P
oppy weinte vor sich hin, zerrte damit an meinen Nerven, als ich schließlich tief durchatmend den Wagen an der Villa parkte. Fortlaufend steigerte sie sich in etwas hinein, was für sie eigentlich hätte schön sein sollen. Doch ich ließ sie. Ich half ihr lediglich aus dem Auto, ignorierte ihre Gefühle und wischte ihr nur die Tränen weg, als wir die Treppe hinaufnahmen, damit uns nicht gleich jeder auf ihr Wohl ansprach.
Wir schlenderten hinein und auch diesmal bemerkte ich, wie schwindelig ihr war. Für einen Moment bereute ich, dass ich mich gegen ein Frühstück heute Morgen entschieden hatte. Was ich jetzt revidieren konnte, indem ich umgehend mit ihr in
die Küche ging. Allerdings stießen wir dort auf ein reges Treiben. Die anderen bereiteten längst Essen zu. Daher verließen wir den Raum gleich wieder, ohne uns bemerkbar zu machen.
»Du hast sicher Hunger«, brach ich unser Schweigen, als ich sie zum Abwenden bewegte und geradewegs mit ihr zur Treppe ging. »Die Frauen bereiten schon das Essen zu.« Das war selbst für sie offensichtlich. Doch so, wie die kleine Poppy neben mir die Stufen bestritt, musste ich mir mehr Sorgen machen, dass sie womöglich umkippte, als dass sie mich nicht verstand.
Deswegen beschleunigte ich den Schritt, schob sie voran und hielt sie an dem Zimmer auf, in dem ich mich vorübergehend einquartiert hatte. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, zwang ich sie, mich hineinzubegleiten, um sie dann auf dem Bett zu platzieren. Mit großen Augen betrachtete sie mich und ich erkannte die Furcht in ihren Zügen und presste die Zähne aufeinander, weil mich ihr Verhalten immer mehr in die Wut trieb. Zig Frauen würden für die Aufmerksamkeit, die ich ihr gab, töten und sie tat so, als wäre ich eine grässliche Bestie. Ein widerwärtiger Verbrecher, der nach ihrer Reinheit lechzte. Mein Kiefer schmerzte bereits durch die Anspannung. Also wendete ich mich ab, griff nach der Flasche Wasser, um diese aufzuschrauben und ihr hinzuhalten. Immerhin nahm sie es an.
Am liebsten hätte ich sie beobachtet, es genossen, dass sie hier ausgeliefert vor mir saß. Nur bestätigten ihr Verhalten, ihre Mimik und auch dieser verräterische Glanz in ihren Augen, dass ich mein Handeln unmöglich vor den anderen verbergen konnte. Sie verriet mich mit ihrer bloßen Anwesenheit. Es war nicht zu übersehen. Ich musste mir dringend etwas einfallen lassen. Mit einem Blick auf die Uhr erkannte ich, dass mir zwanzig Minuten blieben, dieses Häufchen Elend zu beruhigen.
Auf und Ab gehend fiel mir nichts ein.
Im Geiste zählte ich die Punkte auf und hoffte auf den Teil Empathie in mir, der helfen musste. Ich hatte mich an ihr vergangen und sie war noch Jungfrau gewesen. Aber sie war sicher kein kleines Mädchen mehr. Vielleicht war sie sich ihrer Sexualität dennoch nicht bewusst, weshalb sie so verstört dasaß. Denn ihr Körper hatte zuletzt auf mich reagiert. Er hatte mitgemacht, hatte es genossen und gebebt. Wie bereits geplant, musste ich nur ihren Verstand kontrollieren. Das benötigte jedoch Zeit, die ich jetzt nicht hatte.
