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ier lief alles schief, was nur schieflaufen konnte. Die Leute wurden betrunkener und lauter. Gleichzeitig vibrierte mein Handy in der Tasche und ich konnte mir denken, wer es war. Nur was hätte ich ihr sagen sollen, Kit? Dass unser Plan aus dem Ruder lief? Sicher nicht. Es war Ds Plan, also sollte er sich darum kümmern. Sollte er sie doch anrufen und ihr erklären, dass alles umsonst gewesen war.
Da kam D auf dem Flur heraus, lächelnd, weil er dich gerade gefickt hatte. Ich sah es ihm an und hasste ihn ein wenig dafür, dass er es mit den dunklen Augen, die erhaben strahlten, zur Schau stellte.
Mit den Fingern rief ich ihn heran, er kam auf mich zu und ich zeigte ihm den erneut eingehenden Anruf, was ihm das Lächeln nahm. Er nickte und ich folgte ihm. Erst in der Küche machte er Halt. Selbst dort waren Männer und Frauen, die sich betranken.
»Raus hier!«, brüllte D und sie folgten ohne Widerspruch.
»Bist du doch nicht ausgelastet, D? Dein Fickgesicht hatte eben noch etwas anderes gezeigt.«
»Ich gebe dir gleich Fickgesicht! Ruf Greg und Riley an, sie sollen sofort herkommen!«
»Ich schreibe eine Nachricht.« Was ich auch tat und mich gleichzeitig daran ergötzte, dass Ds Laune im Keller war. Ja, Kit, so war es mit dir. Immer lief es anders als geplant. Nur diesmal konnte es dir D nicht innerlich vorhalten, da es Calvin gewesen war, der diese Leute eingeladen hatte, und nicht du. Das hier war kein Plan, um einen Gegenangriff zu starten oder etwas aufzuhalten, von dessen Bedeutung du nichts wusstest.
»Erledigt. Und jetzt …?«
»Und jetzt muss ich mir eine Lösung einfallen lassen.« Er schob den Stuhl vom Tisch, setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust, während seine Gesichtszüge sich nachdenklich verhärteten.
»Wir müssen den Plan verwerfen, D. Sie sind alle hier.«
»Nein!«
»Was sonst?«
Es entstand diese merkwürdige Falte auf seiner Stirn, die nichts anderes aussagte, als: ›Wir geben nicht auf, es wird durchgezogen.‹ Ich hasste diese Falte, den Gedanken und seinen blöden Stolz, Kit. Denn mittlerweile war mir klar, dass du dann leiden würdest. Als hättest du nicht schon genug durch ihn gelitten, zog er die Scheiße weiterhin durch.
»Wir ziehen es dennoch durch«, flüsterte er dunkel, sah mich an und ich erkannte das widerwärtige Monster in ihm, welches ich einmal sehr gemocht hatte.
»Sie sind alle hier, wie willst du es anstellen?«
»Eben, sie sind alle hier. In der Falle. Nichtsahnend feiern sie ausgelassen, sind bereits betrunken und würden es erst begreifen, wenn es zu spät ist.«
Das konnte er nicht so meinen.
»Du willst sie alle hier in der Villa von Calvin erschießen? Das grenzt an Hochverrat an Kit.«
Er zuckte mit den Schultern. »Sie sterben so oder so, Adam. Dann können wir sie auch hier allesamt auf einen Schlag hinrichten.«
»Und du denkst, Kit würde einfach dabei zuschauen?« Wie naiv war er?
»Nein, wir sperren sie weg, damit sie nicht in den Kugelhagel gerät.«
»Und die Kinder?«
»Alle werden in Sicherheit gebracht. Jenny, Mila, die Kinder und dann schlagen wir zu. Gemeinsam mit den Söldnern.«
»Was ist mit Calvin, Saltos und Malcolm? Scheiße, was ist mit Carlos und seiner Frau?«
Kaltblütig zuckte er mit den Schultern. »Kollateralschaden.«
Nicht sein verfickter Ernst.
»Das kannst du nicht tun, D. Denk nur für eine Sekunde an Kit. Bitte, sie würde dir das nicht verzeihen, die Villa ist auch ihr Zuhause. Und es ist ihre Familie, die du hinrichtest.«
»Wir sind ihre Familie, Adam.« Mein Gedanke aus seinem Mund und noch nie hatte sich etwas so falsch angehört.
»D, hör zu …«
»Nein, Adam. So wird’s gemacht!« Und ließ damit keinen Spielraum für Einwände. Er nahm sein Handy heraus und im nächsten Moment legte er es auf den Tisch und über den Lautsprecher ertönte das Freizeichen. Er rief Desi an und ihr Gesicht lächelte uns vom Bildschirm an.
»Schön, dass ihr euch endlich mal meldet. Nicole sagte mir, sie ist in der Villa, und wir haben angefangen.«
»Jetzt schon?«, fragte ich verwundert, denn abgesprochen war etwas anderes.
»Uns blieb nichts anderes übrig, wir wurden entdeckt und zum anderen sind kaum mehr welche an den Treffpunkten. Cs Leute haben sich schon vor Stunden aufgelöst. Wir mussten starten.«
Müde von diesem verfickten Plan legte ich die Hand in die Stirn.
»Was meinst du, warum ich die ganze Zeit anrufe, Adam? Keine Überlebenden. Keiner, der die anderen warnen könnte. Also, wie geht es weiter?«
»Ihr kommt nach hier zur Villa«, begann D, den Plan umzustellen. »Ihr stellt euch um die Villa auf. Unbemerkt, versteht sich. Ihr macht euch bereit und wenn ich das Zeichen gebe, stürmt ihr sie. Wir schaffen sie alle in den unteren Bereich. Die Söldner kommen nicht die Treppe hinauf. Die Männer, die dort die Flucht suchen, erledigen wir. Ist das klar?«
»Gnade?«
»Keine Gnade, Desi. Alle hinrichten, keine Ausnahmen. Egal, wer vor dem Lauf steht. Aber, Desi?«
»Ja?«
»Erst auf mein Kommando, vorher nicht! Sollte nur ein Schuss vorher fallen, wirst du es ausbaden und es bitter bereuen.«
»Jawohl, Boss.«
»Gut, dann regle das.« Er drückte sie weg und steckte das Handy wieder in die Hosentasche. »Wo bleiben Riley und Greg?«
»Ich weiß es nicht. Sie streiten sich um Mila.«
D schüttelte mit dem Kopf. »Ich weiß. Kit wollte Greg eben schon abknallen. Das können wir jetzt nicht gebrauchen. Ich schaue nach, ob die Kinder bei Malcolm sind, und kläre, ob Calvin bereits unterschrieben hat.« Ich nickte. »Gut, dann kläre
ich noch die beiden Idioten auf, sobald die Kinder in Sicherheit sind. Sperr Kit weg. Trag sie – wenn nötig – die Treppen hinauf!«
Das konnte nur in die Hose gehen. Dennoch nickte ich abermals und richtete mich auf. Wir trennten uns und bereiteten alles für die Hinrichtung deiner Familie vor, was in mir eindeutig Unbehagen auslöste. Zu gut konnte ich mich daran erinnern, wie Otis gestorben war. Und an C, Saltos und Malcolm hingst du noch mehr als an ihm. Hoffentlich war sich D sicher darin, was er da tat. Denn ich war es nicht.