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Z ur Abwechslung saßen wir im Speisezimmer anstatt wie sonst zum Frühstücken in der Küche. Was wohl daran lag, dass die kleine Freundin deiner Schwester auch mehr Platz wegnahm. Und mit wir meinte ich deinen Boss, Greg und mich. Natürlich warteten wir auf deine Ankunft, wie so oft. Als ich Schritte hörte, freute ich mich schon. Kurz darauf betrat deine nervige kleine Schwester mit ihrem geilen Arsch den Raum und gleich hinter ihr dieses noch viel nervigere Bündel Fleisch. Mila zeigte ihr, wo sie sich hinsetzen sollte. Natürlich mir gegenüber. Als könnte mein Tag nicht noch beschissener anfangen. Daneben hockte sich der kleine Wirbelsturm hin. Den Platz zwischen ihr und dem am Kopfende sitzenden Calvin ließ sie frei. Für dich natürlich. So, wie Greg einen für D neben sich freiließ. Rechts von Calvin du und links von ihm D. Wie bildlich doch die Macht am Tisch dargestellt wurde. Aber das war mehr Schein als Sein. Denn wir hatten durchaus mehr Macht.
Endlich hörte ich deine dunkle Stimme und natürlich Ds. Ich liebte meinen Kumpel, aber an deiner Seite kotzte er mich nur an. Du hattest so viel Besseres verdient. Nicht mich, aber Besseres. Du betratst den Raum hinkend und erfülltest mich mit Stolz. Nicht nur, weil du wie immer perfekt aussahst, sondern, weil du in deinem Gang und im Umgang mit deinen Krücken täglich besser wurdest. Du brauchtest nur noch eine.
Mit einem Lächeln auf den Lippen gingst du auf direktem Weg zu deinem Boss, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu drücken. »Boss«, gabst du nur knapp wieder und zogst den Stuhl zurück. D kam herbei und half dir, was dich so süß zum Knurren brachte. Du hasstest es, wenn man dir half. Das würde D nicht lassen können.
»Adam!«, brüllte D und ich sah ihn an. Sein Kiefer mahlte und mal wieder merkte ich meinen Fehler. »Hör auf, sie so anzugieren, sonst muss ich dir wehtun.« Siehst du, wie er dich beschützt? Er hat Angst, dass du dich für mich entscheiden würdest, wenn du könntest. Wäre es so, Kit? Würdest du in meine Arme kommen? Bestimmt. Denn du weißt nicht, was er alles hinter deinem Rücken veranstaltet und ich würde offen mit dir umgehen. Das wusstest du schon immer.
»Schon gut, D! Setz dich und lass die Frau in Ruhe Kaffee trinken.«
»Ja, genau, Dean. Lass mich Kaffee trinken oder willst du den noch kalt pusten, weil ich mir sonst die Lippen verbrenne?«
Lächelnd quittierte ich deine Provokation ihm gegenüber. Du warst so frech und ich stand darauf. Schon immer. Ich war froh, dass du wieder zu dir finden konntest.
D beugte sich von hinten zu dir runter. »Jeder Zeit. Auf die Lippen …« Er küsste deine Wange. »… küsse ich dich schließlich am liebsten.« Da hauchte er dir einen Kuss auf die Lippen. Herrgott, wo war mein sadistischer Freund geblieben, der andere quälte? Wo nur? Dann endlich kam er rum und setzte sich zu uns. Endlich. Und du schenktest dir Kaffee ein. Der Tisch war reichlich gedeckt und schweigend griffen wir zu. Mila lud Unmengen Zeug auf den Teller ihrer neuen Freundin. Dabei sollte sie lieber ein paar Mahlzeiten aussetzen. In Milas Kleidung würden wir sie nicht reingezwängt bekommen, und nicht, dass Gregs Kleidung auch noch zu klein wurde.
Dieses kleine Mädchen vor mir ließ, wie gestern Abend, die ganze Zeit den Kopf hängen. Aber zumindest war sie nicht mehr voller Blut. Wobei sie mir mit dem roten Touch besser gefallen hatte. So wirkte sie nur noch bleicher. Allein ihre roten Haare, die so farblos waren, dass sie an Rost erinnerten und ganz hoch nach hinten gebunden waren … Ekelhaft. In dieser Villa hingen genügend Spiegel und sie hatte anscheinend in keinen gesehen. Sonst wäre ihr auch aufgefallen, wie schrecklich sie in der Kleidung von Greg aussah. Wahrscheinlich konnte ich auch froh sein, dass sie da überhaupt reinpasste, so wurde zumindest ihre unförmige Figur kaschiert.
Klatsch! Da prallte etwas gegen meine Stirn und ich sah hinab auf meinen Teller. Eine Gurke. Verwirrt hob ich den Blick und Milas diabolisches Lächeln glänzte auf.
