12

Du Arschloch!«, heulte Pete und riss Wayne aus seinem Tagtraum. Er sah vom Bürgersteig auf und wäre fast mit Amanda zusammengestoßen, die stehengeblieben war und eine Katze streichelte. Das Tier zuckte überrascht zusammen und rannte in eine Gasse davon.

»Pass doch auf, wo du hinläufst!«, sagte Amanda und schaute der Katze nach, die in einem Wacholdergebüsch verschwand.

Die vier hatten die Kreuzung Wilmer und Broad erreicht und näherten sich der Ampel. Rechts und links erstreckte sich eine lange Flucht zweigeschossiger Gebäude: Boutiquen, Büros, Geschäfte, Ladenfronten. Ein Zoogeschäft auf der anderen Seite pries seine Hamster, Kätzchen und Schildkröten an. Daneben behauptete ein Frozen-Yogurt-Laden in Pastellfarben, mehr Geschmackssorten als Baskin-Robbins zu haben, und ein Nippes-Lädchen bot Windspiele aus Bambus und Rüschen-Marionetten auf Drahtfahrrädern an.

Die Broad erinnerte ihn an die alten Teile von Chicago, die Straßen, die noch aus den Wildwestzeiten stammten, aber Blackfields historisches Viertel war sauberer und beinahe edel. Zu beiden Seiten der Kreuzung war die Wilmer mit Ziegelsteinen gepflastert, wurde von einem Mittelstreifen mit Bäumen geteilt und von modischen Bistros und Kneipen gesäumt.

Pete hielt seine Limo in die Höhe. »Du hast mein Feuerwasser versaut!«

»Wie denn das?«, fragte Johnny Juan.

Pete zeigte ihm die Dose. Johnny beugte sich darüber und begutachtete sie. »Du hast eine Beere hineingeworfen.«

Wayne und Amanda drängten sich um Johnny und wollten es ebenfalls sehen. Das Mädchen zog die Dose mit langen, dünnen Fingern in ihre Richtung, und ihm fiel auf, dass sie grüne Fingernägel hatte.

»Verdammt«, sagte Johnny, lehnte sich zurück und lachte. Wayne sah in die Öffnung der Dose, die kaum größer als ein 5-Cent-Stück war, und tatsächlich wippte unten am Boden eine Beere.

Amanda grinste. »Du solltest vielleicht Basketball spielen!«

»Scheiß auf Basketball!«, meckerte Pete. »Ich kann das jetzt nicht mehr trinken.«

»Warum nicht?«, fragte Amanda. »Ist doch nur eine Beere.«

»Aber sind diese Stechpalmenbeeren nicht giftig?«

Sie zögerte, sah in den Himmel und fuhr sich nachdenklich über den Mund. »Ich habe keine Ahnung.«

Johnny zuckte mit den Schultern. »Probier es doch aus. Hey, am Hof von König Artus gab es sogar Vorkoster und so. Die haben alles probiert, um festzustellen, ob etwas vergiftet war, ehe es dem König vorgesetzt wurde.«

»Dann probier du es, Sir Lancelot«, sagte Pete und hielt ihm die Dose hin, »und dann wollen wir mal sehen, ob du stirbst.«

Johnny wich vor der Dose zurück wie vor einer Spinne.

»Du bist voll der Feigling«, knurrte Pete und ballte die Faust. »Zwei Schläge, weil du gezuckt hast.«

»Oh.« Johnny schlang schützend die Arme um sich, und Pete schlug ihm zweimal hart vor die Schulter und hätte ihn damit fast umgeworfen. Johnny balancierte auf einem Bein und rieb sich den Arm. »Scheiße! Musst du so hart zuschlagen? Das war schon das dritte Mal diese Woche.«

Wayne holte den Ehering seiner Mutter heraus, der an der Kugelkette um seinen Hals hing. Er hielt ihn sich ans Auge und spähte hindurch in die Welt und auf Petes breiten Nacken.

Kannst du meine neuen Freunde sehen?

Irgendwie fühlte er sich erleichtert, so, als würde er seine Augen mit seiner Mutter teilen, als wäre der Ring eine Kamera, die ein ätherisches Signal versendete, das sie dort empfangen konnte, wo auch immer sie jetzt war, falls »wo auch immer« der Himmel war.

Pete war weitergelaufen, und Wayne schloss zu ihm auf. »Hey.«

»Hey.«

»Ich wollte dich was fragen.«

»Ja?«

»Warum regst du dich wegen des Essens so auf?«, fragte Wayne.

