16

Robin öffnete die Augen und begriff, dass sie beim Schneiden eines Videos eingeschlafen war. Ihr Laptop stand vor ihr auf einem Stück Holz, das sie sich unten in der Garage gesucht hatte. Im riesigen Studioapartment herrschte Dunkelheit, nur der Mond schien hell in schrägem Winkel durch die großen raumhohen Fenster und verbreitete ein mildes, blau-graues Licht.

Ein paar Sekunden lang wähnte sie sich zurück in Heinrichs Unterschlupf in Hammertown. Doch anstelle von Kung-Fu-Postern hingen Kenways Gemälde an der Wand, und durch das Fenster blickte man nicht auf eine Wüste, sondern auf rote Ziegel, die Rückwand eines Baumarktes.

Auf dem Nachttisch neben dem Bett verriet eine Digitaluhr mit lodernden roten Ziffern die Zeit: halb vier. Robin reckte sich ausgiebig und genoss die weichen Decken und das Flanelllaken auf ihrer Haut. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten hatte sie keinen Albtraum gehabt. Sie fühlte sich pudelwohl, obwohl es mitten in der Nacht war.

Kenway schlief auf einer der Bänke auf ausgelegten Sofakissen. Seine Gestalt ließ sich vage unter einer zu dünnen Decke erkennen.

Kurz überlegte sie, ihn zu überreden, ins Bett zu kommen, doch sie ließ den Gedanken fallen. Sie wälzte sich aus dem Bett und entdeckte in einem Schränkchen einen Quilt. Den trug sie zu der Bank und breitete ihn über Kenways träger Gestalt aus. Er schlief in seiner Jeans, die Finger über dem Bauch gefaltet, selbstzufrieden wie Pu der Bär. Die Beinprothese war abgenommen und stand Wache neben ihm. Er schnarchte nicht, aber jedes Mal, wenn er ausatmete, blies er durch die Lippen und machte pchch, pchch. Robin lachte, als sie den Quilt über ihn legte.

Ein Stock lag auf dem Couchtisch neben einer mattschwarzen Waffe. Sie beugte sich im Halbdunkel vor und sah ein eingelegtes Magazin. Die Waffe war gesichert.

Sie ging zu dem riesigen bodenhohen Fenster, stand am kalten Glas und betrachtete die Gasse unten, die Arme der Kälte wegen um sich geschlungen. Die Sterne sahen aus, als hätte jemand mit einem Schrotgewehr Diamanten auf ein indigofarbenes Tuch geschossen. Die Gasse bildete einen bodenlosen schwarzen Canyon, ohne Struktur, abgrundtief.

Niemand lauerte draußen in der Dunkelheit, soweit sie das sagen konnte, und trotzdem fühlte sie sich beobachtet.

Am Fenster hing ein riesiger Bühnenvorhang von der Decke. Sie tastete den schweren Stoff ab, fand eine Schnur und bemühte sich, den Vorhang leise zuzuziehen. Irgendwo ratterte ein Flaschenzug, quietschte und gab Seil frei, bis das Fenster verdeckt war.

Ohne Mondlicht und das Leuchten der Stadt hatte das Apartment keine Dimension mehr, nur die roten Ziffern des Weckers durchbrachen das Nichts. Auf Zehenspitzen schlich sie zum Bett zurück, kroch unter die Decke und spürte das seidige, warme Laken an den Fersen. Ihr Kopf sank ins Kissen, und ihr Körper begann in sich selbst zusammenzusacken, als sich ihre Muskeln entspannten.

Fast augenblicklich übermannte sie der Schlaf.

Der Baumtraum.

Wieder saß sie mit ihrer Mutter Annie am Frühstückstisch. Aus irgendeinem Grund war es jedoch mitten in der Nacht.

Schwere Schatten lagen auf den Küchenfenstern und verdrehten die warme, tröstliche Erinnerung in eine düster mutierte Version. Das einzige Licht stammte von den elektrisch-grünen Digitalziffern der Mikrowelle und verwandelte die Küche ihrer Kindheit in einen geheimen Traumraum aus Schatten und smaragdfarbenem Chrom.

