Der Speicherchip brannte förmlich in ihrer Tasche. Fiona Silvestri konnte es kaum noch erwarten, das Interview mit dem Kardinal zu sichten. Sie würde es etwas zurechtschneiden und einen Kommentar voranstellen, der auch dem Dümmsten verdeutlichen würde, dass es sich hierbei um eine Jahrhundertsensation handelte. Dann würde sie diesen Film den großen Sendern anbieten. Zuerst natürlich CNN. Manunzio, dieser Vollidiot, würde es schon bald sehr bedauern, sie nicht unterstützt zu haben. Aber im Grunde war es besser so. Auf diese Weise brauchte sie keine Skrupel zu haben, wenn sie ihre eigene Zeitung leer ausgehen ließ. Allerdings, noch war die Schlacht nicht gewonnen. Es war zu früh, um leichtsinnig zu werden. Zwei Stunden zuvor hatte sie den Vatikan wieder durch den Eingang der Glaubenskongregation verlassen. Wie schon auf dem Hinweg hatte sie eine schwarze Perücke und eine Brille getragen. Wieder hatte sie alles getan, um etwaige Verfolger abzuschütteln, sie hatte dreimal das Taxi gewechselt, hatte ein Kaufhaus betreten, nur um es gleich darauf wieder durch einen Seitenausgang zu verlassen, und war mit der U-Bahn zunächst mehrere Stationen in die falsche Richtung und dann wieder zurück gefahren. Sie war sich sicher, falls es Verfolger gegeben hatte, waren sie nun nicht mehr da. Das Hausboot lag friedlich an seinem Ankerplatz. Nichts schien sich verändert zu haben. Aber das musste nichts heißen. Fiona Silvestri ging zu ihrem Wagen, setzte sich hinein und prüfte im Schnelldurchlauf die Aufnahme der Kamera, die auf den Landungssteg des Bootes gerichtet war. Nach zehn Minuten hatte sie sich vergewissert, dass in ihrer Abwesenheit niemand das Boot betreten hatte. Sie nahm die Kamera, schloss den Wagen ab und begab sich ohne sichtbare Eile an Bord.
Der Speicherchip. Jetzt endlich!
Nein, es galt weiterhin, maximale Vorsicht walten zu lassen. Auch ihr Wagen konnte ein Angriffsziel werden. Es dauerte etwa eine Minute, bis sie den Akku der Kamera gewechselt, das Gerät am Bootsfenster aufgestellt und auf ihr Auto ausgerichtet hatte. Sie schaltete die Kamera ein und atmete hörbar aus. Das leise Brummen hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Sie zog den Chip aus der Tasche, schob ihn in ihren Laptop und klickte das Symbol an. Ungläubig starrte sie auf den Bildschirm. Der Chip war leer.