»Wie meinst du das?«

»Na ja, du hast mir und meinem Dad erzählt, dass du eigentlich nicht viel isst. Warum regst du dich so darüber auf, wenn man Essen wegwirft, wie bei der Pop-Tart oder der Dose Limo?«

Pete verzog einen Mundwinkel – nachdenklich, wie Wayne fand, aber die Worte, die dann aus dem Mund des Jungen kamen, klangen eher niedergeschlagen. Er wirkte getroffen. »Wir haben nicht besonders viel Geld, weißt du? Meine Mom tut, was sie kann, aber wir haben nicht immer genug Geld für … Dinge wie Limo und Pop-Tarts. Ich meine … es ist so, es gibt nicht immer was zu essen, deswegen setze ich mich selten hin und esse richtig, aber wenn, dann …«

Er runzelte die Stirn, sah zum Himmel und dann zu Wayne. »Ich weiß nicht, Mom hat immer gesagt, ich soll meinen Teller leer essen. Die Kinder in Afrika verhungern schließlich und so weiter … Deswegen hasse ich es, Essen wegzuwerfen – selbst, wenn es etwas ist, das ich gar nicht mag. Okras, zum Beispiel, uah.«

»Gibt es bei euch hier unten keine Lebensmittelkarten oder so was?«

»Doch, gibt es, aber das will sie nicht. Ich weiß nicht, warum.«

»Wir hatten die mal für einige Zeit«, sagte eine Stimme hinter ihnen. Johnny.

»Mein Vater wollte es nicht, ich glaube, er fühlte sich damit …«

»Wie ein Versager?«, fragte Wayne.

»Ja, mag sein. Er hat zu meiner Mom gesagt, dass er nicht den ganzen Weg bis nach Amerika gekommen ist, nur um dann von Almosen zu leben. Vielleicht geht es deiner Mutter ja genauso.«

»Stolz«, sagte Wayne.

»Ja, kann sein«, murmelte Pete und lief schneller.

Auf das große Ladenfenster waren Superhelden gemalt: links Spider-Man, rechts Batman, beide in Actionposen, wie sie durch die Luft schwingen. Über Spiders Kopf stand FISHER’S HOBBYLADEN, und über Batmans COMICS, BÜCHER, SPIELE, SPIELWAREN.

Warmer Sonnenschein fiel auf die Bilder und drang mit schwachen, faden Strahlen in die Tiefen des Ladens vor. In die Stille läutete die Türklingel wie die Glocken einer Kathedrale; es machte den Eindruck, dass sie im Augenblick die einzigen Kunden waren, wenn man von einer weißen Katze absah, die zusammengerollt auf der Fensterbank lag.

»Hallo?«, rief Amanda.

Die Räume rochen muffig, als würden sie wenig benutzt, die Actionfiguren an der Eingangstür waren zwar noch originalverpackt, aber nach endlosen Tagen in der Sonne ausgebleicht. An den meisten Tagen kamen vermutlich gar keine Kunden herein, wenn man von Stammkunden und den Gästen der Filmnacht absah. In den Regalen standen Spiele Seite an Seite mit Graphic Novels und Actionfiguren: Schach, Monopoly, Candyland, Apples to Apples, esoterische Kartenspiele, von denen er noch nie gehört hatte. Eine Versammlung von Halloween-Masken starrte sie mit leeren schwarzen Augen von oben aus den Regalen an – Jasons Hockeymaske, Michael Myers’ weißes Gesicht, ein warziger Schweinemann, ein grinsender Teufel, Pennywise der Clown, Pinhead aus den Hellraiser-Filmen.

Ein athletischer Mann kam aus einer Tür und rührte einen Milchshake. Er trug einen dünnen, enganliegenden Pullover, unter dem sich jeder Muskel abzeichnete wie unter einem Taucheranzug. Der Mann war schwarz, sogar noch ein paar Nuancen dunkler als Wayne, doch ihm fehlte der warme Honigschimmer, den Wayne von seiner asiatischen Mutter geerbt hatte.

»Hey, Kids. Was geht ab?«, fragte er, ging zum Tresen und stellte sich hinter einen Laptop.

Direkt hinter ihm befand sich eine Vitrine mit Glastüren, die eine riesige Sammlung fantastischen Krimskrams und Erinnerungstücke enthielt: signierte Buchumschläge, DVD-Hüllen und Comic-Cover, eine Freddy-Krüger-Kralle und eine ansehnliche Armee von Actionfiguren in Originalverpackung. Das Prunkstück bildete ein Uruk-Hai-Küriss, eine Oberkörperrüstung, wie sie die Orks in den Herr-der-Ringe-Filmen trugen, und als Wayne sie aus dem richtigen Winkel anschaute, entdeckte er einen silbernen Schriftzug, wo jemand mit Edding signiert hatte. Peter Jackson stand da in krakeliger Schreibschrift. Das Kettenhemd darunter wirkte älter als Blackfield selbst.

Pete lehnte sich an den Tresen wie ein Cowboy im Saloon und stemmte die rundlichen Ellbogen aufs Glas. Darunter befand sich eine mit Teppich unterlegte Auslage mit raren Sammelkarten: Magic: The Gathering, Pokémon, Garbage Pail Kids. »Hey, Fish. Alles klar, Alter, und selbst?«

»So gut, wie’s nur geht. Bist lange nicht mehr da gewesen, Petey Boy. Was führt dich zu mir?« Fish saugte den halben, dickflüssigen Milchshake auf einmal in sich hinein, stellte ihn ab und fuhr den Computer hoch.