»Hör auf, sie so anzusehen!«
»Was?«
»Du siehst sie herablassend an, als wärst du etwas Besseres!«
»Bin ich auch.« Ich wusste ja auch, wozu ein Spiegel da war. Klatsch. Eine weitere Gurke. Nur diesmal traf sie meine Wange. »Lass den Blödsinn!«
»Dann sei nett.«
»Wir sehen doch dasselbe, oder, Mila? Schön ist anders!« Sie hob die Gabel und legte eine weitere Gurke darauf. »Wehe, Mila!«
»Ich habe keine Angst vor dir. Dich fresse ich zum Frühstück.« Damit nahm sie die Gurke und stopfte sie sich zu Untermalung ihrer Worte in den Mund. So eine Göre.
»Mila. Du hast keine Ahnung. Ich bin …«
»Was? Zäh wie Leder? Stark wie Kruppstahl? Und schnell wie ein Windhund?«
Die Worte kamen noch nicht ganz bei mir an, da lachtest du lauthals los. Und auch noch so dunkel und gehässig, dass ich selbst mitlachen mochte. Aber die Anspielung ging zu weit.
»Hast du mich etwa …«
»Was denn, Adam?«, betonte sie meinen Namen. »Habe ich deinen blonden, blauäugigen Kopf etwa beleidigt?«
Mit offenem Mund fiel mir kein Kontra ein. Da meldete sich C. »Hast du ihn gerade mit einem Nazi verglichen?« Dabei schwang auch noch ein amüsierter Unterton mit und du, ja du, meine Stiletto, lachtest noch amüsierter auf, sodass du dir den Bauch hieltest und den Kopf in den Nacken legen musstest. Ein sehr schönes Bild. Wenn deine kleine Schwester mich nicht gerade beleidigen würde.
»Nazi? Faschist? Adam? Ich erkenne da ein Muster.«
Da schlug ich mit der Hand auf den Tisch und blitzte wütend auf. Dein Lachen erstarb, und bevor ich meinen Mund öffnen und deiner Schwester Grenzen zeigen konnte, hörte ich dich.
»Mila? Gibst du mir deine Gabel?« Verwundert über den Themenwechsel runzelte ich die Stirn und sah zu, wie sie dir ihre Gabel hinhielt. »Warum?«
»Tja, Adam hat zwei Augen, mit denen er dich böse angesehen hat und ich nur eine Gabel.«
Da begann auch noch Greg zu lachen. Als ich dich ansah, trafen sich unsere Blicke und ich gab früher nach, als ich wollte.
»Mila, du bist aber auch gemein«, schmunzelte C und machte mich nur noch wütender damit.
»Nein, gemein wäre es, wenn ich gesagt hätte, er wäre der kleine, böse Nazibruder von Captain America und sitzt statt bei uns bei den Avengers und muss sich von Kit die Augen ausstechen lassen. Ja, das wäre gemein.«
»Schluss damit, Mila«, wehrte ich mich nun endlich. Dieser Versuch war so erbärmlich, Kit. Aber du brachtest mich dazu. Ich wollte nie, dass du wütend wurdest. Lieber war ich wütend, weil mir deine heiße Schwester auf den Sack ging.
»Oh, stört es dich etwa, dass ich dich auf dein Aussehen reduziert habe?«
Ich schluckte und merkte, wie clever der kleine Wirbelsturm wirklich war. Sie hielt mir den erwähnten imaginären Spiegel vor die Nase und mir wurde schlecht. »Stört es dich, Adam, wenn ich einen Fehler an dir finde, wo du doch so makellos bist? Wahrscheinlich ist dir nie in den Sinn gekommen, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt.«
»1:0 für Mila«, gab Calvin amüsiert zum Besten und erneut lachtest du auf. Du legtest einen Arm um sie und küsstest ihre Schläfe. Dafür, dass ich ihre kleine Freundin beleidigt hatte, entschuldigte ich mich nicht, denn es war meine Meinung, mein Auge und mein Sinn für Schönheit. Oder eben der Mangel an jener. Dennoch wünschte ich mir, ich würde gerade neben dir sitzen, du mir einen Arm umlegen und deine weichen Lippen meine Haut berühren. Das sagte ich aber nicht. Noch ein blaues Auge würde meine erwähnte Makellosigkeit nicht schätzen.
Schließlich frühstückten wir weiter, während du nur deinen Kaffee trankst. Als C fertig war und den Teller von sich schob, legte er seine Hand auf deine. »Wo ist Jey?«
»Zu Hause.«
»Was Jenny sagen wollte: Wir sind zu spät gekommen, weil wir auf Nici warten mussten. Eigentlich hatte sie frei und wir haben sie erst anrufen müssen.« D übernahm nun auch die Gespräche von dir, was?! Warum gewährtest du ihm so viel von dir?
