An den Toren, die in den Vatikan führen, kann man von Zeit zu Zeit ein seltsames Schauspiel beobachten: Jesus begehrt Einlass.
Manchmal genügt ein »Nein« des diensthabenden Gardisten, manchmal, wenn Jesus sich nicht so leicht abwimmeln lässt, schickt man nach einem von vier Monsignori, die speziell mit solchen Gesprächen Erfahrung haben. Sollte auch dieser nichts ausrichten können, ist man gezwungen, die italienische Polizei zu rufen, welche dann den jeweiligen Jesus – seltener auch eine Jungfrau Maria – mitnimmt und dann nach den jeweiligen Vorschriften für den Umgang mit psychisch gestörten Personen verfährt. Für die Touristen, die Zeugen eines solchen Schauspiels werden, natürlich immer ein gefundenes Fressen und Höhepunkt jedes Rombesuchs.
Cavelli hatte sich auf den Weg zur Porta Sant’Anna gemacht, um sich die aktuelle Ausgabe des Corriere del Giorno zu besorgen. Was zum Teufel stand da bloß über ihn drin? Als er näherkam, bemerkte er, dass sich am Tor ein kleiner Pulk von Einlasssuchenden gebildet hatte. Das war selten, denn üblicherweise handhabten die Gardisten den Einlass souverän und effizient. Außer eben, wenn Jesus erschien, dann kam es schon mal zu einem Stau. War es heute wieder mal so weit? Cavelli kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Dann erkannte er, was die Ursache des Staus war, und sofort beschleunigte er seinen Schritt.
»Don!«
Beatrice hatte ihn entdeckt und winkte ungeduldig zu ihm herüber.