»Wir zeigen einem Neuen die Stadt.«

»Er heißt Wayne. Aber wir nennen ihn Bruce Wayne«, sagte Johnny Juan und klopfte seinem Freund auf die Schulter. »Er ist grade mit seinem Dad hergezogen aus …?«

»Chicago.«

»Willkommen am Arsch der Welt, Batman«, sagte der Mann. »Ich heiße Fisher. Fisher Elles.« Er reckte ihm die Hand entgegen. »Alle nennen mich Fish.«

Wayne schüttelte die Hand. »Wayne Parkin.«

»Netter Name. Jedenfalls willkommen in meinem kleinen Stück Amerika«, sagte Fish und umfasste den Laden mit einer Geste. Er beugte sich über den Laptop und begann hektisch zu tippen. »Ich muss noch ein bisschen Arbeit erledigen. Wenn ihr irgendwas braucht, ruft einfach.«

Pete und Johnny gingen zu einem Tisch mit Comic-Büchern und gruben sich wie Kulturgeologen durch die Sedimentschichten der Superheldenhistorie. Amanda stand einfach nur mit verschränkten Armen neben dem Tresen und betrachtete den Kram dahinter. Zuerst dachte Wayne daran, sich durch die Actionfiguren zu wühlen, aber er wollte mehr über Fish und den Laden wissen. Der Umstand, dass hier überhaupt keine Leute waren, ließ ihm keine Ruhe.

»Und was machst du?«, fragte Wayne und zeigte auf den Computer. »So als Arbeit? Auf dem Computer. Kannst du …« Die Frage erschien ihm rüde, dennoch fiel ihm keine andere Art ein, sie zu stellen. »Kannst du überhaupt etwas verkaufen? Ich meine, es sieht ja nicht gerade so aus, als würden dir die Leute die Türen einrennen.«

Fish lächelte. »Eigentlich bin ich IT Direktor bei einem Versandunternehmen.«

Er drehte den Laptop herum und präsentierte den Kids einen Bildschirm voll kryptischen Texts. Wayne fand, dass es aussah wie der grüne Code aus Matrix, nur ein wenig seitlich gedreht. »Ich arbeite von zu Hause, programmiere und so. ›Zu Hause‹ ist in dem Fall mein Laden. Ich kann hier sein und trotzdem für diese Leute arbeiten.« Er deutete auf die Sachen in den Regalen und fügte hinzu: »Ja, die Sachen sind für den Verkauf gedacht, aber tatsächlich läuft das Geschäft nicht besonders. Es ist mehr wie mein persönlicher Sammelraum … Hast du schon mal von George Carlin gehört?«

Wayne konnte das nicht bejahen.

»Der alte Carlin war ein Comedian und hat viel Stand-up gemacht. Nicht gerade familienfreundlich, aber clever. Jedenfalls hatte er sich gern über Geld verdienen und Krempel kaufen lustig gemacht. ›Ein Haus ist einfach nur ein Ort, um Krempel zu sammeln‹, hat er gesagt. ›Größere Häuser haben mehr Platz, da kann man mehr Krempel sammeln.‹ Und ich habe keinen Platz in meinem Haus, deshalb bin ich hier. Dies ist mein Raum zum Krempelsammeln.« Er nahm den Milchshake und prostete mit dem Becher die Luft. »Wenn ich schon so viel Krempel habe, können ihn sich andere Leute auch gern anschauen. Wozu ist Krempel sonst nütze, wenn niemand weiß, dass man ihn gesammelt hat?« Er trank den Rest des Shakes. »Außerdem habe ich gern Gesellschaft. Durch den Laden komme ich ein bisschen raus und unter Menschen.«

»Oh!«, entfuhr es Amanda, die hinüber zu einem der Aufsteller lief und nach einer Actionfigur in der Verpackung griff. »Ich wusste ja nicht, dass du Adventure Time hast.«

Die weiße Katze sprang auf den Tresen und steckte die Nase in Fishs Becher, doch der nahm ihn weg und streichelte der Katze den Rücken. »Nein, Ma’am, nicht für dich. Du hast schon genug Protein bekommen, mehr brauchst du nicht.«

»Irgendwann möchte ich auch mal so einen Laden wie diesen haben«, sagte Wayne.