Vor ihr blieb ich stehen, betrachtete Poppy, die sich wegen der Wärme die Jacke auszog, und tat es ihr gleich, ohne meinen Blick von ihr abzuwenden. Vorsichtig trat ich auf sie zu und legte die Jacke wie sie zuvor auf dem Bett ab und setzte mich neben sie. Als sie zurückwich, hielt ich sie sanft am Arm fest und schloss kurz drauf ihr zartes Porzellangesicht in meine Hände. Ich zwang sie, mich anzusehen, während ich sie mitfühlend musterte. In ihren grünen Augen erkannte ich allerdings, wie wenig sie mir glaubte oder vertraute und dass Furcht sie lenkte. Mit Bedacht, sie nicht weiter zu verschrecken, schob ich zärtlich eine der Kupfersträhnen hinter ihr Ohr.
Ihr tief in die Augen schauend sah ich das laute Schreien in ihr, welches sie mit den Lippen verschloss. Es tobte in ihr, obwohl sie ruhig saß und sich nicht abwendete. Sie gewährte mir einen Einblick in ihre Seele, die reiner nicht sein konnte und doch von Pein gequält war, weil ich ihr diesen zugefügt hatte. Ich musste es jetzt gutmachen, bevor es alles zerstörte, was wir begonnen hatten.
Langsam beugte ich mich zu ihr vor, legte den Kopf etwas schief und kam ihr immer näher. So nah, dass ich ihren schnellen Atem auf meinen Lippen spürte. So nah, dass ihr süßer Geruch mich streichelte, und so nah, dass ich ihren pochenden Puls hörte. Sanft, zart und hoffentlich auch für sie
kaum spürbar berührten meine Lippen ihre. Innerhalb von Sekunden überfiel mich eine Hitze, die meine Haut zum Kribbeln brachte. Die mich von innen verbrannte und mein Herz schwerer werden ließ.
Selten hatte ich so etwas gespürt. Nur bei ihr
. Und dann auch nicht bei so etwas Unschuldigem wie diesem Beinah-Kuss. Doch im selben Moment wollte ich mehr. Musste sie schmecken und anstatt weiterhin meine Lippen an ihren vorbeizustreichen, zart und harmlos, küsste ich sie richtig. Sogleich zog sie sich zurück, wich mir aus und nahm Abstand von mir. Erneut war ich zu weit gegangen und auch diesmal bereute ich es nicht.
Als sie vom Bett aufsprang, nahm ich ihre Hände und zerrte sie wieder zu mir. Sie wehrte sich auch mit ihrer zerbrechlichen Stimme, die mir nicht verriet, was genau sie sagte. Allerdings konnte ich mir das denken. Lächelnd riss ich sie von den Beinen, sodass sie neben mir wieder zum Sitzen kam und ich betrachtete sie auf ein Neues. Sie war so wunderschön, wenn sie einem so ängstlich und gleichzeitig kampfeslustig ansah.
»Shhh«, machte ich, was ohnehin nicht viel brachte. Also ließ ich sie los und öffnete die Knopfleiste an meinem Hemd. Erneut wurden ihre Augen ganz groß, was mir genau zeigte, was sie dachte. Es wäre schon fast amüsant, wenn das Geschehene nicht zwischen uns stand und sie nicht so eine gewaltige Angst vor mir hätte. Knopf für Knopf öffnete ich mein Hemd. Ich war gerade an der Mitte angelangt, da sprang sie ein weiteres Mal auf, um für Abstand zu sorgen. Mit einem Schritt war ich bei ihr, stand genau vor ihr und sie kam nicht weg, als ich ihre Hand nahm und sie unvermittelt auf meine nackte Brust legte. Erst da hielt sie inne, sah mich an und in ihrem Gesichtsausdruck bemerkte ich ihr Unverständnis. Ihr Blick wanderte zu der eiskalten Hand, die auf meiner Haut lag und von meiner Hand darauf festgehalten wurde.