»Warum habt ihr ihn nicht mitgebracht?« Die Frage war zwar an dich gerichtet, aber dein Blick zu D zeigte, dass auch diesmal er diese Frage beantworten sollte. Hatte sich das Machtverhältnis zwischen euch geändert oder fragtest du um seine Erlaubnis, zu antworten?
»Jenny hat eine merkwürdige Nachricht bekommen. Deswegen ist er zu Hause.«
»Was denn für eine?«
D sah zu dir und nickte. Ah. Er hatte die Macht und du fragtest.
Oh, Stiletto, warum lässt du das zu ?
Mit einer Hand fummeltest du dein Handy heraus und übergabst es … D. Das konnte doch keiner mit ansehen. D tippte auf dem Display und überreichte es C.
»Hallo? Warum kann es ihm Kit nicht selbst geben?« Mir platzte fast der Kragen.
»Weil es dich einen Scheiß angeht.« Dabei klang deine Stimme übertrieben freundlich. Dafür wollte ich aufstehen und dich küssen. Doch D lenkte mich wieder ab.
»Weil es ein Spiel ist. Nicht wahr, Babe?« Bei seinen Worten sahst du ihn an. Die Ecke deiner Unterlippe glitt zwischen deine Zähne und dieser Blick! O Gott. Wenn du mich nur für einen Moment so ansehen würdest … Ich würde dafür töten … Dafür sterben … und Kit, ich wichse gleich darauf. Die Härte in meiner Hose bestätigte das. Alles, was ich mir schon immer an einer Frau gewünscht hatte, warst du. Stark. Herausfordernd. Wunderschön. Alles, was D an einer Frau schon immer gehasst hatte, bekam er. Fordernd. Provozierend. Kämpferisch.
Greg stupste mich an. »Hör auf, sie so anzusehen!«
»Wie denn?«, flüsterte ich zurück.
»Als würdest du sie am liebsten über den Tisch werfen und ficken!« Greg hatte ja keine Ahnung, wie gern ich genau das tun würde. Dich einfach packen, auf die Knie zwängen und mit dem Daumen über deine Unterlippe streifen. Du würdest mir diesen Blick zuwerfen, zu mir heraufschauen und ich würde dir meinen Pimmel zwischen die Lippen drücken. Spüren, wie du daran saugst, stöhnst … Gott … dein Stöhnen, ich hatte es sofort im Ohr. Länger konnte ich nicht am Tisch sitzen. Meine Handflächen waren schon triefend nass, auf meiner Stirn bildeten sich die ersten Schweißtropfen und in meiner Hose wurde es zu eng. Ich brauchte Erlösung. Sofort! Mit Bedacht, sodass niemand von meinem Kontrollverlust etwas mitbekam, stand ich auf und trat, ohne mich zu erklären, aus dem Raum, direkt in die nächste Toilette. Eine Nutte zu ficken, wäre besser gewesen, weil ich es hasste, selbst Hand anzulegen. Die Zeit im Nacken riet mir jedoch, die Tür zu verschließen, die Hose fallen zu lassen und meine Härte zu umschließen. Schon kam mir die Erinnerung. Du und wie du breitbeinig vor mir gelegen hattest. Wimmernd mein Name über deine Lippen gekommen war und wie du dich stöhnend hast fallenlassen, als ich in dich eingedrungen war. Wie deine Beine meine Taille umschlossen hatten und du dich im Hohlkreuz zu meinen Stößen bewegt hast … Immer fester pumpte ich mich selbst zum Höhepunkt, während ich deine schweißbedeckte Haut und deinen perfekten Körper vor mir sah. Wie deine vollen Brüste sich bewegt haben und deine Nippel so hart gewesen waren, dass ich sie zwischen meine Lippen saugen musste. Und dein Stöhnen … oh, Stiletto. Mit jedem Stoß war deine Lust durch meine Haut gedrungen, hatte sich in meine angespannten Muskeln gekrallt und mir jegliche Kontrolle entrissen. Dein innerer Muskel hatte mich gemolken, weil du so eng und heiß gewesen warst. Meine Eier hatten sich zusammengezogen und …
»Adam, du kommst auch erst, wenn ich das sage!« Deine rauchige, verdorben lustvolle Stimme … Ich spritzte mir in die Hand und mein Hemd klebte an meiner Haut. Oh, Kit, wenn du wüsstest, wie gern ich diese Szene im Vito wiederholen würde und wie oft ich mir darauf einen runterholte. Du würdest dich schämen, weil selbst du wüsstest, dass mein Sperma in deinen Mund gehörte und nicht in meine Hand.
