XVII

Zwölf Tage vor dem Konklave

Nicht jeder Umsturz muss blutig sein. Zuweilen verläuft er auch vollständig friedlich und leise, ja für einen Außenstehenden geradezu unsichtbar. Das Schreiben, das am Morgen mit der Diplomatenpost aus Peking eingetroffen war und das der neue stellvertretende Kulturattaché Herr Zhang seiner Exzellenz, dem chinesischen Botschafter in Rom, nun Herrn Li, überreichte, war in ausgesucht höflichen Worten abgefasst. Es enthielt keine Befehle und schon gar keine Drohungen. Der stellvertretende Minister verlieh darin lediglich der Hoffnung Ausdruck, dass die Mitarbeiter der Botschaft, allen voran der hochgeschätzte Genosse Li, alles in ihrer Macht Stehende unternehmen würden, um Herrn Zhang in allen Belangen tatkräftig zu unterstützen.

Herr Li war blass geworden, während er es gelesen hatte, hatte aber ansonsten äußerlich die Fassung bewahrt. Mit unbewegtem Gesicht verbeugte er sich leicht und versicherte Zhang, dass es ihm eine Ehre sei, ihn zu unterstützen, soweit er es mit seinen schwachen Kräften vermöge. Zhang bedankte sich höflich und begab sich wieder in sein kleines und unscheinbares Büro. Ein Büro, das seiner neuen Position keineswegs angemessen, aber dennoch passend war: inoffizieller Leiter der Chinesischen Botschaft in Rom oder schlicht und einfach: Direktor des Chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit in Italien.