»Keine Angst, Poppy«, flüsterte ich in der Hoffnung, dass sie verstand, was ich ihr mitteilen wollte. Langsam streckte ich die andere Hand nach ihr aus, legte sie ihr an die Wange, um sie sanft mit dem Daumen zu streicheln. An meiner Brust und unter meinen Fingern versuchte sie, ihre zurückzuziehen, und konnte es nicht, da ich es ihr nicht gewährte. Ungeachtet davon hörte ich nicht auf, sie zu streicheln. Glitt mit den Fingerspitzen über ihren Kiefer und ließ sie über ihren Hals nach unten zu den Schultern tanzen. Obwohl ich viel lieber ihr Schlüsselbein, welches sich durch den Pullover abzeichnete, streicheln wollte, entschied ich mich, ihrem Arm entlangzufolgen. Sanft und behutsam, als könnte sie unter den kleinen Berührungen zerbrechen.
»Ich werde dir nichts tun«, flüsterte ich dabei weiter. »Aber gleiches Recht für alle?« Ich schmunzelte und glaubte nicht, dass sie sich über meine Worte im Klaren war. Ich setzte mit den Fingern meinen Weg fort, bis ich ihr Handgelenk spürte. Ich umfasste es und legte auch die andere Hand auf meiner Brust ab.
Poppy wirkte überfordert und sah zwischen ihren Händen und meinen Augen hin und her, womit sie mich erst recht zum Lächeln brachte. Bei dieser Gelegenheit zog ich das Hemd aus der Hose und öffnete mit einer Hand die restlichen Knöpfe, während ich ihr mit der anderen bedeutete, mich weiterhin zu berühren, indem ich sie nicht losließ – erst als mein Hemd komplett geöffnet war. Ich ließ den Stoff von meinem Körper gleiten und diesmal erkannte sie nicht die Bedrohung, die auf sie wartete. Mir hingegen machte es zunehmend Freude, sie so zu beobachten. Und ich genoss diese Unschuld in ihr. Diese ganze Situation, wie ich nun oberkörperfrei vor ihr stand, ihre kalten Hände an meiner Brust und dieser verwirrte, zugleich schockierte Blick in ihrem Gesicht waren elektrisierend und berauschend. Als würde die Zeit stehenbleiben, lockte sie mich in diesen Bann aus Reinheit.
Kit, du würdest mich für verrückt halten, wenn du wüsstest, wie erregend das hier war. Mein Plan wurde zu einer kleinen Folter, die mir auch noch gefiel. In mir begann es nun zu schreien. Gierig. Lüstern. Verboten. Sie merkte nicht einmal, was ihre Reinheit in mir auslöste. Wie ihre Unschuld und ihre Ängste, die ich versuchte, zu besiegen, auf mich wirkten. Und wie die Zartheit, die Zerbrechlichkeit dieser Situation mich dermaßen beflügelten.
Ihre zuckenden Finger zwischen meinen gefangen schritt ich zurück. Begleitet von ihr stieß ich mit den Beinen ans Bett und ließ mich langsam zurückfallen. Sie hingegen setzte sich gestelzt zu mir, ohne ihre Hände zurückziehen zu können. Dann erkannte sie es. Ich sah es in ihren Augen, als ich mich zurücklegte, sie losließ und die Arme neben meinem Körper ablegte, sodass sie vollkommenen Zugang zu mir hatte. Dennoch runzelte sie fragend die Stirn. Wohl aus Unwissenheit, was sie mit dieser Möglichkeit anfangen sollte.
»Ich habe dich berührt, Poppy«, begann ich, als sie noch immer verwirrt auf ihre Hände starrte, sich nicht rührte und nur vorgebeugt neben mir saß. »Du darfst das auch.« Ich nahm wieder ihre Hand und führte sie meinen Hals zu meinen Lippen hinauf, um kurz ihre Fingerspitzen zu küssen. Dann gab ich sie frei.
