E
in Klingeln weckte mich und ich schreckte auf. Im ersten Moment fiel mir das Handy eingeklemmt zwischen Matratze und Lattenrost ein. Dann jedoch flog mein Blick auf den am Boden sitzenden Adam, der sein klingelndes Smartphone verschlafen aus der Hosentasche zog, und ich atmete ein. Hierauf purzelte mir ins Gedächtnis, dass das Handy von Eni ausgeschaltet war, und ein weiteres Mal drang die Luft tief in meine Lunge.
»Ja?« Seine Stimme erklang rau und trocken. Plötzlich riss er die Augen auf und erhob sich. Hellwach, nicht so, als hätte er bis gerade am Boden geschlafen, trat er nun durch den Raum. »Das kann nicht sein. Was wollte er in unserem LKW?«
Da runzelte ich die Stirn. Als mir meine Reaktion bewusstwurde, strich ich mir durchs Gesicht, streckte mich
und hoffte, dass die Kreatur es nicht mitbekommen hatte. Dem war auch so, als er sich nervös das Haar zurückstrich und den Kopf schüttelte, als könnte er den Worten, die er gerade zu hören bekam, nicht glauben.
»Nein. Er wusste nichts von den Frauen. Und du bist sicher, dass es seine verbrannte Leiche war? Wir reden hier schließlich von Davon! C bringt uns um! Woher wusste er von dem LKW? Und warum saß er da drin? Ich verstehe das nicht!«
Aufmerksam hörte er dem Anrufer zu, beachtete mich nicht und wurde merklich nervöser. Angespannt ging er auf und ab.
»Du hast es von C?« Er blieb verwundert mit dem Blick zur Wand stehen. »Wie hat er reagiert? Vermutet er etwas wegen des LKWs?«
Er atmete tief ein und nahm seinen Gang wieder auf. Ich konnte den Blick nicht abwenden und beobachtete ihn genau. Merkte mir seine Fragen und Reaktionen und überlegte, was ich mit den neuen Informationen anfangen konnte.
Dann sah er zu mir. Er fixierte mich mit einem Blick, der mir unter die Haut ging.
»Ja, wir kommen runter.« Er wandte sich von mir ab und ich folgte seinem Blick zur Kommode, wo ich ein Tablett sah. Erst jetzt stellte ich fest, dass ich nichts gegessen hatte, da ich eingeschlafen war. Die Bilder der letzten Nacht kehrten zurück und der Ekel stieg in mir auf. Für einen kurzen Augenblick hatte ich ihn wirklich gewollt. Nur warum? Mila löste so viel mehr und viel Schöneres in mir aus. Wieso träumte ich nur von diesem Monster?
»Okay.« Damit legte er auf, kam mit zügigen Schritten auf mich zu und nahm meine Kleidungsstücke, um sie mir zu reichen.
»Zieh dich schnell an, wir haben keine Zeit.« Auch ohne seine Worte verstand ich, was er wollte. Er verschwand ins Bad und ich sprang aus dem Bett, um mich eilig anzuziehen, bevor er wieder herauskommen würde. Noch immer war auf
dem Boden und dem Stuhl, der nun neben der Badezimmertür stand, Blut zu erkennen. Der ganze Raum roch danach und ich war dankbar, dass meine blutbesudelte Kleidung in der Ecke lag und noch Kleidungstücke im Karton waren. Ich ekelte mich endlos, mein Magen zog sich streng zusammen und ich hoffte, dass er mir noch Zeit gab, bevor er mich mit seiner Anwesenheit weiter in den Abgrund schob.
Mit einer Zahnbürste im Mund trat er aus dem Bad auf mich zu, nur um mich am Arm ebenfalls ins Bad zu ziehen. Ich hatte Mühe, nicht auf Blutlachen zu treten, als er mich ungeachtet dessen zum Waschbecken zwang und mir eine neuverpackte Zahnbürste in die Hand drückte. Mir wurde schwindelig bei dem Geruch von Minze, der sich mit dem von Eisen verband. Es widerte mich an und dennoch putzte ich mir rasch die Zähne. Ich beeilte mich, um so schnell wie möglich aus diesem Raum zu kommen. Zum Schluss wusch ich mir noch das Gesicht und kämmte mir die Haare, als der Fiesling mir die Bürste hinhielt.