»Du siehst aus wie ein Mann, der sich gut drum kümmern würde. Lass ihn nicht den Bach runtergehen.«

Wayne fühlte einen dümmlichen Stolz, als man ihn einen Mann nannte, und er grinste breit. »Ist wirklich geil. Vielleicht wenn du diesen Laden nicht mehr haben willst, dann kann ich ihn ja erben.«

Fish studierte ihn lange, dann deutete er mit dem Becher auf ihn. »Ich sag dir was. Wie fändest du es, wenn du zwei Tage in der Woche nach der Schule hier arbeiten würdest? Du könntest ein oder zwei Stunden hinter dem Tresen stehen, während ich meine Programmierungen mache, und donnerstags kannst du mir helfen, die Filmnacht vorzubereiten. Vielleicht kann ich sie zusätzlich auch an Wochenenden veranstalten.«

»Meinst du echt?«, fragte Wayne ungläubig. »Das wäre zu cool!«

»Du musst nur eins machen: Du musst erraten, an welchen Marvel-Superhelden ich gerade denke.« Fish tippte sich mit der Fingerspitze an die Schläfe. »Das ist mein Lieblingssuperheld. Du darfst dreimal raten.«

Wayne schielte zum Schaufenster. »Spider-Man?«

»Nein, aber schon mal heiß. Es ist allerdings keiner von denen auf den Fenstern.«

»Gibst du mir einen Tipp?«

»Hm. Gras.« Fish tippte nachdenklich auf das Glas des Tresens. »Gras, Frösche und Avocados. Was haben diese drei Dinge gemeinsam?«

Wayne dachte darüber nach, stellte sich alles im Kopf vor und kaute konzentriert auf der Unterlippe. »Sie sind grün.«

Fish nickte respektvoll.

»Green Lantern.«

»Nee. Das ist DC, Alter.«

»Hulk?«

Fish schlug mit der Faust auf die Kante des Tresens, tat so, als wäre er besiegt, zeigte auf Wayne und sagte: »Du hast es, Mann. Ich wusste, es war zu leicht. Was habe ich mir bloß gedacht?«

Wayne stieß die Faust in die Luft, Pete klatschte lahm. »Ehrlich gesagt«, meinte er, »gibt es nur zwei grüne Superhelden, und einer ist DC

»Swamp Thing, Martian Manhunter. Beast Boy. She-Hulk. Gamora. Wenn du dich auskennst, wäre da noch Savage Dragon. Junge, du musst deine Hausaufgaben machen.«

»Mann, du weißt aber gut über Comics Bescheid.«

Fish grinste. »Okay. Bonuspunkte, wenn du mir sagst, was den unglaublichen Hulk so unglaublich macht. Warum Hulk mein Liebling ist.«

Der Mann hinter dem Tresen war kantig, aber dünn, hatte ein breites Kreuz und eine beachtliche Brustmuskulatur. Er sah selbst wie ein Superheld aus. Das ist leicht, dachte Wayne und antwortete zuversichtlich: »Weil er so stark ist.«

»Er ist stark. Aber deshalb ist er nicht unglaublich.«

»Weil er so groß ist?«

»Nein«, sagte Fish, lehnte sich auf den Tresen und fixierte Wayne mit seinen dunklen Augen. »Weil sich Hulk anpasst.« Er spannte die muskulösen Arme an und erklärte. »Je wütender Hulk wird, desto stärker wird er auch. Das ist der Stress, weißt du, der ihn verrückt macht. Der Zorn ist nur ein Nebenprodukt.«

Fish sprach mit der magnetisch-didaktischen Intensität eines Selbsthilfegurus, mit klaren und präzisen Worten. Zwischen den Sätzen legte er eine kurze Pause ein, um das Gesagte wirken zu lassen. Seine lebhaften Hände sprachen so viel wie sein Mund und zogen und schoben jedes dritte Wort hin und her. »Jeder muss mit Stress klarkommen. Hulk verarbeitet ihn, indem er noch stärker wird als der Stress. Er saugt die emotionale Energie um ihn herum auf und überführt sie in seine Stärke, setzt sie ein, um auf ein Level über das anstehende Problem zu gelangen.«

Er boxte in die Luft und schlug gleichzeitig auf seinen Bizeps, um die Geste theatralisch mit einem Klatschen zu betonen. »Du haust mit hundert Tonnen Wucht auf ihn ein? Hulk reagiert mit zweihundert Tonnen Wucht. Er ist nicht mein Liebling, weil er so stark ist. Sondern, weil er sich bei keiner Herausforderung geschlagen gibt, weil er immer bereit ist, einen Schritt weiter zu gehen als der andere.«

»Ja. Ja!« Wayne nickte. »Ich verstehe. Ich verstehe.«

Sein Vater war so ziemlich der einzige Erwachsene, mit dem Wayne je Gespräche führte, die intellektuell diesem das Wasser reichen konnten, mit diesem gebildeten Mann und seiner Fixierung auf Superhelden, und jetzt fühlte er sich ein bisschen nervös – fast ein bisschen bevormundet, nur wusste er, dass Fish es ernst meinte. Irgendwie war es unangenehm, als würde er vor all seinen Freunden in eine Bühnenaufführung gezerrt, und trotzdem gefiel es ihm. Er fühlte sich zehn Jahre älter.