»Du weißt, in diesem Haus wird nicht über Magie geredet, Madam.« Annie faltete ihre Zeitung zusammen, legte sie zur Seite und umschloss den längst kalten Kaffee mit beiden Händen. Sie sprach in verstohlenem Murmelton, als wollte sie, dass man sie nicht hörte. »Magie ist falsch. Magie richtet sich gegen Gott. Und in diesem Haus stehen Gottes Regeln jetzt über denen der Menschen. Das haben wir doch schon geklärt.«

»Ja, Mama.« Ungeachtet der grässlichen, widersinnigen Dunkelheit hatte Robin bereits vergessen, dass es nur ein Traum war, so wie unser Geist uns oft unwiderstehlich davon überzeugt, dass das Unmögliche real ist.

»Natürlich kannst du gern Harry Potter lesen, aber ich will kein Gerede über Magie hören. Okay?«

»Okay, Mama.«

»Ein Buch ist eben ein Buch. Es ist nicht die Wirklichkeit.«

Die Robin im Traum saugte kurz an ihrer Lippe. Schließlich fasste sie Mut und fragte: »Wenn Magie nicht wirklich ist, warum will Gott sie dann nicht in unserem Haus haben?«

Annie runzelte die Stirn, als wollte sie sagen: Stell doch nicht so dumme Fragen. »Ich habe nicht gemeint, Magie sei nicht wirklich. Ich habe gesagt, Harry Potter ist nicht wirklich. Du kannst das lesen, solange du den Unterschied zwischen Realität und Erfindung begreifst. Harry beschäftigt sich mit ›guter Magie‹, und das ist okay – er ist ein netter kleiner Bursche –, doch im wahren Leben gibt es keine gute Magie. Im wahren Leben, Schatz, ist Magie immer böse.«

»Ja, Mama.«

Gefunden, sagte eine leise Stimme aus dem Flur.

Der Boden unter ihren Füßen knarrte, und hinter Robin stand eine schwere, massige Gestalt. In ihrem Traumkörper war sie ein spindeldürres Kind, das noch nicht im Entferntesten die Pubertät erreicht hatte, und das Ding hinter ihrem Stuhl wirkte viele Male größer als sie es je gesehen hatte.

Heißer Atem strich über ihr Ohr. Der Geruch von verrottetem Fleisch und Sternanis drang in ihre Nase. Ich habe so lange nach dir gesucht.

Willkommen daheim.

Fliegen summten auf dem Gesicht ihrer Mutter.

Robin erwachte voller Panik, und ihr Herz pochte gegen die Rippen. Als sie die Augen aufschlug, leuchtete das Bett im gleichen kränklich-grünen Licht.

Weißer Atem quoll aus ihrem Mund. Es hatte den Anschein, als wäre die Temperatur im Raum um zehn Grad gefallen, als hätte irgendetwas die Wärme aufgesaugt und durch das Vakuum des Weltraums ersetzt. Sogar im Bett unter den Decken war es kalt, nicht nur kühl, sondern wie strenger Januarfrost, der nacktem Stahl gleich auf ihrer Haut brannte.

Langsam drehte sie sich um und sah über die Schulter. Sie befand sich gegenüber dem riesigen Fenstervorhang. Das grüne Leuchten drang dahinter hervor, schien durch die Maschen des schweren Leinens und ließ den Stoff leuchten wie eine Verkehrsampel.

Nein. Nicht schon wieder. Robin lag da, starrte auf den Vorhang, und das Entsetzen drückte ihr Magensäure in die Kehle. Er ist zurück, versteckt sich, beobachtete mich, grinst dabei.

Er ist keine Halluzination, oder?

Die einzige Möglichkeit, die Sache zu beenden und weiterzuschlafen, bestand darin, sich diesem Wach-Albtraum zu stellen. Sie musste die Vision vertreiben, indem sie ihr entgegentrat – das war der einzige Weg, das Wesen loszuwerden. Die Kunsttherapie hatte nichts gebracht. Die Sitzungen beim Psychiater und die Gehirnwäsche hatten lediglich ihren Kopf in Brei verwandelt und ihre Paranoia erstickt, ohne die Quelle ihrer mentalen Qual auch nur anzutasten. Schließlich hatten selbst die Medikamente ihre Wirkung verloren. Oder besser gesagt, ihre Nutzlosigkeit bewiesen.