Nur wenige Minuten später waren wir schon auf dem Flur. Das Monster hielt mich fest in seinen Klauen, als wir nach unten stürmten. Was auch immer ihn antrieb, es verhieß nichts Erfreuliches. Die angespannte Stille war unheilvoll und ich wurde zusehends nervöser, weil mich das Unwissen ängstigte.
In der Küche trafen wir auf Calvin, Greg und Riley. Automatisch sah ich mich nach Mila um, die aber nicht anwesend war. Adam zog mir einen Stuhl zurecht und bedeutete mir lediglich mit einem Nicken, mich hinzusetzen. Der Raum war voller Schwerverbrecher. Alles wirkte bedrohlich.
Ausschließlich Calvin, der direkt neben mir saß, lächelte mir freundlich zu, als er mir einen Kaffee reichte. Beunruhigt wegen dieser Situationen, in der noch keiner ein Wort sprach, zitterten meine Hände nach der Milch und dem Zucker, den ich mir genauso bebend in den Kaffee mischte.
»Hier.« Calvin hielt mir einen Brotkorb hin und ich entnahm ein Brötchen.
»Also, wie sieht es aus?«, begann Adam, der direkt hinter mir stand. Ich spürte seine Blicke und seinen Atem in meinem Nacken, wo sich meine Härchen aufstellten. Seine Fingerknöchel berührten meinen Rücken, womit mir klar war, dass er die Stuhllehne festhielt, während ich mir das Brot schmierte.
»Wie es aussieht, Adam?« Calvin schüttelte den Kopf. »Ein treuer Freund ist tot.«
»So treu war er nicht, da er auf unsere Seite gewechselt ist.«
»Für Kitty. Er tat es für Kitty, um sie zu beschützen.«
Adam schnaubte direkt hinter mir und mir lief es eiskalt den Rücken runter, als ich mir nicht anmerken ließ.
»Die Frage ist, warum er die Frauen transportierte. Was genau er mit diesem Auftrag zu tun hatte und wer letztlich dahintersteckt. Denn dann wissen wir auch, wer seinen Tod zu verantworten hat. Kennen wir den Auftraggeber, ist es leicht herauszufinden, wer sein Feind ist.«
Darauf trat eine noch viel gefährlichere Stille ein. Eine, die mir bis ins Mark glitt und es mir erschwerte, ins Brot zu beißen.
»Also, Männer. Was habt ihr herausgefunden?«, hinterfragte Calvin, der anscheinend nicht wusste, dass Colt für diesen Transporter verantwortlich war.
»Wir haben noch nichts herausgefunden. Wir sind aber nah dran«, beteuerte Greg verlogen. Dass es eine Lüge war, erkannte offensichtlich auch Calvin, der eine Braue hob. In dem Moment klingelte Adams Handy erneut und ich konnte regelrecht spüren, wie erleichtert er über die Störung war, als er überfreundlich den Anruf entgegennahm.
»Hallo, Stiletto. Mit was darf ich dich am frühen Morgen beglücken?«
Ich hörte ihre dunkle, raue Stimme, nur war sie zu leise, um
ein Wort verstehen zu können.
»Warum? Ja, ja. Schon gut. Wann? Wird gemacht, sind schon auf dem Weg!«
Als Greg: »Was wollte sie?«, fragte, bestätigte er mir, dass Adam aufgelegt hatte.
»Ich soll mit Yumi vorbeikommen und da D erwartet, dass ich Poppy nicht aus den Augen lasse, begleitet sie uns.«
»Yumi? Was will Kit von Yumi?«
»Nichts Gutes, das weiß ich jetzt schon«, hörte ich Riley.
»Wir werden es sehen. Ich sag Yumi Bescheid. Hält einer ein Auge auf Poppy, dass sie auch isst? Ich hole ihre Jacke.« Es wurde bejaht und seine Schritte entfernten sich von mir. Aus einem merkwürdigen Grund fühlte ich mich bei den Anwesenden nicht aufgehoben. Sie machten mir sogar mehr Angst als das Monster. Dennoch ignorierte ich diesen Umstand und frühstückte weiter, bis Adam wieder zurückkam.
Gemeinsam mit einer kleinen Frau, die einen Laptop unter dem Arm hielt, verließen wir die Küche, nachdem Adam mir in den Mantel geholfen hatte, und stiegen in sein Auto. Dabei unterhielten sich die zwei, als wäre ich gar nicht da.