»Absolut, du hast es kapiert?« Fish sah auf seinen Computermonitor und begann wild zu tippen. »Und das ist mein Motto, Mann. Anpassen und überwinden. Wenn das Leben dir ein Problem vor die Nase setzt, musst du dich anpassen und stärker sein, ja? Wie Hulk sein. Besser sein. Größer sein. Böser sein.«

Anpassen und überwinden. Nachdem sie den Laden verlassen hatten, gingen Wayne die Worte nicht mehr aus dem Kopf. Wie Hulk sein. Besser als das Problem sein. Er glaubte, dieses brillante neue Motto und der wortgewandte, intelligente, katzenliebende, codeknackende, comicladenbesitzende Mann, der sich Fish nannte, waren das Beste seit der Erfindung des Rades.

Er fühlte sich sogar stärker, und seine Füße wurden leichter, als er hinter Pete und Johnny Juan hüpfte und gelegentlich Brustmuskeln und Bizeps anspannte. Nach der Wärme im Laden traf ihn der scharfe Wind unangenehm hart, doch nach der Gammastrahlen-Motivationslektion roch er irgendwie auch süßer.

»Was machst du da?«, fragte Amanda ihn, als er die Arme vor sich kreuzte wie ein Bodybuilder beim Stretching. Sie war ein Stück zurückgeblieben und trottete nun hinterher. »Ist dein T-Shirt zu klein?«

»Nein!« Er setzte eine empörte Miene auf und schob die Hände in die Taschen.

Pete bog links ab und trabte über den Gehsteig zu einer kurzen, altertümlichen Brücke mit verrosteten Trägern und einfachem Stahlgeländer. Vor dort konnte man in den Kanal hinuntersehen. Von dem Rinnsal zwei oder drei Meter unter ihnen wallte ein modriger Geruch herauf.

Der Kanal selbst war ein rechteckiges Becken mit flachem Grund, vielleicht fünf Meter breit, aus dunklem Beton, der von Algen und Moos grün gefärbt war. An den Wänden hatten sich Haufen von Sand und Steinen gesammelt.

Pete prüfte die Straße, versicherte sich, dass niemand guckte, und hüpfte ächzend zu einer Betonplattform hinunter. Die anderen folgten ihm widerwillig.

PVC-Rohre mit bunten Graffitis verliefen unter der Brücke. Pete ging geduckt darunter hindurch und dann weiter an dem dünnen Wasserband neben ihren Füßen. Es hatte kaum Strömung; Wayne sah die Bewegung nur, wenn er sich bückte und genau hinschaute. Der Himmel spiegelte sich auf der wabernden Oberfläche, die wie Quecksilber wirkte.

Unter der Brücke bekam Amandas Stimme einen hohlen, einschüchternden Hall. »Seid ihr sicher, dass es hier nicht gefährlich ist?«

Pete betrachtete sie amüsiert und schniefte. »Natürlich ist es gefährlich. Sonst würde es ja keinen Spaß machen.« Wayne wurde inzwischen müde, und langsam taten ihm auch die Füße weh. So weit war er schon lange nicht mehr gelaufen. Aber das war bei einem Abenteuer ja schließlich zu erwarten, oder? Anpassen und überwinden.

Bald war das Ungewohnte verpufft, und sie marschierten so gelassen durch den Kanal wie vorher über den Bürgersteig. Wayne schaute hinauf zum strahlend blauen Himmel. Der Kanal schnitt mitten durch mehrere Blocks der Stadt, zwischen Gebäuden auf der Nord- und der Südseite hindurch. So weit unten fühlte er sich wie in den tiefsten Schmalstellen des Grand Canyons, eingehüllt in Dunkelheit. Doch der echte Grand Canyon war ganz bestimmt nicht mit Graffitis verunstaltet: RANDY FREEMAN WAR HIER 22. 7. 2007. YEE-THO-RAH. Eine Cartoon-Zeichnung von einem sehnigen Penis mit Hoden und wildem Schamhaarbewuchs. DIAMOND UND TRAVUS,  Ewig.

Pete führte sie weiter und weiter. Der Kanal nahm immer wieder Zuflüsse auf, bis der Betonboden aussah wie geriffeltes Glas, das unter den Füßen quatschte. Platsch, platsch, platsch.

Schließlich beschrieb der Kanal eine Linkskurve, wurde tiefer, hatte nun eine Rinne in der Mitte, und aus einem klaffenden schwarzen Regeneinlass sprudelte unablässig Wasser herein und erzeugte einen rasch fließenden Bach. Jetzt gingen sie am Rande des Grabens und trotteten wie Ziegen, den einen Fuß höher als den anderen, an der geneigten Seite entlang. Manchmal stützte sich Amanda mit einer Hand am Beton ab. In seiner Fantasie sah Wayne, wie sie ausrutschte, ins Wasser fiel und von der Strömung, schreiend und um sich schlagend, davongetragen wurde, doch das passierte nicht.

