes herumhingen und Starkbier tranken. Auf dem Parkplatz lag überall Müll herum. Es war etwa neun Uhr abends. Es war … Scheiße, sie konnte sich noch nicht einmal erinnern, welcher Wochentag war. Bedrohlichkeitsquote? Sie hatte keine Ahnung, und wer wusste schon, was in Beckys Augen eine Quote von 10/10 rechtfertigte.

Schließlich hielt Becky am Straßenrand gegenüber einem großen Gebäudekomplex, der von einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben war. Sie zerrte ihr Telefon heraus und tippte eine SMS. Ein paar Augenblicke später ließ sie den Motor aufheulen. »Da kommen sie.«

Bevor Abigail wusste, was geschah, kam ein Junge in einem orangefarbenen Overall über den Zaun geklettert. Wie aus dem Nichts tauchte ein weiterer Junge in Straßenklamotten auf, packte den ersten Jungen und sprintete über die Straße. Zusammen öffneten sie die Hintertür des Vans und sprangen hinein. Becky fuhr so schnell an, dass Abigails Kopf gegen die Kopfstütze hinter ihr knallte.

»He!« Abigail verzog das Gesicht. »Was ist hier los?«

Becky bog mit quietschenden Reifen nach links ab, sodass Abigail sich die rechte Seite des Kopfes am Fenster stieß. »Das geht in Ordnung. Wir holen Joe nur für heute Nacht raus.«

Abigail runzelte die Stirn und rieb sich die Schläfen. »Joe?«

»Sticks Kumpel.«

»Stick?«

»Stick ist ein Freund von mir. Joe ist ein Junge, den er mal nachts draußen kennengelernt hat. Er hat ein paar Monate mit uns zusammengearbeitet, bevor er erwischt wurde. Er ist unser Freund. Der Junge ist ein Genie.«

»Wovon redest du? Hast du was dagegen, wenn ich einfach nach Hause fahre?«

»Geht nicht. Dafür ist es jetzt zu spät. Es dauert nicht lange.«

Irgendwann hielt Becky den Van hinter den riesigen, tristen Pfeilern einer Freeway-Überführung an. »Alles wird gut. Entspann dich.« Sie zog den Vorhang hinter dem Vordersitz auf, hinter dem ein kleines Fenster zum Rückraum des Vans zum Vorschein kam. »Guck selbst.«

Abigail kniete sich auf ihren Sitz und spähte hindurch. Die beiden Jungen rissen die Decken zur Seite. Darunter waren Eimer mit Klebstoff, Pappschablonen, Dosen mit Sprühfarbe, Pinsel in allen Formen und Größen und eine Leiter. Dann öffneten sie die Hecktüren und sprangen hinaus. Der in dem orangefarbenen Overall – Joe – musste ungefähr vierzehn sein, der andere Junge – Stick – ein paar Jahre älter.

»Wir sind Streetart-Künstler«, verkündete Becky.

Künstler, von wegen, dachte Abigail. Sie waren genauso wenig Künstler, wie Billy Arbeitsplatzvermittler war.

Ihre Rollen waren klar definiert. Joe war der Maler. Nervös, mit kurz geschorenem Haar und einem permanenten bösen Stirnrunzeln auf dem aschfahlen, aknenarbigen Gesicht, sah er aus wie einer dieser Möchtegernschläger in Glasgow. Nicht gerade wie ein »Genie«.

Stick war der Aufpasser und der Fotograf. Genau wie Billy hätte auch Stick gut aussehen können, wenn Armut und Kriminalität nicht ihren Tribut gefordert hätten. Groß und schlank mit Welpenaugen, halb verdeckt von einem seitlichen Pony, hatte ihn sein Genpool mit ausgezeichnetem Rohmaterial ausgestattet. Aber wenn dazu ein eine Nummer zu kleines Graffiti-Rätsel-T-Shirt, eine zwei Nummern zu große Jeans, Adidas-Sneakers in grellem Orange und eine Baseballkappe kamen, simsalabim, dann wurde aus »gut aussehend« ganz schnell »nicht wirklich gut aussehend«.

Abigail verkniff sich ein spöttisches Grinsen. Sie war nicht den langen Weg hierhergekommen, damit ihr jetzt Typen wie der hier gefielen. Damit ihr Typen wie der hier gefielen? Der Gedanke war aus dem Nichts gekommen. Sie musterte ihn viel zu aufmerksam.