»Weißt du, warum ausgerechnet Kit nach mir fragt?«
»Das musst du sie selber fragen, Yumi. Aber unter keinen Umständen darfst du ihr Internes erzählen, oder etwas von dem, was die letzten Tage passiert ist.«
»Du meinst, dass ich mich ins Sicherheitsnetz von Calvin eingeschleust habe, um alles so zu manipulieren, dass niemand erfährt, wen du so am Tage umbringst?« Irgendwie klang sie provozierend.
»Ja, zum Beispiel.«
»Oder, dass ich den Vater von deiner kleinen Freundin kontaktieren sollte für einen dämlichen Deal, bei dem du ohnehin draufgehen wirst?« Sie meinte doch nicht mich?! Dass sie meinen
Vater kontaktiert hatte?! Das wäre fatal. Ein Unglück. Mein UNTERGANG!
»Und das. Ja. Vergiss es einfach.«
»Also soll ich das direkt vergessen, oder erst nachdem alles geregelt ist?«
»Spiel nicht mit mir, Yumi, das ist nicht lustig!«
»Für mich schon!«
Für mich auf keinen Fall, wenn mein Vater gemeint war. Nur wie könnte ich das herausfinden? Ich könnte meinen Bruder mit dem Handy von Eni anrufen. Er würde mir helfen, sollte es der Wahrheit entsprechen.
Meine Gedanken kreisten wie wild. Mir wurde ganz heiß und auch übel. Denn es war eindeutig, dass das Monster wusste, wer ich war.
Ich war seine kleine Freundin, oder nicht?
Bedeutete es auch, dass er immer mit mir sprach, weil er wusste, dass ich jedes Wort verstand? Wieso erwartete er keine Antwort? Null Reaktion? Warum bekam ich dennoch alles mit? Klar, er hatte ohnehin vor, mich zu töten, nur wozu dann einen Deal mit meinem Vater machen?
Das überstieg meinen Horizont. Es ergab keinen Sinn. Egal in welche Richtung ich auch dachte.
»Komm.« Adams Hand erschien neben mir auf dem Rücksitz. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir vor Kits Haus standen und er mir aus dem Wagen helfen wollte. Ich ergriff nicht seine Hand, sondern stieg so aus.
Unwohl stapfte ich vorsichtig durch den Schnee zur Haustür hinter der Kreatur und dieser Yumi her. Ich hielt die Luft an, als er klingelte.
Die Tür öffnete sich und mir wanderte der Schock über die Gestalt, die uns dort erwartete, böse ins Mark. Colt. Seine zunächst freundlichen Züge entglitten ihm, als er Adam – seinen Freund – sah, und sein Gesicht verfinsterte sich brutal.
»Habe ich dir nicht gesagt, du sollst nicht kommen?« Dunkel, gefährlich überging er eine herkömmliche Begrüßung.
»Stiletto hat nach Yumi verlangt.« Colts Zorn ließ Adam
kalt, genauso wie unsere mutige Begleitung.
»Jap. Also spiel dich nicht so auf«, sagte sie, drückte den Berg von einer Naturgewalt auf Seite und spazierte fröhlich ins Reich der Verdammten. Dabei zog sie sich sogar die Jacke aus. Ich traute meinen Augen kaum.
»Was ist hier los?«, fragte Colt noch immer wütend.
»Das fragst du mich?« Neben mir zuckte das verhältnismäßig ungefährlichere Monster die Schultern und zog mich mit ins Innere des Hauses.
Adam half mir aus dem Mantel, entledigte sich seines ebenfalls und bedeutete mir, Yumi ins Wohnzimmer zu folgen.
»Da seid ihr ja.« Da war sie. Kit. Ich hatte mich noch nicht von Colt erholt, da warf sie mir einen genervten Blick zu, dass das Blut in meinen Adern gefror.
»Warum ist sie hier?« Oje. Ich sollte nicht hier sein. Wusste sie auch, wer ich war? Ahnte sie, dass meine Familie für viele Opfer auf ihrer Seite verantwortlich war? Würde sie mich nun töten?
»Weil ich auf sie aufpasse und sie überall mit hinkommt.« Adam schubste Yumi auf den Sessel und zwang mich, ihr gegenüber auf dem Sofa Platz zu nehmen, wo er sich gleich neben mich setzte.
»Wie kann ich dir helfen?«, fragte Yumi die Hausbesitzerin mit dem Hang zu Messern freundlich.
»Kann ich dir vertrauen?«
»Nein!« Colts eiserne Stimme traf durch den Flur zu uns und hallte bis zu meinen Eingeweiden, dass ich instinktiv zusammenzuckte. Dann stand er da und allein seine düstere Erscheinung beherrschte den Raum, als wäre dies eine Vorhölle.