Gefühlt brauchte ich eine Ewigkeit, bis ich mich wieder soweit gesammelt und gereinigt hatte, dass ich mich im Speisesaal blicken lassen konnte. Als ich den Raum betrat, wusste ich, dass ich einiges verpasst hatte. Denn ein reges Gespräch darüber, dass Davon wohl verschwunden war, war im Gange. Davon. Einer unserer Mitarbeiter, oder vielmehr ein Freund des Hauses Calvin. Wer wusste schon, dass er zu Calvin gehörte, als er für uns deine Leute bestochen oder bedroht hatte, damit sie sich gegen dich wandten? Wir! Dass er aber ein Freund war und nicht bloß Mitarbeiter? Das hatte niemand gewusst. Immerhin war er schwarz, groß wie breit und kam aus Detroit. Zudem wusste er über alles Bescheid. Gut, vielleicht war ich doch ein vorurteilsbehafteter Rassist. Aber ich wollte ihn nicht tot sehen, also gehörte ich nicht zu den Schlechten.
»Ich kümmere mich darum, und wenn du ins Revier musst, rufe ich dich an. Aber jetzt lasst uns noch über …« Calvin zeigte auf die Neue. »Wie heißt sie?«
Wir sahen sie alle an und Mila zuckte die Schultern. »Nach wie vor hat sie nicht gesprochen.« Dein Boss betrachtete sie genau. Mit den Augen fraß er sie regelrecht auf, so ausgiebig musterte er sie. Und dann erhob er das Wort erneut. »Privet«, sagte er.
Da sah sie auf und direkt zu der Geräuschquelle, zu C. Ihre grünen Augen stachen heraus und der Anblick ihrer hellen, fast weißen Haut krabbelte mir kalt den Rücken runter. Dunkle Augenringe zierten ihr Gesicht, überdeckten aber nicht die vielen Sommersprossen. Dadurch, dass sie ihr Gesicht die ganze Zeit nach unten gerichtet hatte, fiel mir jetzt erst auf, dass sie gar nicht so hässlich war. Ihre Haut war wie Porzellan. Die Farbe ihrer Lippen ging eher ins Orange und diese grünen Augen …
»Privet.« Leicht, hauchzart und zerbrechlich klang ihre Stimme und es wurde mucksmäuschenstill. Eine Haarnadel hätte man fallen hören können, und das wäre lauter gewesen als ihr zartes Stimmchen.
»Tebja sowut?«, klang es aus Calvins Mund wie eine Frage und ich erkannte, dass es osteuropäisch war. Russisch? Polnisch?
»Pascha.« Leise, kaum hörbar. Aber C verstand sie.
»Privet, Pascha.« So liebevoll sprach er sonst nur mir dir. »Kak dela?« Da sah sie hinunter und entkam unseren Blicken. Mit der Zerbrechlichkeit eines hauchdünnen Glases hauchte sie: »Hochoscho.«
»Sie heißt Pascha und es scheint ihr den Umständen entsprechend gut zu gehen. Und wie es aussieht, ist sie Russin und versteht anscheinend auch nur ihre Landessprache.«
»Du kannst Russisch?«, wollte Greg wissen und C schüttelte den Kopf.
»Nein, nur soweit, dass ich mit ihr schlafen könnte, ohne mich noch weiter strafbar zu machen.«
»Ja, weil Sex mit Minderjährigen dein größtes Problem ist, als für andere Dinge hinter Gitter zu kommen.«
»Nicht witzig, Greg. Ich lehne Sex mit Minderjährigen ab. Nicht nur der Strafbarkeit halber.«
»Da stimme ich dir mal zu.«
»Wir alle!«, bekräftigte ich. Und so, wie sie aussah, war sie wirklich noch jung. »Dann frag sie bitte, wie alt sie ist.«
»Skol'ko tebe let?«
»Pyatnadtsat'.« Noch zarter und die Stimme würde verloren gehen.
»Sie ist fünfzehn.«
»Fünfzehn? So jung?« Du wundertest dich und ich mich gleich mit. Das durfte nicht sein. Sie hätte nicht im Container sein dürfen. Mein Blick schwankte zu Greg und er sah auch D und mich abwechselnd schockiert an. Ich hätte sie auf Anfang zwanzig geschätzt, aber so jung ging gegen unsere Regeln, gegen alles, was wir geplant hatten, und war nie Teil eines unserer Ziele. Selbst wir hatten Regeln, und das war eine. Sie war zu jung. »Greg«, flüsterte ich noch aufdringlicher als sonst.
»Wir klären das gleich«, kam von deinem Göttergatten im knurrenden Flüsterton, sodass du nichts mitbekamst, und ich hoffte, dass wir das Thema klären konnten, bevor es auf eine riesengroße Scheiße hinauslief. Das würdest du keinem von uns verzeihen. Immerhin war deine Aufmerksamkeit der lieben Pascha gewidmet und du hattest nicht mitbekommen, wie wir uns bereits absprachen.