Die Bebauung wurde lockerer und lockerer, und schließlich trat ein Maschendrahtzaun anstelle des Stahlgeländers an den Rand des Kanals. Aus einer Mechanikergarage irgendwo oben hörten sie das BSSS, BSSS eines elektrischen Schraubwerkzeugs. PST, PSSSST, das Grubenotternzischen einer Spritzpistole.

Hickory und Efeu und Pflanzen mit breiten grünen Blättern sprossen am unteren Rand der Wand, wo sich Sand und Müll aufgehäuft hatten. Wenn sich die Kinder daran vorbeidrängten, sprangen im Buschwerk kleine Vögel hin und her und zirpten.

Das Rauschen von Wasser wurde lauter und lauter, bis sie das Ende des Kanals und damit den Fluss erreichten, ein breites dunkles Band, das unter der kalten Nachmittagssonne funkelte. Der Beton fiel ab, und die Wände bildeten eine Art Schnabel, in den das Wasser des Flusses hineinleckte und der mit schleimigen braunen Algen überzogen war.

Pete wandte sich nach rechts und stieg einen kurzen, grasbewachsenen Hügel hinauf, wo er sich am Ende des Maschendrahtzauns vorbeizwängte.

Oben auf der Böschung konnte Wayne endlich über die Wände des Kanals blicken. Sie waren nach Osten aus der Altstadt herausgewandert und konnten diese nicht mehr sehen, nur die Rückseiten verschiedener Gebäude und einen Wald aus Hickory und Eichen.

Auf der anderen Seite des Flusses verbarg sich weit im Westen ein Apartmenthaus halb hinter Bäumen.

»Wohin jetzt?«, fragte Amanda.

»Am Fluss entlang zum Rohr, und dann auf die andere Seite.« Ihr Anführer stolperte am Ufer entlang über den unebenen Grasboden. Wayne sah Amanda an, die nur mit den Schultern zuckte und Pete hinterherlief.

Das Rohr war gar nicht so weit entfernt, sie konnten es bereits sehen. Weiter östlich rauschte der Feierabendverkehr über eine lange Betonbrücke.

Unter einem trockenen braunen Busch lag ein Haufen Ziegelschutt. Johnny Juan nahm sich einen Brocken und warf ihn seitlich in den Fluss. Ploink. »Ich werde müde, Leute. Meine Füße tun echt weh.«

»Du wolltest ja unbedingt mitkommen«, sagte Wayne. »Du wohnst ja nicht einmal hier draußen.«

Johnny kratzte sich im Gesicht und zuckte mit den Schultern. »Weiß ich ja.«

Wayne nahm seine Brille ab, blieb stehen und putzte sie an seinem T-Shirt ab. Die Welt verwandelte sich in verwischte Farben. Als er die Brille wieder aufsetzte, war Pete bereits zum Fluss unterwegs.

Zu Waynes Erleichterung hatte das Rohr einen Durchmesser von nahezu einem Meter, und er hätte es wohl nicht geschafft, es mit den Armen ganz zu umschlingen. Pete und Amanda hatten keine Schwierigkeiten – der große Junge streckte die Arme aus und balancierte hinüber wie ein Seiltänzer. Nur einmal in der Mitte blieb er stehen, beugte sich vor und fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht wiederzufinden.

»Pass auf!«, rief Amanda.

Pete grinste sie spöttisch an, richtete sich auf und schob den Bauch vor. »Mann, ich habe alles unter Kontrolle. Schau dir an, wie das ein Profi macht.«

Er zeigte ihnen den Mittelfinger und eierte den Rest hinüber. Als er auf der anderen Seite ankam, warf er sich ins Gras, setzte sich hin und schaute zu, wie sich die anderen zum Narren machen würden, während er am Ufer im Windschatten saß.

Amanda stürmte den Hügel hinunter, trat auf das Rohr und schlenderte leichtfüßig mit langen, geraden Schritten auf die andere Seite, als würde sie über den Bürgersteig spazieren.

»Wow«, sagte Wayne.

»Kommt vom Ballett«, erklärte Johnny Juan ihm. »Ihr Dad bringt sie jeden Samstag zum Ballettunterricht bei uns in der Gegend. Der findet in einem Gebäude statt, das früher mal eine Werkstatt oder ein Hangar war.«

»Woher weißt du das?«

Johnny zuckte mit den Schultern. »Die Schule ist gleich neben dem Restaurant unserer Familie, Puesta Del Sol.« Er wandte sich wieder dem Fluss zu, seufzte tief zum Mutfassen und spannte die Schultern an. »Ich denke, ich bin der Nächste. Wir sehen uns drüben, Amigo.«

Der Junge stieg auf die große himmelblaue Röhre und machte sich auf den Weg über den schmalen Wasserlauf. Ungefähr nach einem Drittel verlor er das Gleichgewicht und brachte den Oberkörper abwärts, während sein Hintern in die Luft ging und ein Arm zur Seite fuhr. Die andere Hand drückte er auf die Oberseite des Rohrs. Dort verharrte Johnny schwankend und versuchte, seinen Schwerpunkt zu finden, dann richtete er sich auf und schlich langsam vorwärts, gebeugt und mit den Händen nach vorn, wie jemand, der eine Maus fangen will. Sobald er die andere Seite erreichte, warf er sich ins Gras und krabbelte auf allen vieren vom Wasser weg.