»Natürlich kannst du das.« Die kleine Frau ließ sich nicht beirren. Ignorierte sogar den Sadisten in ihrer unmittelbaren Nähe. »Ich arbeite für diese Männer, also muss man das auch wohl.« Auf ihrem Schoß klappte sie den Laptop auf.
»Also?«
»Woher kennst du den Deppen?«
»Das ist ’ne lustige Geschichte.«
Noch bevor Yumi weitersprechen konnte, griff Adam ein:
»Nein, ist es nicht.«
»Das finde ich aber schon. Adam und ich haben uns gefickt, dann habe ich ihn im Keller eingesperrt und er hat mir einen Job angeboten. Nun sitze ich hier. Also – wie kann ich dir helfen? Ich bin so weit.« Sie schlief mit Adam? Freiwillig?
»Hä?«, wunderte sich Kit scheinbar genauso wie ich. Nur konnte ich es nicht zeigen.
»Ich habe sie auf einer Party abgeschleppt und–«, erläuterte Adam.
»Nein, ich dich. Er denkt nur, es wäre anders herum.«
»Ok. Sie hat mich abgeschleppt und dann haben wir in ihrer Wohnung gevögelt. In der Nacht wollte ich verschwinden, dachte, sie wäre am Schlafen und im nächsten Moment hat sie mich bewusstlos geschlagen.« Er schüttelte bei seinen eigenen Worten den Kopf.
Kit saß stumm da. Dann kniff sie die Augen zusammen und fragte:
»Du hast was?« Als hätte sie meine verwirrten Gedanken aufgefangen.
»Ich habe ihm einen Toaster auf den Kopf geschlagen, ihn im Keller gefesselt und gewartet.«
»Wie? Was? Worauf hast du gewartet?«
»Die kleine Irre«, brüllte Adam. »Hat darauf gewartet, bis das Stockholmsyndrom einsetzt.«
»Ja, das ist so mein Ding.« Ihr Ding? Warum sollte man etwas derartiges tun?
»Du findest das lustig, Jenny. Aber wir haben ihn wochenlang gesucht. Bis er mit ihr dann aus der Versenkung aufgetaucht ist und wir ihr einen Job gegeben haben.« Deans Stimme war zwar nicht mehr voller Zorn, doch auch er war
fassungslos über diese Geschichte.
»Warum hast du das getan, Adam?« Gute Frage, die Kit ihm stellte. Denn wieso sollte man einer Frau mit einer offensichtlichen Psychose einen Job geben?
»Ach, Stiletto, da unten im Keller war viel Technikkram. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich durfte dann auch nach draußen und jedes Mal, wenn ich nur etwas Falsches gedacht habe, habe ich einen Stromschlag bekommen.«
»Wie das?« Kit lachte dunkel vor sich hin, während ich vor Fassungslosigkeit schauderte.
»Er hat von mir ein Halsband bekommen, was ich auch aus der Ferne steuern konnte. Wenn er beim Pinkeln gestanden statt gesessen hat – zack – Stromschlag.«
Kit lachte lauter und hielt sich sogar den Bauch und ich verstand die Welt nicht mehr. Das alles war weder lustig noch menschlich. Widerwärtig. Krank. Und sie saß vor mir. Stolz. Unbekümmert.
»Du verstehst, Stiletto? Ich musste sie dazu bekommen, für uns zu arbeiten.«
Und das war scheinbar sein Ernst.
»Na ja, und er hat mich gelangweilt. Verhungern lassen oder für ihn arbeiten. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer.«
»Ach, das machst du sonst? Die Männer verhungern lassen?«
»Nein, nicht immer. Manchmal bekommen sie einen Chip in den Kopf und dann setze ich sie aus.«
»Wozu der Chip?«
»Ich habe ein kleines Magnetfeld um mein Haus errichtet. Wenn sie sich dem nähern, wird es im Köpfchen verdammt heiß.«
»Und wenn sie sich dir auf der Straße nähern?«
»Dafür habe ich eine App.«
»Wozu das Ganze, Yumi?« Ja, wozu?