Auch Becky hatte eine Rolle. Sie machte die Schablonen und kümmerte sich um den Transport. Und heute Abend durfte Abigail, die Neue, die gebührend langweilige Aufgabe des Leiterhaltens übernehmen. Eine ihr bekannte Rolle: Sie wurde benutzt.

Keuchend umklammerte sie die unterste Sprosse am Fuße einer riesigen Plakatwand – die bis auf die Worte AUSFAHRT 400 METER leer war. Den Sinn von Graffiti hatte sie noch nie verstanden. Warum beschädigten Menschen etwas aus reiner Langeweile? Auf der anderen Seite wusste sie nur allzu gut, zu was gelangweilte Menschen fähig waren. Die Leiter wackelte gefährlich, als Becky nach oben stieg, Schablonen, einen Eimer und eine Farbrolle in der Hand, und die Pappformen an das Schild klebte.

Als sie wieder herunterkam, sagte sie: »Gut gemacht, Schwesterchen. Joe, rauf mit dir.«

»Sieht man uns von den Autos aus nicht?«, flüsterte Abigail.

»Die Gefahr besteht, aber Stick hat sich vorab um die Lampen gekümmert.«

Abigail warf einen Blick auf die Straßenlampen ganz in der Nähe. Erst jetzt bemerkte sie, dass auf zweihundert Metern alle zerschlagen waren. Trotz ihrer Angst hielt sie die Leiter fest, als Joe hinaufkletterte und Farbe in die Schablonen auftrug, zuerst mit dem Spray und dann die Details mit den Pinseln. Nach einer Weile erkannte sie das gleiche Bild wie auf den T-Shirts, die sie, Becky und Stick trugen: Fünf oder mehr Silhouetten junger Leute, mit leeren, anonymen Gesichtern, einige weiß, einige schwarz, die alle gleich angezogen waren. Sie sahen aus wie Zombies.

Er schien ewig zu brauchen. Autos sausten vorbei. Jemand hupte.

Dann und wann hielt Stick inne, um ihr seine Fotos des Werkes zu zeigen. Dabei sagte er kein Wort, doch sie war sich genau bewusst, dass sein Arm ihren berührte, als er das Telefon vor sie hielt. Die Härchen auf ihrem Arm kribbelten, während sie die Bilder betrachtete. Ein ferner Wolkenkratzer ragte über das Schild und zeichnete sich vor dem durch das Licht der Stadt und den Smog gelb gefärbten Nachthimmel ab. Sie hatte das Gebäude vorher nicht einmal bemerkt. Von hinten beleuchtet sprang ihr das Graffiti aus jedem Bild geradezu entgegen, und die Zombies wirkten unheimlich und bedrohlich. Eigenartig. Die Fotos wirkten irgendwie noch besser als das tatsächliche Bild.

»Wow, sieht gut aus«, murmelte sie endlich. Was hätte sie sonst sagen sollen?

Aus der Ferne wehte das Heulen einer Sirene heran.

»Schnell, schnell!«, schrie Becky die Leiter hoch Joe zu. »Signier es!«

Sie warf die Utensilien in den Rückraum des Vans, während Joe hastig einen einzelnen großen Buchstaben an den unteren Rand malte: A.

»Hast du alles?«, fragte Becky Stick, als Joe die wackelnde Leiter herunterkletterte.

Stick nickte. »Ja. Was meinst du, Abigail?«

Abigail biss die Zähne aufeinander und bemühte sich, die Leiter ruhig zu halten. Die Sirene wurde lauter. Joe sprang über ihre Arme hinweg auf das Pflaster, dann warfen er und Stick die Leiter in den Van.

»Steig ein!«, riefen die drei ihr zu.

Einen Moment lang war sie unfähig, sich zu rühren. Sie stand da, wie vor den Kopf geschlagen, am Fuße des Schildes. Sie konnte nicht glauben, in welcher Lage sie sich befand: am Rande eines amerikanischen Highways, während ein Polizeiwagen auf dem Weg hierher war. Sie hatte eine Straftat begangen. Das war’s. Um ihr ein Visum zu besorgen, hatte ihr Vater vielleicht Fäden ziehen können, aber noch war sie keine Bürgerin. Wenn sie verhaftet wurde, würde auch er ihre Abschiebung sicher nicht verhindern können. Wie blöd war sie eigentlich?

»Komm schon!«, schrie Becky.