Das Wesen. Warum nennst du es nicht beim Namen?, dachte sie zitternd. Der Mann in Alabama kannte den Namen. Deine Mutter wusste, wer er ist.

Er sucht wieder nach dir.

Er hat gewartet.

Und am Ende, nach Therapie und Pillen stellt sich heraus, dass du gar nicht unter einer psychischen Störung gelitten hast. Wie alles andere an dir, wie alles, was du in deinem Erwachsenenleben angestellt hast, angefangen von den »fiktiven« YouTube-Videos und deinem Scharfsinn, bis hin zu deiner Mad-Max-Erscheinung war es Schall und Rauch, Klebeband und Heftklammern, die nur die Wahrheit verdecken sollten. Vor allem, dich selbst eingeschlossen.

Mit zitternder Hand packte sie die Kante der Gardine und hoffte, dahinter würde sich ihr nicht das Geheimnis des Magiers enthüllen. Das ist auch kein Fluch von irgendeiner dahergelaufenen Hexe aus einem Nest in Alabama.

Sie zog den Vorhang zur Seite. Metallringe scharrten hoch über ihr wie ein zischendes Tamburin, und die Lichtquelle wurde enthüllt.

Es ist kein Gehirntumor, der in deinen Frontallappen einen Kurzschluss anrichtet.

Zwei riesige grüne Augen starrten sie aus einem massigen Kopf an. Der Rote Lord stand über ihr, hatte muskulöse Orang-Utan-Arme und krumme Hundebeine mit zu vielen Gelenken. Zotteliges Haar bedeckte ihn, ein flammenroter, moosgrüner, kohlrabenschwarzer Pelz.

Nein, er ist real. Er ist so real wie die Nase in deinem Gesicht.

Und er stand genau neben ihrem Bett.

So nah war sie dieser Kreatur noch nie gekommen. Jedes Mal, wenn sie versuchte, dichter heranzugehen, verschwand der Rote Lord und ließ sie frustriert mit leeren Händen stehen, doch jetzt war er in Lebensgröße hier, stand in Kenways Apartment. Sie hätte ihn anfassen können, aber sie war erstarrt, sie konnte den Vorhang nicht loslassen, ihre Hand reagierte nicht auf die Befehle ihres Gehirns, sie konnte nicht wegrennen, schreiend die Treppe hinunter und auf die Straße laufen. Er griff nach ihr, wollte sie berühren, und einer dieser langen, stinkenden zotteligen Arme kam auf sie zu, stank nach Grab, nach modernder Erde, und er hatte zu viele Finger, und die Finger hatten zu viele Gelenke.

Wispern.

Und während er sich bewegte, knarrte der Rote Lord wie altes Leder, wie ein Weidenkorb.

Und diese Hand näherte sich ihrer Hand.

Wispern.

Und diese Finger endeten in hornartigen Krallen, krummen Nadeln, die nach ihr griffen, an ihrer zitternden Hand vorbei, nach ihrem Gesicht langten …

Krallen, die über ihre Wangen strichen.

Wispern.

(W i l l k o m m e n   d a h e i m)

(W i l l k o m m e n   z u r ü c k   d a h e i m)

Die Stehlampe neben der Couch leuchtete mit einem Klick auf. »Gott, was zum Teufel schreist du …«, begann Kenway.

Seine Stimme wirkte wie ein Schlüssel in Robins Kopf und entriegelte ihre Blockade.

Als sie die Kontrolle über ihren Körper zurückerlangte, fiel der Rote Lord auf sie zu, brach über dem Bett und über ihrem Körper zusammen und löste sich über ihr in einer roten Rauchsäule auf, oder vielleicht war dieses Ding überhaupt nicht dagewesen, und wo es gefallen war, lag nun ein Berg verknotetes Haar – nein, kein Haar, Spinnen, fünftausend, zehntausend Spinnen, winzige giftige Krabbeltiere mit gestreiften braunen Beinen und erdnussförmigen Leibern.