»Na, ich mag Männer, aber viele werden dann so anhänglich und dann muss ich sie loswerden. Ich glaube nun mal an die
wahre Liebe. Sie ist mir nur noch nicht begegnet. Oft glaube ich, sie gefunden zu haben, aber dann entpuppt es sich als Fehlgefühl. Und wenn ich sie verhungern lasse, muss ich sie irgendwie loswerden. Das ist eine größere Arbeit, als sie auszusetzen.«
Liebe? Wusste sie überhaupt, was Liebe war? Das konnte man doch nicht erzwingen oder mit Elektroschocks herbeiführen. Lebten hier nur Psychopathen?
»Komm mit.« Kit stand auf und Yumi folgte ihr.
»Wohin, Jenny?«, wollte Colt wissen, während er sie mit Adleraugen fixierte.
»Frauengespräch. Wir gehen ins Schlafzimmer.«
»Hast du wieder Geheimnisse vor mir?«
»Nur die, die du eh nicht hören willst, weil dein großer Schwanz dir im Weg steht.« Bei der Antwort biss ich mir auf die Wange, um nicht zu lachen. Kit war außergewöhnlich. Eine bedrohliche, aber zugleich toughe Persönlichkeit.
Colts Blick blieb versteinert auf die Tür gerichtet, die sich hinter den Frauen schloss.
»D?« Adam hustete, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Als der finstere Blick nun ihn traf, schluckte ich. Das Monster neben mir fuhr jedoch fort. »Davon, der Mann, der nun für uns arbeitet.«
»Ja?«
»Er saß im LKW mit den Frauen, als der Angriff stattfand, und er ist tot.«
»Davon? In unserem LKW? Er galt doch als verschwunden?«
»Genau.«
»Nein, Adam. Er war in Detroit, als der LKW losfuhr.«
»Ich weiß, D. Aber er saß verbrannt hinterm Steuer.«
Colt hob eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie ist das möglich?«
»Ich habe keine Ahnung. Calvin hat als Erster davon erfahren. Wir verschweigen das Stiletto bis nach
Weihnachten.«
»Und solange, bis wir mehr wissen. Überprüf das alles noch mal. Es ist unmöglich, dass er den LKW fuhr. Auch, dass er zu dem Zeitpunkt darin war. Das kann nicht sein.«
»Ich überprüfe das.«
Colt nickte. »Und bereite alles vor. Alles läuft nach Plan. Es geht los.« Er wartete Adams Antwort nicht ab und drehte sich um. Mit großen Schritten überquerte er den Flur und lauschte an der Tür, wo die Frauen beschäftigt waren. Zeitgleich fragte ich mich, was genau schiefgelaufen war und warum diese Männer, die sonst alles zu wissen schienen, über ihre eigenen Verbrechen nichts wussten. War es wirklich nur ein Zufall gewesen, dass ich als Einzige überlebt hatte?
Gerade glaubte ich nicht mehr daran. Hatte Eni für den Angriff gesorgt, sodass ich bei Calvin untergekommen war? Nur … wie konnte er wissen, dass diese Kriminellen mich nicht töten und stattdessen aufnehmen würden? Und wie passte Mila ins Bild, die mich schließlich gerettet hatte? War das vielleicht nur Zufall gewesen? Oder eine Schicksalsfügung?
»Hey.« Adam legte den Arm um die Lehne hinter mir und berührte meinen Rücken. Lächelnd beäugte er mich, als könnte er sehen, dass meine Gedanken sich verhedderten.
»Hast du sie gefickt?« Als ich aufsah, stand Kit im Raum direkt vor uns und ein Kloß hing mir im Hals.
»Wie kommst du darauf?« Adam zog den Arm wieder zurück und seine Nervosität war ihm ins Gesicht gemalt. Was würde die kaltblütige Frau tun, wenn sie von der Wahrheit erfuhr?
»Sag, hast du mit ihr geschlafen?« Das klang mehr als wütend.
»Was … Eh … Was willst du von mir hören, Stiletto?«
»Ich will die Wahrheit von dir hören. Was ist daran nicht zu verstehen?« Die feige Kreatur stand auf und zog mich gleich mit.
»Was denkst du von mir?«
»Sie sieht zwar aus wie eine Frau, aber sie ist ein Kind, Adam!«, brüllte sie und erleichterte mich, da sie mir den Schutz zugestand.
»Du spinnst doch, Stiletto. Wir sollten gehen.« Was er auch tat. Im Gang nahm er meine und seine Jacke und zog mich regelrecht zur Tür hinaus, während uns Yumi kichernd folgte. Als ich gerade die Jacke anhatte, schlug mir der Wind ins Gesicht und die Tür hinter uns zu.