Abigail sprang auf den Vordersitz des Vans und schlug die Tür zu. Aus ihrer Angst wurde Wut, als Becky quietschend anfuhr und mit über 120 km/h unter dem Freeway hindurch und über die Straßen bretterte. Aber eines musste Abigail ihr lassen: Becky war gut darin, sie wusste genau, was sie tat und wohin sie fahren musste. Offenbar floh sie nicht das erste Mal vor den Cops.

Die Sirene verklang in der Nacht.

Es war fast vier Uhr morgens, als der Van schlingernd vor der Jugendstrafanstalt hielt, wo sie Joe und Stick aufgesammelt hatten. Alles war ruhig. Niemand sagte ein Wort, als die Hecktüren des Vans aufflogen. Stick stellte die Leiter gegen den Stacheldrahtzaun. Joe kletterte hinauf und sprang auf die andere Seite. Doch in dem Moment, als Stick die Leiter wieder einlud und die Türen hinter sich schloss, ging ein Alarm auf dem Gelände los. In stummem Entsetzen starrte Abigail in den Seitenspiegel. Vier uniformierte Männer rannten auf Joe zu, der wie erstarrt dastand, als sie sich auf ihn warfen.

»Verdammt«, zischte Becky und trat aufs Gaspedal. »Scheiße. Der arme Junge.«

Der arme Junge? Fast hätte Abigail etwas gesagt. Das war alles, was Becky zustande brachte, nachdem sie ihn wieder in der Hölle abgeladen hatte? Doch sie biss sich auf die Zunge. Sie wollte nicht wissen, wie Becky sich wirklich gerade fühlte. Die Antwort wäre möglicherweise schwer zu ertragen gewesen.

Eine halbe Stunde später parkten sie vor einem baufälligen Haus in einem anderen heruntergekommenen Stadtteil. Sobald man von den Hügeln herunter war, schien L. A. eine endlose Aneinanderreihung von ärmlichen Wohngegenden zu sein. Stick sprang aus dem Rückraum und ging zum Fenster auf der Fahrerseite. Becky drückte den Knopf, um die Scheibe herunterzulassen.

»Der letzte Buchstabe«, keuchte er. Wenn es ein Triumph war, was immer das bedeutete, dann klang er eher resigniert als erfreut. »Joe hat es durchgezogen.«

»Er hat es durchgezogen«, stimmte sie ihm zu.

»Wo stehen wir jetzt?«, fragte er atemlos. Seine Welpenaugen huschten von Becky zu Abigail. Sie starrte in ihren Schoß.

»Fast fertig«, sagte Becky.

»Wann?«, bohrte er nach.

»In zwei, maximal drei Tagen. Uns läuft die Zeit davon. Ich glaube, Dad ist nicht mehr misstrauisch, aber wir müssen vorsichtig sein, verstehst du?«

»Ja«, sagte er. »Meiner schnüffelte immer noch ein bisschen herum. Aber ich glaube nicht, dass er es weiß.«

»Gib mir mein Handy. Sind alle Fotos da drauf?«

Abigail warf ihnen einen schnellen Blick aus den Augenwinkeln zu, als Stick Becky das iPhone gab, mit dem er die Bilder gemacht hatte.

»Hast du die Sache in seinem Arbeitszimmer geregelt, nur für den Fall?«, fragte er.

»Habe ich«, sagte sie. Ihr Ton war grimmig.

»Dann sehen wir uns bald?« Stick lehnte sich an die Tür. Offenbar hatte er es nicht eilig. Er steckte den Kopf durchs Fenster und schob sein müdes, verschwitztes Gesicht nah vor Beckys. »Besser früher als später?«

Ah, alles klar, dachte Abigail. Stick war verliebt in sie. Logisch.

»Hau ab, Süßer. Ich sag dir schon, wann.« Becky küsste ihn auf die Wange und schloss das Fenster, indem sie auf den Knopf drückte. Stick sprang zurück. Er runzelte die Stirn und schmunzelte kopfschüttelnd. Also empfand Becky nicht dasselbe. Obwohl sie sich vorgenommen hatte, Stick zu ignorieren, beobachtete Abigail ihn im Seitenspiegel, als sie wegfuhren. Er stand am Bordstein und starrte ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren. Was Billy niemals getan hätte, dachte sie bei sich.

Die Sonne näherte sich bedrohlich dem schwarzen Horizont im Osten, als sie den Van in der Einfahrt parkten. Nachdem sie den Alarmcode eingegeben und leise den Flur durchquert hatten, fand Abigail ihren grauen Rucksack im Wohnzimmer, wo sie ihn am Tag zuvor stehen gelassen hatte – unangetastet von ihrem Vater und Melanie. Uff. Sie nahm ihn und folgte ihrer Schwester die Treppe hinauf und in ihr neues Zimmer.