Das Bett und Robin waren mit ihnen bedeckt, sie krabbelten über ihr hin und her und erzeugten ein Wispern, das klang wie feines Wachspapier oder wie Bibelseiten, die aneinanderreiben. Robin warf die Laken von sich und kroch übers Bett. »Scheiße! Scheiße, verdammt!«, schrie sie und ließ sich auf den Boden fallen, landete hart auf der Schulter und riss den Wecker mit.

Überall krabbelten die Arachniden über sie, die zarten Beine kitzelten sie an den Schultern, an der Brust, auf dem Gesicht. Borstige, hauchfeine Berührungen auf den Lippen, auf den Lidern.

»WAS ZUM TEUFEL WAR DAS?« Kenway saß kerzengrade auf der Couch.

Robin brüllte, rastete völlig aus, schlug um sich und schob sich mit den Beinen über den Boden, weil sie sich in den Laken verheddert hatte. »UUGGGH

Kenway humpelte mit dem Stock ins Badezimmer, kehrte mit einer Dose Haarspray zurück und zog ein Feuerzeug aus der Tasche. Er zielte mit beidem aufs Bett, snick!, snick!, snick!, und ein brüllender Flammenkegel schoss vor, den er hin und her bewegte und so viele Spinnen wie möglich röstete. Der Stock fiel um, und der Veteran stand da wie eine abgedrehte Kombination aus Drache und Flamingo.

»Bitte, bitte, lass es eine Illusion sein«, flehte Robin, als sie endlich auf die Beine kam. Die Bettdecke, die Laken, Kissen, alles loderte in Flammen auf.

Einige der Spinnen – die wie braune Sandspinnen aussahen, oder zumindest so, wie sie annahm, dass braune Sandspinnen aussehen müssten – taumelten über die Kante der brennenden Matratze und huschten über den Boden. Sie zertrat sie mit bloßen Füßen und zerquetschte sie auf dem Holzboden zu rutschigem Brei und kantigen Zahnstochern zwischen ihren Zehen. Es stank nach brennenden Arachniden und brennender Matratze, ein dünner, hochchemischer Geruch wie gekochter Hummer und verbrannte Blätter und versengtes Haar und gerösteter Latex. Und zu Robins Überraschung und Entsetzen auch ein Hauch von Karamell.

Kenway ließ die Spinnen weiter im Haarspray-Flammenwerfer brutzeln und schwenkte die Feuersäule kreuz und quer über das Bett, während er unablässig fluchte. Robin fand den Schalter für die Lüftung. Oben in der Decke lief ein Ventilator an und begann, den Gestank aus dem Raum zu saugen.

»Feuerlöscher ist unter dem Waschbecken!«, schrie Kenway. Das Bett war zum tosenden Inferno geworden und füllte das Apartment mit einem in den Augen brennenden Nebel.

Robin rannte in die Küche und öffnete den Schrank unter dem Waschbecken. Ein kirschroter Behälter stand hinter einer Sammlung Reinigungsmittel. Sie schob letztere aus dem Weg, zerrte den Feuerlöscher heraus, riss die Sicherung vom Griff, trug ihn zum Bett und bedeckte das Feuer mit Schaum.

Schließlich hatten die beiden so viele Spinnen wie möglich verbrannt oder zertrampelt, und das Feuer war gelöscht. Vom Bett war nur eine verkohlte Masse geblieben, und der Boden war mit schleimigem Spinnenbrei bedeckt. Die zwei zogen sich in die Küchenecke zurück, um sich von dem Schock zu erholen, setzten sich auf den Boden und zitterten vom Adrenalin. Robins Füße waren mit Spinnenpampe überzogen. Kenway saß vornübergebeugt da, hatte sein Bein unter sich gezogen wie eine Kobra, die sich bereit macht zum Zustoßen. Seine Arme waren angespannt und hielten immer noch Feuerzeug und Haarspray.

»Was war das für eine Scheiße«, zischte er. »Warum wimmelt es in meinem Apartment von Spinnen, Robin?« Er drehte den Kopf, und seine leuchtend blauen Augen brannten sich in ihre. »Was war das für ein grünäugiges Ding vor dem Bett?«

Robin bekam eine Gänsehaut.