Endlich nutzte sie mein Angebot, was mich wunderte, wo ich doch damit gerechnet hatte, dass sie wieder Abstand suchen würde. Doch zaghaft, wie sie ohnehin schon war, glitten ihre Finger von meiner Brust zu meinem Hals. Ihre Hände hatten sich längst erwärmt als sie mit ihrem getrübten Blick die Finger verfolgte, die nun über meine Schulter zu meinen Oberarmen strichen. Ungewollt zuckten meine Muskeln unter dieser Berührung und sie zog mich weiter in diesen Rausch, der kaum zu deuten war. Vor mir gebeugt, ihre Finger und dieser Blick. Es war unbeschreiblich sinnlich, wie ich es nie zuvor erlebt hatte. Fast so, als würde sie mich so viel
tiefer berühren und mich an einen verheißungsvollen Ort locken, den nur sie kannte.
Ich wusste nicht, was sie dachte, als ihre Finger einen Weg über meine Unterarme zu meinen Händen fanden. Aber es deutete sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen, als sie mit meinen Fingern spielte. Dieser Ausdruck. Dieses Leuchten.
Verfickt! Das Blut schoss geradezu durch meinen Körper, immer weiter abwärts, und war kaum aufzuhalten.
Zwischen uns war es ruhig. Harmonisch. Aber in mir drin wütete ein Sturm. So gewaltvoll, dass er alles mit sich reißen würde. Ich wollte sie. Mit jeder Sekunde mehr. Ich wollte ihre Lippen an meiner Haut spüren, dieses angedeutete Lächeln auf meinen Lippen wahrnehmen und vor allem wollte ich sie schmecken. So, wie sie sich an meinen Fingern zusammengezogen hatte, musste ich sie an meinem Pimmel haben. SOFORT!
Dennoch blieb ich starr liegen. Ließ sogar zu, dass sie unsicher und beschämt den Weg von meinen Handgelenken zu meiner Taille fand und rot wurde, als sie die Muskellinien an meinem Bauch nachfuhr. Verfickt! Ich wurde immer härter. Ihre Unschuld brachte mich um den Verstand. Und ich merkte selbst, wie fest meine Muskeln sich anspannten, um mich selbst davor zu bewahren, mich erneut an ihr zu vergehen. Dabei kostete es mich zunehmend mehr Kraft, mich zurückzuhalten, als ihr zaghaftes Spiel über meine Haut bis zur Brust weiterging. Ich drohte, daran zu zerspringen, so angespannt war ich.
Doch dann schrappten ihre Nägel über meine Haut nach unten. Verfickt!
Abrupt sprang ich auf und hielt sie an den Oberarmen fest. Erschrocken sah sie mich an. Furcht entstand erneut und ich wollte sie mehr denn je. Ich könnte ihr die Hose vom Leib reißen und mich wie der letzte Neandertaler in sie reinrammen. Könnte ich. Wollte ich.
Aber wichtiger war es, ihr zu zeigen, dass ich mehr war als dieses Monster, welches sie in mir sah.
Daher schloss ich die Augen, missachtete die pochende Härte, die gegen meine Hose drückte, und versuchte, das bisschen Kontrolle in mir zu finden, das sie mir bereits genommen hatte. Erst als meine Atmung sich regulierte, sah ich sie wieder an und ließ sie zeitgleich los. Die Furcht war nicht mehr in ihr zu sehen. Nur Neugier in reinster Form. Dabei müsste ihr bewusst sein, was sie mit mir machte.
Jetzt war ich derjenige, der rasch Abstand suchte. Ich griff nach dem Hemd und zog es mir genauso zügig an, wie ich von ihr wegwollte. Tausend unausgesprochene Worte wirbelten in mir herum und keines davon würde ich jemals aussprechen können. Als ich wieder angezogen und sicher noch nicht ausgekühlt war, bedeutete ich ihr mit einem Nicken zur Tür, dass sie mir folgen sollte. Weit weg von dem Bett und der Zweisamkeit in diesen Raum mussten wir flüchten, bevor ich mich verlor. Bevor ich alles versaute. Lächelnd folgte sie mir und zumindest hatte dieser Plan funktioniert.