»Du bist dran, Batman«, rief Amanda, die Hände trichterförmig an den Mund gelegt. Wayne stieg nach unten zum Uferrand.

Aus der Nähe wirkte das Rohr nun doch wesentlich schmaler als oben von der Böschung, vielleicht nur fünfzig Zentimeter im Durchmesser, und daher konnte man leicht die Arme drum herumschlingen, sodass sich beide Hände berührten. Wayne stellte einen Fuß darauf, doch als es ein hohles Knacken gab, sank sein Mut.

Die anderen saßen alle am anderen Ufer und schauten ihm erwartungsvoll zu. Anpassen und überwinden. Sein Ansehen hing von diesem Augenblick ab, das wusste er tief in sich. Nicht zum ersten Mal war Wayne gezwungen, Mut zu beweisen, um nicht als Außenseiter dazustehen.

Wie Hulk sein, dachte er und stand auf dem Versorgungsrohr über den Cataloose River. Über Blackfield senkte sich der Abend.

Pete, Amanda und Johnny Juan saßen im Gras und beobachteten ihn. Anpassen und überwinden. Unter ihm rauschte ein funkelndes Band dahin, zehn oder fünfzehn Meter breit, klar genug, um die mit braunem Schleim überzogenen Steine unter der Oberfläche zu sehen.

»Was haste?«, fragte Pete. Das Wasser sah tief aus. Tiefer als er groß war. Mindestens. »Mach schon, Alter!«

Größer sein. Böser sein.

Mann, Gruppenzwang nervt.

Wayne war halb drüben, hatte die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, schwankte und zuckte hin und her, um das Gleichgewicht zu halten. »Ich komme, ich muss …«, fing er an, und dann rutschte er aus. Ein Bein sauste ins Leere, und Wayne setzte sich hart auf den Hosenboden. Das Rohr gab unter ihm nach und federte ein paar Zentimeter auf und ab. Plötzlich lag er panisch auf dem Bauch und hielt sich mit beiden Händen fest. Der Fall war so plötzlich passiert, dass er sich an nichts erinnern konnte, was sich zwischen Stehen und Liegen ereignet hatte.

»Alles okay?«, rief jemand.

Wasser gluckste unter seinen Schuhspitzen hindurch. Jetzt kam der Schmerz, das heiße Eisen im Unterleib, weil er auf seine Hoden geknallt war.

Er richtete sich auf und klammerte sich mit den Knien ans Rohr. »Ja«, rief er über das Rauschen und schaute hoch zum Himmel. Er war auch mit dem Kinn auf das Rohr geschlagen, wobei seine Zähne zusammengekracht waren, und jetzt bohrte sich Kopfschmerz vom Nacken in den Schädel. Er rutschte Stück für Stück auf dem Hintern voran. »Puh, ich habe mir bloß die Eier poliert!«

Pete lachte wie Nelson von den Simpsons. »HA-ha!«

Als Wayne sicher auf der anderen Seite angekommen war, erhob sich Pete schwerfällig und dampfte über eine riesige Lichtung mit Kiesboden davon. Nachdem er sich jetzt einen Moment ausgeruht hatte, schien er seinen toten Punkt überwunden zu haben und hetzte weiter.

Trockenes Gras, wie Buschwerk am Rand einer Wüste, bildete ein knirschendes filigranes Muster auf dem kalkweißen Kies. Während sie durch den Broad-Avenue-Kanal gewandert waren, hatte sich der Himmel zugezogen, und die Sonne schien jetzt durch einen Schleier weißer Wolken und beraubte die Schatten der Kinder ihrer Substanz.

»Was hast du eigentlich heute Morgen gemeint«, fragte Amanda und blinzelte ihn misstrauisch an, »als du gesagt hast, ihr frühstückt mit einem Geist?«

»Meine Mom ist an Krebs gestorben. Der hier hat ihr gehört.« Wayne holte den Ring an seiner Halskette hervor. »Dad und ich halten immer einen Platz am Küchentisch für sie frei. Wir nehmen sie überall mit hin, sagt Tante Marcelina, und Dad sagt, sie ist von Chicago mit in den Süden gezogen.« Er legte den Ring ans Auge und linste Amanda an.