»Du hast es gesehen?«, fragte sie erstaunt. »Du hast den Roten Lord gesehen?«

»Verdammt, ja, ich habe den ›Roten Lord‹ gesehen.« Er hustete und verzog das Gesicht säuerlich. »Oder zumindest habe ich etwas gesehen, das den Raum erhellt hat wie ein verfluchter Weihnachtsbaum.« Er beäugte ihre Spiegelbilder im Fenster, als würde er erwarten, dass das Glas zerspringt. »Warum hat es sich in Spinnen verwandelt? Was zur Hölle war das?«

»Was fragst du mich?«

»Der Scheiß kommt von dir«, sagte er, und in seinem Ton schwang ein Vorwurf mit. »Erzähl mir nicht, dass du nichts darüber weißt.« Er krabbelte ein Stück nach hinten zum Ende der Kücheninsel, griff über den Kopf und holte sich eine Packung Zigaretten. Dann klopfte er eine heraus, zündete sie sich mit dem Feuerzeug an, lehnte sich an den Schrank und rauchte mit zitternden Händen. »So einen ausgeflippten Kram habe ich noch nie gesehen. Was zum Teufel hast du hier angeschleppt?«

»Mann, ich habe keine Ahnung! Ich habe es für eine Halluzination gehalten!«

»Deshalb nimmst du diese Pillen?« Sein Gesicht war weiß geworden, und sein rotblonder Bart wirkte fast aschbraun. »Scheiße, vielleicht solltest du was Stärkeres nehmen. So was wie Kokain zum Beispiel.«

Nach einer Weile hatte sich Robins Puls beruhigt, und ihre Muskeln entspannten sich. Sie stand auf, stieg auf die Kücheninsel und wusch sich im Spülbecken die Spinnenreste von den Füßen. Kenway stand nicht auf. Als sie fertig war, kletterte sie nach unten und setzte sich neben ihn. Der Zigarettenrauch machte ihr ein wenig zu schaffen – man hätte auch sagen können: »stellte eine gewaltige Versuchung dar« –, aber sie bemühte sich, es zu ignorieren.

»Tut mir leid, dass ich mich so aufgeregt habe wegen …« Kenway deutete in Richtung des Bettes. »Was auch immer das war.«

»Schon okay. Kann ich gut verstehen.«

»Hast du häufiger mit solchem Kram zu tun?«, fragte er, fischte eine leere Sprite-Dose aus dem Mülleimer und benutzte sie als Aschenbecher.

Eine einsame Spinne wanderte vor ihnen über den Holzboden. Robin schnappte sich eine Zeitschrift vom Tresen, rollte sie zusammen und schlug die Spinne platt.

»Die wollte ich noch lesen«, sagte Kenway. »Eigentlich.«

Robin rollte die Zeitschrift auseinander und betrachtete die platte Spinne. »Tut mir leid.« Sie bot ihm die Zeitschrift an. Als er das Gesicht verzog, rollte sie das Papier zusammen und drückte es in den Müll. »Jedenfalls … Du fragst mich immer wieder danach. Scheinbar glaubst du mir langsam.«

»Scheint mir auch so. Wie hältst du das aus?« Er drückte die Zigarette aus und ließ sie in die Dose fallen. »Ich wäre nach einer Woche reif für die Klapse.«

»Na ja, es heißt doch, wenn du jeden Morgen als Erstes einen lebenden Frosch isst, kann dir für den Rest des Tages nichts Schlimmeres mehr passieren. Also, ich habe in der Klapse angefangen, was in aller Welt sollte schlimm genug sein, um mich dorthin zurückzubringen?«, spöttelte Robin. »Das ist doch noch gar nichts. Wenigstens waren es keine Schlangen.«

»Ich würde Schlangen bevorzugen.«

Die beiden saßen eine Weile lang da, schauten der Matratze beim Schwelen zu und versuchten, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Der Gestank von verbrannten Spinnen und geschmolzenem Kunststoff hing noch in der Luft.

Willkommen daheim.