XXVII

Vierter Tag des Konklave, 10 Uhr 15

Paolo verzog angestrengt das Gesicht. Wem sah dieser Mann bloß ähnlich? Er kam nicht drauf. Missmutig versetzte er der riesigen Metallschublade einen Stoß, woraufhin sie mit einem lauten Scheppern zwischen all den anderen Schubladen verschwand. Jetzt konnte man sie nur noch an ihrem vorne angebrachten Nummernkärtchen unterscheiden. Kardinal Villarini war nun C 5.

Paolo fingerte das zerknitterte Päckchen filterloser Zigaretten aus der Brusttasche seines grauen Kittels und zündete sich eine an. Nur so war die Kälte hier zu ertragen. Dann schlurfte er zu seinem Spind und öffnete ihn. Irgendwo musste er noch die Visitenkarte von dieser Reporterin haben. Fiona Sowieso. An den Nachnamen konnte er sich wieder mal nicht erinnern. An die Frau allerdings umso besser. Einmal war sie da gewesen, bei ihm hier unten in seinem Reich. Ein rothaariges Teufelsweib mit einer Figur wie Monica Bellucci und einer Riesenklappe wie Adriano Celentano. Mit der hätte er gern mal … aber das konnte er vergessen. Er wusste, dass er meilenweit entfernt davon war, in ihrer Liga zu spielen. Aber dies war nun zumindest eine Gelegenheit, mal wieder mit ihr zu telefonieren, ihr einen Moment lang wichtig zu sein, denn das, was er wusste, würde sie mit Sicherheit ebenfalls wissen wollen. Zumal sie für brauchbare Tipps aus der Leichenhalle der Polizei gar nicht mal so schlecht zahlte. Und ein Kardinal, der sich während des Konklave die Pulsadern aufschnitt – das war doch eindeutig was für die Titelseite. Da war die Visitenkarte, er nahm sie, ging zum Telefon und wählte die Nummer. Jetzt fiel ihm auch ein, an wen ihn sein Gast mit dem wächsernen Gesicht erinnerte. An den einbalsamierten Leichnam Johannes XXIII., der in einem gläsernen Sarg im Petersdom lag. Genauso sah Villarini jetzt auch aus. Paolo verzog genüsslich die Lippen, ja, er hatte hier wirklich einen ganz besonderen Leckerbissen für die schöne Dame.