»Mach die Tür zu«, befahl Becky, zündete sich einen Joint an und ließ sich auf Abigails Bett fallen. »Na los, zieh mal dran. Dann kannst du besser schlafen.«

»Ich hab doch schon gesagt, dass ich nicht rauche.« Abigail öffnete das Fenster und warf den Rucksack auf den Boden. Sie hatte gehofft, nach dem Wahnsinn des Abends mit einer echten Unterhaltung ein wenig herunterkommen zu können, doch das war wohl nur ein dummer Wunschtraum gewesen. Trotz der luxuriösen Umgebung war dies kein Jane-Austen-Roman und würde es niemals sein. Sie stellte sich vor, wie Miss Elizabeth Bennet Graffiti auf die Wände von Mr. Darcys Herrenhaus malte (DARCY IST EIN ARSCH! SCHEISS AUF DARCY UND SEINEN STOLZ!) und sich dann kichernd mit Miss Jane Bennet bekiffte. Das passte nicht, es war nicht richtig – nicht nach dem, was mit diesem Jungen, Joe, passiert war. Und sie war nicht in der Stimmung, Becky den Brief zu zeigen oder ihr das Geld zu geben. Vielleicht ein anderes Mal. Jetzt gerade wollte sie nichts weiter, als dass Becky sie allein ließ.

Becky atmete eine große Rauchwolke aus. »Du bist sauer.«

Abigail wedelte den Rauch von ihrem Gesicht weg. »Nein, ich bin müde. Außerdem, wogegen protestiert ihr überhaupt? Gegen nierenförmige Swimmingpools?«

Beckys Lächeln wurde breiter. »Treffer. Was weiß schon ein reiches Mädchen wie ich, richtig? Aber das hier geht jeden etwas an. Uns alle. Joe auch. Vor allem Joe. Mehr als du dir vorstellen kannst. Du machst dir Sorgen um ihn, nicht wahr?«

Abigail schluckte. Komisch. (Oder das Gegenteil von komisch.) Sie musste ständig an die Szene in Shining denken, in der Danny, der kleine Junge, den Hotelchef fragte, ob er Angst hätte. Der Hotelchef lügt und sagt, er hätte keine, aber sowohl er als auch Danny wissen, dass er lügt, weil auch der Hotelchef das »Shining« besitzt. Also wissen sie, dass sie beide entsetzliche Angst haben. Hatte Abigail nicht ihr ganzes Leben davon geträumt, einmal eine solche Verbindung zu jemandem zu haben? Und jetzt, da sie offenkundig eine hatte – keine übernatürliche, aber doch eine unleugbare, eine Blutsverbindung –, war sie … was genau? Besorgt? Ja. Aber auch dankbar. Ihre Schwester wusste ganz genau, was los war.

»Du wirst es bald verstehen«, fügte Becky hinzu.

»Hör auf, so geheimnisvoll zu tun, okay? Das interessiert mich nicht!«, fauchte Abigail. »Wenn wir erwischt werden, musst du lediglich in einer orangefarbenen Uniform deine Graffitis übermalen, ich dagegen werde zurück nach Glasgow geschickt. Und falls es dich interessiert: Mein Leben da war nicht toll.«

Beckys Miene wurde weicher. »Das kann ich mir vorstellen. Tut mir leid.«

Abigail zuckte die Achseln. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, die Mitleidskarte auszuspielen. Aber jetzt, da sie es getan hatte, bebte ihre Unterlippe.

»Ich wollte dich da nicht mit hineinziehen«, fuhr Becky fort. »Das war einfach schlechtes Timing. Es musste heute Abend passieren. Das ist alles, was ich sagen kann. Und Joe ist mir wichtig, mehr als … Er ist mir wichtig.«

Abigail verdrehte die Augen. Sie hatte verstanden. Noch mehr Geheimnisse. Sie hielt einen Moment inne, fasste dann herunter und nahm ihrer Schwester den Joint aus der Hand. Nach einem langen Zug gab sie ihn mit einem leichten Lächeln zurück. »Red keinen Blödsinn. Geh jetzt, okay? Ich brauche Schlaf.«

Becky brachte ein zaghaftes Lachen zustande. Sie stand auf, legte die Hand ans Gesicht ihrer Schwester und drückte den Daumen auf ihre immer noch bebende Lippe, wie um sie festzuhalten. »Gute Nacht, kleine Schwester.«