Sie lächelte wehmütig. »Wie süß. Tut mir leid mit deiner Mom.«

»Ach, schon okay. Ist schon eine Weile her. Manchmal habe ich das Gefühl, jeden Tag ist die Erinnerung an sie ein bisschen schwächer.« Er steckte den Ring zurück ins T-Shirt. »Das finde ich schrecklich. Ich möchte sie nicht vergessen.«

»Das wirst du bestimmt nicht.« Das Mädchen legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Sie roch nach Blumen, nach Akne-Salbe, nach beißendem Haarspray. Wayne erwiderte das Lächeln und schob seine Brille auf der Nase hoch. Raue Kiefern bildeten eine Waldkathedrale um sie. Zwischen den Bäumen wuchs dichtes Unterholz, doch Pete fand einen kahlen Fleck in der Vegetation, wo rostrote Nadeln wie ein Teppich unter dem Buschwerk lagen. Quer über den Pfad war ein verrosteter alter Stacheldrahtzaun gespannt, über dem ein Betreten-verboten-Schild hing. Das Schild war an einen Baum genagelt und mit Einschusslöchern übersät.

Pete trat auf den unteren Drahtstrang und zog den oberen in die Höhe, sodass ein Durchgang entstand. Wayne erwartete eine Bemerkung von Amanda wegen des Schildes, doch die blieb aus.

Sobald sie den Wald betreten hatten, schwand das Tageslicht zu Dämmerung und schien nur noch schwach zwischen den Kiefernstämmen hindurch.

Die Kids wanderten tiefer zwischen die Bäume, bis das Dröhnen und Rauschen vom Highway hinter ihnen zurückgeblieben war und die abgeschiedene Stille des Waldes herrschte. So liefen sie vielleicht eine halbe Stunde durch Büsche und über Stellen mit krümeligem gelbem Kies und stiegen über umgefallene, halb verrottete Bäume, die von Termiten zerfressen waren.

Einmal kamen sie durch ein kleines Tal mit steilen Böschungen, wo die Bäume gefährlich nah an den Rändern standen und die Wurzeln in die Luft reckten.

Die Talsohle war tief und dunkel, voller Müll, Abfälle in verrotteten Beuteln, aus denen Pampe und Papierflocken auf den Boden quollen. Zwei offensichtlich neue Fahrräder mit verbogenen, platten Reifen. Eine nackte, einbeinige Barbie-Puppe. Bierflaschen und Dosen in rauen Mengen, die braun und schwarz und weiß im Gras leuchteten.

»Seht ihr?«, fragte Pete. »Ist doch besser hier zu gehen als auf der Straße, wo irgendwelche komischen Typen rumhängen, oder?«

Ein eigenartiges Gefühl hatte Wayne befallen – ohne hohe Gebäude als Landmarken und Bezugspunkte konnte er sich zwischen den endlos identischen Bäumen nicht orientieren. Er genoss es, in der Natur zu sein, aber ihn beschlich eine zunehmende Panik, weil er nicht wusste, wo er war.

»Eigentlich nicht.« Amanda ging inzwischen langsam und träge, und sie hatte wegen der Kühle die Arme verschränkt und die Schultern hochgezogen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Wayne gar nicht bemerkt, wie kalt es geworden war. Auch dunkler, obwohl sie noch genug Licht hatten. Er sah durch die Bäume hinauf zur verschleierten weißen Sonne und schätzte, dass sie bald untergehen würde.

Amanda strich sich das Haar hinter die Ohren. »Es wäre schneller und sicherer gewesen, mit unseren Eltern nach Hause zu fahren – oder Mann, sogar mit dem Schulbus.«

Petes Gesicht fiel in sich zusammen, seine Miene wechselte von müde, aber entschlossen und zufrieden zum anderen Ende des Spektrums, er wirkte verletzt und erschöpft. »Na ja, ich wollte euch nur etwas zeigen, Leute, ja? Und ich wollte den Neuen ein bisschen in der Gegend herumführen.«

Waynes Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. »Echt nett von dir. Ich bin noch nie so gewandert. Ist echt cool.« Er holte tief Luft. »Hier riecht es gut. Kiefern riechen gut. Mir gefällt es hier draußen.«

Pete zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen: Seht ihr?

»Beeilen wir uns lieber, damit wir zu Hause sind, ehe es dunkel wird, okay?« Amanda schob sich an ihnen vorbei und lief in ihrem stürmischen, schlaksigen Gang voraus. Ihr glänzender schwarzer Zopf schwang hinter ihrem Kopf hin und her. »Ich denke, so weit kann es ja nicht mehr sein.«

Der Weg war breiter geworden und nun gut zu erkennen, eine Ausdünnung, die durch den Wald mäanderte und gelegentlich einen Seitenweg kreuzte. Die Kiefern machten weißen Birken und kahlen Hartriegelbüschen Platz, und kleine Bäche zogen sich quer über ihren Pfad. Die Kinder mussten drüberspringen, manchmal von Stein zu Stein. Winzige silberne Fische schossen durch das braune Wasser.

Wayne hatte sich wieder in einen Tagtraum zurückgezogen und starrte auf seine Füße, als Johnny Juan sagte: »Wow. Wenn das nicht gruselig ist …«

»Oh mein Gott«, keuchte Amanda.

Tief zwischen den Bäumen war, schätzungsweise so groß wie ein Einkaufswagen im Supermarkt, ein Clownsgesicht zu sehen.